OFD Frankfurt am Main - S 2406 A - 1 - St II 1.04

Bemessung des Zinsabschlags bei Kursdifferenzpapieren i. S. d. § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG

Auf Kapitalerträge aus auf- oder abgezinsten Wertpapieren bzw. Forderungen i. S. d. § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG (Emissionsrendite) ist Kapitalertragsteuer in Form des Zinsabschlags zu erheben (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 EStG).

Die Ermittlung des 30 %igen Zinsabschlags (35 % bei Tafelgeschäften) erfolgt entweder aufgrund der „Netto-Kursdifferenzmethode” oder auf der Basis einer „Pauschalbesteuerung”.

1. Netto-Kursdifferenzmethode

Der Steuerabzug bemisst sich grundsätzlich nach dem Unterschied zwischen dem Entgelt für den Erwerb und den Einnahmen aus der Veräußerung oder Einlösung der Wertpapiere und Kapitalforderungen (Marktrendite), wenn sie von der die Kapitalerträge auszahlenden Stelle für den Gläubiger erworben oder veräußert und seitdem verwahrt oder verwaltet worden sind (§ 43a Abs. 2 Satz 2 EStG).

Bei Wertpapieren und Kapitalforderungen in einer ausländischen Währung, die nach dem erworben werden, ist der Unterschiedsbetrag in der ausländischen Währung zu ermitteln (§ 43a Abs. 2 Satz 7 i. V. m. § 52 Abs. 55 EStG).

2. Pauschalbesteuerung

Sind die Voraussetzungen für die Netto-Kursdifferenzmethode nicht erfüllt, gelten als Bemessungsgrundlage für den Zinsabschlag 30 v.H. der Einnahmen aus der Veräußerung oder Einlösung der Wertpapiere und Kapitalforderungen (§ 43a Abs. 2 Satz 3 EStG).

Die tatsächlichen Kapitalerträge sind erst im Rahmen der ESt-Veranlagung zu ermitteln und endgültig der Besteuerung zu unterwerfen.

3. Ausnahmen von der Pauschalbesteuerung

Die Netto-Kursdifferenzmethode ist im Billigkeitswege auch dann anzuwenden, wenn eine Bank, die bisher nur Ansprechpartner des Kunden für dessen Wertpapiergeschäfte war und seine Aufträge an die Verwahrbank weiterleitete (Botenbank), das Wertpapierdepot von der Verwahrbank übernimmt, sofern die bisherige Botenbank (und jetzige Verwahrbank) lückenlos über sämtliche Kauf- und Verkaufsaufträge des Kunden verfügt und – anders als bei einem „normalen” Depotwechsel – vom Zeitpunkt des Erwerbs der Wertpapiere an über alle Bestandsveränderungen im Depot des Kunden informiert ist.

Gleiches gilt im Falle einer Geschäftsstellenveräußerung von einem Kreditinstitut an ein anderes Kreditinstitut, wenn das die Geschäftsstelle erwerbende Kreditinstitut sämtliche Kauf- und Verkaufsaufträge des Kunden sowie Bestandsveränderungen im Depot des Kunden kennt und somit in der Lage ist, den Differenzbetrag gem. § 43a Abs. 2 Satz 2 EStG zu errechnen.

4. Wahlrecht und Sonderregelung für „Altfälle”

Für sog. „Altfälle” (Erwerb oder Veräußerung vor dem , Verwaltung oder Verwahrung durch die auszahlende Stelle) hat die auszahlende Stelle gemäß § 43a Abs. 2 Satz 4 EStG ein Wahlrecht zwischen Differenzmethode und Pauschalbesteuerung.

5. Verrechnung von Stückzinsen beim An- und Verkauf

Gemäß § 43a Abs. 3 EStG ist der Abzug von Stückzinsen bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für den Zinsabschlag auch bei Kapitalerträgen i. S. d. § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG möglich. Es wird ein „Stückzinstopf” gebildet, in dem gezahlte Stückzinsen gesammelt werden. Vereinnahmte Stückzinsen werden um die angesammelten Stückzinsen gekürzt. Nur der positive Saldo unterliegt dem Zinsabschlag. Dies gilt nicht in den Fällen des § 44 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb (Tafelgeschäfte).

Zur Anwendung des § 43a Abs. 3 EStG vgl. ESt-Kartei § 43a Karte 6.

6. Sonderregelung für Verwahrung durch Bundes- oder Landesschuldenverwaltung

Die vorstehenden Regeln gelten gem. § 43a Abs. 4 Satz 1 EStG entsprechend für die Bundeswertpapierverwaltung oder eine Landesschuldenverwaltungen als auszahlende Stelle, im Falle der Tz. 5 jedoch nur, wenn die Wertpapiere oder Forderungen von einem Kreditinstitut oder einem Finanzdienstleistungsinstitut mit der Maßgabe der Verwahrung und Verwaltung durch die Bundeswertpapierverwaltung oder eine Landesschuldenverwaltung erworben worden sind.

Zu den Mitteilungspflichten des Kreditinstituts oder Finanzdienstleistungsinstituts in diesen Fällen vgl. § 43a Abs. 4 Satz 2 EStG.

Gemäß § 52 Abs. 54 EStG gelten für Wertpapiere des Bundes oder Landes (z. B. Bundesschatzbriefe), die vor dem ermittiert worden sind, die bis zum gültigen Vorschriften, d.h. der Zinsabschlag bemisst sich nach den rechnerisch auf die Besitzzeit entfallenden Kapitalerträgen. Dies gilt nicht für besonders in Rechnung gestellte Stückzinsen.

7. „Nicht handelbare” Bundespapiere und unverbriefte Kapitalforderungen

Bei nicht für einen marktmäßigen Handel bestimmten schuldbuchfähigen Wertpapieren des Bundes und der Länder (z.B. Bundesschatzbriefe, Finanzierungsschätze) sowie nicht verbrieften Kapitalforderungen i. S. d. § 43 Abs. 1 Nr. 7 Buchstabe b EStG (z.B. Sparkassenbriefe) bemisst sich gemäß § 43a Abs. 2 Satz 6 EStG der Zinsabschlag nach dem im Rückzahlungsbetrag enthaltenen Kapitalertrag ohne jeden Abzug (vgl. § 43a Abs. 2 Satz 1 EStG). Besitzzeiten des Rechtsvorgängers bleiben bei der Bemessung des Zinsabschlags unberücksichtigt.

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Fundstelle(n):
LAAAB-55255