BMF - IV C 7 - S 2230/19/10003 :007 BStBl 2020 I S. 952

Tarifermäßigung bei Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft nach § 32c EStG

Bezug: BStBl 1988 II S.827

Zur Tarifermäßigung nach § 32c Einkommensteuergesetz (EStG) i. d. F. des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom (BGBl 2019 I S. 2451) nehme ich im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wie folgt Stellung:

I. Inkrafttreten und Betrachtungszeiträume

1. Inkrafttreten

1Die Europäische Kommission hat am durch Beschluss festgestellt, dass es sich bei § 32c EStG in der o. g. Fassung um eine mit dem Binnenmarkt vereinbare Beihilfe handelt. Die steuerabschnittsübergreifende Tarifermäßigung ist daher nach Artikel 39 Absatz 8 Satz 2 des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom (BGBl 2019 I S. 2451) am in Kraft getreten (Bekanntmachung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom , BGBl 2020 I S. 597). Sie ermöglicht eine durchschnittliche Besteuerung von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft für einen Betrachtungszeitraum von drei Jahren.

2Die Tarifglättungsregelung (§§ 32c, 36 Absatz 2 Nummer 3 EStG) in der Fassung des Gesetzes zum Erlass und zur Änderung marktordnungsrechtlicher Vorschriften sowie zur Änderung des Einkommensteuergesetzes vom (BGBl 2016 I S. 3045) ist mangels Genehmigung der Europäischen Kommission nicht in Kraft getreten und wurde mit Artikel 31 des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 12. Dezember 2019 (a. a. O.) zur Beseitigung des von ihr ausgehenden Rechtsscheins aufgehoben.

2. Betrachtungszeiträume

3Nach § 52 Absatz 33a EStG sind ausschließlich drei Betrachtungszeiträume zu bilden. Die Betrachtungszeiträume umfassen die Veranlagungszeiträume 2014 bis 2016, 2017 bis 2019 und 2020 bis 2022. Die Tarifermäßigung erfolgt jeweils im letzten Veranlagungszeitraum des Betrachtungszeitraums, d. h. nur in den Veranlagungszeiträumen 2016, 2019 und 2022.

II. Zugangsvoraussetzungen

1. Antrag

1.1. Allgemeines

4Die Tarifermäßigung kann gemäß § 32c Absatz 1 Satz 1 EStG für Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft i. S. d. § 13 EStG nur auf Antrag gewährt werden. Hierfür stehen das Antragsformular „Anlage 32c“ und die dazugehörige „Anlage zur Anlage 32c“ mit beihilferechtlichen Erläuterungen und Unterrichtungen zum Schutz und zur Veröffentlichung der im Rahmen der Tarifermäßigung übermittelten personenbezogenen Daten zur Verfügung. Der Antrag kann grundsätzlich i. R. d. Steuererklärung oder bis zum Eintritt der Bestandskraft der Steuerfestsetzung gestellt (und auch zurückgenommen) werden. Es besteht weder eine gesetzliche Verpflichtung zur Verwendung des Antragsformulars „Anlage 32c“, noch zur elektronischen Übermittlung an das Finanzamt.

5Der Antrag kann grundsätzlich auch formlos gestellt werden. Voraussetzung ist, dass alle benötigten beihilferechtlichen Erklärungen (vgl. Rn. 9) abgegeben werden. Eine pauschale Erklärung (z. B. „Ich erkläre, dass ich die Voraussetzungen des § 32c Absatz 5 EStG erfülle.“) genügt den beihilferechtlichen Anforderungen nicht.

6Der Antrag auf Tarifermäßigung muss von der jeweiligen antragstellenden Person höchstpersönlich unterschrieben werden. Sammelanträge von Angehörigen der steuerberatenden Berufe für ihre Mandanten sind nicht möglich.

7Bei zusammenveranlagten Ehegatten/Lebenspartnern genügt die Unterschrift desjenigen Ehegatten/Lebenspartners, der die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt hat. Sofern beide im Betrachtungszeitraum land- und forstwirtschaftliche Einkünfte erzielt haben, müssen beide Ehegatten/Lebenspartner unterschreiben.

8Im Falle von gesondert sowie gesondert und einheitlich festzustellenden Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft ist der Antrag auf Tarifermäßigung durch den jeweiligen Steuerpflichtigen bei dem für die Einkommensbesteuerung zuständigen Finanzamt zu stellen.

