Arbeitsrecht: Gleichbehandlung eingetragener Lebenspartner bei der Zusatzversorgung
Leitsatz
1. Die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf ist dahin auszulegen, dass Zusatzversorgungsbezüge wie diejenigen, die ehemaligen Angestellten und Arbeitern der Freien und Hansestadt Hamburg sowie deren Hinterbliebenen auf der Grundlage des Hamburgischen Gesetzes über die zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung für Angestellte und Arbeiter der Freien und Hansestadt Hamburg (Erstes Ruhegeldgesetz der Freien und Hansestadt Hamburg) in der Fassung vom gewährt werden, weder wegen Art. 3 Abs. 3 noch wegen des 22. Erwägungsgrundes der Richtlinie 2000/78 aus dem sachlichen Geltungsbereich dieser Richtlinie herausfallen, wenn sie Entgelt im Sinne des Art. 157 AEUV darstellen.
2. Art. 1 in Verbindung mit den Art. 2 und 3 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2000/78 steht einer nationalen Bestimmung wie § 10 Abs. 6 des genannten Hamburgischen Gesetzes, aufgrund deren ein in einer Lebenspartnerschaft lebender Versorgungsempfänger Zusatzversorgungsbezüge in geringerer Höhe erhält als ein nicht dauernd getrennt lebender verheirateter Versorgungsempfänger, entgegen, wenn
- im betreffenden Mitgliedstaat die Ehe Personen unterschiedlichen Geschlechts vorbehalten ist und neben einer Lebenspartnerschaft wie der nach dem Gesetz über die Eingetragene Lebenspartnerschaft vom , die Personen gleichen Geschlechts vorbehalten ist, besteht und
- eine unmittelbare Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung vorliegt, weil sich der genannte Lebenspartner im nationalen Recht hinsichtlich dieser Bezüge in einer rechtlichen und tatsächlichen Situation befindet, die mit der einer verheirateten Person vergleichbar ist. Die Beurteilung der Vergleichbarkeit fällt in die Zuständigkeit des vorlegenden Gerichts und hat sich auf die jeweiligen, unter Berücksichtigung des Zwecks und der Voraussetzungen für die Gewährung der fraglichen Leistung relevanten Rechte und Pflichten der Ehegatten und der in einer Lebenspartnerschaft lebenden Personen zu konzentrieren, wie sie im Rahmen der entsprechenden Rechtsinstitute geregelt sind.
3. Sollte § 10 Abs. 6 des Hamburgischen Gesetzes über die zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung für Angestellte und Arbeiter der Freien und Hansestadt Hamburg in der Fassung vom eine Diskriminierung im Sinne des Art. 2 der Richtlinie 2000/78 darstellen, kann ein Einzelner wie der Kläger des Ausgangsverfahrens das Recht auf Gleichbehandlung frühestens ab Ablauf der Umsetzungsfrist für diese Richtlinie, also ab dem , geltend machen, wobei er nicht abwarten muss, dass der nationale Gesetzgeber diese Bestimmung mit dem Unionsrecht in Einklang bringt.
Instanzenzug:
Gründe
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. L 303, S. 16), der allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts und von Art. 141 EG (dem nun Art. 157 AEUV entspricht) bezüglich der Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf wegen der sexuellen Ausrichtung.
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Römer und der Freien und Hansestadt Hamburg wegen der Höhe der ihm zustehenden Zusatzversorgungsbezüge.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
In den Erwägungsgründen 13 und 22 der Richtlinie 2000/78 heißt es:
"(13) Diese Richtlinie findet [keine] Anwendung auf die Sozialversicherungs- und Sozialschutzsysteme, deren Leistungen nicht einem Arbeitsentgelt in dem Sinne gleichgestellt werden, der diesem Begriff für die Anwendung des Artikels 141 [EG] gegeben wurde ...
...
(22) Diese Richtlinie lässt die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften über den Familienstand und davon abhängige Leistungen unberührt."
Art. 1 der Richtlinie 2000/78 lautet:
"Zweck dieser Richtlinie ist die Schaffung eines allgemeinen Rahmens zur Bekämpfung der Diskriminierung wegen der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung in Beschäftigung und Beruf im Hinblick auf die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in den Mitgliedstaaten."
Art. 2 dieser Richtlinie sieht vor:
"(1) Im Sinne dieser Richtlinie bedeutet 'Gleichbehandlungsgrundsatz', dass es keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen eines der in Artikel 1 genannten Gründe geben darf.
(2) Im Sinne des Absatzes 1:
a) liegt eine unmittelbare Diskriminierung vor, wenn eine Person wegen eines der in Artikel 1 genannten Gründe in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde;
b) liegt eine mittelbare Diskriminierung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen mit einer bestimmten Religion oder Weltanschauung, einer bestimmten Behinderung, eines bestimmten Alters oder mit einer bestimmten sexuellen Ausrichtung gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn:
i) diese Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt, und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich ...
..."
In Art. 3 der Richtlinie heißt es:
"(1) Im Rahmen der auf die Gemeinschaft übertragenen Zuständigkeiten gilt diese Richtlinie für alle Personen in öffentlichen und privaten Bereichen, einschließlich öffentlicher Stellen, in Bezug auf:
...
c) die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Entlassungsbedingungen und des Arbeitsentgelts;
...
(3) Diese Richtlinie gilt nicht für Leistungen jeder Art seitens der staatlichen Systeme oder der damit gleichgestellten Systeme einschließlich der staatlichen Systeme der sozialen Sicherheit oder des sozialen Schutzes.
..."
Gemäß Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 mussten die Mitgliedstaaten grundsätzlich die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen, um dieser Richtlinie spätestens zum nachzukommen, oder konnten den Sozialpartnern die Durchführung der Bestimmungen dieser Richtlinie übertragen, die in den Anwendungsbereich von Tarifverträgen fallen, wobei sie zu gewährleisten hatten, dass dies ebenfalls bis zu diesem Datum erfolgte.
