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NWB Nr. 25 vom Seite 1826

Steuerliche Sofortmaßnahmen durch das Erste und Zweite Corona-Steuerhilfegesetz

Anmerkungen zu den Corona-Steuerhilfegesetzen

Prof. Dr. Frank Hechtner

Bund und Länder haben mittlerweile vielfältige Hilfsprogramme aufgelegt, um die wirtschaftlichen Folgen infolge der Coronakrise abzumildern. Im Vordergrund dieser Hilfsmaßnahmen steht, wirtschaftsfördernde Impulse zu setzen und zugleich eine Sicherung der Beschäftigung zu bewirken. Derartige Hilfsnahmen erstrecken sich dabei sowohl auf direkte wirtschafts- als auch auf steuerpolitische Sofortmaßnahmen. Der Gesetzgeber hat hierzu jüngst das (Erste) Corona-Steuerhilfegesetz verabschiedet. Basierend auf den Ergebnissen des Koalitionsausschusses vom hat das Finanzministerium ferner eine Formulierungshilfe für ein Zweites Corona-Steuerhilfegesetz erarbeitet. Der folgende Beitrag geht auf diese jüngsten Entwicklungen ein.

Eine Kurzfassung des Beitrags finden Sie .

I. Vorbemerkungen

1. Konjunkturpolitische Ausgangslage

[i]Negative Auswirkungen für Unternehmen und Haushalte infolge des LockdownsDie Ausbreitung des Coronavirus hat zu einer weltweiten Pandemie geführt, die auch Deutschland getroffen hat. Zur Eindämmung der Verbreitung des Virus wurden in den vergangenen Wochen weitreichende Kontaktbeschränkungen vollzogen (Lockdown), die epidemiologisch mittlerweile Wirkung gezeigt haben. Gleichzeitig hat der Lockdown das gesellschaftliche Leben und die Wirtschaft massiv betroffen. Bund und Länder haben bereits diverse gemeinsame Anstrengungen unternommen, um insbesondere die wirtschaftlichen Folgen infolge der Ausbreitung des Coronavirus abzumildern. Viele Unternehmen, Selbständige oder Einzelgewerbetreibende hatten ihre wirtschaftlichen Aktivitäten stark heruntergefahren oder eingeschränkt. Durch die Störung von Lieferketten, das Ausbleiben von Kunden, Störungen im alltäglichen Arbeitsablauf und einen Rückgang des allgemeinen Konsums sind bei den Unternehmen weitreichende Friktionen entstanden. All diese Auswirkungen hatten und haben auch Folgewirkungen für die Arbeitnehmer und damit auch für die privaten Haushalte.

[i]Kurzarbeitergeld zur Sicherung der BeschäftigungMittlerweile hat eine Vielzahl von Unternehmen Kurzarbeit angemeldet, was bei Arbeitnehmern zu dem Bezug von Kurzarbeitergeld führt. Mit dem Kurzarbeitergeld steht ein flexibles Instrument zur Verfügung, um kurzfristig auf exogene Schocks auf dem Arbeitsmarkt zu reagieren und so Beschäftigungsverhältnisse zu sichern. Diese Maßnahme wird explizit seitens der OECD als geeignet angesehen, um Arbeitnehmer in der Coronakrise zu unterstützen.

[i]Negative Auswirkungen auf das BIP, den Arbeitsmarkt und die BeschäftigtenZwar wird derzeit der Lockdown behutsam zurückgefahren, zugleich zeigt sich aber auch, dass die Wirtschaft bereits jetzt massiv in Mitleidenschaft gezogen wurde. So rechnet der Sachverständigenrat für 2020 mit einem Rückgang des BIP zwischen 6 % und 7 %. Der Arbeitskreis Steuerschätzungen rechnet derzeit mit einem Rückgang des S. 1827Steueraufkommens in einer Größenordnung von 300 Mrd. € gegenüber der letzten Schätzung. Zudem wird ersichtlich, dass viele Unternehmen und ganze Branchen weiterhin in 2020 massiv unter dem Konjunktureinbruch insgesamt leiden werden. Auch ist nicht absehbar, wann sich die Wirtschaft vollständig von den Folgen aus der Coronakrise erholt haben wird. Weiterhin bestehende Beschränkungen im alltäglichen Leben haben überdies einen negativen Effekt auf die allgemeine Konsumnachfrage. All dies hat letztendlich auch Folgewirkungen für die Beschäftigten.