1.2. Beihilferechtliche Erklärungen
1.2.1. Erstmalige Erklärung

9Der Steuerpflichtige muss bzw. bei Zusammenveranlagung – wenn beide Ehegatten/Lebenspartner Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielen – müssen beide Steuerpflichtigen bei Beantragung der Tarifermäßigung für beihilferechtliche Zwecke erklären, dass folgende Voraussetzungen vorliegen:

  • Der Steuerpflichtige ist/die Steuerpflichtigen sind kein/e „Unternehmer in Schwierigkeiten“ i. S. d. Rahmenregelung der Europäischen Union für staatliche Beihilfen im Agrar- und Forstsektor und in ländlichen Gebieten 2014-2020 (2014/C 204/01) (ABl. C 204 vom l.Juli 2014, S. 1) (§ 32c Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 EStG).

  • Sollte(n) der Steuerpflichtige/die Steuerpflichtigen zu einer Rückzahlung von Beihilfen auf Grund eines früheren Beschlusses der Europäischen Kommission zur Feststellung der Unzulässigkeit einer Beihilfe und ihrer Unvereinbarkeit mit dem Binnenmarkt verpflichtet worden sein, muss er/müssen sie dieser Rückforderungsanordnung vollständig nachgekommen sein (§ 32c Absatz 5 Satz 1 Nummer 4 EStG).

  • Der Steuerpflichtige hat/die Steuerpflichtigen haben weder einen der in Artikel 10 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 508 /2014 vom über den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 2328 /2003, (EG) Nr. 861 /2006, (EG) Nr. 1198 /2006 und (EG) Nr. 791 /2007 des Rates und der Verordnung (EU) Nr. 1255 /2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 149 vom , S. 1) genannten Verstöße oder Vergehen noch einen Betrug gemäß Artikel 10 Absatz 3 dieser Verordnung in dem Zeitraum, der in den delegierten Rechtsakten auf der Grundlage von Artikel 10 Absatz 4 dieser Verordnung festgelegt ist, begangen (§ 32c Absatz 5 Satz 1 Nummer 5 EStG).

  • Der Steuerpflichtige/die Steuerpflichtigen mit Einkünften aus Binnenfischerei, Teichwirtschaft oder Fischzucht für Binnenfischerei und Teichwirtschaft versichert/versichern,

    • dass er/sie für einen Zeitraum von fünf Jahren nach Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheids, mit dem die Tarifermäßigung gewährt wird, die Bestimmungen der Gemeinsamen Fischereipolitik einhalten wird/werden (§ 32c Absatz 5 Satz 1 Nummer 6 EStG) und

    • keine nicht förderfähigen Vorhaben gemäß Artikel 11 der Verordnung (EU) Nr. 508 /2014 (a. a. O.) durchgeführt zu haben.

  • Der Steuerpflichtige/die Steuerpflichtigen erklärt/erklären, dass er/sie die vorstehenden Angaben nach bestem Wissen und Gewissen vollständig und richtig gemacht hat/haben und er/sie – sollte einer der vorstehenden Punkte nachträglich nicht mehr vorliegen – Änderungen sowie einen der in Artikel 10 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 508 /2014 (a. a. O.) genannten Verstöße unverzüglich dem Finanzamt anzeigt/anzeigen.

10Aus beihilferechtlicher Sicht muss der Steuerpflichtige/müssen die Steuerpflichtigen die vorgenannten Voraussetzungen für den Zeitraum der Inanspruchnahme der Beihilfe (d. h. für alle Veranlagungszeiträume des Betrachtungszeitraums) erfüllen. Die Voraussetzungen für die Gewährung der Tarifermäßigung müssen auch bis zur Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheides vorliegen, mit dem die Tarifermäßigung gewährt wird. Nach der Beantragung hat der Steuerpflichtige/haben die Steuerpflichtigen Änderungen dem Finanzamt unverzüglich mitzuteilen, § 32c Absatz 5 Satz 3 EStG. Liegt keine weitere oder berichtigte Erklärung des Steuerpflichtigen/der Steuerpflichtigen vor, ist davon auszugehen, dass die erstmalige Erklärung zur Tarifermäßigung weiterhin zutreffend ist.

1.2.2. Erneute Erklärung bei einer Anderungsveranlagung

11Aufgrund der gesetzlichen Verpflichtung für den Steuerpflichtigen bzw. die Steuerpflichtigen, Änderungen dem Finanzamt unverzüglich und fortlaufend mitzuteilen (vgl. Rn. 10), gilt die erstmalige Erklärung zur Tarifermäßigung auch im Zeitpunkt der Bekanntgabe eines Änderungsbescheides fort, sofern der Steuerpflichtige bzw. die Steuerpflichtigen dem Finanzamt zwischenzeitlich keine weiteren oder berichtigten Angaben mitgeteilt hat/haben.