Nationales Recht
Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) bestimmt, dass "Ehe und Familie ... unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung [stehen]".
Gesetz über die Eingetragene Lebenspartnerschaft
§ 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Eingetragene Lebenspartnerschaft vom (LPartG) sieht hinsichtlich Form und Voraussetzungen der Lebenspartnerschaft vor:
"Zwei Personen gleichen Geschlechts begründen eine Lebenspartnerschaft, wenn sie gegenseitig persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit erklären, miteinander eine Partnerschaft auf Lebenszeit führen zu wollen (Lebenspartnerinnen oder Lebenspartner). Die Erklärungen können nicht unter einer Bedingung oder Zeitbestimmung abgegeben werden. Die Erklärungen werden wirksam, wenn sie vor der zuständigen Behörde erfolgen ..."
§ 2 LPartG bestimmt:
"Die Lebenspartner sind einander zu Fürsorge und Unterstützung sowie zur gemeinsamen Lebensgestaltung verpflichtet. Sie tragen füreinander Verantwortung."
§ 5 LPartG lautet:
"Die Lebenspartner sind einander zum angemessenen Unterhalt verpflichtet. Die §§ 1360a und 1360b und 1609 des Bürgerlichen Gesetzbuchs [BGB] gelten entsprechend."
§ 11 Abs. 1 LPartG über die sonstigen Wirkungen der Lebenspartnerschaft sieht vor:
"Ein Lebenspartner gilt als Familienangehöriger des anderen Lebenspartners, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist."
Das am in Kraft getretene Gesetz zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts vom 15. Dezember 2004 (im Folgenden: Gesetz vom ) hat die Rechtsfolgen der eingetragenen Lebenspartnerschaft in noch weiterem Umfang den Rechtsfolgen der Ehe angeglichen. Insbesondere findet seitdem nach Aufhebung der Lebenspartnerschaft zwischen den Lebenspartnern ein Versorgungsausgleich statt (§ 20 LPartG) wie zwischen Eheleuten nach einer Scheidung. Ferner ist das Recht der gesetzlichen Rentenversicherung dahin geändert worden, dass eingetragene Lebenspartner wie Ehegatten Hinterbliebenenrente erhalten, und zwar auch, wenn der Partner vor dem gestorben ist (§ 46 Abs. 4 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs).
Im Bundesland Hamburg geltende versorgungsrechtliche Bestimmungen
§ 1 des Hamburgischen Zusatzversorgungsgesetzes vom (HmbZVG) bestimmt, dass das Gesetz für bei der Freien und Hansestadt Hamburg beschäftigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (Beschäftigte) sowie für Personen gilt, denen die Freie und Hansestadt Hamburg eine Versorgung im Sinne des § 2 zu gewähren hat (Versorgte). Nach § 2 HmbZVG wird die Versorgung als Ruhegeld gemäß den §§ 3 bis 10 HmbZVG oder Hinterbliebenenversorgung gemäß den §§ 11 bis 19 HmbZVG gewährt. §§ 2a und 2c HmbZVG sehen vor, dass die Beschäftigten einen Beitrag zu den Versorgungsausgaben leisten, dessen Anfangsbeitragssatz 1,25 vom Hundert des Arbeitsentgelts beträgt und der vom Arbeitsentgelt einbehalten wird. Nach § 2b HmbZVG beginnt die Beitragspflicht mit dem Tag der Begründung und endet mit dem Tag der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
§ 6 HmbZVG bestimmt, dass der monatliche Betrag des Ruhegelds für jedes volle Jahr der ruhegeldfähigen Beschäftigungszeit 0,5 vom Hundert der ruhegeldfähigen Bezüge beträgt.
Die ruhegeldfähigen Bezüge werden in § 7 HmbZVG definiert, während die ruhegeldfähige und die nicht berücksichtigte Beschäftigungszeit in § 8 HmbZVG bestimmt wird.
§ 29 HmbZVG enthält die Übergangsvorschriften für Versorgte unter den vormals geltenden Rechtsvorschriften im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 HmbZVG. § 29 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit Nr. 5 HmbZVG bestimmt, dass diese Versorgten die Versorgung abweichend u. a. von § 6 Abs. 1 und 2 in derjenigen Höhe weiter erhalten, die ihnen im Monat Juli 2003 zustand bzw. bei § 29 Abs. 1 Nrn. 2 und 4 im Dezember 2003 zugestanden hätte.
Zuvor war diese Materie im Hamburgischen Gesetz über die zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung für Angestellte und Arbeiter der Freien und Hansestadt Hamburg (Erstes Ruhegeldgesetz der Freien und Hansestadt Hamburg, 1. RGG) geregelt. § 10 Abs. 6 1. RGG bestimmte:
"Das fiktive Nettoarbeitsentgelt ist dadurch zu ermitteln, dass von den ruhegeldfähigen Bezügen (§ 8)
1. bei einem am Tag des Beginns der Ruhegeldzahlung (§ 12 Absatz 1) nicht dauernd getrennt lebenden verheirateten Versorgungsempfänger sowie bei einem Versorgungsempfänger, der an diesem Tag Anspruch auf Kindergeld oder eine entsprechende Leistung hat, der Betrag, der an diesem Tag als Lohnsteuer (ohne Kirchenlohnsteuer) nach Steuerklasse III/0 zu zahlen wäre,
2. bei allen übrigen Versorgungsempfängern der Betrag, der am Tag des Beginns der Ruhegeldzahlung als Lohnsteuer (ohne Kirchenlohnsteuer) nach Steuerklasse I zu zahlen wäre, ... abgezogen werden."
Nach § 8 Abs. 10 letzter Satz 1. RGG ist auf Antrag des Betroffenen vom Anpassungszeitpunkt an die Steuerklasse III/0 zugrunde zu legen, wenn eine der Voraussetzungen des § 10 Abs. 6 Nr. 1 1. RGG erst nach dem Tag des Beginns der Ruhegeldzahlung eingetreten ist.