2. Aktionsspielräume zur Abmilderung der Folgen aus der Coronakrise

[i]Forderung nach KonjunkturprogrammenVor dem geschilderten Hintergrund kann es nicht verwundern, dass Bund und Länder bereits jetzt vielfältige Hilfsprogramme aufgesetzt haben. Während zu Beginn der Coronakrise direkte Sofortmaßnahmen im Vordergrund standen, konzentriert sich die Politik derzeit auf breiter angelegte Konjunkturprogramme, die insbesondere nicht nur sehr kurzfristig wirken sollen.

[i]Finanzielle Unterstützungen für unterschiedliche ZielgruppenUnsere soziale Marktwirtschaft fußt auf einer funktionierenden Wirtschaft. Vor diesem Hintergrund erscheint es sinnvoll, darüber nachzudenken, wie unter den gegebenen Umständen die wirtschaftlichen Folgen aus der Coronakrise für alle Beteiligten – von Unternehmen über Arbeitnehmer bis hin zu Familien und Konsumenten – abgemildert werden können. Hierbei steht zumeist im Vordergrund, wirtschaftsfördernde Impulse zu setzen und zugleich eine Sicherung der Beschäftigung zu bewirken. Letztendlich münden fast alle Maßnahmen darin, eine finanzielle Unterstützung für einzelne Zielgruppen zu bewirken.

[i]Steuerliche Maßnahmen: Stützung der Wirtschaft und deren ZielkonformitätZur Stimulierung der Wirtschaft, zur Förderung des allgemeinen Konsums und zur Sicherung von Arbeitsplätzen kann es hierbei auch geboten sein, dass im Zuge von allgemeinen Konjunkturprogrammen steuerliche Sofortmaßnahmen angedacht werden. Hierbei ist allerdings darauf zu achten, dass steuerliche Maßnahmen eng mit den weiteren wirtschaftspolitischen Maßnahmen abgestimmt sind. So sollten steuerliche Einzelmaßnahmen mit Bezug zu Unternehmen zur Bewältigung der Folgewirkungen aus der Coronakrise zeitlich beschränkt und zielführend für diejenigen Unternehmen sein, die Hilfe bedürfen und zugleich vor der Coronakrise wirtschaftlich auf gesunden Füßen standen. Auch macht es Sinn, dass angedachte neue Hilfsmaßnahmen einen begonnenen Transformationsprozess im Hinblick u. a. auf Umwelt, Ökologie und Digitalisierung unterstützen. Demzufolge ist bei jeder steuerlichen Hilfsmaßnahme gleichzeitig zu hinterfragen, inwieweit diese zielgerichtet ist. Dies betrifft dabei nicht nur Maßnahmen für Unternehmen, sondern auch solche, die auf private Haushalte, Arbeitnehmer oder Konsumenten abstellen.

[i]Steuerpolitische Maßnahmen flankierend zu weiteren wirtschaftspolitischen MaßnahmenMit Blick auf den Staatshaushalt ist ferner zu fordern, dass allgemeine Maßnahmen zur Steuerentlastung mitunter nicht immer zielgenau nur diejenigen Unternehmen oder Personen treffen, die sich aktuell in einer wirtschaftlichen Schieflage befinden und demnach förderungswürdigt sind. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass teilweise direkte wirtschaftspolitische Fördermaßnahmen deutlich besser geeignet sind für eine Zielerreichung als steuerliche Maßnahmen. Demzufolge sollten steuerpolitische Instrumente stets flankierend zu einem allgemeinen Konjunkturprogramm eingesetzt werden.

3. Steuerpolitische Sofortmaßnahmen durch die Corona-Steuerhilfegesetze

[i]Gesetzgeber verabschiedet erstes Corona-SteuerhilfegesetzDer Gesetzgeber hat mit dem (ersten) Corona-Steuerhilfegesetz dringliche Sofortmaßnahmen umgesetzt, die der Stützung der Wirtschaft und der Sicherstellung von Beschäftigung dienen sollen. Der Inhalt dieses Gesetzes orientiert sich an den Eckpunkten der Ergebnisse aus dem Koalitionsausschuss vom . Das Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Corona-S. 1828Steuerhilfegesetz) wurde am von den Koalitionsfraktionen im Deutschen Bundestag eingebracht. Da mittlerweile eine Formulierungshilfe für ein Zweites Corona-Steuerhilfegesetz vorliegt, sei dieses Gesetz als Erstes Corona-Steuerhilfegesetz bezeichnet. Der Bundestag hat diesem Gesetz in 2./3. Lesung am zugestimmt, der Bundesrat hat abschließend am seine Zustimmung erteilt. Bei Drucklegung des Aufsatzes war das Gesetz noch nicht verkündet.