1.3. Information zum Schutz und zur Veröffentlichung der im Rahmen der Tarifermäßigung übermittelten personenbezogenen Daten

12Die Finanzbehörden der Länder sind verpflichtet, Tarifermäßigungen ab folgenden Beträgen zu veröffentlichen:

  • 60.000 EUR bei Beihilfeempfängern, die in der landwirtschaftlichen Primärproduktion tätig sind,

  • 500.000 EUR bei Beihilfeempfängern, die in der Verarbeitung oder Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse oder in der Forstwirtschaft tätig sind oder Tätigkeiten ausüben, die nicht unter Artikel 42 AEUV fallen,

  • 30.000 EUR für den Fischerei- und Aquakultursektor.

Die Betragsgrenzen gelten für jeden Betrachtungszeitraum gesondert.

Die Veröffentlichung erfolgt auf der Website
https://webgate.ec.europa.eu/competition/transparency/public/search/home.

13Folgende Informationen werden veröffentlicht:

  • das die Tarifermäßigung gewährende Finanzamt,

  • Name des/der die Tarifermäßigung erhaltenen Steuerpflichtigen,

  • Angaben zum Regierungsbezirk (= Region gemäß NUTS-Ebene 2), in dem sich der/die land- und forstwirtschaftliche(n) Betrieb(e) befindet/befinden,

  • die Höhe der gewährten Tarifermäßigung in folgenden Spannen (in Mio. EUR):

    • 0,03-0,5 (nur für den Fischerei- und Aquakultursektor);

    • 0,06-0,5 (nur für die landwirtschaftliche Primärproduktion);

    • 0,5-1; 1-2; 2-5; 5-10; 10-30; 30 und mehr,

  • Datum des Einkommensteuerbescheids, mit dem die Tarifermäßigung gewährt wurde,

  • die Art des Unternehmens (KMU [1]/großes Unternehmen) und

  • Hauptwirtschaftszweig, in dem der Steuerpflichtige/die Steuerpflichtigen tätig ist/sind (auf Ebene der NACE-Gruppe).

Die Informationen sind innerhalb eines Jahres ab dem Tag, an dem die Steuererklärung bei dem zuständigen Finanzamt einzureichen war (d. h. mit Ablauf der individuellen Abgabefrist) zu veröffentlichen. Da diese Frist für den Veranlagungszeitraum 2016 nicht eingehalten werden kann, muss die Veröffentlichung in diesen Fällen innerhalb von sechs Monaten ab dem Tag der Gewährung der Tarifermäßigung erfolgen.

1.4. Wirkung fehlender Erklärung bei Zusammenveranlagung

14Erfüllt einer der Ehegatten/Lebenspartner mit Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft die beihilferechtlichen Vorgaben nicht, kann bei einer Zusammenveranlagung insgesamt keine Tarifermäßigung gewährt werden.

2. Erzielen von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft

15Es ist nicht notwendig, dass in allen drei Veranlagungszeiträumen des Betrachtungszeitraums Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft i. S. d. § 13 EStG erzielt werden. Eine Tarifermäßigung ist aber – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – nur dann zu gewähren, wenn in mindestens zwei Veranlagungszeiträumen des Betrachtungszeitraums Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt werden und im letzten Veranlagungszeitraum des Betrachtungszeitraum eine Einkommensteuerveranlagung erfolgt. Dies gilt unabhängig davon, ob im ersten, zweiten oder dritten Veranlagungszeitraum keine Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt werden. In Fällen der Zusammenveranlagung sind für die vorstehende Prüfung die zusammengerechneten Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft beider Ehegatten/Lebenspartner maßgebend (vgl. Rn. 33). Für Zwecke der fiktiven Einkommensteuerberechnung werden die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in jedem Fall auf die drei Veranlagungszeiträume des Betrachtungszeitraums gleichmäßig verteilt (vgl. Rn. 40).

16Beispiel:

Der Steuerpflichtige erzielt in den Veranlagungszeiträumen 2017 und 2018 u. a. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von insgesamt 60.000 EUR (= keine Einkünfte nach § 32c Absatz 4 EStG). Wegen einer Betriebsaufgabe des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs im Veranlagungszeitraum 2018 erzielt er im Veranlagungszeitraum 2019 nur noch Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die übrigen Voraussetzungen des § 32c EStG sind erfüllt.

Im Veranlagungszeitraum 2019 ist eine Tarifermäßigung zu gewähren. Für Zwecke der fiktiven Steuerberechnung sind die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in den drei Veranlagungszeiträumen jeweils in Höhe von 20.000 EUR zu berücksichtigen (gleichmäßige Verteilung auf die drei Veranlagungszeiträume).

2.1. Besonderheit Veranlagungszeitraum 2016

17Sofern ein Land- und Forstwirt letztmals in den Veranlagungszeiträumen 2014 und 2015 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt hat und der Einkommensteuerbescheid 2016 ohne Berücksichtigung von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft bereits bestandskräftig geworden ist, kann grundsätzlich keine Tarifermäßigung gewährt werden. Im Einzelfall kann eine abweichende Entscheidung im Billigkeitswege in Betracht kommen.