Der nach Lohnsteuerklasse III/0 abzuziehende Betrag ist weit geringer als der nach Lohnsteuerklasse I abzuziehende Betrag.
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
Die Parteien des Ausgangsverfahrens streiten über die Höhe der Versorgungsbezüge, die dem Kläger des Ausgangsverfahrens, Herrn Römer, für die Zeit ab November 2001 zustehen.
Herr Römer war seit 1950 bis zum Eintritt seiner Erwerbsunfähigkeit am bei der Freien und Hansestadt Hamburg als Verwaltungsangestellter beschäftigt. Seit 1969 lebt er ohne Unterbrechung mit Herrn U. zusammen. Am begründeten der Kläger des Ausgangsverfahrens und sein Partner miteinander eine eingetragene Lebenspartnerschaft gemäß dem LPartG. Herr Römer teilte dies seinem ehemaligen Arbeitgeber mit Schreiben vom mit. Mit weiterem Schreiben vom beantragte er die Neuberechnung seiner Zusatzversorgungsbezüge unter Zugrundelegung des günstigeren Lohnsteuerabzugs nach Steuerklasse III/0, und zwar, wie das vorlegende Gericht angibt, ab dem . Der Kläger des Ausgangsverfahrens trägt jedoch in seinen Erklärungen vor, er habe die Anpassung der Bezüge erst ab dem beantragt.
Mit Schreiben vom teilte die Freie und Hansestadt Hamburg Herrn Römer mit, dass sie keine Neuberechnung seiner Bezüge vornehmen werde, da nach § 10 Abs. 6 Nr. 1 1. RGG nur nicht dauernd getrennt lebende verheiratete Versorgungsempfänger sowie Versorgungsempfänger, die Anspruch auf Kindergeld oder eine entsprechende Leistung hätten, Anspruch auf eine Berechnung ihrer Bezüge unter Berücksichtigung der Steuerklasse III/0 hätten.
Gemäß der "Versorgungsmitteilung Ruhegeld" der Freien und Hansestadt Hamburg vom 2. September 2001 betrug das Herrn Römer gewährte monatliche Ruhegeld ab September 2001 unter Zugrundelegung von Bezügen, die um die nach Steuerklasse I zu zahlenden Steuern reduziert wurden, 1 204,55 DM (615,88 Euro). Nach der Berechnung des Betroffenen, die von seinem ehemaligen Arbeitgeber nicht bestritten wird, wäre das monatliche Ruhegeld bei einer Berechnung unter Zugrundelegung der Steuerklasse III/0 im September 2001 um 590,87 DM (302,11 Euro) höher gewesen.
Der Rechtsstreit gelangte vor das vorlegende Gericht. Herr Römer ist der Auffassung, er habe Anspruch darauf, bei der Berechnung seiner Versorgungsbezüge nach § 10 Abs. 6 Nr. 1 1. RGG wie ein nicht dauernd getrennt lebender verheirateter Versorgungsempfänger behandelt zu werden. Er macht geltend, das Tatbestandsmerkmal "nicht dauernd getrennt lebender verheirateter Versorgungsempfänger" in der genannten Bestimmung müsse so ausgelegt werden, dass darunter auch Versorgungsempfänger zu verstehen seien, die eine Lebenspartnerschaft nach dem LPartG eingegangen seien.
Herr Römer ist der Ansicht, dass sein Anspruch auf Gleichbehandlung mit den nicht dauernd getrennt lebenden verheirateten Versorgungsempfängern jedenfalls aus der Richtlinie 2000/78 folge. Da die Richtlinie nicht innerhalb der in Art. 18 gesetzten Frist, also spätestens zum , in nationales Recht umgesetzt worden sei, finde sie im Verhältnis zur Beklagten des Ausgangsverfahrens unmittelbare Anwendung.
Die Freie und Hansestadt Hamburg macht geltend, der Begriff "verheiratet" in § 10 Abs. 6 Nr. 1 1. RGG sei nicht in dem von Herrn Römer vertretenen Sinn auslegungsfähig. Sie beruft sich im Wesentlichen darauf, dass gemäß Art. 6 Abs. 1 GG Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stünden. Zwischen der Frage der gemeinsamen Veranlagung und der Frage, ob fiktiv die Steuerklasse III/0 bei der Berechnung der Versorgungsbezüge nach dem 1. RGG zugrunde zu legen sei, bestehe eine Parallele. Sowohl die gemeinsame Veranlagung während der Zeit der Arbeitstätigkeit als auch später die fiktive Zugrundelegung der Steuerklasse III/0 bei der Berechnung der Versorgungsbezüge würden darüber entscheiden, welche finanziellen Mittel zur Lebensführung den Betroffenen monatlich zur Verfügung stünden. Die Begünstigung derjenigen Personen, die eine Familie begründet hätten oder potenziell hätten begründen können, verfolge den Zweck, die damit verbundenen erhöhten finanziellen Belastungen auszugleichen.
Unter diesen Umständen hat das Arbeitsgericht Hamburg mit Entscheidung vom , ergänzt mit Entscheidung vom , beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
1. Handelt es sich bei den durch das 1. RGG geregelten Zusatzversorgungsbezügen für ehemalige Angestellte und Arbeiter der Freien und Hansestadt Hamburg sowie deren Hinterbliebene im Sinne von Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2000/78 um "Leistungen ... seitens der staatlichen Systeme oder der damit gleichgestellten Systeme einschließlich der staatlichen Systeme der sozialen Sicherheit oder des sozialen Schutzes" mit der Folge, dass die bezeichnete Richtlinie im Regelungsbereich des 1. RGG keine Anwendung findet?