[i]Zweites Corona-Steuerhilfegesetz angekündigtUnter dem Titel „Corona-Folgen bekämpfen, Wohlstand sichern, Zukunftsfähigkeit stärken“ hat sich der Koalitionsausschuss jüngst am auf ein weitreichendes Konjunkturpaket mit einem Volumen von ca. 130 Mrd. € verständigt (vgl. zu den Ergebnissen des Koalitionsausschusses Hechtner, NWB 24/2020 S. 1756). In diesem Konjunkturpaket sind auch steuerpolitische Maßnahmen enthalten.

[i]Anstehendes parlamentarisches Verfahren für ein Zweites Corona-SteuerhilfegesetzBasierend auf den Ergebnissen des Koalitionsausschusses hat das Bundesministerium der Finanzen eine Formulierungshilfe für ein Zweites Corona-Steuerhilfegesetz erarbeitet (Finanzbedarf: 28,5 Mrd. €). Die Formulierungshilfe wurde am vom Kabinett beschlossen und soll Grundlage für das weitere parlamentarische Verfahren sein. Da allerdings eine Senkung des allgemeinen Mehrwertsteuersatzes von 19 % auf 16 % zum (für die Dauer eines Halbjahres) vorgesehen ist, muss dieses neue Gesetz nun in Windeseile durch das parlamentarische Verfahren „gepeitscht“ werden. Nach Informationen bei Drucklegung soll am die Befassung im Bundestag sein. Bundesrat und Bundestag sollen abschließend am jeweils in Sondersitzungen über das Gesetz beraten. Inwieweit infolge dieses Zeitplans überhaupt eine thematisch fundierte Analyse der steuerpolitischen Themen im parlamentarischen Verfahren möglich ist, sei infrage gestellt.

II. Umgesetzte Einzelmaßnahmen durch das Erste Corona-Steuerhilfegesetz

1. Ermäßigter Umsatzsteuersatz für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen

a) Gesetzesänderung

[i]Anwendung des ermäßigten USt-Satzes für Restaurant- und VerpflegungsdienstleistungenDas Erste Corona-Steuerhilfegesetz statuiert die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen nach § 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG. Die Ermäßigung erstreckt sich explizit nicht auf die Abgabe von alkoholischen und/oder alkoholfreien Getränken. Die Regelung ist zeitlich befristet und gilt für Leistungen zwischen dem und . Die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes wird explizit von der Richtlinie 2009/47/EG des Rates zugelassen, so dass die Regelung insoweit mit dem Unionsrecht vereinbar ist.

[i]Definition von VerpflegungsdienstleistungenIm Hinblick auf Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen entstehen neue Abgrenzungsfragen. Die Umschreibung von Verpflegungsdienstleistungen findet sich mittlerweile auch in § 4 Nr. 23 Buchst. c UStG wieder (vgl. hierzu die Begründung in BT-Drucks. 19/13436 S. 150). Für die Definition sei ferner auf Art. 6 Abs. 1 MwStVO verwiesen. Insbesondere ist es damit nötig, dass zu der Abgabe von zubereiteten oder nicht zubereiteten Speisen andere unterstützende Dienstleistungen (z. B. Bereitstellung von Tischen, Serviceleistungen) hinzutreten, damit die Steuerermäßigung greift.

[i]Neue AbgrenzungsfragenIm Hinblick auf die praktische Anwendung wird sich die Problematik stellen, wie ein Leistungsbündel ggf. aufzuteilen ist, wenn sich ein einheitlicher Preis sowohl auf die Abgabe von zubereiteten oder nicht zubereiteten Speisen als auch auf die Abgabe von Getränken bezieht. Auch ist darauf hinzuweisen, dass unter Berücksichtigung der Pläne für ein Zweites Corona-Steuerhilfegesetz der ermäßigte Umsatzsteuersatz zwischen den Jahren 2020 und 2021 wechselt, woraus sich weitere Abgrenzungsfragen ergeben können. Zu weiteren [i]Rondorf, NWB 25/2020 S. 1838Fragestellungen im Zusammenhang mit dieser Gesetzesänderung vgl. Rondorf, NWB 25/2020 S. 1838. S. 1829

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