18Wurden auch im Veranlagungszeitraum 2016 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt, die z. B. wegen Nichtvorliegen einer gesonderten und einheitlichen Feststellung noch nicht im bereits bestandskräftigen Einkommensteuerbescheid 2016 berücksichtigt wurden, kann eine Tarifermäßigung nur bei Vorliegen einer Änderungsmöglichkeit und innerhalb des gesetzlichen Änderungsrahmens i. S. d. § 177 Abgabenordnung (AO) gewährt werden.

2.1. Besonderheit Todesfälle im Betrachtungszeitraum
2.2.1. Behandlung beim Erblasser

19Bei Tod im ersten Veranlagungszeitraum des Betrachtungszeitraums ist für den Erblasser keine Tarifermäßigung zu gewähren, § 32c Absatz 1 Satz 3 EStG. Bei Tod im zweiten Veranlagungszeitraum kann der Erblasser ebenfalls keine Tarifermäßigung erhalten, da er im letzten Veranlagungszeitraum des Betrachtungszeitraums nicht zur Einkommensteuer veranlagt wird.

20Bei Tod im letzten Veranlagungszeitraum des Betrachtungszeitraums kann für den Erblasser eine Tarifermäßigung gewährt werden, wenn er in mindestens zwei Veranlagungszeiträumen des Betrachtungszeitraums Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt hat und die Voraussetzungen des § 32c Absatz 5 EStG erfüllt.

2.2.2. Behandlung bei den Erben

21Bei Tod des Erblassers im ersten oder zweiten Veranlagungszeitraum des Betrachtungszeitraums kann für die Erben eine Tarifermäßigung durchgeführt werden, wenn diese in mindestens zwei Veranlagungszeiträumen des Betrachtungszeitraums selbst eigene Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt haben und die Voraussetzungen des § 32c Absatz 5 EStG erfüllen. Die Einkünfte des Erblassers werden den Erben für Zwecke der Tarifermäßigung nicht zugerechnet.

2.2.3. Zusammenfassendes Beispiel

22Der Erblasser verstirbt am . Der Erbe führt den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2019 fort.

Der Erblasser kann keine Tarifermäßigung erhalten, da er im Veranlagungszeitraum 2019 nicht zur Einkommensteuer veranlagt wird. Der Erbe erzielt im Veranlagungszeitraum 2018 und 2019 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Im Veranlagungszeitraum 2019 ist ihm auf Antrag eine Tarifermäßigung zu gewähren. Maßgeblich für die Berechnung der Tarifermäßigung sind nur die vom Erben ab dem selbst erzielten Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Die Einkünfte des Erblassers werden dem Erben für Zwecke dessen Tarifermäßigung nicht zugerechnet.

Abwandlung:
Der Erblasser verstirbt erst am .

Für den Erblasser kann auf Antrag des Erben als Rechtsnachfolger eine Tarifermäßigung gewährt werden, da der Erblasser mindestens in den Veranlagungszeiträumen 2018 und 2019 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt. Für den Erben kann auf Antrag ebenfalls eine Tarifermäßigung gewährt werden, wenn dieser zusätzlich mindestens in einem der beiden vorangegangenen Veranlagungszeiträumen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt hat. Die Einkünfte des Erblassers werden dem Erben für Zwecke dessen Tarifermäßigung nicht zugerechnet.

3. Verlustvortrag und Verlustrücktrag

23Weitere Voraussetzung für die Gewährung der Tarifermäßigung ist, dass

Erfüllt einer der Ehegatten/Lebenspartner mit Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft diese Voraussetzungen nicht, kann bei einer Zusammenveranlagung insgesamt keine Tarifermäßigung gewährt werden.

24Ein Verlustrücktrag nach § 10d Absatz 1 EStG im ersten Betrachtungszeitraum (Veranlagungszeiträume 2014 bis 2016) in den Veranlagungszeitraum 2013 ist für die Anwendung des § 32c EStG unschädlich.

25Für eine Änderung des Antrags nach § 10d Absatz 1 Satz 5 EStG begründet § 32c EStG keine eigenständige Änderungsgrundlage. Es gelten insoweit nur die für die Durchbrechung der materiellen Bestandskraft maßgeblichen allgemeinen Korrekturvorschriften (§§ 164, 165, 172 bis 175b AO).

