OFD Rheinland - S 0186 - 1000 - St 1 S 7172- 1000 - St 4

Besteuerung von Krankenhäusern (§ 67 AO; § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG)

Auslegung des § 67 AO und die Besteuerung von Wahlleistungen

1. Zweckbetrieb nach § 67 AO

In der zur Zeit geltenden Fassung des § 67 AO wird unterschieden zwischen Krankenhäusern, die unter die Bundespflegesatzverordnung (BPflV) fallen (§ 67 Abs. 1 AO) und Krankenhäusern, die nicht unter die BPflV fallen (§ 67 Abs. 2 AO). Nach § 67 Abs. 1 AO ist ein Krankenhaus, welches in den Anwendungsbereich der BPflV fällt, ein Zweckbetrieb, wenn mindestens 40 v.H. der jährlichen Pflegetage auf Patienten entfallen, bei denen nur Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen (§§ 11, 13 und 26 der BPflV) berechnet werden. Ein Krankenhaus, welches nicht unter die BPflV fällt, ist ein Zweckbetrieb, wenn mindestens 40 v.H. der jährlichen Pflegetage auf Patienten entfallen, bei denen für die Krankenhausleistungen kein höheres Entgelt berechnet wird, als es ein unter die BPflV fallendes Krankenhaus nach § 67 Abs. 1 AO berechnen würde (§ 67 Abs. 2 AO).

Allgemeine Krankenhausleistungen sind die Krankenhausleistungen, die unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung des Patienten notwendig sind. Dazu rechnen insbesondere ärztliche Leistungen, Pflege und Versorgung, Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten, die vom Krankenhaus veranlassten Leistungen Dritter und die aus medizinischen Gründen notwendige Mitaufnahme einer Begleitperson eines Patienten (§ 2 Krankenhausentgeltgesetz - KHEntgG; § 2 Abs. 2 BPflV).

Seit dem ist mit § 17b Abs. 1 Satz 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) für die Vergütung der allgemeinen Krankenhausleistungen ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschaliertes Entgeltssystem eingeführt worden (Fallpauschalen). Mit diesen Entgelten werden die allgemeinen vollstationären und teilstationären Krankenhausleistungen für einen Behandlungsfall vergütet. Dabei erfolgt die Vergütung nunmehr nach einem einheitlichen Katalog für die jeweils in Anspruch genommenen Leistungen grundsätzlich unabhängig von der Dauer des Krankenhausaufenthalts, wohingegen bisher eine Abrechnung nach Tagessätzen erfolgte. Die BPflV gilt seit dem nur noch für psychiatrische Einrichtungen, Einrichtungen für Psychosomatik und psychotherapeutische Medizin.

Die Definition des Zweckbetriebs Krankenhaus im § 67 AO geht daher ab diesem Zeitpunkt für den Großteil der Krankenhäuser dem Grunde nach ins Leere.

Bis zur einer Neufassung des § 67 AO bitte ich diesen daher dahingehend auszulegen, dass an Stelle der Bundespflegesatzverordnung die entsprechenden Regelungen des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG) treten.

So kann ab dem ein Krankenhaus weiterhin als Zweckbetrieb anerkannt werden, wenn mindestens 40 v.H. der jährlichen Pflegetage auf Patienten entfallen, bei denen nur Fallpauschalen nach dem KHEntgG berechnet werden.

Obwohl für die meisten Krankenhäuser die Anzahl der Pflegetage aufgrund der Abrechnung über Fallpauschalen keine Rolle mehr spielt, müssen diese für den steuerlichen Nachweis daher auch weiterhin gesonderte Aufzeichnungen über die Anzahl der Pflegetage führen.

2. Inanspruchnahme von Wahlleistungen

Neben den allgemeinen Krankenhausleistungen werden von den Krankenhäusern häufig auch so genannte Wahlleistungen gesondert angeboten und berechnet. Zu den typischen Wahlleistungen gehört beispielsweise die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Chefarztbehandlung oder das Angebot einer besseren Unterkunft wie die Wahl eines Ein- /Zweibettzimmers, eines Telefons und eines Fernsehgeräts.

