Oberste Finanzbehörden der Länder - S 4501 BStBl 2022 I S. 801

Anwendung des § 1 Absatz 2a GrEStG

Bezug: BStBl 2021 I S. 1006

Bezug: BStBl 2013 I S. 1278

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1 Allgemeines

Mit dem Gesetz zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes vom (BGBl 2021 I S. 986) [1] wurde § 1 Absatz 2a GrEStG geändert. Die Beteiligungsgrenze wurde auf 90 % gesenkt und der Zeitraum auf zehn Jahre erweitert.

Bei einer Personengesellschaft, zu deren Vermögen ein inländisches Grundstück gehört, gilt nach § 1 Absatz 2a Satz 1 GrEStG die unmittelbare oder mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes dergestalt, dass innerhalb von zehn Jahren mindestens 90 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft.

Die Vorschrift fingiert die Übereignung eines zum Vermögen einer Personengesellschaft gehörenden Grundstücks auf eine fiktiv „neue“ Personengesellschaft. Zivilrechtlich liegt kein Rechtsträgerwechsel vor.

Soweit sich aus der Sachverhaltsdarstellung nichts anderes ergibt, bilden die Beispiele die Rechtslage nach dem entsprechend § 23 Absatz 18 GrEStG ab.

Ausführungen zu § 23 Absatz 19 und 20 GrEStG enthalten die gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom zu den Übergangsregelungen auf Grund des Gesetzes zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes (BStBl 2021 I S. 1006).

2 Personengesellschaft

Personengesellschaften im Sinne des § 1 Absatz 2a Satz 1 GrEStG sind insbesondere die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die offene Handelsgesellschaft, die Kommanditgesellschaft (einschließlich der GmbH & Co. KG) und die Partnerschaftsgesellschaft. Ausländische Personengesellschaften, deren rechtliche Struktur den inländischen Personengesellschaften entspricht, werden von der Vorschrift erfasst.

3 Vom Tatbestand erfasste Grundstücke

Die Vorschrift des § 1 Absatz 2a GrEStG ist grundstücksbezogen. Sie erfasst diejenigen Grundstücke, und zwar jedes für sich, die während des Zeitraums, in dem sich der Gesellschafterbestand ändert, durchgängig zum Vermögen der Personengesellschaft gehören. Zum Zehnjahreszeitraum vgl. Tz. 6.

Zum Vermögen einer Personengesellschaft gehören die Grundstücke, die ihr grunderwerbsteuerrechtlich zuzurechnen sind. Es kommt nicht auf das zivilrechtliche Eigentum oder die bewertungsrechtliche Zurechnung an.

Ein Grundstück gehört der Personengesellschaft, wenn es ihr im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld aufgrund eines unter § 1 Absatz 1, 2, 3 oder 3a GrEStG fallenden Erwerbsvorgangs grunderwerbsteuerrechtlich zuzurechnen ist.

Ein Grundstück gehört nicht mehr zum Vermögen der Personengesellschaft, wenn es zwar noch in ihrem Eigentum steht bzw. ihr bewertungsrechtlich zuzurechnen ist, es aber vor Entstehung der Steuerschuld Gegenstand eines Veräußerungsvorgangs im Sinne des § 1 Absatz 1, 3 oder 3a GrEStG war (vgl. , BStBl 2015 II S. 402). Grundstücke im Eigentum der Personengesellschaft, an denen sie einem anderen die Verwertungsbefugnis im Sinne des § 1 Absatz 2 GrEStG eingeräumt hat, gehören zu ihrem Vermögen.

4 Anteil am Vermögen der Personengesellschaft

Die von der Personengesellschaft erworbenen Grundstücke sind gemeinschaftliches Vermögen der Gesellschafter (gesamthänderische Mitberechtigung).

Unter Anteil am Vermögen ist

  • die sachenrechtliche Mitberechtigung des Gesellschafters, die sich aus der Stellung als Gesamthänder ableitet, und

  • die vermögensmäßige Beteiligung an dem Gesellschaftsgrundstück

zu verstehen. Maßgebend ist die gesellschaftsvertraglich vereinbarte Beteiligung am Vermögen (fest oder variabel), hilfsweise die §§ 722, 734 BGB bzw. §§ 120 bis 122 HGB. Es ist auf den Zeitpunkt der Verwirklichung des Erwerbsvorgangs im Sinne des § 23 GrEStG abzustellen.

Die vorstehenden Grundsätze gelten für vergleichbare ausländische Personengesellschaften entsprechend.

5 Für § 1 Absatz 2a GrEStG relevanter Gesellschafterwechsel

Ein steuerbarer Gesellschafterwechsel im Sinne des § 1 Absatz 2a GrEStG liegt vor, wenn es sich um einen Gesellschafterwechsel handelt (Tz. 5.1), der durch einen Neugesellschafter ausgelöst wird (Tz. 5.2), und sich dadurch das Verhältnis der Altgesellschafter zu den Neugesellschaftern zu Lasten der Altgesellschafter verändert (Tz. 5.3).

5.1 Gesellschafterwechsel

Es sind unmittelbare und mittelbare Gesellschafterwechsel zu berücksichtigen.

5.1.1 Unmittelbarer Gesellschafterwechsel

Eine unmittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes einer grundbesitzenden Personengesellschaft liegt vor, wenn ein Mitgliedschaftsrecht an der Gesellschaft zivilrechtlich wirksam auf ein anderes oder neues Mitglied der Personengesellschaft übergeht (, BStBl 2018 II S. 783).

5.1.2 Mittelbarer Gesellschafterwechsel

Da es zivilrechtlich keine mittelbare Änderung eines Gesellschafterbestandes gibt und bei der mittelbaren Änderung des Gesellschafterbestandes zivilrechtlich kein Anteil an der grundbesitzenden Gesellschaft auf einen Neugesellschafter übergeht, scheidet eine Anknüpfung an das Zivilrecht aus. Aus grunderwerbsteuerrechtlicher Sicht ist maßgeblich, wer hinter dem an der grundbesitzenden Personengesellschaft unmittelbar beteiligten Gesellschafter steht.

Eine mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes der grundbesitzenden Personengesellschaft liegt vor, wenn

  • ein Mitgliedschaftsrecht an einer Personengesellschaft, die unmittelbar oder mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften an der grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligt ist, zivilrechtlich wirksam auf ein anderes oder neues Mitglied übergeht,

  • eine unmittelbar oder mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften an der grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligte Kapitalgesellschaft nach § 1 Absatz 2a Satz 3 bis 5 GrEStG fiktiv neue Gesellschafterin der grundbesitzenden Personengesellschaft wird oder

  • sie sich aus schuldrechtlichen Bindungen der an der Personengesellschaft unmittelbar beteiligten Gesellschafter ergibt (z. B. Kaufoption (, BStBl 2016 II S. 57), Vereinbarungstreuhand (, BStBl 2018 II S. 783)).

Liegen lediglich schuldrechtliche Bindungen vor, kann für die nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten vorzunehmende Zurechnungsentscheidung unter Beachtung grunderwerbsteuerrechtlicher Besonderheiten auf die Grundsätze des § 39 Absatz 2 Nummer 1 AO zurückgegriffen werden (, BStBl 2016 II S. 57 und vom - II R 18/14, BStBl 2018 II S. 783). Dieser Rückgriff erlaubt eine entsprechende Anwendung der Grundsätze des § 1 Absatz 2 GrEStG bei der Zurechnung von Anteilen an grundbesitzenden Personengesellschaften. Entscheidend ist danach, dass über die schuldrechtliche Vereinbarung einem anderen als dem an der grundbesitzenden Personengesellschaft unmittelbar Beteiligten eine Wertteilhabe an den Grundstücken der Personengesellschaft vermittelt wird. Dazu müssen folgende Kriterien erfüllt sein:

  • Der mittelbar Beteiligte hat aufgrund eines Rechtsgeschäfts bereits eine rechtlich geschützte, auf den Erwerb des Rechts gerichtete Position erworben, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden kann (z. B. Herausgabeanspruch aufgrund einer Kaufoption oder eines Treuhandverhältnisses).

  • Die mit dem Anteil verbundenen wesentlichen Rechte (z. B. Innehaben des Gewinnstammrechts, Befugnis zur Ausübung der Stimmrechte, Widerspruchs- und Kontrollrechte) sind auf den mittelbar Beteiligten übergegangen oder im Sinne des mittelbar Beteiligten auszuüben.

  • Das Risiko einer Wertminderung und die Chance einer Wertsteigerung (z. B. Beteiligung am Gesellschaftsvermögen, an einem etwaigen Auseinandersetzungsguthaben sowie dem Liquidationserlös) sind auf den mittelbar Beteiligten übergegangen.

Entscheidend ist das Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse im jeweiligen Einzelfall. Bei dieser Gesamtbildbetrachtung kann eine vom Zivilrecht abweichende Zurechnung des Anteils auch anzunehmen sein, wenn die vorstehenden Kriterien unterschiedlich stark ausgeprägt sind.

Die bloße Einräumung einer Vollmacht zur Ausübung der Rechte aus einem Gesellschaftsanteil sowie zur Veräußerung und Abtretung dieses Gesellschaftsanteils, selbst wenn sie unwiderruflich erteilt worden ist, reicht demgegenüber für die Annahme einer mittelbaren Änderung des Gesellschafterbestandes nicht aus. Durch eine derartige Vollmacht sind die wesentlichen Rechte des Gesellschafters (z. B. Stimmrechte und Gewinnstammrecht) nicht auf den Bevollmächtigten übergegangen (, BStBl 2018 II S. 786).

5.2 Alt- und Neugesellschafter

Es muss zwischen Alt- und Neugesellschaftern unterschieden werden.

5.2.1 Altgesellschafter
5.2.1.1 Unmittelbar beteiligter Altgesellschafter

Unmittelbar an der grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligter Altgesellschafter ist unabhängig von seiner Rechtsform, wer

  • Gründungsgesellschafter ist,

  • vor dem Beginn des Zehnjahreszeitraums des § 1 Absatz 2a Satz 1 GrEStG beteiligt war,

  • im Zeitpunkt des Erwerbs des jeweiligen Grundstücks beteiligt war oder

  • bei einer früheren Verwirklichung des Tatbestands nach § 1 Absatz 2a GrEStG beteiligt war.