2. a) Wenn die vorstehende Frage verneint wird: Handelt es sich bei den Regelungen des 1. RGG, die für die Bemessung der Versorgungsbezüge hinsichtlich deren Höhe zwischen verheirateten Versorgungsempfängern einerseits und allen übrigen Versorgungsempfängern andererseits unterscheiden, nämlich die verheirateten Versorgungsempfänger - und zwar gerade auch gegenüber Personen, die mit einer gleichgeschlechtlichen Person eine Lebenspartnerschaft nach dem LPartG eingegangen (im Folgenden: verpartnert) sind - begünstigen, im Sinne des 22. Erwägungsgrundes der Richtlinie 2000/78 um "Rechtsvorschriften über den Familienstand und davon abhängige Leistungen"?
b) Wenn die vorstehende Frage bejaht wird: Hat dies zur Folge, dass die Richtlinie 2000/78 bezüglich der bezeichneten Regelungen des 1. RGG keine Anwendung findet, obwohl die Richtlinie selbst keine dem 22. Erwägungsgrund entsprechende Einschränkung ihres Geltungsbereichs enthält?
3. Wenn die Frage zu 2 Buchst. a oder zu 2 Buchst. b verneint wird: Verstößt § 10 Abs. 6 des 1. RGG, wonach die Versorgungsbezüge nicht dauernd getrennt lebender verheirateter Versorgungsempfänger unter fiktiver Zugrundelegung der (für den Steuerpflichtigen günstigeren) Steuerklasse III/0 berechnet werden, die Versorgungsbezüge aller übrigen Versorgungsempfänger dagegen unter fiktiver Zugrundelegung der (für den Steuerpflichtigen ungünstigeren) Steuerklasse I, einem Versorgungsempfänger gegenüber, der mit einer gleichgeschlechtlichen Person verpartnert ist und von dieser Person nicht dauernd getrennt lebt, gegen Art. 1 in Verbindung mit Art. 2 und mit Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2000/78?
4. Wenn die Frage zu 1 oder die Frage zu 2 Buchst. b bejaht oder die Frage zu 3 verneint wird: Verstößt § 10 Abs. 6 des 1. RGG wegen der unter 3 beschriebenen Regelung bzw. Rechtsfolge gegen Art. 141 EG oder gegen einen allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts?
5. a) Wenn die Frage zu 3 oder zu 4 bejaht wird: Hat dies zur Folge, dass auch, solange § 10 Abs. 6 des 1. RGG nicht im Sinne der Behebung der gerügten Ungleichbehandlung geändert ist, der nicht dauernd getrennt lebende verpartnerte Versorgungsempfänger verlangen kann, bei der Berechnung der Zusatzversorgungsbezüge wie ein nicht dauernd getrennt lebender verheirateter Versorgungsempfänger behandelt zu werden?
b) Wenn ja, gilt dies - bei Anwendbarkeit der Richtlinie 2000/78 und bei Bejahung der Frage zu 3 - auch bereits vor Ablauf der Umsetzungsfrist gemäß Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78?
6. Wenn die Frage zu 5 bejaht wird: Gilt dies entsprechend den Entscheidungsgründen des Urteils vom 17. Mai 1990, Barber (C-262/88, Slg. 1990, I-1889), mit der Einschränkung, dass die Gleichbehandlung bei der Berechnung der Versorgungsbezüge nur in Bezug auf diejenigen Anteile der Zusatzversorgungsbezüge vorzunehmen ist, die der Versorgungsempfänger ab dem erdient hat?
7. Soweit der Gerichtshof zu dem Ergebnis gelangt, dass eine unmittelbare Diskriminierung vorliegt:
a) Welche Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang dem besonderen Umstand zu, dass nach dem Grundgesetz wie nach dem europäischen Recht einerseits der Grundsatz der Gleichbehandlung zu beachten ist, andererseits jedoch nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland Ehe und Familie kraft ausdrücklicher verfassungsrechtlicher Anordnung in Art. 6 Abs. 1 GG unter dem besonderen Schutz des Staates stehen?
b) Kann trotz des Wortlauts der Richtlinie 2000/78 eine unmittelbar diskriminierende gesetzliche Regelung gerechtfertigt sein, weil sie einem anderweitigen Ziel dient, welches Bestandteil der nationalen Rechtsordnung des Mitgliedstaats, aber nicht des europäischen Rechts ist? Geht in einem solchen Fall das von der nationalen Rechtsordnung des Mitgliedstaats verfolgte anderweitige Ziel ohne Weiteres dem Grundsatz der Gleichbehandlung vor?
c) Wenn die vorstehende Frage verneint wird: Nach welchem rechtlichen Maßstab entscheidet sich, wie in einem solchen Fall die Abwägung zwischen dem europarechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung und dem anderweitigen Rechtsziel der nationalen Rechtsordnung des Mitgliedstaats vorzunehmen ist? Gilt etwa auch insoweit, wie Art. 2 Abs. 2 Buchst. b Ziff. i der Richtlinie 2000/78 dies für den Fall der mittelbaren Diskriminierung zum Maßstab ihrer rechtlichen Anerkennung macht, dass die diskriminierende Regelung erstens durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt sein muss und zweitens die Mittel zu seiner Erreichung angemessen und erforderlich sein müssen?
d) Erfüllt eine Regelung wie § 10 Abs. 6 1. RGG die nach Maßgabe der Beantwortung der vorstehenden Fragen geltenden Rechtmäßigkeitsanforderungen des europäischen Rechts? Erfüllt sie diese etwa allein wegen der besonderen Bestimmung des nationalen Rechts, die ohne Entsprechung im europäischen Recht ist, also wegen des Art. 6 Abs. 1 GG?
Zu den Vorlagefragen
Zu den ersten beiden Fragen
Mit seinen ersten beiden Fragen, die gemeinsam zu beantworten sind, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Zusatzversorgungsbezüge wie diejenigen, die ehemaligen Angestellten und Arbeitern der Freien und Hansestadt Hamburg sowie deren Hinterbliebenen auf der Grundlage des 1. RGG gewährt werden, wegen Art. 3 Abs. 3 oder wegen des 22. Erwägungsgrundes der Richtlinie 2000/78 aus dem sachlichen Geltungsbereich dieser Richtlinie herausfallen.
