OFD Frankfurt/M. - S 2293b A - 002 - St 21

Tarifermäßigung bei Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft gemäß § 32c EStG

Bezug:

Bis zum Erlass eines Anwendungsschreibens gilt zur Anwendung des § 32c EStG in der Fassung des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom (BGBl 2019 I S. 2451) für Veranlagungszeiträume ab 2016 das Folgende:

I. Inkrafttreten und Betrachtungszeiträume

1. Inkrafttreten

2. Betrachtungszeiträume

II. Zugangsvoraussetzungen

1. Antrag

1.1. Grundsätze zum Antrag

1.2. Beihilferechtliche Erklärungen

1.3. Erklärung zum Schutz und zur Veröffentlichung der im Rahmen der Tarifermäßigung übermittelten personenbezogenen Daten

1.4. Wirkung fehlender Erklärung bei Zusammenveranlagung

2. Erzielen von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft

2.1. Besonderheit Veranlagungszeitraum 2016

2.2. Besonderheit Todesfälle im Betrachtungszeitraum

3. Verlustvortrag und Verlustrücktrag

III. Ermittlung der Tarifermäßigung

1. Grundsätze

2. Begünstigte Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft

3. Summe der positiven Einkünfte

4. Fiktive Steuerberechnung

5. Ermittlung der anteiligen tariflichen Einkommensteuer

6. Bilanzänderung für Veranlagungszeiträume vor Inkrafttreten der Tarifermäßigung

7. Besonderheiten bei Ehegatten/Lebenspartnern

7.1. Zusammenveranlagung im letzten Veranlagungszeitraum des Betrachtungszeitraums

7.2. Einzelveranlagung im letzten Veranlagungszeitraum des Betrachtungszeitraums

7.3. § 26 Absatz 1 Satz 1 EStG nicht im gesamten Betrachtungszeitraum erfüllt

IV. Änderung einer gewährten Tarifermäßigung

1. Änderungsnorm § 32c Absatz 6 EStG

2. Änderungsnorm § 32c Absatz 7 EStG bei einem in Artikel 10 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 508 /2014 vom genannten Verstöße

I. Inkrafttreten und Betrachtungszeiträume

1. Inkrafttreten

1Die EU-Kommission hat am durch Beschluss festgestellt, dass es sich bei § 32c EStG in der o.g. Fassung um eine mit dem Binnenmarkt vereinbare Beihilfe handelt (BGBl 2020 I S. 597). Die steuerabschnittsübergreifende Tarifermäßigung ist daher nach Artikel 39 Absatz 8 Satz 2 des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom (BGBl 2019 I S. 2451) am in Kraft getreten. Sie ermöglicht eine durchschnittliche Besteuerung von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft für einen Betrachtungszeitraum von drei Jahren.

2Die Tarifglättungsregelung (§§ 32c, 36 Absatz 2 Nummer 3 EStG) in der Fassung des Gesetzes zum Erlass und zur Änderung marktordnungsrechtlicher Vorschriften sowie zur Änderung des Einkommensteuergesetzes vom (BGBl 2016 I S. 3045) ist mangels Genehmigung der EU-Kommission nicht in Kraft getreten und wurde mit Art. 27 des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom (BGBl 2019 I S. 2451) zur Beseitigung des von ihr ausgehenden Rechtsscheins aufgehoben.

2. Betrachtungszeiträume

3Nach § 52 Abs. 33a EStG sind ausschließlich drei Betrachtungszeiträume zu bilden. Die Betrachtungszeiträume umfassen die Veranlagungszeiträume 2014 bis 2016, 2017 bis 2019 und 2020 bis 2022. Die Tarifermäßigung erfolgt jeweils im letzten Veranlagungszeitraum des Betrachtungszeitraums, mithin nur in den Veranlagungszeiträumen 2016, 2019 und 2022.

II. Zugangsvoraussetzungen

4Eine Tarifermäßigung kann nur gewährt werden, wenn ein Antrag gestellt wurde und die nachfolgenden Voraussetzungen erfüllt sind.