Ein unmittelbar beteiligter Altgesellschafter verliert die Eigenschaft als Altgesellschafter mit Aufgabe seiner Gesellschafterstellung. Erwirbt der ausgeschiedene (Alt-)Gesellschafter erneut einen Anteil an der Personengesellschaft, ist er Neugesellschafter im Sinne des § 1 Absatz 2a Satz 1 GrEStG. Dies gilt auch dann, wenn das Ausscheiden aus der Personengesellschaft und der Wiedereintritt innerhalb des Zehnjahreszeitraums des § 1 Absatz 2a Satz 1 GrEStG erfolgen (, BStBl 2013 II S. 963).

5.2.1.2 Mittelbar über eine Personengesellschaft beteiligter Altgesellschafter

Mittelbar an der grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligter Altgesellschafter ist unabhängig von seiner Rechtsform, wer über eine oder mehrere Personengesellschaften

  • im Zeitpunkt der Gründung der grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligt war,

  • vor dem Beginn des Zehnjahreszeitraums des § 1 Absatz 2a Satz 1 GrEStG beteiligt war,

  • im Zeitpunkt des Erwerbs des jeweiligen Grundstücks beteiligt war oder

Eine Gesellschaftsstruktur, bei der eine Personengesellschaft an der grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligt ist, wird als doppelstöckige Personengesellschaft bezeichnet. Ist oberhalb der beteiligten Personengesellschaft mindestens eine weitere Personengesellschaft beteiligt, liegt eine mehrstöckige Personengesellschaft vor.

Ein mittelbar beteiligter Altgesellschafter verliert die Eigenschaft als Altgesellschafter mit Aufgabe seiner Gesellschafterstellung. Erwirbt der ausgeschiedene (Alt-)Gesellschafter erneut unmittelbar oder mittelbar einen Anteil an der grundbesitzenden Personengesellschaft, ist er Neugesellschafter im Sinne des § 1 Absatz 2a Satz 1 GrEStG. Dies gilt auch dann, wenn das Ausscheiden aus der beteiligten Personengesellschaft und der unmittelbare oder mittelbare Wiedereintritt in die grundbesitzende Personengesellschaft innerhalb des Zehnjahreszeitraums des § 1 Absatz 2a Satz 1 GrEStG erfolgen (, BStBl 2013 II S. 963).

Zusammenfassend vgl. Beispiele 5.3.1 und 5.3.2.

5.2.2 Neugesellschafter
5.2.2.1 Unmittelbar beteiligter Neugesellschafter

Unmittelbar an der grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligter Neugesellschafter ist unabhängig von seiner Rechtsform, wer mit dem Erwerb der Gesellschafterstellung in die Mitberechtigung am Grundstück der Personengesellschaft

  • durch Beitritt,

  • infolge (Teil-)Abtretung eines Anteils am Gesellschaftsvermögen oder

  • aufgrund von Umwandlungsvorgängen mit Ausnahme der identitätswahrenden formwechselnden Umwandlung (Tz. 5.2.5)

einrückt.

5.2.2.2 Mittelbar über eine Personengesellschaft beteiligter Neugesellschafter

Mittelbar an der grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligter Neugesellschafter ist unabhängig von seiner Rechtsform, wer durch

  • Eintritt,

  • Abtretung eines Mitgliedschaftsrechts oder

  • einen Vorgang nach dem Umwandlungsgesetz

einer Personengesellschaft beitritt, die unmittelbar oder mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften am Vermögen der grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligt ist, und dadurch in die Mitberechtigung am Grundstück einrückt.

5.2.3 Besonderheiten bei Kapitalgesellschaften
5.2.3.1 Alt- oder Neugesellschaftereigenschaft der Kapitalgesellschaft in Bezug auf die grundbesitzende Personengesellschaft

Nur Kapitalgesellschaften selbst können unmittelbare oder mittelbare Alt- oder Neugesellschafter in Bezug auf die grundbesitzende Personengesellschaft sein, deren Gesellschafter jedoch nicht.

Eine als Altgesellschafterin geltende unmittelbar oder mittelbar beteiligte Kapitalgesellschaft wird nach § 1 Absatz 2a Satz 3 bis 5 GrEStG in vollem Umfang zur fiktiven Neugesellschafterin, wenn sich die Beteiligungsverhältnisse an ihr unmittelbar oder mittelbar oder teils unmittelbar, teils mittelbar zu mindestens 90 % ändern. Dies gilt unabhängig davon, ob die Änderung der Beteiligungsverhältnisse bei der Kapitalgesellschaft den Tatbestand des § 1 Absatz 3 GrEStG erfüllen würde.

Bei mehrstufigen mittelbaren Beteiligungen ist die Prüfung, ob die 90 %-Grenze erreicht ist, für jede Beteiligungsebene gesondert vorzunehmen. Ist die 90 %-Grenze erreicht, ist die mittelbare Beteiligung in voller Höhe zu berücksichtigen (nicht nur in Höhe von 90 %; vgl. Beispiel 5.3.3).

Die Eigenschaft als Altgesellschafterin der unmittelbar oder mittelbar beteiligten Kapitalgesellschaft bleibt erhalten, wenn sich lediglich die Kette der an ihr beteiligten Kapitalgesellschaften verkürzt. Eine solche Beteiligungskette liegt vor, soweit Kapitalgesellschaften auf jeder Stufe über eine Beteiligung von mindestens 90 % miteinander verbunden sind. Das Gleiche gilt bei Beteiligungsketten, in denen sowohl Kapital- als auch Personengesellschaften beteiligt sind. Bei Personengesellschaften in der Kette ist zu beachten, dass die 90%ige Beteiligung auf jeder Stufe bei der Durchrechnung noch vorhanden ist. Bei der Verkürzung der Kette muss die der grundbesitzenden Personengesellschaft am nächsten stehende Kapitalgesellschaft erhalten bleiben (vgl. Beispiel 5.3.8).

5.2.3.2 Alt- oder Neugesellschaftereigenschaft der Gesellschafter der Kapitalgesell­schaft in Bezug auf die Kapitalgesellschaft

Die Gesellschafter der Kapitalgesellschaft sind nur in Bezug auf die Kapitalgesellschaft, an der sie unmittelbar beteiligt sind, Alt- oder Neugesellschafter, nicht jedoch in Bezug auf die grundbesitzende Personengesellschaft.

Neugesellschafter der Kapitalgesellschaft ist, wer Anteile an der Kapitalgesellschaft erwirbt.

Altgesellschafter der Kapitalgesellschaft ist, wer im Zeitpunkt

  • der Gründung der grundbesitzenden Personengesellschaft Gesellschafter der Kapitalgesellschaft ist, wenn die Kapitalgesellschaft Gründungsgesellschafterin ist,

  • des Erwerbs der Beteiligung am Vermögen der grundbesitzenden Personengesellschaft durch die Kapitalgesellschaft an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist,

  • des Grundstückserwerbs der Personengesellschaft an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist oder

  • der nach § 1 Absatz 2a Satz 3 bis 5 GrEStG erfolgenden Umqualifizierung der Kapitalgesellschaft in eine Neugesellschafterin der grundbesitzenden Personengesellschaft an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist.

5.2.4 Besonderheiten bei Treuhandverhältnissen

Neugesellschafter ist:

  • derjenige, der aufgrund Vereinbarungstreuhand mit einem Gesellschafter der grundbesitzenden Personengesellschaft nach deren Gründung bzw. nach einem Grundstückserwerb durch diese oder nach einer früheren Verwirklichung des Tatbestands des § 1 Absatz 2a GrEStG dessen Treugeber wird,

  • der neue Treugeber eines Gesellschafters nach Treugeberwechsel,

  • der Treugeber, auf den die treuhänderisch gehaltenen Anteile vom Treuhänder übertragen oder rückübertragen werden (zur anteiligen Steuerbefreiung in Höhe der rückübertragenen Anteile auf den Treugeber vgl. § 3 Nummer 8 GrEStG analog) oder

  • der neue Treuhänder beim Wechsel des Treuhändergesellschafters.

5.2.5 Besonderheiten bei der identitätswahrenden formwechselnden Umwandlung

Die identitätswahrende formwechselnde Umwandlung einer grundbesitzenden Personengesellschaft ist nicht steuerbar. Das Gleiche gilt bei einer identitätswahrenden formwechselnden Umwandlung einer an der grundbesitzenden Personengesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligten Personen-oder Kapitalgesellschaft.

5.2.5.1 Formwechselnde Umwandlung der grundbesitzenden Gesellschaft

Wird eine grundbesitzende Personengesellschaft in eine andere Personengesellschaft formwechselnd umgewandelt, führen die an ihr beteiligten Gesellschafter ihre bisherige Eigenschaft als Alt- oder Neugesellschafter in Bezug auf die grundbesitzende Personengesellschaft fort.

Wird eine grundbesitzende Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft formwechselnd umgewandelt, führen die an ihr beteiligten Gesellschafter ihre Neu- oder Altgesellschafterstellung in Bezug auf die grundbesitzende Personengesellschaft fort. Relevante Gesellschafterwechsel bei der Kapitalgesellschaft gelten auch für die Personengesellschaft als zu erfassende Gesellschafterwechsel, wenn diese im Zehnjahreszeitraum und nach dem erfolgt sind.

Beispiel:

Am Kapital der grundbesitzenden A-GmbH sind A (Gründungsgesellschafter) zu 60 % und B zu 40 % beteiligt. B hat die Anteile im Jahr 01 erworben und ist Neugesellschafter im Sinne des § 1 Absatz 2b GrEStG.

Im Jahr 02 wird die A-GmbH durch Formwechsel in die A-KG umgewandelt.

Im Jahr 03 erwirbt C von A 50 % der Anteile am Vermögen der A-KG.

