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Kaufpreisaufteilung bei Grundstücken nach der BFH-Entscheidung zum vereinfachten Sachwertverfahren
Das Ende der BMF-Arbeitshilfe und erste Lösungsansätze
[i]BFH, Urteil v. 21.7.2020 - IX R 26/19 NWB PAAAH-64928 Die Aufteilung eines Kaufpreises für ein Grundstück auf die einzelnen Grundstücksbestandteile ist wegen der hohen steuerlichen Auswirkung in Bezug auf die Abschreibungsmöglichkeiten seit jeher ein Streitthema zwischen Finanzverwaltung und Steuerpflichtigen. Das BMF hatte im Jahr 2014 eine Arbeitshilfe veröffentlicht, mit der die Kaufpreisaufteilung nach Auffassung des BMF vereinfacht und ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen durchgeführt werden kann. Die Arbeitshilfe war in der Praxis umstritten, weil sie vielfach zu für den Steuerpflichtigen ungünstigen hohen Bodenwertanteilen führt. Der BFH [i]BMF, Kaufpreisaufteilung für bebaute Grundstücke – Berechnungsprogramm, Arbeitshilfe NWB LAAAE-61859 hat sich der Kritik angeschlossen und die Arbeitshilfe des BMF mit Urteil vom - IX R 26/19 als ungeeignet für die Kaufpreisaufteilung verworfen. In diesem Beitrag werden die Gründe für die Entscheidung des BFH analysiert und Lösungsansätze für die Durchführung der Kaufpreisaufteilung abgeleitet.
Eine Kurzfassung des Beitrags finden Sie .
I. Bedeutung und Durchführung der Kaufpreisaufteilung im Ertragsteuerrecht
1. Anteiliger Kaufpreis als Bemessungsgrundlage für die AfA
[i]Selbständige Bestandteile des GrundstücksFür Gebäude und Gebäudeteile, die zur Erzielung von Einkünften verwendet werden, sind Absetzungen für Abnutzung (AfA) gem. § 7 Abs. 4 EStG vorzunehmen. Der Grund und Boden hingegen gilt als unvergänglich und unterliegt daher im Gegensatz zu Gebäuden keiner Abnutzung. Eine AfA kommt insoweit nicht in Betracht.
Im [i]Schäfer-Elmayer/ Stolz, Betriebsvorrichtungen, Grundlagen NWB XAAAE-33495 betrieblichen Bereich spielen zudem Betriebsvorrichtungen eine Rolle, die als selbständige Wirtschaftsgüter mit einem eigenen Kaufpreisanteil zu aktivieren sind und dadurch die Aufteilung nochmals komplizierter gestalten.S. 1179
2. Vorgaben der Rechtsprechung zur Durchführung der Kaufpreisaufteilung
Zur [i]Sachwertverfahren als vorrangiges BewertungsverfahrenDurchführung der Kaufpreisaufteilung ist nach jahrzehntelang praktizierter Verwaltungsauffassung auf das Verhältnis der Verkehrswerte oder Teilwerte von Grund und Boden und Gebäude sowie der sonstigen selbständigen Wirtschaftsgüter abzustellen. Für die Schätzung des Werts des Boden- und des Gebäudeanteils konnte die Wertermittlungsverordnung (WertV) entsprechend herangezogen werden. Die WertV wurde zwischenzeitlich durch die Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) abgelöst. Von den in Betracht kommenden drei Bewertungsverfahren wurde vom BFH das Sachwertverfahren als regelmäßig vorrangig anzuwendendes Bewertungsverfahren angesehen.
Selbst bei Mietwohngrundstücken, die nur eine geringe Zahl von Wohneinheiten aufweisen, und gemischt genutzten Grundstücken im Privatvermögen sei grundsätzlich die Kaufpreisaufteilung nach dem Sachwertverfahren angebracht. Auch bei diesen Grundstücken sei regelmäßig davon auszugehen, dass für den Erwerb neben Ertragsgesichtspunkten und der sicheren Kapitalanlage auch die Aussicht auf einen langfristigen steuerfreien Wertzuwachs des Vermögens ausschlaggebend ist.
3. Berücksichtigung der vertraglich festgelegten Kaufpreisanteile
[i]Vertragliche Aufteilung hat Vorrang vor eigenständiger WertermittlungIn diesem Zusammenhang hat der BFH in einem Urteil aus dem Jahr 2015 – wegen der freien Gestaltbarkeit zwischen den Vertragsparteien etwas überraschend – der vertraglichen Aufteilung im Kaufvertrag den Vorrang als Maßstab für die ertragsteuerliche Kaufpreisaufteilung eingeräumt:
„Eine vertragliche Kaufpreisaufteilung von Grundstück und Gebäude ist der Berechnung der AfA auf das Gebäude zu Grunde zu legen, sofern sie zum einen nicht nur zum Schein getroffen wurde sowie keinen Gestaltungsmissbrauch darstellt und zum anderen das FG auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung von den das Grundstück und das Gebäude betreffenden Einzelumständen nicht zu dem Ergebnis gelangt, dass die vertragliche Kaufpreisaufteilung die realen Wertverhältnisse in grundsätzlicher Weise verfehlt und wirtschaftlich nicht haltbar erscheint.“
Das [i]Prüfung der Angemessenheit der vertraglichen Aufteilung im EinzelfallFinanzamt bzw. im Streitfall das FG haben im Rahmen der Ermittlung der AfA-Bemessungsgrundlage somit im Einzelfall zu prüfen, ob nennenswerte Zweifel an der vertraglichen Aufteilung bestehen. Es darf sich nach Auffassung des BFH nicht darauf beschränken, die vertragliche Aufteilung steuerrechtlich nachzuvollziehen, sondern hat das Ergebnis durch weitere Umstände, insbesondere der objektiv am Markt erzielbaren Preise bzw. Verkehrswerte zu verifizieren.