Wahlleistungen sind bei einem Krankenhaus zum einen bei der Beurteilung der Zweckbetriebseigenschaft (§ 67 AO) einzubeziehen. Zum anderen ist, wenn es sich um ein steuerbegünstigtes Krankenhaus im Sinne des § 67 AO handelt, zu prüfen, ob eine angebotene Wahlleistung zum Zweckbetrieb des Krankenhauses zu rechnen ist oder einen eigenständigen (steuerpflichtigen) wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb begründet

2.1. Wahlleistung und Berechnung der Zweckbetriebsgrenze nach § 67 AO

Wenn mehr als 60 v.H. der jährlichen Pflegetage auf Patienten entfallen, die Wahlleistungen in Anspruch nehmen, sind die Voraussetzungen des § 67 AO nicht mehr erfüllt. D.h. ein entsprechendes Krankenhaus wäre nicht mehr im Rahmen eines Zweckbetriebs tätig und könnte damit nicht als steuerbegünstigte Körperschaft nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG anerkannt werden. Entsprechend würden die Befreiungen des § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG, § 3 Nr. 20 GewStG, § 4 Nr. 6 GrdStG verloren gehen.

Für die Prüfung, ob ein Krankenhaus die Voraussetzungen des § 67 AO erfüllt, sind die Anzahl der Pflegetage der Patienten, die Wahlleistungen in Anspruch nehmen (= "schädliche" Patienten i.S. des § 67 AO) in Relation zu der Anzahl der Pflegetage der Patienten, für die lediglich die Fallpauschalen in Rechnung gestellt werden (= "unschädliche" Patienten i.S. des § 67 AO) zu setzen. Soweit die Anzahl der Pflegetage der "unschädlichen" Patienten mindestens 40 v.H. bezogen auf die Gesamtpflegetage beträgt, ist das Krankenhaus im Rahmen eines Zweckbetriebs nach § 67 AO tätig. Dies gilt sinngemäß für Krankenhäuser im Sinne von § 67 Abs. 2 AO mit der Maßgabe, dass dann ein unschädlicher Patient vorliegt, wenn diesem ein Entgelt in Rechnung gestellt wird, welches die für die in Anspruch genommenen Leistungen normalerweise zu berechnende Fallpauschale nicht übersteigt.

Aus Billigkeitsgründen können bei dieser Berechnung die Wahlleistungen Telefon- und Fernsehgerätegestellung außen vor gelassen werden. D.h. ein Patient, der lediglich die Wahlleistung Telefon- und/oder Fernsehgerätenutzung in Anspruch nimmt, rechnet noch zu den "unschädlichen" Patienten im Sinne des § 67 AO. Gleichwohl begründet das Krankenhaus mit diesen Leistungen einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (s.u.). Die daraus erzielten Einnahmen sind im Rahmen der Umsatzbesteuerung als steuerpflichtige Umsätze zu qualifizieren. Es handelt sich insbesondere nicht um "eng verbundene Umsätze" im Zusammenhang mit den steuerfreien Umsätzen eines Krankenhauses nach § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG (vgl. USt-Kurzinfo 3/2005 und und C-395/04 - Ygeia).

2.2. Wahlleistungen als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb

Soweit Wahlleistungen als Teil der üblichen Krankenhausleistungen (z.B. Wahl einer besonderen Unterkunft) erbracht werden und die Anzahl der Pflegetage der "unschädlichen" Patienten mindestens 40 v.H. der Gesamtpflegetage beträgt, sind die erzielten Wahlleistungsentgelte der "schädlichen" Patienten dem Zweckbetrieb "Krankenhaus" zuzurechnen.