A ist als Gründungsgesellschafter der A-GmbH Altgesellschafter im Sinne des § 1 Absatz 2b GrEStG und gilt nach dem Formwechsel auch als Altgesellschafter im Sinne des § 1 Absatz 2a GrEStG bezogen auf die A-KG.

B ist seit dem Jahr 01 Neugesellschafter im Sinne des § 1 Absatz 2b GrEStG und führt die Neugesellschafterstellung im Sinne des § 1 Absatz 2a GrEStG bezogen auf die A-KG nach dem Formwechsel fort. Im Jahr 01 liegt eine unmittelbare Änderung im Gesellschafterbestand der A-GmbH in Höhe von 40 % der Anteile an der A-GmbH durch B vor. Durch den nicht steuerbaren Formwechsel im Jahr 02 ist dieser Gesellschafterwechsel bei der Anwendung des § 1 Absatz 2a GrEStG zu berücksichtigen.

Im Jahr 03 liegt eine unmittelbare Änderung im Gesellschafterbestand der A-KG in Höhe von 50 % am Vermögen der A-KG durch C vor. Der Tatbestand des § 1 Absatz 2a GrEStG ist verwirklicht, weil innerhalb von zehn Jahren mindestens 90 % der Anteile an der A-KG (01: 40 % + 03: 50 %) auf Neugesellschafter übergegangen sind.

5.2.5.2 Formwechselnde Umwandlung einer unmittelbar oder mittelbar beteiligten Gesell­schaft

Wird eine unmittelbar oder mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften am Vermögen der grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligte Personengesellschaft in eine andere Personengesellschaft formwechselnd umgewandelt, führt sie ihre bisherige Eigenschaft als Alt- oder Neugesellschafterin in Bezug auf die grundbesitzende Personengesellschaft fort. Gleiches gilt für die an ihr beteiligten Gesellschafter.

Wird eine unmittelbar oder mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften am Vermögen der grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligte Kapitalgesellschaft in eine andere Kapitalgesellschaft formwechselnd umgewandelt, führt sie ihre bisherige Eigenschaft als Alt- oder Neugesellschafterin in Bezug auf die grundbesitzende Personengesellschaft fort. Die Gesellschafter der formwechselnd umgewandelten Kapitalgesellschaft führen ihre bisherige Eigenschaft als Alt- oder Neugesellschafter in Bezug auf die Kapitalgesellschaft fort.

Wird eine unmittelbar oder mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften am Vermögen der grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligte Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft formwechselnd umgewandelt, führt sie ihre bisherige Eigenschaft als Alt- oder Neugesellschafterin fort. Die an der umgewandelten Gesellschaft beteiligten Gesellschafter werden durch die formwechselnde Umwandlung Neugesellschafter in Bezug auf die grundbesitzende Personengesellschaft. Die im Zeitpunkt der formwechselnden Umwandlung vorhandenen Beteiligungen der Gesellschafter an der formgewechselten Gesellschaft werden nicht in die Berechnung des Quantums des § 1 Absatz 2a GrEStG einbezogen, da es aufgrund der umwandlungsrechtlich geregelten Besonderheiten für diese Beteiligungen an dem Tatbestandsmerkmal „Übergang von Anteilen“ fehlt. Durch den Formwechsel werden vorangegangene Anteilsübertragungen auf Neugesellschafter an der formgewechselten Gesellschaft in Bezug auf die grundbesitzende Personengesellschaft erstmals einbezogen und sind im Rahmen des § 1 Absatz 2a Satz 2 GrEStG im Zeitpunkt des Anteilsübergangs zu berücksichtigen.

Wird eine unmittelbar oder mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften am Vermögen der grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligte Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft formwechselnd umgewandelt, führt sie ihre bisherige Eigenschaft als Alt- oder Neugesellschafterin fort. Die an der umgewandelten Gesellschaft beteiligten Gesellschafter verlieren durch die formwechselnde Umwandlung ihre Eigenschaft als Alt- oder Neugesellschafter in Bezug auf die grundbesitzende Personengesellschaft. Die Gesellschafter der formwechselnd umgewandelten Kapitalgesellschaft führen ihre bisherige Eigenschaft als Alt- oder Neugesellschafter in Bezug auf die beteiligte Kapitalgesellschaft fort. Relevante Gesellschafterwechsel bei der Personengesellschaft gelten auch für die Kapitalgesellschaft als zu erfassende Gesellschafterwechsel, wenn diese im Zehnjahreszeitraum erfolgt sind.

Beispiel:

Am Vermögen der grundbesitzenden A-OHG sind A zu 85 % und die B-GmbH zu 15 % beteiligt. Die B-GmbH ist in Bezug auf die A-OHG Altgesellschafterin. An der B-GmbH sind B und C in Höhe von jeweils 50 % beteiligt.

Im Jahr 01 wird die B-GmbH in die B-OHG umgewandelt.

Im Jahr 02 erwerben B von A 84,9 % und C von A 0,1 % der Anteile am Vermögen der A-OHG.

Im Jahr 03 erwirbt D 5 % der Anteile am Vermögen der A-OHG von der B-OHG.

Formwechsel Die formwechselnde Umwandlung der B-GmbH in die B-OHG ist nicht steuerbar. Die B-OHG führt die Eigenschaft als Altgesellschafterin fort. Die Gesellschafter B und C werden durch die formwechselnde Umwandlung Neugesellschafter in Bezug auf die A-OHG, da sie erstmals eine gesamthänderische Mitberechtigung an dieser erlangen. Aufgrund der umwandlungsrechtlich geregelten Besonderheiten gehen keine Anteile am Gesellschaftsvermögen über.

Die Übertragung der Beteiligung des A auf die Neugesellschafter B und C führt zu einem unmittelbaren Gesellschafterwechsel in Höhe von 85 % (84,9 % + 0,1 %) der Anteile am Vermögen der A-OHG. Der Tatbestand des § 1 Absatz 2a GrEStG ist nicht verwirklicht. Es liegt keine Anteilsvereinigung im Sinne des § 1 Absatz 3 GrEStG vor. Der Tatbestand des § 1 Absatz 3a GrEStG ist erfüllt, da B eine wirtschaftliche Beteiligung in Höhe von mindestens 90 % (92,4 % = 84,9 % + (15 % x 50 %) erstmals innehat.

Die Übertragung der Beteiligung der B-OHG auf den Neugesellschafter D führt zu einem unmittelbaren Gesellschafterwechsel in Höhe von 5 % der Anteile am Vermögen der A-OHG. Der Tatbestand des § 1 Absatz 2a GrEStG ist verwirklicht, da innerhalb von zehn Jahren mindestens 90 % der Anteile am Vermögen der A-OHG auf Neugesellschafter übergegangen sind (02: 85 % + 03: 5 %).

Beispiel:

Am Kapital der grundbesitzenden A-KG ist die Z-KG zu 100% beteiligt. Am Vermögen der Z-KG ist der Gründungsgesellschafter X zu 100 % beteiligt.

Im Jahr 01 erwirbt Y 89 % der Anteile am Vermögen der Z-KG von X.

Im Jahr 02 wird die Z-KG in die Z-GmbH umgewandelt.

Im Jahr 03 erwirbt D 11 % der Anteile am Kapital der Z-GmbH von X.

Im Jahr 01 wird kein steuerlicher Tatbestand verwirklicht. X ist bezogen auf die grundbesitzende A-KG vermittelt durch die Z-KG Altgesellschafter. X ist Altgesellschafter an der Z-KG. Durch den Erwerb der Anteile an der Z-KG ist Y bezogen auf die grundbesitzende A-KG vermittelt durch die Z-KG Neugesellschafter. Y ist Neugesellschafter der Z-KG.

Nach dem Formwechsel im Jahr 02 führt Y die Eigenschaft als Neugesellschafter im Sinne des § 1 Absatz 2a GrEStG bezogen auf die Z-GmbH fort.

Im Jahr 03 ist der Tatbestand des § 1 Absatz 2a GrEStG erfüllt, da innerhalb von zehn Jahren mindestens 90 % der Anteile an der A-KG auf die fiktiv neue Gesellschafterin (Z-GmbH) übergegangen sind. Durch die Übertragungen von X auf Y im Jahr 01 und von X auf D im Jahr 03 wird die Z-GmbH fiktive Neugesellschafterin der A-KG im Sinne des § 1 Absatz 2a Satz 4 GrEStG, da mindestens 90 % der Anteile an der Z-GmbH (89 % + 11 %) auf Neugesellschafter in Bezug auf die Z-GmbH (Y und D) übergegangen sind.

5.2.5.3 Gesellschaften eines Mitgliedstaates der Europäischen Union

Wird eine inländische Gesellschaft in eine Gesellschaft eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder umgekehrt formwechselnd umgewandelt, unterliegt dieser Rechtsvorgang mangels eines Rechtsträgerwechsels nicht der Grunderwerbsteuer und es gelten die oben genannten Grundsätze entsprechend. Voraussetzung ist, dass die rechtliche Struktur dieser Gesellschaft derjenigen einer inländischen Gesellschaft und die Regelung über den Formwechsel inhaltlich der Umwandlung gemäß § 1 Absatz 1 Nummer 4 UmwG entsprechen. Dasselbe gilt, wenn eine Gesellschaft eines Mitgliedstaates der Europäischen Union in eine andere Gesellschaft eines Mitgliedstaates der Europäischen Union formwechselnd umgewandelt wird.

5.3 Ermittlung des Vomhundertsatzes

Zur Ermittlung des Vomhundertsatzes im Sinne des § 1 Absatz 2a GrEStG ist auf das Verhältnis der Beteiligung der Neugesellschafter zu der fortbestehenden Beteiligung von Altgesellschaftern nach dem Gesellschafterwechsel abzustellen. Maßgebend ist hierfür der Anteil des einzelnen Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen nach dem Gesellschafterwechsel. Für die Höhe des Anteils kommt es auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Wirkung der schuldrechtlichen (gesellschaftsrechtlichen) Vereinbarungen an. Die Wirkung tritt frühestens mit dem Vertragsabschluss ein. Der Zeitpunkt der Leistung der Einlagen ist unerheblich.