III. Ermittlung der Tarifermäßigung

1. Grundsätze

26Hinsichtlich der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft im Betrachtungszeitraum wird neben der zutreffenden Abschnittsbesteuerung (tatsächliche tarifliche Einkommensteuer) in einer fiktiven Steuerberechnung mit den gleichmäßig auf drei Jahre verteilten begünstigten Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft die entsprechende jährliche auf die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft entfallende tarifliche Einkommensteuer ermittelt (fiktive tarifliche Einkommensteuer). Dies gilt selbst dann, wenn in einem Veranlagungszeitraum des Betrachtungszeitraums keine Einkommensteuerfestsetzung durchgeführt wurde (z. B. bei Begründung einer persönlichen oder sachlichen Steuerpflicht erst innerhalb eines Betrachtungszeitraums). Gleiches gilt z. B. in den Fällen des § 46 EStG, wenn der Steuerpflichtige/die Steuerpflichtigen in einem Veranlagungszeitraum des Betrachtungszeitraums nicht zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet war/waren.

In derartigen Fallgestaltungen, in denen nicht in jedem Veranlagungszeitraum eines Betrachtungszeitraums eine Einkommensteuerfestsetzung vorliegt (z. B. Antragsveranlagung i. S. d. § 46 EStG), sind für Zwecke der Ermittlung des Tarifermäßigungsbetrags gleichwohl die tatsächlichen Einkünfte in die Berechnung einzubeziehen. Diese sind von dem/den Steuerpflichtigen im Rahmen der Antragstellung zu erklären. Lagen hingegen keine Einkünfte vor (bspw. mangels Vorliegen einer Steuerpflicht), sind diese für die Berechnung der Tarifermäßigung mit Null Euro zu berücksichtigen.

27Ist die Summe der fiktiven tariflichen Einkommensteuer für den jeweiligen Betrachtungszeitraum geringer als die Summe der tatsächlichen tariflichen Einkommensteuer des Betrachtungszeitraums, erhält der Steuerpflichtige/erhalten die Steuerpflichtigen im letzten Veranlagungszeitraum des Betrachtungszeitraums (2016,2019 und 2022) den Unterschiedsbetrag als Steuerermäßigung bzw. Steueranrechnungsbetrag.

28Bei dem Ansatz der fiktiven Einkünfte für die Berechnung der fiktiven tariflichen Einkommensteuer kann es dazu kommen, dass Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen, Kinderfreibeträge und weitere steuerliche Ermäßigungen nicht oder in veränderter Höhe zu berücksichtigen sind. Dieser Umstand kann sich sowohl zugunsten als auch zuungunsten der Antragstellerin/des Antragstellers auswirken. Da für die Ermittlung der Tarifermäßigung einzig auf die Summen der (fiktiven) tariflichen Einkommensteuer abgestellt wird und z. B. auch eine § 2 Absatz 6 Satz 3 oder § 10a Absatz 2 Satz 1 EStG vergleichbare Regelung für diese Zwecke fehlt, erfolgen für diese Zwecke keine Zu- und Abrechnungen auf die (fiktive) tarifliche Einkommensteuer.

29Die für den jeweiligen Betrachtungszeitraum ermittelte Tarifermäßigung wird auch dann in voller Höhe gewährt, wenn sie höher als die tarifliche Einkommensteuer für den Veranlagungszeitraum 2016, 2019 oder 2022 ist. In diesen Fällen wird der überschießende Betrag auf die festzusetzende Einkommensteuer angerechnet (§ 36 Absatz 2 Nummer 3 EStG i. d. F. des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom , a. a. O.) und gemäß § 36 Absatz 4 Satz 2 EStG erstattet.

30Kann eine Ermäßigung im letzten Veranlagungszeitraum des Betrachtungszeitraums gewährt werden, mindert diese zunächst die tarifliche Einkommensteuer des letzten Veranlagungszeitraums im Betrachtungszeitraum (§ 2 Absatz 6 Satz 1 EStG). In Höhe des Ermäßigungsbetrags wirkt sich diese Steuerermäßigung hierdurch auch steuermindernd bei der Bemessung des Solidaritätszuschlags und einer gegebenenfalls festzusetzenden Kirchensteuer aus.

31Soweit der Ermäßigungsbetrag eine Steueranrechnung bewirkt (Rn. 29), kann ausschließlich der übersteigende (auf die festzusetzende Einkommensteuer anzurechnende) Betrag zu einer Erstattung führen; weitergehende Erstattungsbeträge hinsichtlich des Solidaritätszuschlags und einer gegebenenfalls festzusetzenden Kirchensteuer ergeben sich hieraus nicht.

32Eine Erhöhung der tariflichen Einkommensteuer ist ausgeschlossen. Sofern sich bei der Berechnung der Tarifermäßigung entsprechend Rn. 27 ein positiver Unterschiedsbetrag ergibt (d. h. die Summe der fiktiven tariflichen Einkommensteuer übersteigt die Summe der tatsächlichen tariflichen Einkommensteuer = Erhöhungsbetrag) ist der Tarifermäßigungsbetrag mit Null Euro anzusetzen.