Der Vorlageentscheidung ist zu entnehmen, dass diese Leistungen Entgelt im Sinne des Art. 157 AEUV darstellen.
Zunächst möchte das vorlegende Gericht im Einzelnen wissen, ob der Umstand, dass die Richtlinie 2000/78 nach ihrem Art. 3 Abs. 3 nicht "für Leistungen jeder Art seitens der staatlichen Systeme" gilt, bedeutet, dass das fragliche System als ein staatliches System aus dem Geltungsbereich dieser Richtlinie herausfällt.
Hierzu genügt der Hinweis auf die Feststellung des Gerichtshofs, dass sich der Geltungsbereich der Richtlinie 2000/78 im Licht ihres Art. 3 Abs. 1 Buchst. c und Abs. 3 in Verbindung mit dem 13. Erwägungsgrund weder auf die Sozialversicherungs- und Sozialschutzsysteme erstreckt, deren Leistungen nicht einem Arbeitsentgelt in dem Sinne gleichgestellt werden, der diesem Begriff für die Anwendung von Art. 157 AEUV gegeben wurde, noch auf Vergütungen jeder Art seitens des Staates, die den Zugang zu einer Beschäftigung oder die Aufrechterhaltung eines Beschäftigungsverhältnisses zum Ziel haben (Urteil vom , Maruko, C-267/06, Slg. 2008, I-1757, Randnr. 41).
Daher kann Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2000/78 nicht dahin ausgelegt werden, dass aus einem staatlichen System gewährte Zusatzversorgungsbezüge, die Entgelt im Sinne des Art. 157 AEUV darstellen, aus dem Geltungsbereich dieser Richtlinie herausfallen.
Zum 22. Erwägungsgrund der Richtlinie 2000/78, wonach "[d]iese Richtlinie ... die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften über den Familienstand und davon abhängige Leistungen unberührt [lässt]", genügt sodann der Hinweis, dass sich der Gerichtshof in den Randnrn. 58 bis 60 des Urteils Maruko bereits zur Tragweite dieser Bestimmung geäußert hat.
Wie diesem Urteil zu entnehmen ist, kann der 22. Erwägungsgrund der Richtlinie 2000/78 deren Anwendung nicht in Frage stellen, sobald Zusatzversorgungsbezüge wie die im Ausgangsverfahren fraglichen als "Entgelt" im Sinne des Art. 157 AEUV eingestuft worden sind und in den Geltungsbereich der Richtlinie fallen (vgl. in diesem Sinne Urteil Maruko, Randnr. 60).
Nach dem Vorstehenden ist auf die erste und die zweite Vorlagefrage zu antworten, dass die Richtlinie 2000/78 dahin auszulegen ist, dass Zusatzversorgungsbezüge wie diejenigen, die ehemaligen Angestellten und Arbeitern der Freien und Hansestadt Hamburg sowie deren Hinterbliebenen auf der Grundlage des 1. RGG gewährt werden, weder wegen Art. 3 Abs. 3 noch wegen des 22. Erwägungsgrundes der Richtlinie 2000/78 aus dem sachlichen Geltungsbereich dieser Richtlinie herausfallen, wenn sie Entgelt im Sinne des Art. 157 AEUV darstellen.
Zur dritten und zur siebten Frage
Mit der dritten und der siebten Frage, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 1 in Verbindung mit den Art. 2 und 3 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2000/78 einer Bestimmung wie § 10 Abs. 6 1. RGG, aufgrund deren die Zusatzversorgungsbezüge eines verheirateten Versorgungsempfängers vorteilhafter sind als diejenigen eines Versorgungsempfängers, der mit einer gleichgeschlechtlichen Person eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingegangen ist, insofern entgegensteht, als eine solche Bestimmung eine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung darstellt. Es möchte außerdem wissen, ob und unter welchen Voraussetzungen ein von einem Mitgliedstaat verfolgtes Ziel wie der Schutz der Ehe nach Art. 6 Abs. 1 GG eine unmittelbare Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung rechtfertigen könnte.
Vorab ist darauf hinzuweisen, dass beim gegenwärtigen Stand des Unionsrechts Rechtsvorschriften über den Familienstand in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen. Indes ist Zweck der Richtlinie 2000/78 ausweislich ihres Art. 1 die Bekämpfung bestimmter Formen von Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf, darunter Diskriminierungen wegen der sexuellen Ausrichtung, um den Grundsatz der Gleichbehandlung in den Mitgliedstaaten zu verwirklichen.
Nach Art. 2 dieser Richtlinie bedeutet "Gleichbehandlungsgrundsatz", dass es keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen eines der in Art. 1 der Richtlinie genannten Gründe geben darf.
Nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78 liegt eine unmittelbare Diskriminierung vor, wenn eine Person wegen eines der in Art. 1 dieser Richtlinie genannten Gründe in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person.
Folglich setzt das Vorliegen einer unmittelbaren Diskriminierung im Sinne dieser Richtlinie erstens voraus, dass die gegeneinander abzuwägenden Situationen vergleichbar sind.
Hierzu ist festzustellen, dass zum einen, wie sich aus dem Urteil Maruko (Randnrn. 67 bis 73) ergibt, die Situationen nicht identisch, sondern nur vergleichbar sein müssen, und zum anderen die Prüfung dieser Vergleichbarkeit nicht allgemein und abstrakt sein darf, sondern spezifisch und konkret für die betreffende Leistung erfolgen muss. In diesem Urteil, in dem es um die Weigerung ging, dem Lebenspartner eines verstorbenen Versicherten eines betrieblichen Versorgungssystems eine Hinterbliebenenrente auszuzahlen, hat der Gerichtshof nämlich die Ehe und die eingetragene Lebenspartnerschaft im deutschen Recht nicht allgemein verglichen, sondern er hat auf der Grundlage der ihm von dem vorlegenden Gericht unterbreiteten Analyse des deutschen Rechts, wonach im deutschen Recht eine schrittweise Annäherung der für die Lebenspartnerschaft geschaffenen Regelungen an die für die Ehe geltenden stattfinde, herausgestellt, dass die eingetragene Partnerschaft hinsichtlich der Witwen- oder Witwerrente der Ehe gleichgestellt wird.