Stockt ein Neugesellschafter seine Beteiligung durch den Erwerb weiterer Anteile am Gesellschaftsvermögen nach dem erstmaligen Erwerb des Mitgliedschaftsrecht auf, werden sowohl der erstmalige Erwerb als auch die Hinzuerwerbe bei der Berechnung der Quote berücksichtigt (, BStBl 2017 II S. 966). Veränderungen der Vermögensbeteiligung von Neugesellschaftern durch Kapitalerhöhung bei deren Eintritt führen zum Übergang von Anteilen am Gesellschaftsvermögen und sind bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes zu berücksichtigen. Gleiches gilt bei bloßen Kapitaländerungen zugunsten der Neugesellschafter im Verhältnis zu den Altgesellschaftern (Beispiel 5.3.9).

§ 1 Absatz 2a GrEStG erfasst keine Änderungen der Beteiligung am Gesellschaftsvermögen der Altgesellschafter im Verhältnis zueinander. Veränderungen der Vermögensbeteiligung zwischen Neugesellschaftern werden bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes nicht erneut berücksichtigt. Gehen Anteile von Todes wegen auf Neugesellschafter über, bleibt der Erwerb dieser Anteile bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes im Sinne des § 1 Absatz 2a GrEStG außer Ansatz (§ 1 Absatz 2a Satz 6 GrEStG). Gesellschafterwechsel, die sich vor dem Grundstückserwerb vollziehen, sind zur Tatbestandserfüllung unbeachtlich.

Bei Gesellschaftsstrukturen mit Personen- und Kapitalgesellschaften ist durch Personengesellschaften durchzurechnen und auf der Ebene jeder Kapitalgesellschaft die 90 %-Grenze im Sinne des § 1 Absatz 2a Satz 3 bis 5 GrEStG zu prüfen:

  • Änderungen im Gesellschafterbestand der an der grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligten Personengesellschaften werden gemäß § 1 Absatz 2a Satz 2 GrEStG durch Multiplikation der Vomhundertsätze der Anteile an den Gesellschaftsvermögen anteilig berücksichtigt.

  • Bei Beteiligungen von Kapitalgesellschaften an einer grundbesitzenden Personengesellschaft ist auf das erforderliche Quantum von 90 % der Anteile an der Kapitalgesellschaft abzustellen. Gehen bei einer Kapitalgesellschaft mindestens 90 % der Anteile auf Neugesellschafter in Bezug auf die Kapitalgesellschaft über, so gilt diese nach § 1 Absatz 2a Satz 4 GrEStG als Neugesellschafterin der grundbesitzenden Personengesellschaft. Die Beteiligung der Kapitalgesellschaft ist in voller Höhe bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes im Sinne des § 1 Absatz 2a Satz 1 GrEStG zu berücksichtigen (nicht nur in Höhe von 90 %; vgl. Beispiel 5.3.3). Bei mehrstufigen Beteiligungen gelten diese Grundsätze nach § 1 Absatz 2a Satz 5 GrEStG auf der Ebene jeder Kapitalgesellschaft entsprechend.

    Führen Änderungen im Gesellschafterbestand mittelbar beteiligter Personengesellschaften bei einer nachgeordneten Kapitalgesellschaft nicht zu einem unmittelbaren oder mittelbaren oder teils unmittelbaren, teils mittelbaren Übergang von mindestens 90 % ihrer Anteile am Kapital, gilt die Kapitalgesellschaft nicht als Neugesellschafterin im Sinne des § 1 Absatz 2a Satz 3 bis 5 GrEStG.

    Eigene Gesellschaftsanteile, die eine Kapitalgesellschaft als Zwischengesellschaft oder grundbesitzende Gesellschaft selbst hält, bleiben bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes außer Betracht (vgl. , BStBl 2014 II S. 326). Maßgebend ist somit, dass mindestens 90 % der nicht von der Kapitalgesellschaft selbst gehaltenen Anteile auf neue Gesellschafter übergehen.

Beispiele:

5.3.1 Grundfall

In nachstehender Ausgangsstruktur wird die Beteiligung der A-GmbH am Vermögen der grundbesitzenden B-KG an die B-GmbH übertragen. Zeitgleich veräußert X 80 % seiner Beteiligung am Vermögen der A-KG an Y.

Der Tatbestand des § 1 Absatz 2a GrEStG ist erfüllt. Innerhalb von zehn Jahren gehen mindestens 90 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen der grundbesitzenden B-KG (50 % unmittelbar und 80 % x 50 % = 40 % mittelbar) auf Neugesellschafter über.

5.3.2 Personengesellschaft als mittelbar beteiligte Altgesellschafterin

Am Vermögen der grundbesitzenden KG sind A zu 10 % und die Z-GmbH & Co. KG zu 90 % beteiligt. Am Vermögen der Z-GmbH & Co. KG sind die AB-OHG zu 100 % und die GmbH zu 0 % beteiligt. Am Vermögen der AB-OHG sind A und B zu jeweils 50 % beteiligt. Diese Ausgangsstruktur besteht seit mehr als zehn Jahren.

Die AB-OHG verkauft ihre Beteiligung an die AC-GbR, an der A und C zu jeweils 50 % beteiligt sind.

Die mittelbar beteiligte AC-GbR ist Neugesellschafterin in Bezug auf die grundbesitzende KG. Die Anteilsübertragung auf die AC-GbR erfüllt den Tatbestand des § 1 Absatz 2a Satz 1 GrEStG, da innerhalb von zehn Jahren mindestens 90 % der Anteile am Vermögen der KG (100 % x 90 %) auf Neugesellschafter der KG übergegangen sind. Die Steuer wird nach § 6 Absatz 3 Satz 1 i. V. m. Absatz 1 Satz 1 GrEStG i. H. der Deckungsgleiche der Beteiligung des A am Vermögen der fiktiv alten und der fiktiv neuen KG mithin zu 55 % nicht erhoben. Die Nachbehaltensfrist des § 6 Absatz 3 Satz 2 GrEStG ist zu beachten.

5.3.3 Änderung des Gesellschafterbestandes in Bezug auf beteiligte Kapitalgesellschaften

An einer grundbesitzenden OHG sind A zu 85 %, B zu 10 % und die C-GmbH zu 5 % beteiligt.

Die Anteile der C-GmbH halten D zu 85 % und E zu 10 % und F zu 5 %.

Im Jahr 01 überträgt A seine Beteiligung an der OHG auf X.

Im Jahr 02 übertragen D und F ihre Anteile an der C-GmbH auf Y und Z.

Die Übertragung der Beteiligung des A auf X führt im Jahr 01 zu einem unmittelbaren Gesellschafterwechsel in Höhe von 85 %.

Durch die Übertragungen von D auf Y und F auf Z im Jahr 02 wird die C-GmbH fiktive Neugesellschafterin der OHG nach § 1 Absatz 2a Satz 4 GrEStG, da mindestens 90 % der Anteile an der C-GmbH (85 % + 5 %) auf Neugesellschafter in Bezug auf die C-GmbH (Y und Z) übergegangen sind. Die mittelbare Anteilsänderung ist nicht anteilig (90 % von 5 %), sondern voll mit 5 % zu berücksichtigen.

Der Tatbestand des § 1 Absatz 2a GrEStG ist im Jahr 02 erfüllt, da innerhalb von zehn Jahren mindestens 90 % der Anteile am Vermögen der OHG (01: 85 % + 02: 5 %) auf Neugesellschafter in Bezug auf die OHG (X und C-GmbH) übergegangen sind. Die Steuer wird nach § 6 Absatz 3 Satz 1 i. V. m. Absatz 1 Satz 1 GrEStG i. H. der Deckungsgleiche der Beteiligung des B am Vermögen der fiktiv alten und der fiktiv neuen OHG mithin zu 10 % nicht erhoben. Die Nachbehaltensfrist des § 6 Absatz 3 Satz 2 GrEStG ist zu beachten.

5.3.4 Abwandlung zu 5.3.3

An einer grundbesitzenden OHG sind A zu 85 %, B zu 10 % und die C-GmbH zu 5 % beteiligt. Die Anteile der C-GmbH halten D zu 85 %, E zu 10 % und F zu 5 %. Im Jahr 01 überträgt A seine gesamte Beteiligung an der OHG auf X. Im Jahr 02 überträgt D seine Anteile an der C-GmbH auf Y.

Die Übertragung der Beteiligung des A auf X führt im Jahr 01 zu einem unmittelbaren Gesellschafterwechsel in Höhe von 85 %. Durch die Übertragung von D auf Y im Jahr 02 wird die C-GmbH nicht fiktive Neugesellschafterin der OHG nach § 1 Absatz 2a Satz 4 GrEStG, da nicht mindestens 90 % der Anteile an der C-GmbH (85 %) auf Neugesellschafter in Bezug auf die C-GmbH (Y) übergegangen sind. Die C-GmbH bleibt Altgesellschafterin der OHG. Der Tatbestand des § 1 Absatz 2a GrEStG ist im Jahr 02 nicht erfüllt, da innerhalb von zehn Jahren nicht mindestens 90 % der Anteile am Vermögen der OHG (01: 85 %) auf Neugesellschafter in Bezug auf die OHG übergegangen sind.

5.3.5 Teils unmittelbarer, teils mittelbarer Gesellschafterwechsel über eine beteiligte Kapitalgesellschaft

Am Vermögen der grundbesitzenden A-KG sind A zu 10 % und die E-GmbH zu 90 % beteiligt. Gesellschafter der E-GmbH sind B und die C-KG zu jeweils 50 %. Am Vermögen der C-KG sind C zu 80 % und D zu 20 % beteiligt.

Im Jahr 01 überträgt B seinen Anteil an der E-GmbH auf Z. Im Jahr 04 überträgt C seine Beteiligung an der C-KG auf Y.

Durch die Übertragung von B auf Z im Jahr 01 gehen 50 % der Anteile an der E-GmbH auf Neugesellschafter der E-GmbH über. Die E-GmbH bleibt Altgesellschafterin der A-KG, da nicht mindestens 90 % der Anteile an ihr auf Neugesellschafter übergegangen sind.