2. Begünstigte Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft

33Ausgangspunkt bilden die im Betrachtungszeitraum insgesamt erzielten Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Im Fall der Zusammenveranlagung sind dies die zusammengerechneten Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft beider Ehegatten/Lebenspartner (§ 32c Absatz 3 Satz 3 EStG). Eine betriebsbezogene Ermittlung der Tarifermäßigung erfolgt nicht.

34Maßgeblich ist die einkommensteuerrechtlich zutreffende Einkunftsart im jeweiligen Veranlagungszeitraum. Nicht begünstigt sind somit z. B. Einkünfte aus einer gewerblich geprägten Personengesellschaft, die eine landwirtschaftliche Tätigkeit ausübt.

35Nicht begünstigt und damit nicht von der Tarifermäßigung erfasst sind nach § 32c Absatz 4 EStG in den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft enthaltene außerordentliche Einkünfte i. S. d. § 34 Absatz 2 EStG, nicht entnommene Gewinne nach § 34a EStG und Einkünfte aus außerordentlichen Holznutzungen i. S. d. § 34b EStG. Enthaltene außerordentliche Einkünfte i. S. d. § 34 Absatz 2 EStG sind auch dann nicht begünstigt, wenn die Tarifermäßigung nach § 34 Absatz 1 EStG nicht gewährt wird.

36Der Freibetrag nach § 13 Absatz 3 EStG wird bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte von der Summe der Einkünfte und nicht bereits bei der Ermittlung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft abgezogen (vgl. BStBl 1988 II S.827). Die maßgeblichen steuerpflichtigen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft sind demzufolge für die Berechnung der Tarifermäßigung nicht um einen Freibetrag nach § 13 Absatz 3 EStG zu mindern.

3. Summe der positiven Einkünfte

3.1 Allgemeines

37Für die Ermittlung der Summe der positiven Einkünfte wird auf die Einkunftsart i. S. d. § 2 Absatz 1 Satz 1 EStG und nicht auf die Einkunftsquelle (bspw. auf den einzelnen Betrieb) abgestellt. Dabei werden innerhalb der Einkunftsart laufende und außerordentliche sowie positive und negative Einkünfte saldiert (horizontaler Verlustausgleich). Eine negative Summe der Einkünfte aus einer Einkunftsart kann nicht mit der positiven Summe der Einkünfte aus einer anderen Einkunftsart verrechnet werden (kein vertikaler Verlustausgleich).

38Die nicht begünstigten positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (vgl. Rn. 35) zählen zur Summe der positiven Einkünfte.

3.2 Summe der positiven Einkünfte bei Zusammenveranlagung

39Bei der Ermittlung der Summe der positiven Einkünfte werden bei der Zusammenveranlagung von Ehegatten/Lebenspartnern die jeweiligen Einkünfte der Einkunftsarten beider Ehegatten/Lebenspartner zusammengerechnet (§ 32c Absatz 3 Satz 3 EStG). Hierfür sind zunächst die Summen der einzelnen Einkunftsarten je Ehegatte/Lebenspartner zu bilden (siehe Rn. 37). Anschließend sind die Summen der jeweiligen Einkunftsarten beider Ehegatten/Lebenspartner zu addieren. Dabei sind negative Summen je Einkunftsart eines Ehegatten/Lebenspartners mit positiven Summen der jeweils gleichen Einkunftsart des anderen Ehegatten/Lebenspartners zu verrechnen. Verbleibt ein negativer Saldo einer Einkunftsart, bleibt diese in der Summe der positiven Einkünfte unberücksichtigt (kein vertikaler Verlustausgleich).

4. Fiktive Steuerberechnung

40Für die fiktive Steuerberechnung wird die Summe der tatsächlichen begünstigten Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft gleichmäßig auf den Betrachtungszeitraum, d. h. immer auf alle drei Veranlagungszeiträume, verteilt. Dies gilt auch, wenn im ersten, zweiten oder dritten Veranlagungszeitraum keine Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt werden.

41Im Rahmen der fiktiven Steuerberechnung wird das zu versteuernde Einkommen insgesamt neu berechnet (z. B. Freibetrag nach § 13 Absatz 3 EStG, Spendenhöchstbetrag, zumutbare Belastung bei außergewöhnlichen Belastungen, Günstigerprüfungen). Bereits ausgeübte Wahlrechte können dabei nicht erneut ausgeübt werden. Ergeben sich durch die fiktive Berechnung geänderte Spendenvorträge und Verlustvor- bzw. -rückträge, werden diese bei den weiteren fiktiven Berechnungen innerhalb desselben Betrachtungszeitraums berücksichtigt.