1. Antrag

1.1. Grundsätze zum Antrag

5Die Tarifermäßigung muss vom Steuerpflichtigen beantragt werden. Hierfür steht das Antragsformular „Anlage 32c“ zur Verfügung. Der Antrag kann grundsätzlich i. R. d. Steuererklärung oder bis zum Eintritt der Bestandskraft der Steuerfestsetzung gestellt (und auch zurückgenommen) werden. Es besteht keine gesetzliche Verpflichtung, dass das Antragsformular „Anlage 32c“ elektronisch an das Finanzamt übermittelt werden muss.

6Der Steuerpflichtige kann den Antrag grundsätzlich auch in anderer Form stellen, allerdings müssen dabei trotzdem die benötigten beihilferechtlichen Erklärungen sowie eine Erklärung zum Schutz und zur Veröffentlichung der im Rahmen der Tarifermäßigung übermittelten personenbezogenen Daten abgegeben werden. Eine pauschale Erklärung (z. B. „Ich erkläre, dass ich die Voraussetzungen des § 32c Absatz 5 EStG erfülle“) genügt den Anforderungen nicht.

7Der Antrag auf Tarifermäßigung muss von dem jeweiligen Antragsteller höchstpersönlich unterschrieben werden. Sammelanträge von Angehörigen der steuerberatenden Berufe für ihre Mandanten sind nicht möglich.

8Bei zusammenveranlagten Ehegatten/Lebenspartnern genügt die Unterschrift desjenigen Ehegatten/Lebenspartners, der die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt hat. Sofern beide im Betrachtungszeitraum land- und forstwirtschaftliche Einkünfte erzielt haben, müssen beide Ehegatten/Lebenspartner unterschreiben.

9Im Falle von gesondert und gesondert und einheitlich festzustellenden Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft ist der Antrag auf Tarifermäßigung durch den jeweiligen Steuerpflichtigen bei dem für die Einkommensbesteuerung zuständigen Finanzamt zu stellen.

1.2. Beihilferechtliche Erklärungen
1.2.1. Erstmalige Erklärung

10Der Steuerpflichtige muss bzw. bei Zusammenveranlagung - wenn beide Ehegatten/Lebenspartner Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielen - müssen die Steuerpflichtigen bei Beantragung der Tarifermäßigung für beihilferechtliche Zwecke erklären, dass folgende Voraussetzungen vorliegen:

  • Der Steuerpflichtige ist/die Steuerpflichtigen sind kein „Unternehmer in Schwierigkeiten“ i. S. d. Rahmenregelung der Europäischen Union für staatliche Beihilfen im Agrar- und Forstsektor und in ländlichen Gebieten 2014-2020 (§ 32c Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 EStG).

  • Sollte der Steuerpflichtige/die Steuerpflichtigen zu einer Rückzahlung von Beihilfen auf Grund eines früheren Beschlusses der Europäischen Kommission zur Feststellung der Unzulässigkeit einer Beihilfe und ihrer Unvereinbarkeit mit dem Binnenmarkt verpflichtet worden sein, muss er/müssen sie dieser Rückforderungsanordnung vollständig nachgekommen sein (§ 32c Absatz 5 Satz 1 Nummer 4 EStG).

  • Der Steuerpflichtige hat/die Steuerpflichtigen haben weder einen der in Artikel 10 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nummer 508/2014 vom genannten Verstöße oder Vergehen noch einen Betrug gemäß Artikel 10 Absatz 3 dieser Verordnung in dem Zeitraum, der in den delegierten Rechtsakten auf der Grundlage von Artikel 10 Absatz 4 dieser Verordnung festgelegt ist, begangen (§ 32c Absatz 5 Satz 1 Nummer 5 EStG).

  • Der Steuerpflichtige/die Steuerpflichtigen mit Einkünften aus Binnenfischerei, Teichwirtschaft oder Fischzucht für Binnenfischerei und Teichwirtschaft versichert/versichern,

    • dass er/sie für einen Zeitraum von fünf Jahren nach Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheids, mit dem die Tarifermäßigung gewährt wird, die Bestimmungen der Gemeinsamen Fischereipolitik einhalten wird/werden (§ 32c Absatz 5 Satz 1 Nummer 6 EStG) und

    • keine nicht förderfähigen Vorhaben gemäß Artikel 11 der Verordnung (EU) Nr. 508 /2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 2328 /2003, (EG) Nr. 861 /2006, (EG) Nr. 1198 /2006 und (EG) Nr. 791 /2007 des Rates und der Verordnung (EU) Nr. 1255 /2011 des Europäischen Parlaments und des Rates durchgeführt hat/haben.