Durch die Übertragung von C auf Y im Jahr 04 gehen weitere 40 % der Anteile an der E-GmbH (80 % x 50 %) auf Neugesellschafter der E-GmbH über. Die E-GmbH wird fiktive Neugesellschafterin der A-KG nach § 1 Absatz 2a Satz 4 GrEStG, da mindestens 90 % der Anteile an der E-GmbH (50 % + 40 %) auf Neugesellschafter übergegangen sind.

Der Tatbestand des § 1 Absatz 2a GrEStG ist erfüllt, da innerhalb von zehn Jahren mindestens 90 % der Anteile am Vermögen der A-KG (90 %) auf Neugesellschafter der A-KG übergegangen sind.

5.3.6 Formwechselnde Umwandlung von einer beteiligten Personengesellschaft in eine beteiligte Kapitalgesellschaft

Am Vermögen der grundbesitzenden A-KG sind A zu 50 % und die B-KG zu 50 % beteiligt. Am Vermögen der B-KG sind B zu 80 % und C zu 20 % beteiligt.

Im Jahr 01 überträgt B seinen Anteil an der B-KG auf D.

Im Jahr 02 wird die B-KG in die B-GmbH formwechselnd umgewandelt.

Im Jahr 03 veräußert A seinen Anteil am Vermögen der A-KG an E.

Im Jahr 01 ist der Tatbestand des § 1 Absatz 2a GrEStG nicht erfüllt, da nicht mindestens 90 % der Anteile (80 % x 50 %) am Vermögen der A-KG auf Neugesellschafter übergegangen sind. Durch die formwechselnde Umwandlung in die B-GmbH im Jahr 02 verlieren die Gesellschafter C und D ihre Eigenschaft als Alt- oder Neugesellschafter in Bezug auf die A-KG. Die Gesellschafter C und D führen ihre bisherige Eigenschaft als Alt- oder Neugesellschafter in Bezug auf die B-GmbH fort.

Im Jahr 03 ist der Tatbestand des § 1 Absatz 2a GrEStG erfüllt, da mindestens 90 % der Anteile am Vermögen der A-KG (01: 80 % x 50 % + 03: 50 %) auf Neugesellschafter in Bezug auf die A-KG übergegangen sind.

5.3.7 Formwechselnde Umwandlung von einer beteiligten Kapitalgesellschaft in eine beteiligte Personengesellschaft

Am Vermögen der grundbesitzenden A-KG sind die Gründungsgesellschafter A zu 80 % und die B-GmbH zu 20 % beteiligt. Am Kapital der B-GmbH sind als Gründungsgesellschafter B zu 80 % und C zu 20 % beteiligt.

Im Jahr 01 veräußert B 10 % der Anteile an der B-GmbH an X und im Jahr 03 weitere 50 %.

Außerdem veräußert er im Jahr 02 20 % der Anteile an der B-GmbH an C.

Im Jahr 09 wird die B-GmbH formwechselnd in die B-KG umgewandelt.

Im Jahr 12 veräußert A seinen Anteil am Vermögen der A-KG an Y.

Im Jahr 01 ist der Tatbestand des § 1 Absatz 2a GrEStG nicht erfüllt, da keine Anteile am Vermögen der A-KG auf Neugesellschafter übergegangen sind. Durch die Übertragung von 10 % der Anteile am Kapital der B-GmbH von B auf X wird die B-GmbH keine fiktive Neugesellschafterin der grundbesitzenden A-GmbH, da nicht mindestens 90 % der Anteile am Kapital der B-GmbH (10 %) auf Neugesellschafter in Bezug auf die B-GmbH übergegangen sind (§ 1 Absatz 2b Satz 4 GrEStG).

Im Jahr 02 ist der Tatbestand des § 1 Absatz 2a GrEStG nicht erfüllt, da weder ein zu berücksichtigender Übergang von Anteilen am Vermögen der grundbesitzenden A-KG noch von Anteilen am Kapital der beteiligten B-GmbH von einem Altgesellschafter auf einen Neugesellschafter vorliegt.

Im Jahr 03 ist der Tatbestand des § 1 Absatz 2a GrEStG nicht erfüllt, da keine Anteile am Vermögen der grundbesitzenden A-KG auf Neugesellschafter übergegangen sind. Durch die Übertragung von 50 % der Anteile am Kapital der B-GmbH von B auf X wird die B-GmbH keine fiktive Neugesellschafterin der grundbesitzenden A-KG, da nicht mindestens 90 % der Anteile am Kapital der B-GmbH (01: 10 % + 03: 50 %) auf Neugesellschafter in Bezug auf die B-GmbH übergegangen sind (§ 1 Absatz 2b Satz 4 GrEStG).

Die formwechselnde Umwandlung der B-GmbH in die B-KG im Jahr 09 ist nicht steuerbar. In Bezug auf die grundbesitzende A-KG sind C und X Neugesellschafter. Auf Grund der wirksamen formwechselnden Umwandlung sind die bisher nach § 1 Absatz 2a Satz 3 GrEStG zu berücksichtigenden Gesellschafterwechsel bei der B-GmbH nach § 1 Absatz 2a Satz 2 GrEStG bezogen auf die grundbesitzende A-KG im Jahr des Anteilsübergangs zu erfassen. Der Tatbestand des § 1 Absatz 2a GrEStG wird im Jahr 03 nicht erfüllt, da nicht mindestens 90 % der Anteile am Vermögen der grundbesitzenden A-KG (12 % = mittelbar 01: 10 % x 20 % + 03: 50 % x 20 %) auf Neugesellschafter übergegangen sind.

Im Jahr 12 wird der Tatbestand des § 1 Absatz 2a GrEStG verwirklicht, da mindestens 90 % der Anteile am Vermögen der grundbesitzenden A-KG (90 % = mittelbar 03: 50 % x 20 % und unmittelbar 12: 80 %) auf Neugesellschafter übergegangen sind. Die Übertragung der Anteile am Kapital der damaligen B-GmbH im Jahr 01 ist nicht zu berücksichtigen, da diese außerhalb des Zehnjahreszeitraums erfolgte.

5.3.8 Beteiligungskette

Am Vermögen der grundbesitzenden T-GmbH & Co. KG ist als Kommanditistin die M-GmbH zu 100 % sowie die T-GmbH, deren Alleingesellschafterin die M-GmbH ist, zu 0 % beteiligt. 100 % der Anteile an der M-GmbH hält die Z-GmbH, deren Anteile in Höhe von 60 % von der H-GmbH gehalten werden. Nachdem die Beteiligungen mehr als zehn Jahre unverändert geblieben waren, überträgt die Z-GmbH ihre Anteile an der M-GmbH auf die H-GmbH.

Durch die Übertragung von der Z-GmbH auf die H-GmbH wird die M-GmbH fiktive Neugesellschafterin der grundbesitzenden T-GmbH & Co. KG nach § 1 Absatz 2a Satz 4 GrEStG, da mindestens 90 % der Anteile an der M-GmbH (100 %) auf die H-GmbH als Neugesellschafterin der M-GmbH übertragen wurden. Eine Verkürzung der Beteiligungskette im Sinne von Tz. 5.2.3.1 liegt nicht vor, da die H-GmbH an der Z-GmbH nur zu 60 % beteiligt war.

Der Tatbestand des § 1 Absatz 2a GrEStG ist erfüllt, da innerhalb von zehn Jahren mindestens 90 % der Anteile am Vermögen der T-GmbH & Co. KG (100 %) auf Neugesellschafter in Bezug auf die T-GmbH & Co. KG (M-GmbH) übergegangen sind.

5.3.9 Kapitalerhöhung

Am Vermögen einer grundbesitzenden Personengesellschaft sind vier Gesellschafter zu jeweils 25 % beteiligt. Das Gesellschaftsvermögen beträgt 200.000 €. Zwei Gesellschafter übertragen ihre Anteile auf Neugesellschafter. Anschließend wird innerhalb des Zehnjahreszeitraums das Vermögen im Wege der Kapitalerhöhung auf 1.000.000 € aufgestockt, wobei das zusätzliche Kapital ausschließlich auf die Anteile der Neugesellschafter entfällt.

Die Altgesellschafter sind zusammen weiterhin nur zu 100.000 € (entspricht 10 %) am Vermögen der Gesellschaft beteiligt. Auf die Neugesellschafter sind insgesamt 90 % (900.000 €) der nunmehr bestehenden Anteile übergegangen.

Der Tatbestand des § 1 Absatz 2a GrEStG ist erfüllt. Die Steuer ist nach § 6 Absatz 3 GrEStG in Höhe von 10 % nicht zu erheben.

Treuhandverhältnis

Am Vermögen einer grundbesitzenden GmbH & Co. KG sind eine Komplementär-GmbH zu 20 % und A zu 80 % beteiligt. Alleingesellschafterin der Komplementär-GmbH ist die Y-GmbH.

Die Y-GmbH veräußert ihre Anteile an der Komplementär-GmbH auf die Z-GmbH. A vereinbart mit zwei Treugebern, für diese zukünftig jeweils 20 % der Kommanditanteile treuhänderisch zu halten. Außerdem veräußert er 35 % der Kommanditanteile an Dritte.

Die Komplementär-GmbH ist fiktive Neugesellschafterin der grundbesitzenden GmbH & Co. KG, da mindestens 90 % der Anteile an der Komplementär-GmbH (100 %) auf die Z-GmbH als Neugesellschafterin der Komplementär-GmbH übertragen wurden. Dadurch kommt es zu einer Änderung des Gesellschafterbestandes der grundbesitzenden GmbH & Co. KG in Höhe von 20 %.

Durch die Vereinbarung der Treuhandverhältnisse (40 %) und die Veräußerung von 35 % der Anteile am Vermögen der grundbesitzenden GmbH & Co. KG durch A auf Dritte werden weitere 75 % der Anteile am Vermögen der grundbesitzenden GmbH & Co. KG auf Neugesellschafter in Bezug auf die grundbesitzende GmbH & Co. KG übertragen.

Der Tatbestand des § 1 Absatz 2a Satz 1 GrEStG ist erfüllt. Die Steuer ist nach § 6 Absatz 3 GrEStG in Höhe von 5 % nicht zu erheben.