5. Ermittlung der anteiligen tariflichen Einkommensteuer

42Zur Ermittlung der anteiligen, auf die steuerpflichtigen nach § 32c EStG begünstigten Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft i. S. d. § 13 EStG entfallenden tariflichen Einkommensteuer wird die gesamte tarifliche Einkommensteuer eines Veranlagungszeitraums nach dem Verhältnis der nach § 32c EStG begünstigten positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft i. S. d. § 13 EStG zur Summe der positiven Einkünfte aufgeteilt. Dies gilt entsprechend für die Ermittlung der anteiligen fiktiven Einkommensteuer.

43Für die so für jeden Veranlagungszeitraum des Betrachtungszeitraums ermittelte anteilige tatsächliche tarifliche Einkommensteuer und die fiktive tarifliche Einkommensteuer ist jeweils eine Summe zu bilden.

44Zur Ermittlung der Höhe der Tarifermäßigung stehen Berechnungshilfen auf den Internetseiten des Bundesministeriums der Finanzen und der Länderfinanzverwaltungen zur Verfügung.

6. Bilanzänderung für Veranlagungszeiträumevor Inkrafttreten der Tarifermäßigung

45Nach Einreichen der Bilanz bei der Finanzbehörde dürfen bilanzielle Ansatz- und Bewertungswahlrechte durch Steuerpflichtige, die die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft nach § 4 Absatz 1 EStG ermitteln, nur unter den Voraussetzungen des § 4 Absatz 2 Satz 2 EStG erneut ausgeübt werden.

7. Besonderheiten bei Ehegatten/Lebenspartnern

46Für die Tarifermäßigung ist bei Ehegatten/Lebenspartnern die gewählte Veranlagungsart im letzten Veranlagungszeitraum des Betrachtungszeitraums maßgebend:

7.1. Zusammenveranlagung im letzten Veranlagungszeitraum des Betrachtungszeitraums

47Wählen die Ehegatten/Lebenspartner im letzten Veranlagungszeitraum des Betrachtungszeitraums die Zusammenveranlagung, sind die jeweiligen Einkünfte der Ehegatten/Lebenspartner sowie die Einkommensteuern unabhängig von der Veranlagungsart (ggf. Einzelveranlagung) in den anderen Veranlagungszeiträumen des Betrachtungszeitraums zusammenzurechnen.

48Unabhängig davon, ob nur ein Ehegatte/Lebenspartner oder beide Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielen, erfolgt in diesem Fall nur eine Berechnung der Tarifermäßigung.

49Die tarifliche Einkommensteuer bzw. die fiktive tarifliche Einkommensteuer für den jeweiligen Veranlagungszeitraum ergibt sich bei einer Einzelveranlagung aus der Summe der beiden tariflichen Einkommensteuern aus den Einzelveranlagungen, bei einer Zusammenveranlagung aus der hierbei ermittelten tariflichen Einkommensteuer.

7.2. Einzelveranlagung im letzten Veranlagungszeitraum des Betrachtungszeitraums

50Wird im letzten Veranlagungszeitraum des Betrachtungszeitraums eine Einzelveranlagung durchgeführt, sind für Zwecke der Berechnung der Tarifermäßigung bei einer vorangegangenen Zusammenveranlagung die tarifliche Einkommensteuer und die fiktive tarifliche Einkommensteuer nach dem Verhältnis der positiven Summe der Einkünfte der Ehegatten aufzuteilen. Die jeweiligen Einkünfte der Ehegatten/Lebenspartner sind unabhängig von der Veranlagungsart (ggf. Zusammenveranlagung) im jeweiligen Veranlagungszeitraum den Steuerpflichtigen getrennt zuzurechnen.

51Erzielen beide Ehegatten/Lebenspartner Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, so erfolgen zwei getrennte Berechnungen einer Tarifermäßigung für diesen Betrachtungszeitraum. Erzielt nur ein Ehegatte/Lebenspartner Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erfolgt nur eine Berechnung.

52Die tarifliche Einkommensteuer bzw. die fiktive tarifliche Einkommensteuer für den jeweiligen Veranlagungszeitraum wird bei einer Zusammenveranlagung auf die jeweiligen Ehegatten/Lebenspartner aufgeteilt und der jeweilige Anteil nur bei diesem berücksichtigt. Bei einer Einzelveranlagung ist die bereits berechnete tarifliche Einkommensteuer zu verwenden.

7.3. § 26 Absatz 1 Satz 1 EStG nicht im gesamten Betrachtungszeitraum erfüllt

53Die Ausführungen unter Rn. 47 bis 52 gelten auch, wenn die Ehegatten/Lebenspartner nicht im gesamten Betrachtungszeitraum die Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung miteinander erfüllt haben.