  • Der Steuerpflichtige/die Steuerpflichtigen erklärt/erklären, dass er/sie die vorstehenden Angaben nach besten Wissen und Gewissen vollständig und richtig gemacht hat/haben und er/sie - sollte einer der vorstehenden Punkte nachträglich nicht mehr vorliegen - Änderungen sowie einen der in Artikel 10 Absatz 1 der o.g. Verordnung (EU) Nr. 508 /2014 genannten Verstöße unverzüglich dem Finanzamt anzeigt/anzeigen.

11Aus beihilferechtlicher Sicht muss der Steuerpflichtige/müssen die Steuerpflichtigen die vorgenannten Voraussetzungen für den Zeitraum der Inanspruchnahme erfüllen. Die Voraussetzungen für die Gewährung der Tarifermäßigung müssen auch bis zur Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheides vorliegen, mit dem die Tarifermäßigung erstmals gewährt wird. Nach der Beantragung hat der Steuerpflichtige Änderungen dem Finanzamt unverzüglich mitzuteilen, § 32c Absatz 5 Satz 3 EStG. Liegt keine weitere oder berichtigte Erklärung des Steuerpflichtigen/der Steuerpflichtigen vor, ist davon auszugehen, dass die erstmalige Erklärung zur Tarifermäßigung weiterhin zutreffend ist.

1.2.2. Erneute Erklärung bei einer Änderungsveranlagung

12Aufgrund der gesetzlichen Verpflichtung für den Steuerpflichtigen bzw. die Steuerpflichtigen, Änderungen dem Finanzamt unverzüglich und fortlaufend mitzuteilen (vgl. Rz. 11), gilt die erstmalige Erklärung zur Tarifermäßigung auch im Zeitpunkt der Bekanntgabe eines Änderungsbescheides fort, sofern der Steuerpflichtige dem Finanzamt zwischenzeitlich keine weiteren oder berichtigten Angaben mitgeteilt hat.

1.3. Erklärung zum Schutz und zur Veröffentlichung der im Rahmen der Tarifermäßigung übermittelten personenbezogenen Daten

13Die Bundesrepublik Deutschland ist verpflichtet, Tarifermäßigungen von mehr als 60.000 EUR/500.000 EUR und für den Fischerei- und Aquakultursektor von mehr als 30.000 EUR auf der Website

https://webgate.ec.europa.eu/competition/transparency/public/search/home

zu veröffentlichen. Werden diese Betragsgrenzen erreicht, sind der Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main die diesbezüglich erforderlichen Angaben mitzuteilen:

  • Name des/der die Tarifermäßigung erhaltenen Steuerpflichtigen,

  • die Höhe der gewährten Tarifermäßigung,

  • Datum des Einkommensteuerbescheids, mit dem eine Tarifermäßigung gewährt wurde

  • und die Art des Unternehmens (KMU/großes Unternehmen).

1.4. Wirkung fehlender Erklärung bei Zusammenveranlagung

14Erfüllt einer der Ehegatten/Lebenspartner mit Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft die beihilferechtlichen Vorgaben nicht, kann bei Zusammenveranlagung insgesamt keine Tarifermäßigung gewährt werden.

2. Erzielen von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft

15Es ist nicht notwendig, dass in allen drei Veranlagungszeiträumen des Betrachtungszeitraum Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt werden. Eine Tarifermäßigung ist aber - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - nur dann zu gewähren, wenn in mindestens zwei Veranlagungszeiträumen des Betrachtungszeitraums Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt werden und im letzten Veranlagungszeitraum des Betrachtungszeitraum eine Einkommensteuerveranlagung erfolgt. Dies gilt unabhängig davon, ob im ersten, zweiten oder dritten Veranlagungszeitraum keine Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt werden. In Fällen der Zusammenveranlagung sind für die vorstehende Prüfung die zusammengerechneten Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft beider Ehegatten/Lebenspartner maßgebend (vgl. Rz. 31). Für Zwecke der fiktiven Einkommensteuerberechnung werden die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in jedem Fall auf die drei Veranlagungszeiträume des Betrachtungszeitraums gleichmäßig verteilt (vgl. Rz. 37).