Daher ist der Vergleich der Situationen auf eine Analyse zu stützen, die sich auf die Rechte und Pflichten verheirateter Personen und eingetragener Lebenspartner, wie sie sich aus den anwendbaren innerstaatlichen Bestimmungen ergeben, konzentriert, die unter Berücksichtigung des Zwecks und der Voraussetzungen für die Gewährung der im Ausgangsverfahren fraglichen Leistung relevant sind, und darf nicht in der Prüfung bestehen, ob die eingetragene Lebenspartnerschaft der Ehe im nationalen Recht allgemein und umfassend rechtlich gleichgestellt ist.
Aus den Angaben im Vorlagebeschluss geht hervor, dass die Bundesrepublik Deutschland seit 2001, dem Jahr des Inkrafttretens des LPartG, ihre Rechtsordnung angepasst hat, um Personen gleichen Geschlechts zu ermöglichen, in einer formal auf Lebenszeit begründeten Fürsorge- und Einstandsgemeinschaft zu leben. Da sich dieser Mitgliedstaat entschieden hat, diesen Personen nicht die Möglichkeit der Eheschließung zu eröffnen, die Personen verschiedenen Geschlechts vorbehalten bleibt, hat er für Personen gleichen Geschlechts ein anderes Institut, die eingetragene Lebenspartnerschaft, geschaffen, dessen Regelungen schrittweise denen der Ehe angeglichen worden sind.
Das vorlegende Gericht führt in diesem Zusammenhang aus, dass die Änderung des LPartG durch das Gesetz vom dazu beigetragen habe, die für die Lebenspartnerschaft geschaffenen Regelungen den für die Ehe geltenden schrittweise anzunähern. Es bestehe kein ins Gewicht fallender rechtlicher Unterschied mehr zwischen den Personenständen, wie sie in der deutschen Rechtsordnung konzipiert seien. Der verbleibende Unterschied liege im Wesentlichen darin, dass die Ehe die Verschiedengeschlechtlichkeit der Partner, die eingetragene Lebenspartnerschaft deren Gleichgeschlechtlichkeit voraussetze.
Im Gegensatz zu der Leistung, um die es in der Rechtssache ging, in der das Urteil Maruko ergangen ist - bei der es sich um eine Hinterbliebenenrente handelte -, besteht die im vorliegenden Ausgangsverfahren fragliche Leistung in Zusatzversorgungsbezügen, die von der Freien und Hansestadt Hamburg einem ihrer ehemaligen Arbeitnehmer gezahlt werden. Ferner steht fest, dass die Anwendung der im Ausgangsverfahren fraglichen Hamburgischen Regelung nicht nur voraussetzt, dass der Versorgungsempfänger verheiratet ist, sondern auch, dass er von seinem Ehegatten nicht dauernd getrennt lebt. Sie soll dem Betroffenen, aber mittelbar auch den Personen, die mit ihm zusammenleben, beim Übergang in die Rente ein Ersatzeinkommen verschaffen.
Nach den Angaben in der Vorlageentscheidung hierzu hat zwar das Gesetz vom die Rechtsfolgen der Lebenspartnerschaft in einigen konkreten Punkten wie z. B. beim Recht auf eine Hinterbliebenenrente noch stärker an die der Ehe angeglichen, doch sah das LPartG bereits in seiner Ursprungsfassung in den §§ 2 und 5 vor, dass die Lebenspartner einander zur Fürsorge und Unterstützung sowie dazu verpflichtet sind, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die partnerschaftliche Lebensgemeinschaft angemessen zu unterhalten, wie dies auch bei Ehegatten während des Zusammenlebens der Fall ist.
Damit obliegen solche Pflichten seit Inkrafttreten des LPartG Lebenspartnern ebenso wie verheirateten Ehepartnern.
Zweitens ist den Akten, die dem Gerichtshof vorgelegt wurden, zum Kriterium einer weniger günstigen Behandlung wegen der sexuellen Ausrichtung zu entnehmen, dass die Zusatzversorgungsbezüge von Herrn Römer gemäß § 8 Abs. 10 letzter Satz 1. RGG erhöht worden wären, wenn er im Oktober 2001 geheiratet hätte, anstatt eine eingetragene Lebenspartnerschaft mit einem Mann einzugehen.
Wie der Generalanwalt in Nr. 99 seiner Schlussanträge festgestellt hat, hätte diese günstigere Behandlung weder in einem Zusammenhang mit den Einkünften der an der Lebensgemeinschaft Beteiligten noch mit der Existenz von Kindern oder mit anderen Faktoren wie denen bezüglich des wirtschaftlichen Bedarfs des Ehegatten gestanden.
Darüber hinaus hatte der Familienstand des Betroffenen während seines Berufslebens offenbar keinerlei Einfluss auf seine Beiträge für die im Ausgangsverfahren fragliche Leistung, da er sich an den Rentenaufwendungen durch Zahlung eines gleich hohen Beitrags wie seine verheirateten Kollegen zu beteiligen hatte.
Daher ist auf die dritte und die siebte Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 1 in Verbindung mit den Art. 2 und 3 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2000/78 einer nationalen Bestimmung wie § 10 Abs. 6 1. RGG, aufgrund deren ein in einer Lebenspartnerschaft lebender Versorgungsempfänger Zusatzversorgungsbezüge in geringerer Höhe erhält als ein nicht dauernd getrennt lebender verheirateter Versorgungsempfänger, entgegensteht, wenn
- im betreffenden Mitgliedstaat die Ehe Personen unterschiedlichen Geschlechts vorbehalten ist und neben einer Lebenspartnerschaft wie der nach dem LPartG, die Personen gleichen Geschlechts vorbehalten ist, besteht und
- eine unmittelbare Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung vorliegt, weil sich der genannte Lebenspartner im nationalen Recht hinsichtlich dieser Bezüge in einer rechtlichen und tatsächlichen Situation befindet, die mit der einer verheirateten Person vergleichbar ist. Die Beurteilung der Vergleichbarkeit fällt in die Zuständigkeit des vorlegenden Gerichts und hat sich auf die jeweiligen, unter Berücksichtigung des Zwecks und der Voraussetzungen für die Gewährung der fraglichen Leistung relevanten Rechte und Pflichten der Ehegatten und der in einer Lebenspartnerschaft lebenden Personen zu konzentrieren, wie sie im Rahmen der entsprechenden Rechtsinstitute geregelt sind.