Eine wesentliche Diskrepanz zu den Bodenrichtwerten rechtfertige es aber nicht ohne weiteres, diese an die Stelle der vereinbarten Werte zu setzen oder die auf Grund und Gebäude entfallenden Anschaffungskosten zu schätzen. Es handele sich lediglich um ein Indiz dafür, dass die vertragliche Aufteilung ggf. nicht die realen Werte wiedergibt.S. 1180
[i]Jardin/Roscher, Die Immobilienwertermittlung aus steuerlichen Anlässen, 1. Aufl. 2019 Eine solche Prüfvorgabe setzt voraus, dass die Verkehrswerte von Grund und Boden sowie des Gebäudes zumindest überschlägig ermittelt werden, um anhand dieser Werte die Angemessenheit der vertraglichen Aufteilung zu überprüfen. Dabei ist unklar, welche Abweichung von den tatsächlichen Wertverhältnissen (noch) als zulässig anzuerkennen ist.
In der Rechtsprechung der Finanzgerichte reichte die Bandbreite zur Beurteilung der Frage, ob nennenswerte Zweifel an der vertraglich vereinbarten Kaufpreisaufteilung vorliegen, vom Erfordernis eines Gestaltungsmissbrauchs i. S. des § 42 AO bis hin zur Nichtbeachtung von Marktgegebenheiten.
Die Finanzverwaltung hat sich dem Urteil des BFH zur vorrangigen Berücksichtigung der vertraglichen Aufteilung angeschlossen und die Grundsätze in H 7.3 „Kaufpreisaufteilung“ EStH 2016 aufgenommen. Daraus ergaben sich in der Praxis die Fragen,
wie sich die Plausibilisierung der vertraglichen Kaufpreisaufteilung durchführen lässt und
welcher pragmatische Ansatz zur Aufteilung in Frage kommt, wenn entweder keine vertragliche Kaufpreisaufteilung vorliegt oder dieser aus den genannten Gründen nicht gefolgt werden kann.
II. Arbeitshilfe der Finanzverwaltung zur vereinfachten Kaufpreisaufteilung
1. Arbeitshilfe als „Angebot“ der Finanzverwaltung
[i]https://www.bundesfinanzministerium.de/KaufpreisaufteilungDie obersten Finanzbehörden von Bund und Ländern stellen seit April 2014 eine Arbeitshilfe als xlsx-Datei zur Verfügung, die es ermöglicht, in einem typisierten Verfahren entweder eine Kaufpreisaufteilung selbst vorzunehmen oder die Plausibilität einer vorliegenden Kaufpreisaufteilung zu prüfen. Zusätzlich steht eine detaillierte Anleitung für die Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Grundstückskaufpreises zur Verfügung.
Es handelt sich nach den Erläuterungen in der Anleitung zur Arbeitshilfe um eine qualifizierte Schätzung, die sachverständig begründet widerlegbar ist. Ein komplettes Sachverständigengutachten zur Ermittlung des Verkehrswerts des bebauten Grundstücks ist hierfür im Grundsatz nicht erforderlich.
Auch wenn die Finanzverwaltung rechtlich nicht an das Ergebnis der Arbeitshilfe gebunden ist, wird die Verwendung der Arbeitshilfe den Bediensteten vielfach empfohlen. In der Praxis ist daher eine hohe Akzeptanz der Arbeitshilfe auf Seiten der Bediensteten der Finanzverwaltung zu verzeichnen.
2. Funktionsweise der Arbeitshilfe
Der [i]Aufteilung im vereinfachten Sachwertverfahren Kaufpreisaufteilung zugrunde liegen die Vorschriften der Verkehrswertermittlung auf der Grundlage des Baugesetzbuchs, hier des Sachwertverfahrens nach der Immobilienwertermittlungsverordnung. Auf eine Marktanpassung der (vorläufigen) Sachwerte wurde verzichtet, da sich diese im gleichen Verhältnis auf den Grund und Boden einerseits sowie das Gebäude andererseits auswirkt. Die Summe der ermittelten Einzelwerte (vorläufiger Sachwert) weist ohne Marktanpassung nicht den Verkehrswert aus. S. 1181
Damit scheidet die Anwendung der Arbeitshilfe in allen Fällen aus, in denen neben dem Grund und Boden und dem Gebäude noch weitere selbständige Wirtschaftsgüter mit veräußert wurden, z. B. Betriebsvorrichtungen wie eine Photovoltaikanlage auf dem Dach des Gebäudes oder ein Lastenfahrstuhl im Gebäude.
In diesen Fällen kann der Verkehrswert der Betriebsvorrichtung nicht ins Verhältnis zum Verkehrswert des Grund und Bodens und der Gebäude gesetzt werden.