16Beispiel 1:

Der Steuerpflichtige erzielt in den Veranlagungszeiträumen 2017 und 2018 u.a. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von insgesamt 60.000 EUR (= keine Einkünfte nach § 32c Absatz 4 EStG). Wegen einer Betriebsaufgabe des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs im Veranlagungszeitraum 2018 erzielt er im Veranlagungszeitraum 2019 nur noch Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die übrigen Voraussetzungen des § 32c EStG sind erfüllt.

Im Veranlagungszeitraum 2019 ist eine Tarifermäßigung zu gewähren. Für Zwecke der fiktiven Steuerberechnung sind die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in den drei Veranlagungszeiträumen mit jeweils 20.000 EUR zu berücksichtigen.

2.1. Besonderheit Veranlagungszeitraum 2016

17Sofern ein Land- und Forstwirt letztmals in den Veranlagungszeiträumen 2014 und 2015 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt hat und der Einkommensteuerbescheid 2016 ohne Berücksichtigung von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft bereits bestandskräftig veranlagt ist, kann keine Tarifermäßigung mehr gewährt werden.

18Wurden dagegen auch im Veranlagungszeitraum 2016 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt, die z.B. wegen Nichtvorliegen einer gesonderten und einheitlichen Feststellung noch nicht im bestandskräftig veranlagten Einkommensteuerbescheid 2016 berücksichtigt wurden, kann eine Tarifermäßigung nur bei Vorliegen einer Änderungsmöglichkeit und innerhalb des gesetzlichen Änderungsrahmens i. S. d. § 177 AO gewährt werden.

2.2. Besonderheit Todesfälle im Betrachtungszeitraum
2.2.1. Behandlung beim Erblasser

19Verstirbt der Steuerpflichtige im ersten Veranlagungszeitraum des Betrachtungszeitraums ist für den Erblasser keine Tarifermäßigung zu gewähren, § 32c Absatz 1 Satz 3 EStG. Verstirbt der Steuerpflichtige im zweiten Veranlagungszeitraum kann der Erblasser ebenfalls keine Tarifermäßigung erhalten, da er im letzten Veranlagungszeitraum des Betrachtungszeitraums nicht zur Einkommensteuer veranlagt wird.

20Verstirbt der Steuerpflichtige im letzten Veranlagungszeitraum des Betrachtungszeitraums kann für den Erblasser eine Tarifermäßigung gewährt werden, wenn er in mindestens zwei Veranlagungszeiträumen des Betrachtungszeitraums Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt hat und die Voraussetzungen i. S. d. § 32c Absatz 5 EStG erfüllt.

2.2.2. Behandlung bei den Erben

21Verstirbt der Erblasser im ersten oder zweiten Veranlagungszeitraum des Betrachtungszeitraums kann für die Erben eine Tarifermäßigung durchgeführt werden, wenn diese in mindestens zwei Veranlagungszeiträumen des Betrachtungszeitraums Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt haben und die Voraussetzungen i. S. d. § 32c Absatz 5 EStG erfüllen. Die Einkünfte des Erblassers werden dabei für Zwecke der Tarifermäßigung nicht den Erben zugerechnet.

Beispiel 2:

Der Erblasser verstirbt am . Der Erbe führt den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft bis einschließlich zum Veranlagungszeiträumen 2019 fort.

Der Erbe erzielt im Veranlagungszeitraum 2018 und 2019 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Im Veranlagungszeitraum 2019 ist ihm bei Antragstellung eine Tarifermäßigung zu gewähren. Maßgeblich für die Berechnung der Tarifermäßigung sind nur die vom Erben ab dem selbst erzielten Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft.