Zur fünften Frage
Mit dieser Frage möchte das vorlegende Gericht erstens wissen, ob für den Fall, dass der Gerichtshof die Benachteiligung eines Vorsorgungsempfängers wie des Klägers des Ausgangsverfahrens als Verstoß gegen das Unionsrecht bewertet, der Betroffene die Gleichbehandlung mit nicht dauernd getrennt lebenden verheirateten Versorgungsempfängern auch schon vor einer zur Anpassung an das Unionsrecht durchzuführenden Änderung des § 10 Abs. 6 1. RGG verlangen kann, da die Freie und Hansestadt Hamburg kein privatrechtlich organisierter Arbeitgeber, sondern eine staatliche Gebietskörperschaft ist, die sowohl als Arbeitgeber auftritt als auch die Gesetzgebungshoheit bezüglich der fraglichen Vorschrift innehat.
Nach ständiger Rechtsprechung ist das innerstaatliche Gericht, das im Rahmen seiner Zuständigkeit die Bestimmungen des Unionsrechts anzuwenden hat, gehalten, für die volle Wirksamkeit dieser Normen Sorge zu tragen, indem es erforderlichenfalls jede - auch spätere - entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts aus eigener Entscheidungsbefugnis unangewandt lässt, ohne dass es die vorherige Beseitigung dieser Bestimmung auf gesetzgeberischem Wege oder durch irgendein anderes verfassungsrechtliches Verfahren beantragen oder abwarten müsste (Urteil vom , Filipiak, C-314/08, Slg. 2009, I-11049, Randnr. 81 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Ferner kann der Einzelne, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen, dass er sich vor den nationalen Gerichten gegenüber dem Staat auf die Bestimmungen einer Richtlinie berufen kann, dies unabhängig davon tun, in welcher Eigenschaft - als Arbeitgeber oder als Hoheitsträger - der Staat handelt (Urteil vom , Georgiev, C-250/09 und C-268/09, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 70).
Sollte also eine Bestimmung wie § 10 Abs. 6 1. RGG eine Diskriminierung im Sinne des Art. 2 der Richtlinie 2000/78 darstellen, könnte sich ein Einzelner gegenüber einer Gebietskörperschaft wegen des Vorrangs des Unionsrechts auf das Recht auf Gleichbehandlung berufen, ohne abwarten zu müssen, dass der nationale Gesetzgeber diese Bestimmung mit diesem in Einklang bringt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom , Petersen, C-341/08, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 81, und Georgiev, Randnr. 73).
Das vorlegende Gericht möchte zweitens wissen, ab welchem Zeitpunkt die Gleichbehandlung zu gewährleisten ist. Hierzu ist zunächst festzustellen, dass dem Kläger des Ausgangsverfahrens, sollte eine Diskriminierung im Sinne der Richtlinie 2000/78 vorliegen, vor Ablauf der den Mitgliedstaaten für die Umsetzung der Richtlinie gesetzten Frist nicht dieselben Ansprüche auf die im Ausgangsverfahren fragliche Zusatzversorgung wie den verheirateten Versorgungsempfängern zustünden.
Hinsichtlich der Umsetzungsfrist ist zu beachten, dass die Bundesrepublik Deutschland zwar, wie u. a. im Urteil vom , Mangold (C-144/04, Slg. 2005, I-9981, Randnr. 13), festgestellt, nach Art. 18 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78 für die Umsetzung der Richtlinie eine Zusatzfrist von drei Jahren ab dem beantragt hat, diese Möglichkeit jedoch ausweislich dieser Bestimmung nur die Diskriminierung wegen des Alters und einer Behinderung betraf. Demnach ist die Frist für die Umsetzung der Bestimmungen der Richtlinie 2000/78 über die Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung für die Bundesrepublik Deutschland wie für die übrigen Mitgliedstaaten am 2. Dezember 2003 abgelaufen.
Schließlich ist zur Zeitspanne zwischen der Eintragung der Lebenspartnerschaft des Klägers des Ausgangsverfahrens, dem , und dem Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie 2000/78 darauf hinzuweisen, dass der Rat der Europäischen Union - gestützt auf Art. 13 EG - die Richtlinie 2000/78 erlassen hat, die, wie der Gerichtshof entschieden hat, selbst nicht den Grundsatz der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, der seinen Ursprung in verschiedenen völkerrechtlichen Verträgen und den gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten hat, niederlegt, sondern lediglich einen allgemeinen Rahmen zur Bekämpfung verschiedener Formen der Diskriminierung in diesen Bereichen schaffen soll (vgl. Urteile Mangold, Randnr. 74, und vom , Kücükdeveci, C-555/07, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 20), wozu auch die Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung zählt.
Das Verbot der Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung gilt in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens aber nur dann, wenn dieser in den Geltungsbereich des Unionsrechts fällt (vgl. Urteil Kücükdeveci, Randnr. 23).
Weder Art. 13 EG noch die Richtlinie 2000/78 ermöglichen es jedoch, eine Situation wie diejenige im Ausgangsverfahren für die Zeit vor Ablauf der Umsetzungsfrist dieser Richtlinie an den Geltungsbereich des Gemeinschaftsrechts anzuknüpfen (vgl. entsprechend Urteile vom , Bartsch, C-427/06, Slg. 2008, I-7245, Randnrn. 16 und 18, und Kücükdeveci, Randnr. 25).
