Aufteilung des Ausbildungsfreibetrags auf Antrag der Eltern; Verletzung des Sachverhaltsaufklärung
Leitsatz
§ 33a Abs. 2 Satz 5 EStG regelt die Aufteilung des Ausbildungsfreibetrags auf geschiedene oder dauernd getrennt lebende Eltern in der Weise, dass grundsätzlich jedem Elternteil die Hälfte des Ausbildungsfreibetrags zusteht. Nach § 33a Abs. 2 Satz 6 EStG kann auf gemeinsamen Antrag der Eltern eine andere Aufteilung vorgenommen werden. Die Übertragung des (hälftigen) Ausbildungsfreibetrags kann auch zivilrechtlich beansprucht werden, wenn der abgebende Elternteil dadurch keine steuerlichen Nachteile erleidet.
Gesetze: EStG § 33a Abs. 2; FGO § 76
Instanzenzug: FG des Landes Brandenburg Urteil vom 3 K 2106/02
Gründe
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist geschieden und hat zwei Kinder, von denen die Tochter, geboren im Juli 1982, in seinem Haushalt, der Sohn, geboren im Oktober 1985, im Haushalt der geschiedenen Ehefrau lebt.
Mit seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2000 beantragte der Kläger u.a. einen Ausbildungsfreibetrag für seine Tochter. Da der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) im Einkommensteuerbescheid 2000 lediglich einen Ausbildungsfreibetrag nach § 33a Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 600 DM berücksichtigte, erhob der Kläger Einspruch und machte geltend, der Ausbildungsfreibetrag sei zu Unrecht um die Hälfte gekürzt worden. Bei einer Berücksichtigungszeit von sechs Monaten sowie einem monatlichen Satz von 200 DM müsse der zu berücksichtigende Betrag 1 200 DM ausmachen. In seinem Fall handle es sich zudem um eine richterlich angewiesene Geschwistertrennung, da bei jedem Elternteil ein Kind verblieben sei. Jeder Elternteil habe zeitversetzt die gleichen Aufwendungen für Leben und Ausbildung. Daher habe es keiner urteilsgemäßen Festlegung von Unterhaltssätzen bedurft. Unabhängig davon müsse davon ausgegangen werden, dass der jeweils andere Elternteil zum Unterhalt des nicht bei ihm lebenden Kindes keinen Beitrag leiste. Hinsichtlich des begehrten Ausbildungsfreibetrags wies das FA den Einspruch unter Hinweis auf die gesetzliche Regelung als unbegründet zurück.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab und verwies auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung (§ 105 Abs. 5 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
Ergänzend führte es aus, die Regelung des § 33a Abs. 2 EStG sei verfassungsgemäß.
Darüber hinaus sei in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass der Kläger das volle Kindergeld und den vollen Betreuungsfreibetrag für den Sohn erhalte, obwohl er nach seinem eigenen Vorbringen zu dessen Unterhalt nichts beitrage. Dies sei eine Folge der schematisierenden Regelungen des Kindergeldrechts und des § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG, wonach allein maßgeblich sei, ob der Steuerpflichtige eigene unterhaltsberechtigte Kinder habe. Für die ebenfalls schematisierende Gestaltung des § 33a Abs. 2 Satz 5 EStG gelte nichts anderes, da dem Steuerpflichtigen die Übertragungsmöglichkeit jedenfalls grundsätzlich zur Verfügung stehe.
Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde, mit der er die Zulassung der Revision wegen Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) begehrt. Das FG habe gegen seine Sachaufklärungspflicht verstoßen und sei von einem falschen Sachverhalt ausgegangen. Es habe die einzelnen, für den Tatbestand erheblichen Tatsachen nicht ermittelt und dadurch nicht gewürdigt. Fälschlich gehe es in seiner Begründung davon aus, dass er, der Kläger, das volle Kindergeld und den vollen Betreuungsfreibetrag für den Sohn erhalte, der bei der Kindesmutter lebe. Wie es zu dieser Vermutung komme, bleibe unklar. Er erhalte weder Kindergeld noch einen Freibetrag für den Sohn. Er beanspruche lediglich den vollen Freibetrag für die bei ihm lebende Tochter. Die Kindesmutter sei ihrer Unterhaltspflicht nicht nachgekommen. Sie sei nicht auffindbar. Ihm sei es somit nicht möglich, wie das FG ausführe, zivilrechtlich gegen die Kindesmutter vorzugehen und den hälftigen Freibetrag von ihr zu beanspruchen. Die falschen Annahmen seien ursächlich für das finanzgerichtliche Urteil. Das FG habe die Kindesmutter zum Verfahren hinzuziehen müssen.
II. Die Beschwerde ist unbegründet.
Der behauptete Verfahrensmangel der mangelnden Sachaufklärung durch das FG (§ 76 FGO) liegt jedenfalls nicht in einer nach § 115 Abs. 3 Nr. 3 FGO relevanten Weise vor. Dabei kann offen bleiben, ob der Kläger für seinen Sohn —wie es das FG festgestellt hat— tatsächlich das volle Kindergeld und den vollen Betreuungsfreibetrag erhalten hat, da das Urteil des FG nicht auf diesem Verfahrensfehler beruht. Diese Voraussetzung ist (nur) dann erfüllt, wenn die Möglichkeit besteht, dass das Urteil bei richtigem Verfahren anders ausgefallen wäre, wobei es grundsätzlich auf den materiell-rechtlichen Standpunkt des FG ankommt (siehe im Einzelnen Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, § 115 Rz 96, m.w.N. zur ständigen Rechtsprechung). Insbesondere muss sich der Vorwurf, gegen die Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 76 FGO) verstoßen zu haben, auf die die FG-Entscheidung tragenden Gründe beziehen (, BFH/NV 2007, 52).
Dem angefochtenen Urteil liegen als tragende Gründe für die Klageabweisung —unter Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung gemäß § 105 Abs. 5 FGO— die im Streitjahr geltende Gesetzesfassung des § 33a Abs. 2 EStG zugrunde. § 33a Abs. 2 Satz 5 EStG regelt die Aufteilung des Ausbildungsfreibetrags auf geschiedene oder dauernd getrennt lebende Eltern in der Weise, dass grundsätzlich jedem Elternteil die Hälfte des Ausbildungsfreibetrags zusteht. Nach § 33a Abs. 2 Satz 6 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung kann auf gemeinsamen Antrag der Eltern eine andere Aufteilung vorgenommen werden. Das FG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Übertragung des (hälftigen) Ausbildungsfreibetrags auch zivilrechtlich beansprucht werden kann, wenn der abgebende Elternteil dadurch keine steuerlichen Nachteile erleidet (Glanegger in Schmidt, Einkommensteuergesetz, 19. Aufl., § 33a Rz 66). Der Kläger hat aber nicht vorgetragen, dass seine geschiedene Ehefrau ihm ihren (anteiligen) Kinderfreibetrag und Betreuungsfreibetrag übertragen hat und er folglich als alleiniger Berechtigter den Ausbildungsfreibetrag in vollem Umfang in Anspruch nehmen könnte (vgl. Kirchhof/Mellinghoff, 6. Aufl., § 33a EStG Rz 63).
Die möglicherweise unzutreffenden Feststellungen des FG, der Kläger habe für seinen Sohn das volle Kindergeld und den vollen Betreuungsfreibetrag erhalten, beziehen sich auf die Argumentation zur Verfassungsmäßigkeit des § 33a Abs. 2 EStG, die vom Kläger in seiner Nichtzulassungsbeschwerde nicht gerügt wurde.
Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 1119 Nr. 6
NWB-Eilnachricht Nr. 17/2007 S. 1419
NWB-Eilnachricht Nr. 31/2007 S. 12
MAAAC-42114