3. Verlustvortrag und Verlustrücktrag

22Weitere Voraussetzung für die Gewährung der Tarifermäßigung ist, dass

23Ein Verlustrücktrag nach § 10d Absatz 1 EStG im ersten Betrachtungszeitraum (Veranlagungszeiträume 2014 bis 2016) in den Veranlagungszeitraum 2013 ist für die Anwendung des § 32c EStG dagegen nicht schädlich.

24Für eine Änderung des Antrags nach § 10d Absatz 1 Satz 5 EStG begründet § 32c EStG keine eigenständige Änderungsgrundlage. Es gelten insoweit nur die für die Durchbrechung der materiellen Bestandskraft maßgeblichen allgemeinen Korrekturvorschriften (§§ 164, 165, 172 bis 175b AO).

III. Ermittlung der Tarifermäßigung

1. Grundsätze

25Hinsichtlich der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft im Betrachtungszeitraum wird neben der zutreffenden Abschnittsbesteuerung in einer fiktiven Steuerberechnung mit den gedrittelten begünstigten Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft der entsprechende jährliche auf die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft entfallende Steuerbetrag ermittelt.

26Ist die Summe dieser fiktiven Steuer für den jeweiligen Betrachtungszeitraum geringer als die Summe der im Betrachtungszeitraum tatsächlich zu zahlenden Steuer, erhält der Steuerpflichtige im letzten Veranlagungszeitraum des Betrachtungszeitraums (2016, 2019 und 2022) den Unterschiedsbetrag als Steuerermäßigung bzw. Steueranrechnung.

27Die ermittelte Tarifermäßigung wird auch dann in voller Höhe gewährt, wenn sie höher ist als die tarifliche Einkommensteuer für den Veranlagungszeitraum 2016, 2019 oder 2022. In diesen Fällen wird der überschießende Betrag im Wege der Anrechnung (§ 36 Absatz 2 Nummer 3 des Einkommensteuergesetzes in der Fassung des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom , a.a.O.) zum Abzug gebracht und gem. § 36 Absatz 4 Satz 2 EStG erstattet.

28Kann eine Ermäßigung im letzten Veranlagungszeitraum des Betrachtungszeitraums gewährt werden, mindert diese vorrangig die tarifliche Einkommensteuer im letzten Veranlagungszeitraum des Betrachtungszeitraums (§ 2 Absatz 6 Satz 1 EStG). In Höhe des Ermäßigungsbetrags wirkt sich diese Steuerermäßigung auch steuermindernd bei der Bemessung des Solidaritätszuschlags und einer ggf. festzusetzenden Kirchensteuer aus.

29In den Fällen einer Steueranrechnung kann ausschließlich der bezogen für die Einkommensteuer ermittelte Tarifermäßigungsbetrag erstattet werden.

30Eine Erhöhung der tariflichen Einkommensteuer ist ausgeschlossen. Liegen in derartigen Fällen die Voraussetzungen des § 32c EStG vor, wird eine Tarifermäßigung in Höhe von null EUR gewährt.

2. Begünstigte Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft

31Ausgangsgrundlage bilden die im Betrachtungszeitraum insgesamt erzielten Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Im Fall der Zusammenveranlagung sind dies die zusammengerechneten Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft beider Ehegatten/Lebenspartner (§ 32c Absatz 3 Satz 3 EStG). Eine betriebsbezogene Ermittlung der Tarifermäßigung erfolgt nicht.

32Maßgeblich ist die einkommensteuerrechtlich zutreffende Einkunftsart im jeweiligen Veranlagungszeitraum. Begünstigt sind somit z.B. keine Einkünfte aus einer gewerblich geprägten Personengesellschaft, die eine landwirtschaftliche Tätigkeit ausübt.

33Nicht begünstigt sind nach § 32c Absatz 4 EStG in den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft enthaltene außerordentliche Einkünfte i. S. d. § 34 Absatz 2 EStG, nicht entnommene Gewinne nach § 34a EStG und Einkünfte aus außerordentlichen Holznutzungen i. S. d. § 34b EStG.

34Der Freibetrag nach § 13 Absatz 3 EStG wird bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte von der Summe der Einkünfte, somit nicht bei der Ermittlung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft abgezogen (vgl. BStBl 1988 II S. 827). Die maßgeblichen steuerpflichtigen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft sind somit für die Berechnung der Tarifermäßigung nicht um einen Freibetrag nach § 13 Absatz 3 EStG zu mindern.