Art. 13 EG, der den Rat ermächtigt hat, im Rahmen der durch den Vertrag übertragenen Zuständigkeiten geeignete Vorkehrungen zu treffen, um Diskriminierungen aus Gründen der sexuellen Ausrichtung zu bekämpfen, kann nämlich als solcher nicht Sachverhalte in den Geltungsbereich des Unionsrechts für die Zwecke des Verbots einer solchen Diskriminierung bringen, die, wie der des Ausgangsverfahrens, nicht in den Rahmen der auf der Grundlage dieses Artikels erlassenen Maßnahmen - insbesondere der Richtlinie 2000/78 vor Ablauf der Frist, die in ihr für ihre Umsetzung vorgesehenen war - fallen (vgl. entsprechend Urteil Bartsch, Randnr. 18).
Zudem handelt es sich bei § 10 Abs. 6 1. RGG nicht um eine Maßnahme zur Umsetzung der Richtlinie 2000/78 oder anderer Bestimmungen des Unionsrechts, so dass die Richtlinie erst ab Ablauf ihrer Umsetzungsfrist bewirkt hat, dass die im Ausgangsverfahren fragliche Regelung, die einen von der Richtlinie geregelten Bereich erfasst, nämlich die Entgeltbedingungen im Sinne des Art. 157 AEUV, in den Geltungsbereich des Unionsrechts fällt (vgl. entsprechend Urteil Bartsch, Randnrn. 17, 24 und 25).
Nach alledem ist auf die fünfte Vorlagefrage zu antworten, dass ein Einzelner wie der Kläger des Ausgangsverfahrens, sollte § 10 Abs. 6 1. RGG eine Diskriminierung im Sinne des Art. 2 der Richtlinie 2000/78 darstellen, das Recht auf Gleichbehandlung frühestens ab Ablauf der Umsetzungsfrist für diese Richtlinie, also ab dem , geltend machen kann, wobei er nicht abwarten muss, dass der nationale Gesetzgeber diese Bestimmung mit dem Unionsrecht in Einklang bringt.
Zur vierten und zur sechsten Frage
In Anbetracht der Antworten auf die dritte und die fünfte Frage braucht die vierte Frage nicht beantwortet zu werden.
Zur sechsten Frage genügt die Feststellung, dass der Ausgangsrechtsstreit Zusatzversorgungsbezüge betrifft, die seit dem gezahlt werden und auf die sich die zeitliche Beschränkung der Wirkungen des Urteils vom , Barber (C-262/88, Slg. 1990, I-1889), auf die Zeit nach dem nicht auswirken kann, auch wenn die Beitragszahlungen für diese Bezüge vor Verkündung dieses Urteils erfolgten. Im Übrigen hat weder die Bundesrepublik Deutschland noch die Freie und Hansestadt Hamburg um eine zeitliche Beschränkung der Wirkungen des vorliegenden Urteils ersucht, und dem Gerichtshof wurde nichts unterbreitet, was eine solche Beschränkung verlangen würde.
Kosten
Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt:
1. Die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf ist dahin auszulegen, dass Zusatzversorgungsbezüge wie diejenigen, die ehemaligen Angestellten und Arbeitern der Freien und Hansestadt Hamburg sowie deren Hinterbliebenen auf der Grundlage des Hamburgischen Gesetzes über die zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung für Angestellte und Arbeiter der Freien und Hansestadt Hamburg (Erstes Ruhegeldgesetz der Freien und Hansestadt Hamburg) in der Fassung vom gewährt werden, weder wegen Art. 3 Abs. 3 noch wegen des 22. Erwägungsgrundes der Richtlinie 2000/78 aus dem sachlichen Geltungsbereich dieser Richtlinie herausfallen, wenn sie Entgelt im Sinne des Art. 157 AEUV darstellen.
2. Art. 1 in Verbindung mit den Art. 2 und 3 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2000/78 steht einer nationalen Bestimmung wie § 10 Abs. 6 des genannten Hamburgischen Gesetzes, aufgrund deren ein in einer Lebenspartnerschaft lebender Versorgungsempfänger Zusatzversorgungsbezüge in geringerer Höhe erhält als ein nicht dauernd getrennt lebender verheirateter Versorgungsempfänger, entgegen, wenn
- im betreffenden Mitgliedstaat die Ehe Personen unterschiedlichen Geschlechts vorbehalten ist und neben einer Lebenspartnerschaft wie der nach dem Gesetz über die Eingetragene Lebenspartnerschaft vom , die Personen gleichen Geschlechts vorbehalten ist, besteht und
- eine unmittelbare Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung vorliegt, weil sich der genannte Lebenspartner im nationalen Recht hinsichtlich dieser Bezüge in einer rechtlichen und tatsächlichen Situation befindet, die mit der einer verheirateten Person vergleichbar ist. Die Beurteilung der Vergleichbarkeit fällt in die Zuständigkeit des vorlegenden Gerichts und hat sich auf die jeweiligen, unter Berücksichtigung des Zwecks und der Voraussetzungen für die Gewährung der fraglichen Leistung relevanten Rechte und Pflichten der Ehegatten und der in einer Lebenspartnerschaft lebenden Personen zu konzentrieren, wie sie im Rahmen der entsprechenden Rechtsinstitute geregelt sind.
3. Sollte § 10 Abs. 6 des Hamburgischen Gesetzes über die zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung für Angestellte und Arbeiter der Freien und Hansestadt Hamburg in der Fassung vom eine Diskriminierung im Sinne des Art. 2 der Richtlinie 2000/78 darstellen, kann ein Einzelner wie der Kläger des Ausgangsverfahrens das Recht auf Gleichbehandlung frühestens ab Ablauf der Umsetzungsfrist für diese Richtlinie, also ab dem , geltend machen, wobei er nicht abwarten muss, dass der nationale Gesetzgeber diese Bestimmung mit dem Unionsrecht in Einklang bringt.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
KAAAD-86557