Für die Frage, ob eine Wahlleistung noch Teil der üblichen Krankenhausleistung ist, sind enge Maßstäbe anzulegen. Nur Wahlleistungen die für ein Krankenhaus nach der Verkehrsauffassung typisch und unerlässlich sind, regelmäßig und allgemein beim laufenden Betrieb vorkommen und damit zusammenhängen, können Teil des Zweckbetriebs "Krankenhaus" sein. So dürfen die Wahlleistungen insbesondere nicht dazu bestimmt sein, dem Krankenhaus in erster Linie zusätzliche Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb zu steuerpflichtigen Wettbewerbern stehen.

Bei der Wahlleistung "Unterkunft" wird regelmäßig eine Vereinbarung zwischen dem Krankenhaus und den privaten Krankenversicherungen (PKV) abgeschlossen, in der diese die Wahlleistung im Leistungsfall dem Krankenhaus vergütet. Es ist daher davon auszugehen, dass die PKV die jeweilige Zimmerausstattung einschließlich sämtlicher angebotener Merkmale (z.B. Kühlschrank, Haartrockner) als medizinisch notwendig angesehen hat. Insbesondere kommt es seitens des Patienten nicht zu einer gesonderten Hinzuwahl bestimmter Zusatzleistungen, sondern der Patient hat nur die Wahl zwischen einen Ein-, Zwei- oder Mehrbettzimmer mit allen damit jeweils verknüpften Ausstattungsmerkmalen. Dementsprechend gehören Einnahmen aus der der Wahlleistung "Unterkunft", zu den originären Krankenhausleistungen, welche noch Teil des Zweckbetriebs nach § 67 AO sind, wenn die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind. Die dafür vereinnahmten Entgelte sind nach § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG von der Umsatzsteuer befreit.

Soweit Patienten jedoch - über die von den PKV akzeptierten Kosten für bestimmte Wahlleistungen hinaus - weitere Zusatzleistungen auswählen können, die dann auch unmittelbar selber mit ihnen abgerechnet werden (z.B. Bereitstellung von Telefon, Fernsehen, Erledigung von Botengängen usw.), wird damit (i.d.R.) ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb außerhalb des Zweckbetriebs "Krankenhaus" begründet. Es besteht insoweit kein direkter Zusammenhang zu den üblichen Krankenhausleistungen, so dass eine Zurechnung zum Zweckbetrieb nach § 67 AO nicht möglich ist.

Die aus derartigen Wahlleistungen erzielten Umsätze unterliegen dann (i.d.R.) dem Regelsteuersatz bei der Umsatzsteuer.

Beispiel

Beim gemeinnützigen A-Krankenhaus wurden in 2005 insgesamt 100.000 Pflegetage geleistet. Davon entfallen auf Patienten, bei denen für die Behandlung ausschließlich die Fallpauschale vergütet wurde 75.000 Tage. Die restlichen 25.000 Pflegetage entfallen auf Patienten, die die Wahlleistung "Unterkunft" (Ein/Zweibettzimmer) in Anspruch genommen haben. Hierfür verlangte das Krankenhaus eine Vergütung entsprechend der getroffenen Vereinbarung mit der PKV. Daneben haben fast alle Patienten die Wahlleistung "Telefon/Fernseher" in Anspruch genommen.

Da mehr als 40 v.H. der Pflegetage auf Patienten entfallen, für die lediglich eine Fallpauschale vergütet wurde, erfüllt das Krankenhaus die Voraussetzung des § 67 AO. Die Vergütung aus der Wahlleistung "Unterkunft" ist Teil des Zweckbetriebs. Die Wahlleistung "Telefon/Fernseher" bleibt für die Berechnung der 40 v.H.-Grenze aus Billigkeitsgründen unberücksichtigt. Hiermit begründet das Krankenhaus jedoch einen eigenständigen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb und die hierbei erzielten Umsätze unterliegen der Umsatzbesteuerung (vgl. unter 2.1).

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Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:


Fundstelle(n):
LAAAB-79371