BGH Urteil v. - II ZR 58/09

Leitsatz

Leitsatz:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Instanzenzug: LG Berlin, 51 S 137/08 vom AG Berlin-Charlottenburg, 221 C 141/07 vom

Tatbestand

Der Beklagte war Gesellschafter der Klägerin, eines geschlossenen Immobilienfonds in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, und kündigte den Gesellschaftsvertrag zum . Nach dem Gesellschaftsvertrag wird bei Ausscheiden eines Gesellschafters die Gesellschaft unter den übrigen Gesellschaftern fortgeführt. Zur Auseinandersetzung bestimmt § 17 des Gesellschaftsvertrages u.a.:

"1.

Der Geschäftsbesorger hat bei Ausscheiden eines Gesellschafters eine Auseinandersetzungsbilanz aufzustellen, in der sämtliche Wirtschaftsgüter unter Auflösung stiller Reserven mit ihrem Verkehrswert einzustellen sind. Etwaige immaterielle Werte bleiben außer Betracht.

...

4. Die Auseinandersetzungsbilanz der Gesellschaft wird mit Ablauf von zwei Monaten seit Absendung an den ausscheidenden Gesellschafter verbindlich, es sei denn, der Gesellschafter verlangt binnen der Zweimonatsfrist die Einleitung des unter Abs. 3 vorgeschriebenen Verfahrens mittels eines an den Geschäftsbesorger gerichteten Briefes.

5. Das Auseinandersetzungsguthaben ist in fünf gleichen Jahresraten auszuzahlen. Die erste Rate ist zwölf Monate nach dem Ausscheiden fällig. ...

7. Bei negativem Abfindungsanspruch ist der ausscheidende Gesellschafter verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach seinem Ausscheiden den erforderlichen Betrag einzuzahlen. Erst mit erfolgter Zahlung wird der Gesellschafter von den Verbindlichkeiten freigestellt. ..."

Mit Schreiben vom übersandte die Klägerin dem Beklagten und anderen ausgeschiedenen Mitgliedern eine Auseinandersetzungsbilanz. Unter dem erstellte die Klägerin eine überarbeitete Auseinandersetzungsbilanz, die einen negativen anteiligen Verlust zum Zeitpunkt des Ausscheidens in Höhe von 2.706,12 € ergab, und übersandte sie mit Schreiben vom . Der Beklagte widersprach dieser Auseinandersetzungsbilanz mit Schreiben vom .

Am beantragte die Klägerin für einen Teilbetrag in Höhe von 676,64 € aus der Auseinandersetzungsbilanz den Erlass eines Mahnbescheids, der dem Beklagten am zugestellt wurde. Nach Eingang seines Widerspruchs forderte das Mahngericht die Klägerin am zur Einzahlung der weiteren Gerichtskosten auf. Die Klägerin zahlte diese am ein.

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten wegen Verjährung abgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin.

Gründe

Die Revision hat Erfolg und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Anspruch sei nach §§ 195, 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB verjährt. Der Verlustausgleichsanspruch sei mit dem Ausscheiden der Beklagten mit Ablauf des fällig geworden, so dass die dreijährige Verjährungsfrist nach Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB am begonnen habe. Die Verjährung sei durch den Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids, der am eingegangen sei, gehemmt worden; die Hemmung habe aber sechs Monate nach der Widerspruchsnachricht des Gerichts mit der Aufforderung zur Einzahlung der weiteren Gerichtskosten am geendet. Die Verjährungsfrist sei bei Einzahlung am bereits abgelaufen gewesen.

II. Das Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen rechtfertigen die Klagabweisung wegen Verjährung nicht. Die dreijährige Verjährungsfrist nach § 195 BGB i.d.F. des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes (Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 EGBGB) begann am zu laufen, wenn der Anspruch zu diesem Zeitpunkt entstanden war (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB) und die subjektiven Voraussetzungen des Verjährungsbeginns nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB - Kenntnis oder grobfahrlässige Unkenntnis der Anspruchsvoraussetzungen - vorlagen (BGHZ 171, 1 Tz. 23; Urt. v. - VIII ZR 218/06, NJW 2007, 2034 Tz. 15; v. - VII ZR 205/06, NJW-RR 2008, 258 Tz. 23; v. - V ZR 25/07, WM 2008, 89 Tz. 8; v. - XI ZR 319/06, NJW 2008, 2576 Tz. 23).