6 Zehnjahreszeitraum

Sukzessive Übertragungen unmittelbarer oder mittelbarer Beteiligungen am Vermögen der grundbesitzenden Personengesellschaft auf Neugesellschafter innerhalb von zehn Jahren sind zusammenzurechnen. Soweit ein Neugesellschafter einen Anteil am Vermögen der grundbesitzenden Personengesellschaft an einen weiteren Neugesellschafter oder Altgesellschafter veräußert, ist dieser bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes nicht mitzuzählen. Übertragungen von mindestens 90 % der Anteile, die in einem Rechtsakt vollzogen werden, vollziehen sich in einer logischen Sekunde, also immer innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren. Der Zehnjahreszeitraum ist für jedes Grundstück im Vermögen der Personengesellschaft selbständig zu beurteilen.

Beispiele

6.1 Eine GbR erwirbt im Jahr 01 zwei Grundstücke (Grundstück I und Grundstück II). Zu diesem Zeitpunkt sind an ihrem Gesellschaftsvermögen A und B zu je 20 %, C zu 10 % sowie die D-OHG zu 50 % beteiligt. Gesellschafter der D-OHG sind zu diesem Zeitpunkt D und F zu je 10 % sowie G und H zu je 40 %. Im Jahr 02 veräußern A, B und C ihre Anteile an X. Im Jahr 08 veräußern D und G ihre Anteile an der D-OHG an Y. Im Januar 09 verkauft die GbR das Grundstück I. Ende desselben Jahres veräußert H seinen Anteil an der D-OHG an Z.

Da in Bezug auf das Grundstück I aufgrund dessen Veräußerung im Januar 09 nur insgesamt 75 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf Neugesellschafter übergegangen sind, ist der Tatbestand des § 1 Absatz 2a GrEStG nur hinsichtlich des Grundstücks II erfüllt. Die Steuer wird nach § 6 Absatz 3 Satz 1 i. V. m. Absatz 1 Satz 1 GrEStG i. H. der Deckungsgleiche der Beteiligung des F am Vermögen der fiktiv alten und der fiktiv neuen GbR mithin zu 5 % (10 % x 50 %) nicht erhoben. Die Nachbehaltensfrist des § 6 Absatz 3 Satz 2 GrEStG ist zu beachten.

6.2 Eine GmbH & Co. KG, an deren Vermögen nur die Kommanditisten A, B, C, D und E zu je 20 % beteiligt sind, kauft im Jahr 01 ein Grundstück (Grundstück I). Im Mai 02 überträgt A seine Kommanditbeteiligung auf W. Ende des Jahres 02 erwirbt die GmbH & Co. KG ein weiteres Grundstück (Grundstück II). Im Jahr 04 veräußern B und C ihre Anteile an X. Im Jahr 10 veräußert D seinen Anteil an Y und E drei Viertel seines Anteils (15 %) an Z. Bis Ende des Jahres 12 treten keine weiteren Änderungen im Gesellschafterbestand der GmbH & Co. KG ein.

Hinsichtlich des Grundstücks I ist im Jahr 10 der Tatbestand des § 1 Absatz 2a GrEStG erfüllt. Die Steuer wird nach § 6 Absatz 3 Satz 1 i. V. m. Absatz 1 Satz 1 GrEStG i. H. der Deckungsgleiche der Beteiligung des E am Vermögen der fiktiv alten und der fiktiv neuen GmbH & Co. KG mithin zu 5 % nicht erhoben. Die Nachbehaltensfrist des § 6 Absatz 3 Satz 2 GrEStG ist zu beachten.

In Bezug auf das Grundstück II ist der Tatbestand des § 1 Absatz 2a GrEStG nicht erfüllt, weil es erst nach dem Erwerb des Anteils des A durch den W in das Vermögen der GmbH & Co. KG gelangte.

6.3 Nichtberücksichtigung bei mehrfacher Anteilsübertragung

Am Vermögen einer grundbesitzenden OHG sind A, B, C und D zu je 25 % beteiligt. Im Jahr 01 veräußert A seinen Anteil an W. Im Jahr 09 veräußern B, C und W ihre Anteile an X, Y und Z.

Insgesamt sind innerhalb von zehn Jahren nur 75 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen übergegangen (von A auf W 25 %, von B auf X 25 % und von C auf Y 25 %). Der Tatbestand des § 1 Absatz 2a GrEStG ist nicht erfüllt. Altgesellschafter D bleibt mit 25 % an der OHG beteiligt. Da die Veräußerung des 25%igen Anteils von A an W bereits bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes berücksichtigt wurde, kann die Weiterveräußerung desselben Anteils innerhalb des maßgeblichen Zehnjahreszeitraums von W auf Z nicht noch einmal bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes berücksichtigt werden.

Fortführung des Beispiels:

Im Jahr 13 veräußert D seine 25%ige Beteiligung an M.

Insgesamt sind innerhalb von zehn Jahren 100 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen übergegangen (von W auf Z 25 %, von B auf X 25 %, von C auf Y 25 % und von D auf M 25 %). Der Tatbestand des § 1 Absatz 2a GrEStG ist verwirklicht.

6.4 Am Vermögen der GmbH & Co. KG sind die C-GmbH zu 89 % und X zu 11 % beteiligt. Alleingesellschafter der C-GmbH ist C. Im Jahr 01 erwirbt die GmbH & Co. KG ein Grundstück.

Im Jahr 02 veräußert C 50 % seiner Anteile an der C-GmbH an X.

Im Jahr 03 veräußert C 30 % seiner Anteile an der C-GmbH an Y.

Im Jahr 04 veräußert C weitere 10 % seiner Anteile an der C-GmbH an X.

Im Jahr 09 veräußert X 5 % seiner Beteiligung an der GmbH & Co. KG an A.

Im Jahr 02 sind durch den Übergang der Anteile an der C-GmbH von C auf X erstmalig 50 % der Anteile an der GmbH auf einen Neugesellschafter übergegangen, da X zum Zeitpunkt des Grundstückserwerbs nicht Gesellschafter der C-GmbH war. Unabhängig davon, dass X unmittelbarer Altgesellschafter der GmbH & Co. KG ist, ist er in Bezug auf die C-GmbH unmittelbarer Neugesellschafter. In Bezug auf die GmbH & Co KG ist X nicht mittelbar über die GmbH beteiligt, da nur die GmbH selbst und nicht deren Anteilseigner Gesellschafter der GmbH & Co. KG sind. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 Absatz 2a Satz 4 GrEStG sind nicht erfüllt, da nicht mindestens 90 % der Anteile an der C-GmbH auf Neugesellschafter übergegangen sind. Die C-GmbH gilt im Jahr 02 nicht als unmittelbare Neugesellschafterin der GmbH & Co. KG.

Im Jahr 03 sind durch den Übergang der Anteile an der C-GmbH von C auf Y 30 % der Anteile an der GmbH auf einen Neugesellschafter übergegangen, da Y zum Zeitpunkt des Grundstückserwerbs nicht Gesellschafter der C-GmbH war. Die Tatbestandsvoraussetzungen von § 1 Absatz 2a Satz 4 GrEStG sind nicht erfüllt, da nicht mindestens 90 % der Anteile an der C-GmbH auf Neugesellschafter übergegangen sind (02: 50 % + 03: 30 %). Die C-GmbH gilt im Jahr 03 weiterhin nicht als unmittelbare Neugesellschafterin der GmbH & Co. KG.

Im Jahr 04 sind durch den Übergang der Anteile an der C-GmbH von C auf X weitere 10 % der Anteile an der GmbH auf den Neugesellschafter der GmbH X übergegangen. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 Absatz 2a Satz 4 GrEStG sind erfüllt, da mindestens 90 % der Anteile an der C-GmbH auf Neugesellschafter in Bezug auf die C-GmbH übergegangen sind (Jahr 02: 50 % + Jahr 03: 30 % + Jahr 04: 10 %). Die C-GmbH gilt im Jahr 04 als unmittelbare Neugesellschafterin der GmbH & Co. KG.

Im Jahr 09 sind durch den Übergang der Anteile am Gesellschaftsvermögen der GmbH & Co. KG von X auf A 5 % der Anteile am Vermögen der GmbH & Co. KG auf den Neugesellschafter A übergegangen. Die Tatbestandsvoraussetzungen von § 1 Absatz 2a GrEStG sind erfüllt, da mindestens 90 % der Anteile am Vermögen der GmbH & Co. KG (Jahr 04: 89 % + Jahr 09: 5 %) innerhalb von zehn Jahren auf Neugesellschafter der GmbH & Co. KG (C-GmbH und A) übergegangen sind. Die Steuer wird nach § 6 Absatz 3 Satz 1 i. V. m. Absatz 1 Satz 1 GrEStG i. H. der Deckungsgleiche der Beteiligung des X am Vermögen der fiktiv alten und der fiktiv neuen GmbH & Co. KG mithin zu 6 % nicht erhoben. Die Nachbehaltensfrist des § 6 Absatz 3 Satz 2 GrEStG ist zu beachten.

6.5 Mehrfacher Gesellschafterwechsel an einer beteiligten Kapitalgesellschaft

Am Vermögen der grundbesitzenden GmbH & Co. KG sind eine GmbH zu 80 % und D zu 20 % beteiligt. Alleingesellschafter der GmbH ist A. Im Jahr 01 überträgt A seine Beteiligung an der GmbH auf B. Im Jahr 09 überträgt B seine Beteiligung an der GmbH auf C.

Im Jahr 01 gehen durch die Anteilsübertragung von A auf B mindestens 90 % der Anteile an der GmbH (100 %) auf Neugesellschafter der GmbH über. Die GmbH gilt gemäß § 1 Absatz 2a Satz 4 GrEStG als Neugesellschafterin der GmbH & Co. KG. Der Tatbestand des § 1 Absatz 2a GrEStG ist nicht erfüllt, da nicht mindestens 90 % der Anteile am Vermögen der GmbH & Co. KG (80 %) auf Neugesellschafter (GmbH & Co. KG) übergegangen sind.