IV. Änderung einer gewährten Tarifermäßigung

1. Änderungsnorm § 32c Absatz 6 EStG

54Ändern sich die Besteuerungsgrundlagen für einen Veranlagungszeitraum im Betrachtungszeitraum, die Auswirkungen auf die Tarifermäßigung haben, ist die im letzten Veranlagungszeitraum eines Betrachtungszeitraums gewährte Tarifermäßigung zu ändern. Ändert sich z. B. die Höhe der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft oder die Summe der positiven Einkünfte oder ergeben sich sonstige Änderungen, die Auswirkungen auf die tarifliche Einkommensteuer in einem Veranlagungszeitraum des Betrachtungszeitraums haben (z. B. wegen einer Minderung der außergewöhnlichen Belastungen), ist die Tarifermäßigung neu zu berechnen. Der Einkommensteuerbescheid, mit dem eine Tarifermäßigung gewährt wurde, bzw. die Anrechnungsverfügung, in welcher eine diesbezügliche Steueranrechnung berücksichtigt wurde, sind nach § 32c Absatz 6 Satz 1 bzw. Satz 3 EStG zu ändern.

55Die Festsetzungsfrist des § 32c Absatz 6 Satz 1 EStG endet insoweit nicht, bevor die Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum abgelaufen ist, in dem sich die Besteuerungsgrundlagen geändert haben, § 32c Absatz 6 Satz 2 EStG.

2. Änderungsnorm § 32c Absatz 7 EStG bei einem der in Artikel 10 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 508 /2014 vom (a. a. O.) genannten Verstöße

56Eine Tarifermäßigung ist nach § 32c Absatz 7 EStG rückgängig zu machen, wenn während eines Zeitraums von fünf Jahren nach Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheids, mit dem die Tarifermäßigung für den jeweiligen Betrachtungszeitraum gewährt wird, ein in Artikel 10 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 508 /2014 vom (a. a. O.) genannter Verstoß durch die zuständige Behörde festgestellt wird.

57Der Steuerpflichtige hat/Die Steuerpflichtigen haben diesen Verstoß unverzüglich nach dessen Feststellung dem Finanzamt mitzuteilen, § 32c Absatz 7 Satz 3 EStG.

58Die Festsetzungsfrist für die Einkommensteuer endet im Fall des § 32c Absatz 7 Satz 1 EStG nicht vor Ablauf von vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Finanzbehörde von dem Verstoß Kenntnis erlangt hat, § 32c Absatz 7 Satz 4 EStG.

3. Weitere Änderungsmöglichkeiten

59Fehlt ein Beschluss der zuständigen Behörde gemäß § 32c Absatz 7 EStG, und stellt das Finanzamt (z. B. bei einer Außenprüfung) fest, dass die Voraussetzungen des § 32c Absatz 5 Nummer 3 bis 6 EStG nicht vorlagen, sind Änderungen nach den allgemeinen Änderungs- und Verjährungsvorschriften vorzunehmen.

60Wird bei Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer aufgrund vorsätzlich unrichtiger, unvollständiger oder pflichtwidrig unterlassener Angaben des Steuerpflichtigen/der Steuerpflichtigen eine zu hohe Tarifermäßigung nach § 32c EStG berücksichtigt (Steuerhinterziehung nach § 370 AO), beträgt die Festsetzungsfrist nach § 169 Absatz 2 Satz 2 AO zehn Jahre.

Wurde die Steuerverkürzung leichtfertig begangen, beträgt die Festsetzungsfrist fünf Jahre, § 169 Absatz 2 Satz 2 AO.

61In beiden Fällen sind zusätzlich Anlauf- und Ablaufhemmungen der Festsetzungsfrist nach §§ 170 und 171 AO zu berücksichtigen. Von besonderer praktischer Bedeutung sind die Anlaufhemmung nach § 170 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 AO. Daneben kann zusätzlich die Ablaufhemmung nach § 171 Absatz 4 oder 5 AO von Bedeutung sein.

V. Anwendungsregelung

62Dieses Schreiben ist in allen noch offenen Fällen anzuwenden.

Dieses Schreiben steht für eine Übergangszeit auf den Internetseiten des Bundesministeriums der Finanzen (www.bundesfinanzministerium.de) zur Ansicht und zum Abruf bereit.

BMF v. - IV C 7 - S 2230/19/10003 :007


Fundstelle(n):
BStBl 2020 I Seite 952
DStR 2020 S. 2199 Nr. 40
DStR 2020 S. 6 Nr. 39
FR 2020 S. 968 Nr. 20
PAAAH-59057

1„Kleinstunternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen“: Unternehmen, die die Voraussetzungen in Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 702 /2014 (ABl. L 193 vom , S. 1-75) der Kommission erfüllen.