3. Summe der positiven Einkünfte

35Bei der Ermittlung der Summe der positiven Einkünfte wird auf die Einkunftsart abgestellt. Dabei werden innerhalb der Einkunftsart laufende und außerordentliche sowie positive und negative Einkünfte saldiert. Eine negative Summe der Einkünfte aus einer Einkunftsart kann nicht mit der positiven Summe der Einkünfte aus einer anderen Einkunftsart verrechnet werden (sog. vertikaler Verlustausgleich).

36Die nicht begünstigten positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (vgl. Rz. 33) zählen zur Summe der positiven Einkünfte.

37Bei der Ermittlung der Summe der positiven Einkünfte werden bei der Zusammenveranlagung von Ehegatten die jeweiligen Einkünfte der Einkunftsarten beider Ehegatten addiert (§ 32c Absatz 3 Satz 3 EStG).

4. Fiktive Steuerberechnung

38Für die fiktive Steuerberechnung wird die Summe der tatsächlichen begünstigten Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft gleichmäßig auf den Betrachtungszeitraum, d.h. immer auf alle drei Veranlagungszeiträume, verteilt. Dies gilt auch, wenn im ersten, zweiten oder dritten Veranlagungszeitraum keine Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt werden.

39Im Rahmen der fiktiven Steuerberechnung wird das zu versteuernde Einkommen insgesamt neu berechnet (z.B. Freibetrag nach § 13 Absatz 3 EStG, Spendenhöchstbetrag, zumutbare Belastung bei außergewöhnlichen Belastungen, Günstigerprüfungen). Bereits ausgeübte Wahlrechte können dabei nicht erneut ausgeübt werden. Ergeben sich durch die fiktive Berechnung geänderte Spendenvorträge und Verlustvor- bzw. rückträge werden diese bei den weiteren fiktiven Berechnungen innerhalb desselben Betrachtungszeitraums berücksichtigt.

5. Ermittlung der anteiligen tariflichen Einkommensteuer

40Zur Ermittlung der anteiligen, auf die steuerpflichtigen nach § 32c EStG begünstigten Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft i. S. d. § 13 EStG entfallenden tariflichen Einkommensteuer wird die gesamte tarifliche Einkommensteuer eines Veranlagungszeitraums nach dem Verhältnis der nach § 32c EStG begünstigten positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft i. S. d. § 13 EStG zur Summe der positiven Einkünfte aufgeteilt. Dies gilt entsprechend für die Ermittlung der anteiligen tariflichen Einkommensteuer.

41Für jeden Veranlagungszeitraum des Betrachtungszeitraums ist die so ermittelte anteilige tatsächliche und fiktive tarifliche ESt zu summieren.

6. Bilanzänderung für Veranlagungszeiträume vor Inkrafttreten der Tarifermäßigung

42Nach Einreichen der Bilanz bei der Finanzbehörde dürfen bilanzielle Ansatz- und Bewertungswahlrechte durch Steuerpflichtige, die die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft nach § 4 Absatz 1 EStG ermitteln, nur unter den Voraussetzungen des § 4 Absatz 2 Satz 2 EStG erneut ausgeübt werden.

7. Besonderheiten bei Ehegatten/Lebenspartnern

43Für die Tarifermäßigung ist bei Ehegatten/Lebenspartnern die gewählte Veranlagungsart im letzten Veranlagungszeitraum des Betrachtungszeitraums maßgebend:

7.1. Zusammenveranlagung im letzten Veranlagungszeitraum des Betrachtungszeitraums

44Wählen die Ehegatten/Lebenspartner im letzten Veranlagungszeitraum des Betrachtungszeitraums die Zusammenveranlagung, sind die jeweiligen Einkünfte der Ehegatten/Lebenspartner sowie die Einkommensteuern unabhängig von der Veranlagungsart (ggf. Einzelveranlagung) in den anderen Veranlagungszeiträumen des Betrachtungszeitraums zusammenzurechnen.