Im Jahr 09 gehen durch die Anteilsübertragung von B auf C im Jahr 09 erneut mindestens 90 % der Anteile an der GmbH (100 %) auf Neugesellschafter der GmbH über. Die GmbH gilt seit dem Gesellschafterwechsel im Jahr 01 als Neugesellschafterin der GmbH & Co. KG. Diese Eigenschaft bleibt bei dem erneuten Gesellschafterwechsel im Jahr 09 erhalten. Der Tatbestand des § 1 Absatz 2a GrEStG ist weiterhin nicht erfüllt, da die Anteilsübertragung nicht zu einer weiteren Änderung der Beteiligungsverhältnisse zu Lasten der Altgesellschafter in Bezug auf die GmbH & Co. KG innerhalb des Zehnjahreszeitraums führt.

7 Verhältnis zu § 1 Absatz 2b GrEStG

§ 1 Absatz 2a und § 1 Absatz 2b GrEStG sind gleichrangig. Es besteht kein Vorrang.

8 Verhältnis zu § 1 Absatz 3 und 3a GrEStG

8.1 Allgemeines

§ 1 Absatz 2a GrEStG geht der Anwendung des § 1 Absatz 3 und 3a GrEStG vor. Dieser Vorrang ist auch dann gegeben, wenn auf Grund einer Befreiungsvorschrift die Steuer nach § 1 Absatz 2a GrEStG nicht erhoben wird.

Mit Übergang einer teils unmittelbaren teils mittelbaren Beteiligung können sowohl § 1 Absatz 2a GrEStG als auch § 1 Absatz 3 oder 3a GrEStG verwirklicht werden. Während die Tatbestände des § 1 Absatz 2a GrEStG und § 1 Absatz 3 Nummer 2 oder 4 GrEStG gleichzeitig verwirklicht werden, fallen die Besteuerungszeitpunkte des § 1 Absatz 2a GrEStG und des § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 oder Absatz 3a GrEStG auseinander: Während bereits mit Abschluss des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 oder Absatz 3a GrEStG verwirklicht wird, wird der Tatbestand des § 1 Absatz 2a GrEStG erfüllt, wenn es zum Übergang der Beteiligung am Vermögen der grundbesitzenden Personengesellschaft kommt. Die beiden Rechtsvorgänge stellen zwei grunderwerbsteuerrechtliche Vorgänge dar.

8.2 Verfahrensrechtliche Abläufe

Im Zeitpunkt des Abschlusses des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts erfolgt eine Festsetzung nach § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 oder Absatz 3a GrEStG.

Im Zeitpunkt der Übertragung der Beteiligung am Vermögen der grundbesitzenden Personengesellschaft erfolgt eine Festsetzung nach § 1 Absatz 2a GrEStG und die Festsetzung nach § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 oder Absatz 3a GrEStG ist bei Grundstücksidentität aufzuheben oder zu ändern.

Eine Festsetzung nach § 1 Absatz 3 oder 3a GrEStG ist grundsätzlich nur in den Fällen geboten, in denen bis zu einem Jahr nach Kenntnisnahme der Finanzverwaltung von dem steuerbegründenden Sachverhalt eine Besteuerung nach § 1 Absatz 2a GrEStG nicht zu erwarten ist. Zudem muss der Grundstücksbestand im Zeitpunkt des Abschlusses des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts und des Übergangs der Beteiligung an der grundbesitzenden Personengesellschaft identisch sein.

9 Verhältnis zu Befreiungs- und Vergünstigungsvorschriften

§ 1 Absatz 2a GrEStG fingiert einen Grundstücksübergang von einer Personengesellschaft mit altem Gesellschafterbestand auf eine fiktiv neue Personengesellschaft mit neuem Gesellschafterbestand. Die Steuerbefreiungen des § 3 GrEStG sind zu beachten.

Beispiele

9.1 Am Vermögen einer grundbesitzenden GmbH & Co. KG ist A als Kommanditist zu 100 % und eine Komplementär-GmbH zu 0 % beteiligt. A ist Alleingesellschafter der Komplementär-GmbH. A überträgt seine Kommanditbeteiligung und seine Anteile an der GmbH unentgeltlich auf einen Dritten.

Der Tatbestand des § 1 Absatz 2a GrEStG ist erfüllt, da mindestens 90 % der Anteile am Vermögen der GmbH & Co. KG (100 %) auf einen Neugesellschafter übergegangen sind. Der Vorgang ist nach § 3 Nummer 2 Satz 1 GrEStG steuerfrei. Zweck dieser Vorschrift ist, die doppelte Belastung mit Grunderwerbsteuer und Schenkungsteuer desselben Lebenssachverhalts zu vermeiden. Dies gilt auch, wenn Gegenstand der freigebigen Zuwendung ein Anteil an einer grundbesitzenden Personengesellschaft ist. § 3 Nummer 2 GrEStG ist immer anwendbar, wenn ein Vorgang unter das ErbStG fällt. Dies gilt unabhängig davon, ob tatsächlich Erbschaft- oder Schenkungsteuer entstanden ist. Die Anwendung des § 1 Absatz 3 GrEStG wird durch den Vorrang von § 1 Absatz 2a GrEStG auch dann ausgeschlossen, wenn auf Grund einer Befreiungsvorschrift die Steuer nicht erhoben wird.

9.2 Am Vermögen der grundbesitzenden OHG sind A zu 89 %, B zu 9 % und C zu 2 % beteiligt. Innerhalb des Zehnjahreszeitraums überträgt A seinen Anteil auf seinen Sohn Y und B seinen Anteil auf den ihm fremden Z.

Der Tatbestand des § 1 Absatz 2a GrEStG ist erfüllt, da mindestens 90 % der Anteile am Vermögen der OHG (89 % + 9 %) auf Neugesellschafter übertragen werden. Der Vorgang ist zu 89 % nach § 3 Nummer 6 GrEStG befreit. Die Steuer wird nach § 6 Absatz 3 Satz 1 i. V. m. Absatz 1 Satz 1 GrEStG i. H. der Deckungsgleiche der Beteiligung des C am Vermögen der fiktiv alten und der fiktiv neuen OHG mithin zu 2 % nicht erhoben. Die Nachbehaltensfrist des § 6 Absatz 3 Satz 2 GrEStG ist zu beachten.

Ausführungen zu den Steuervergünstigungen enthalten die gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zur Anwendung der §§ 5 und 6 GrEStG.

10 Verhältnis zu § 16 GrEStG

§ 16 Absatz 2 GrEStG ist im Zusammenhang mit § 1 Absatz 2a GrEStG anzuwenden, wenn einer oder mehrere der Gesellschafterwechsel, die zur Verwirklichung des § 1 Absatz 2a GrEStG geführt haben, ganz oder teilweise rechtlich und tatsächlich im Sinne des § 16 GrEStG rückgängig gemacht wird oder werden und infolgedessen ein Übergang von mindestens 90 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen im Ergebnis nicht mehr gegeben ist (, BStBl 2013 II S. 830). Werden bei sukzessiver Tatbestandserfüllung nicht alle Rechtsvorgänge, die zur Verwirklichung des § 1 Absatz 2a GrEStG beigetragen haben, nach der Tatbestandsverwirklichung fristgemäß und in allen Teilen vollständig beim zuständigen Finanzamt angezeigt, scheidet die Anwendung des § 16 Absatz 2 GrEStG nach § 16 Absatz 5 GrEStG aus. Dies gilt auch für Beteiligungsaufstockungen (, BStBl 2017 II S. 966).

Beispiele

10.1 Am Vermögen der grundbesitzenden OHG sind A zu 85 % und B zu 15 % beteiligt. Im Jahr 01 überträgt A seine Beteiligung auf X. Im Jahr 04 überträgt B 5 % der Anteile am Vermögen der OHG auf Y. Die OHG zeigt die Vorgänge im Jahr 04 fristgemäß und in allen Teilen vollständig nach § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3a GrEStG beim zuständigen Finanzamt an. Das Finanzamt setzt Grunderwerbsteuer nach § 1 Absatz 2a GrEStG fest. In der darauffolgenden Woche wird die Übertragung der Beteiligung von A auf X in Höhe von 0,1 % rückgängig gemacht.

Auf Grund der Rückgängigmachung eines Teils der Anteilsübertragung aus dem Jahr 01 wird die 90 %-Grenze unterschritten (89,9 %). Der Tatbestand des § 1 Absatz 2a GrEStG ist dadurch nicht mehr erfüllt. Die Anwendung des § 16 Absatz 2 Nummer 1 GrEStG ist nicht nach § 16 Absatz 5 GrEStG ausgeschlossen, da die Vorgänge fristgemäß und in allen Teilen vollständig beim zuständigen Finanzamt angezeigt wurden. Der Grunderwerbsteuerbescheid ist aufzuheben.

10.2 Am Vermögen der grundbesitzenden OHG sind A zu 90 % und B zu 10 % beteiligt. Im Jahr 01 überträgt B seine Beteiligung auf X. Im Jahr 04 überträgt A 80 % der Anteile am Vermögen der OHG auf X (Aufstockung der Beteiligung des X). Die OHG zeigt die Vorgänge im Jahr 04 nicht fristgemäß und in allen Teilen vollständig nach § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3a GrEStG beim zuständigen Finanzamt an. Nach einer Außenprüfung im Jahr 05 erhält das Finanzamt von den Vorgängen Kenntnis und setzt Grunderwerbsteuer nach § 1 Absatz 2a GrEStG fest. In der darauffolgenden Woche wird die Übertragung der Beteiligung von A auf X in Höhe von 0,1 % rückgängig gemacht.

Auf Grund der Rückgängigmachung eines Teils der Anteilsübertragung aus dem Jahr 01 wird die 90 %-Grenze unterschritten (89,9 %). Der Tatbestand des § 1 Absatz 2a GrEStG ist dadurch nicht mehr erfüllt. Die Anwendung des § 16 Absatz 2 Nummer 1 GrEStG ist nach § 16 Absatz 5 GrEStG ausgeschlossen, da die Vorgänge nicht fristgemäß und in allen Teilen vollständig beim zuständigen Finanzamt angezeigt wurden. Der Grunderwerbsteuerbescheid ist nicht aufzuheben.