1. Der Anspruch ist vor dem entstanden. Ein Anspruch ist nach § 199 Abs. 1 BGB entstanden, sobald er erstmals vom Gläubiger geltend gemacht und mit einer Klage durchgesetzt werden kann (, ZIP 2008, 1762 Tz. 17; v. - VII ZR 167/08, ZIP 2009, 1821 Tz. 19). Der Anspruch auf Zahlung eines Auseinandersetzungsguthabens entsteht - ebenso wie der Verlustausgleichsanspruch - grundsätzlich mit dem Ausscheiden des Gesellschafters (Senat, BGHZ 88, 205, 206; Urt. v. - II ZR 281/87, ZIP 1988, 1545; v. - II ZR 122/96, ZIP 1997, 1589) und kann nach seiner Fälligkeit geltend gemacht bzw. mit Klage durchgesetzt werden (§ 271 Abs. 2 BGB). Da die Beklagten zum ausgeschieden sind, wurde der Verlustausgleichsanspruch Anfang Juli 2001 fällig. Die Fälligkeit des Verlustausgleichsanspruchs ist - was das Berufungsgericht übersehen hat - in § 17 Abs. 7 des Gesellschaftsvertrags geregelt. Danach war der Verlustausgleichsanspruch innerhalb von 6 Monaten nach dem Ausscheiden einzuzahlen. Das Fehlen einer Abfindungsbilanz hindert den Eintritt der Fälligkeit nicht. Um eine Forderung mit Klage geltend machen zu können, reicht es aus, dass eine Feststellungsklage erhoben werden kann. Der Eintritt der Fälligkeit hängt nicht davon ab, dass eine Forderung auch beziffert werden kann (, ZIP 2009, 1821 Tz. 19).

2. Das Berufungsgericht hat aber keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Klägerin vor dem Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen hatte oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte haben müssen. Für die Kenntnis der Klägerin von den anspruchsbegründenden Umständen oder ihre grobfahrlässige Unkenntnis beim Verlustausgleich genügt es nicht, dass sie vom Ausscheiden des Beklagten aus der Gesellschaft Kenntnis hatte. Anspruchsbegründender Umstand für den Verlustausgleichsanspruch ist neben dem Ausscheiden, dass der Wert des Gesellschaftsvermögens zur Deckung der gemeinschaftlichen Schulden und der Einlagen nicht ausreicht (§ 739 BGB). Die erforderliche Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis liegt vor, wenn die Klägerin auch ohne exakte Berechnung in einer Auseinandersetzungsbilanz wusste oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte wissen müssen, dass das Gesellschaftsvermögen zur Deckung der gemeinschaftlichen Schulden und der Einlagen nicht ausreicht. Dazu haben weder das Amts- noch das Landgericht Feststellungen getroffen noch die Parteien bisher etwas vorgetragen.

III. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 ZPO). Für das weitere Verfahren weist er auf folgendes hin:

1. Die Kenntnis der Klägerin von einem Verlustausgleichsanspruch ist jedenfalls dann vorhanden, wenn bereits beim Ausscheiden des Beklagten am klar war, dass das vorhandene Gesellschaftsvermögen zur Deckung der Gesellschaftsschulden nicht ausreicht, etwa weil mit den Banken Sanierungsverhandlungen geführt werden mussten.

2. In Frage kommt auch, dass die Klägerin aufgrund der mit Schreiben vom übersandten vorläufigen Bilanz wusste, dass der Wert des Gesellschaftsvermögens zur Deckung der gemeinschaftlichen Schulden und der Einlagen nicht ausreicht. Feststellungen dazu, ob diese Bilanz bereits einen Verlustausgleichsanspruch auswies, der diese Kenntnis vermitteln konnte, hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Die unterbliebenen Feststellungen kann der Senat nach Vorlage eines Entwurfs der Bilanz im Revisionsverfahren nicht nachholen (§ 559 Abs. 1 ZPO).

3. Schließlich kommt bei verzögerter Bilanzaufstellung durch die Klägerin in Frage, dass sie grob fahrlässig von den anspruchsbegründenden Tatsachen keine Kenntnis hatte.

Fundstelle(n):
RAAAD-48881