45Unabhängig davon, ob nur ein Ehegatte/Lebenspartner oder beide Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielen, erfolgt in diesem Fall nur eine Berechnung der Tarifermäßigung.

46Die tarifliche Einkommensteuer bzw. die fiktive tarifliche Einkommensteuer für den jeweiligen Veranlagungszeitraum ergibt sich bei einer Einzelveranlagung aus der Summe der beiden tariflichen Einkommensteuern aus den Einzelveranlagungen, bei einer Zusammenveranlagung aus der hierbei ermittelten tariflichen Einkommensteuer.

7.2. Einzelveranlagung im letzten Veranlagungszeitraum des Betrachtungszeitraums

47Wird im letzten Veranlagungszeitraum des Betrachtungszeitraums eine Einzelveranlagung durchgeführt, erfolgt für Zwecke der Berechnung der Tarifermäßigung für vorangegangene Zusammenveranlagungen eine Aufteilung der Steuerschuld gem. § 268 ff. AO. Die jeweiligen Einkünfte der Ehegatten/Lebenspartner sind unabhängig von der Veranlagungsart (ggf. Zusammenveranlagung) im jeweiligen Veranlagungszeitraum den Steuerpflichtigen getrennt zuzurechnen.

48Erzielen beide Ehegatten/Lebenspartner Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, so erfolgen somit zwei getrennte Berechnungen einer Tarifermäßigung für diesen Betrachtungszeitraum. Erzielt nur ein Ehegatte Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erfolgt nur eine Berechnung.

49Die tarifliche Einkommensteuer bzw. die fiktive tarifliche Einkommensteuer für den jeweiligen Veranlagungszeitraum wird bei einer Zusammenveranlagung auf die jeweiligen Ehegatten/Lebenspartner aufgeteilt und der jeweilige Anteil nur bei diesem berücksichtigt. Bei einer Einzelveranlagung ist diese bereits berechnete tarifliche Einkommensteuer zu verwenden.

7.3. § 26 Absatz 1 Satz 1 EStG nicht im gesamten Betrachtungszeitraum erfüllt

50Die unter Rz. 44 bis 49 gemachten Ausführungen gelten auch, wenn die Ehegatten/Lebenspartner nicht im gesamten Betrachtungszeitraum die Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung miteinander erfüllt haben.

IV. Änderung einer gewährten Tarifermäßigung

1. Änderungsnorm § 32c Absatz 6 EStG

51Ändern sich die Besteuerungsgrundlagen für einen Veranlagungszeitraum im Betrachtungszeitraum, die Auswirkungen auf die Tarifglättung haben, ist die im letzten Veranlagungszeitraum eines Betrachtungszeitraums gewährte Tarifermäßigung zu ändern. Ändert sich somit die Höhe der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft oder die Summe der positiven Einkünfte und/oder die tarifliche Einkommensteuer in einem Veranlagungszeitraum des Betrachtungszeitraums (z.B. wegen einer Minderung der außergewöhnlichen Belastungen) ist die Tarifermäßigung neu zu berechnen. Der Einkommensteuerbescheid, mit dem eine Tarifermäßigung gewährt wurde, bzw. die Anrechnungsverfügung, in welcher eine diesbezügliche Steueranrechnung berücksichtigt wurde, sind nach § 32c Absatz 6 Satz 1 bzw. Satz 3 EStG zu ändern.

2. Änderungsnorm § 32c Absatz 7 EStG bei einem in Artikel 10 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 508 /2014 vom genannten Verstöße

52Eine Tarifermäßigung ist nach § 32c Absatz 7 EStG rückgängig zu machen, wenn während eines Zeitraums von fünf Jahren nach Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheids, mit dem die Tarifermäßigung für den jeweiligen Betrachtungszeitraum gewährt wird, ein in Artikel 10 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 508 /2014 vom genannter Verstoß durch die zuständige Behörde festgestellt wird.

53Der Steuerpflichtige hat diesen Verstoß unverzüglich nach dessen Feststellung dem Finanzamt mitzuteilen.

OFD Frankfurt/M. v. - S 2293b A - 002 - St 21

Fundstelle(n):
EAAAH-61300