11 Bemessungsgrundlage

Nach § 8 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 GrEStG ist die Bemessungsgrundlage in den Fällen des § 1 Absatz 2a GrEStG der Grundbesitzwert im Sinne des § 151 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 i. V. m. § 157 Absatz 1 bis 3 BewG. Die Bemessungsgrundlage ist nicht auf die Anteile der eintretenden Gesellschafter und der Altgesellschafter an der grundbesitzenden Personengesellschaft aufzuteilen. Auch bei einer Übertragung von weniger als 100 % der Anteile am Vermögen einer grundbesitzenden Personengesellschaft ist die Bemessungsgrundlage der volle Wert des Grundbesitzes.

Beruht die Änderung des Gesellschafterbestandes im Sinne des § 1 Absatz 2a GrEStG auf einem vorgefassten Plan zur Bebauung eines Grundstücks, ist gemäß § 8 Absatz 2 Satz 2 Alt. 2 GrEStG abweichend von § 157 Absatz 1 Satz 1 BewG als Bemessungsgrundlage auf den Grundbesitzwert zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Gebäudes abzustellen. Auf die Wertverhältnisse zum Besteuerungszeitpunkt kommt es nicht an.

Ein solcher vorgefasster Plan liegt vor, wenn sich der Plan zur Bebauung bei der Gesellschaft in einer Weise verdichtet hat, dass sie sich im Regelfall nur noch unter wirtschaftlichen Schwierigkeiten oder Einbußen davon lösen kann und die Neugesellschafter die Anteile an der Personengesellschaft aufgrund des vorgefassten Plans erwerben. Ausreichend ist hierbei bereits die Kenntnis der Neugesellschafter über den vorgefassten Plan zur Bebauung eines Grundstücks. Der Plan muss nur die Bebauung eines Grundstücks, nicht auch die Änderung des Gesellschafterbestands der Personengesellschaft zum Gegenstand haben (, BStBl 2021 II S. 632).

12 Steuerschuldner und Bekanntgabe des Steuerbescheids

Steuerschuldner ist in den Fällen des § 1 Absatz 2a GrEStG die grundbesitzende Personengesellschaft in ihrer jeweiligen Zusammensetzung (§ 13 Nummer 6 GrEStG). Der Steuerbescheid ist an sie als Inhaltsadressat zu richten (§ 157 Absatz 1 Satz 2 AO). Bekannt zu geben ist er an die im Zeitpunkt der Bekanntgabe vertretungsberechtigten Personen.

13 Anzeigepflicht

Gemäß § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3a GrEStG sind von der grundbesitzenden Personengesellschaft alle Rechtsvorgänge anzuzeigen, die zur Verwirklichung des Tatbestands des § 1 Absatz 2a GrEStG geführt haben. Die Anzeigepflicht besteht bei Tatbestandsverwirklichung. Bei sukzessiver Änderung des Gesellschafterbestandes der grundbesitzenden Personengesellschaft sind bei der Anzeige die vorausgegangenen Gesellschafterwechsel, die zur Tatbestandsverwirklichung beigetragen haben, anzugeben.

Die Anzeige ist nach Kenntniserlangung der grundbesitzenden Personengesellschaft von dem anzeigepflichtigen Vorgang innerhalb der in § 19 Absatz 3 GrEStG genannten Fristen zu erstatten. Der Inhalt der Anzeige richtet sich nach § 20 GrEStG, insbesondere muss sie bei mehreren Beteiligten eine Beteiligungsübersicht enthalten (§ 20 Absatz 2 Nummer 3 GrEStG).

14 Grundsätze des , BStBl 2013 II S. 833

Das , wurde im Bundessteuerblatt mit den gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder vom , BStBl 2013 I S. 1278, veröffentlicht und war deshalb zunächst nicht über den entschiedenen Einzelfall hinaus anzuwenden. Die Nichtanwendungserlasse vom wurden durch die gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom , BStBl 2015 I S. 822, aufgehoben. Durch das Steueränderungsgesetz 2015 vom , BGBl 2015 I S. 1834, wurde § 1 Absatz 2a GrEStG mit Wirkung ab geändert. In allen Fällen, bei denen der Tatbestand des § 1 Absatz 2a GrEStG vor dem verwirklicht wurde, sind die Rechtsgrundsätze des BFH-Urteils II R 17/10 anzuwenden. Für sukzessive Gesellschafterwechsel, bei denen nur ein Teil der Anteilsübertragungen vor dem stattgefunden hat, siehe Tz. 15 (Übergangsregelung).

Nach dem BFH-Urteil II R 17/10 liegt eine unmittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes einer grundbesitzenden Personengesellschaft vor, wenn ein Mitgliedschaftsrecht an der Gesellschaft zivilrechtlich wirksam auf ein neues Mitglied der Personengesellschaft übergeht.

Ist eine Personen- oder Kapitalgesellschaft unmittelbar an der grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligt, kann nur die Personen- oder Kapitalgesellschaft selbst Alt- oder Neugesellschafterin der grundbesitzenden Personengesellschaft sein, nicht jedoch deren Gesellschafter. Eine unmittelbar an der grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligte Personen- oder Kapitalgesellschaft gilt nur dann als fiktiv neu, wenn an ihr auf der obersten Beteiligungsebene (natürliche und juristische Personen außer Kapitalgesellschaften – z. B. Stiftung, Bund, Land oder Kommune) ein 100%iger Gesellschafterwechsel stattgefunden hat. Kapital- und Personengesellschaften werden gleich behandelt.

15 Übergangsregelung für sukzessive Gesellschafterwechsel über den

Für Fälle, bei denen der Tatbestand des § 1 Absatz 2a GrEStG vor dem verwirklicht wurde, sind die Grundsätze des BFH-Urteils II R 17/10 anzuwenden (§ 1 Absatz 2a GrEStG a. F., vgl. Tz. 14). Für Fälle, bei denen der Tatbestand des § 1 Absatz 2a GrEStG nach dem verwirklicht wurde, findet § 1 Absatz 2a GrEStG in der Fassung des Steueränderungsgesetzes 2015 vom , BGBl 2015 I S. 1834 (§ 1 Absatz 2a GrEStG n. F.) gemäß § 23 Absatz 13 GrEStG Anwendung. Für sukzessive Gesellschafterwechsel, bei denen der Tatbestand des § 1 Absatz 2a GrEStG nach dem verwirklicht wurde, aber ein Teil der Anteilsübertragungen vor dem stattgefunden hat, gilt das Folgende:

Nach dem BFH-Urteil II R 17/10 führen mittelbare Änderungen bei Personen- und Kapitalgesellschaften nur dann zu einem Gesellschafterwechsel, wenn auf der obersten Beteiligungsebene ein 100%iger Wechsel stattgefunden hat. Dies ist auf alle Anteilsübertragungen vor dem anzuwenden. Auf alle Anteilsübertragungen nach dem ist die neue Rechtslage anzuwenden, nach der bei Gesellschaftsstrukturen mit Personen- und Kapitalgesellschaften durch Personengesellschaften durchzurechnen und auf der Ebene jeder Kapitalgesellschaft die 95 %-Grenze zu prüfen ist.

Ein vor dem begonnener Fünfjahreszeitraum läuft regulär weiter und wird durch die gesetzliche Neuregelung nicht beendet.

Durch die Gesetzesänderung werden die Gesellschafter, die mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften zu mindestens 95 % am Vermögen der grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligt sind, Altgesellschafter in Bezug auf die grundbesitzende Personengesellschaft.

Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft, die zu mindestens 95 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt sind, werden durch die Gesetzesänderung Altgesellschafter in Bezug auf die Kapitalgesellschaft. Die Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft sind weder mittelbare Altgesellschafter noch mittelbare Neugesellschafter in Bezug auf die grundbesitzende Personengesellschaft.

16 Zeitlicher Anwendungsbereich

Dieser Erlass tritt an die Stelle der gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zur Anwendung des § 1 Absatz 2a GrEStG vom (BStBl 2018 I S. 1314). Er ist auf alle offenen Fälle anzuwenden.

Für Rechtsvorgänge, die vor dem 1. Juli 2021 verwirklicht werden oder die unter die Übergangsregelungen des § 23 Absatz 19 und 20 GrEStG fallen, gilt dieser Erlass mit der Maßgabe, dass die Beteiligungsgrenze von 95 % und ein Fünfjahreszeitraum anzuwenden sind.

Ausführungen zu § 23 Absatz 19 und 20 GrEStG enthalten die gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom zu den Übergangsregelungen auf Grund des Gesetzes zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes (BStBl 2021 I S. 1006).

Inhaltlich gleichlautend
Oberste Finanzbehörden der Länder v. - S 4501
Ministerium für Finanzen Baden-Württemberg - FM3 - S 4501-2/82
Bayerisches Staatsministerium der Finanzen und für Heimat - 34 - S 4501-1/41
Senatsverwaltung für Finanzen Berlin - S 4501-3/2009-15
Ministerium der Finanzen und für Europa des Landes Brandenburg - 31 - S 4500/15#01#03
Der Senator für Finanzen der Freien Hansestadt Bremen - S 4501-1/2014-2/2022–13-5
Finanzbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg - S4501-2022/005-53
Hessisches Ministerium der Finanzen - S 4500 A-067- II 62
Finanzministerium Mecklenburg-Vorpommern - IV - S 4501-00000-2022/004
Niedersächsisches Finanzministerium - S 4500-148-351
Ministerium der Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen - S 4501 –10–V A 6
Ministerium der Finanzen Rheinland-Pfalz - S 4501 #2022/0003 - 0401 446
Ministerium für Finanzen und Europa des Saarlandes - S 4501 - 1#006
Sächsisches Staatsministerium der Finanzen - 35 - S 4501/6/402-2022/30781
Ministerium der Finanzen des Landes Sachsen-Anhalt - 43 – S 4501 –41
Finanzministerium des Landes Schleswig-Holstein - S 4445 – 005
Thüringer Finanzministerium - S 4501/6-6

Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:


Fundstelle(n):
BStBl 2022 I Seite 801
PAAAI-62741

1BStBl 2021 I S. 838