BVerwG Urteil v. - 9 C 2/22

Kommunale Wettbürosteuer unzulässig; Gleichartigkeit

Leitsatz

Die Erhebung einer kommunalen Wettbürosteuer ist unzulässig, weil eine solche Steuer nach Maßgabe des Art. 105 Abs. 2a GG den bundesrechtlich speziell im Rennwett- und Lotteriegesetz geregelten Steuern (Rennwett- und Sportwettensteuern) gleichartig ist.

Gesetze: Art 105 Abs 2a GG, § 10 RennwLottG vom , § 11 RennwLottG vom , § 17 Abs 2 RennwLottG vom , § 4 Nr 9 Buchst b UStG

Instanzenzug: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Az: 14 A 2275/19 Urteilvorgehend VG Gelsenkirchen Az: 2 K 5702/18 Urteil

Tatbestand

1Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu einer kommunalen Wettbürosteuer.

2Die Beklagte erhebt auf der Grundlage ihrer Vergnügungssteuersatzung vom (im Folgenden: VS) eine Steuer für das Vermitteln oder Veranstalten von Pferde- und Sportwetten in Einrichtungen (Wettbüros), die neben der Annahme von Wettscheinen das Mitverfolgen der Wettereignisse ermöglichen (§ 2 VS). Die Bemessungsgrundlage richtete sich ursprünglich nach der Veranstaltungsfläche der genutzten Räume, also letztlich nach der Größe des jeweiligen Wettbüros (§ 9 VS a. F.). Nachdem der Senat diesen Steuermaßstab in seinem Urteil vom - 9 C 7.16 - (BVerwGE 159, 216) beanstandet hatte, änderte die Beklagte rückwirkend ihre Satzung und legte nunmehr den Brutto-Wetteinsatz des Wettkunden als Bemessungsgrundlage (Steuermaßstab) fest. Der Steuersatz beträgt 3 % des Brutto-Wetteinsatzes.

3Die Klägerin betrieb im Zeitraum von Februar 2016 bis April 2017 (Veranlagungszeitraum) im Stadtgebiet der Beklagten ein Wettbüro, in dem sie Sportwetten für den Wettveranstalter C. Ltd. vermittelte. Nachdem die Beklagte wegen nicht erfolgter Steueranmeldung zunächst einen Steuerbescheid im Wege der Schätzung erlassen hatte, setzte sie nach Eingang der Steueranmeldung mit Bescheid vom unter Aufhebung der vorangegangenen Festsetzung Wettbürosteuer für den Veranlagungszeitraum in Höhe von 7 500 € fest. Die hiergegen gerichtete Klage wies das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen mit Urteil vom ab. Das Oberverwaltungsgericht wies mit Urteil vom die Berufung zurück und ließ die Revision wegen der Frage zu, ob die Wettbürosteuer nach Änderung des Steuermaßstabs der bundesrechtlichen Rennwett- und Sportwettensteuer gleichartig sei.

4Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, es liege bereits keine örtliche Aufwandsteuer vor. Die Erhebung einer Wettbürosteuer verstoße ferner gegen das Gleichartigkeitsverbot in Art. 105 Abs. 2a GG und konterkariere das Regelungskonzept des Bundesgesetzgebers, der sich abschließend für einen einheitlich niedrigen Steuersatz von 5 % auf Sportwetten entschieden habe.

5Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom sowie des Urteils des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom den Änderungsbescheid vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom aufzuheben, soweit in diesen jeweils die Steuerfestsetzung für den Zeitraum Februar 2016 bis April 2017 erfolgte.

6Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

7Sie verteidigt ihre Satzung und die angegriffene Entscheidung.

8Der Senat hat mit Beschluss vom das Verfahren wegen der zu erwartenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Zulässigkeit einer kommunalen Übernachtungssteuer ausgesetzt und im Hinblick auf den ergangenen Beschluss vom (- 1 BvR 2868/15 u. a. -) fortgesetzt.

Gründe

9Die zulässige Revision ist begründet. Das Urteil des Berufungsgerichts beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Die dem angefochtenen Steuerbescheid zugrunde liegende Wettbürosteuersatzung der Beklagten ist rechtswidrig. Zwar liegt eine örtliche Aufwandsteuer vor (1.). Die Wettbürosteuer ist jedoch den im Rennwett- und Lotteriegesetz (i. d. F. des Gesetzes zur Besteuerung von Sportwetten vom <BGBl. I S. 1424> RennwLottG) bundesrechtlich geregelten Rennwett- und Sportwettensteuern im Sinne des Art. 105 Abs. 2a GG gleichartig, so dass die Erhebung der Steuer nicht von der Kompetenz der Beklagten gedeckt ist (2.). Danach kommt es auf weitere Einwendungen der Klägerin gegen die den Steuerbescheiden zugrunde liegende Satzung nicht mehr an (3.).

101. Das Berufungsgericht geht zu Recht davon aus, dass es sich bei der erhobenen Wettbürosteuer um den Typus einer örtlichen Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a GG handelt. Aufwandsteuern sind Steuern auf die Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf, in der die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen zum Ausdruck kommt. Belastet werden soll der über die Befriedigung der allgemeinen Lebensführung hinausgehende Aufwand, der Teil des persönlichen Lebensbedarfs und der persönlichen Lebensführung ist (stRspr, vgl. nur u. a. - zur Veröffentlichung in BVerfGE 161 vorgesehen Rn. 81; 9 C 7.16 - BVerwGE 159, 216 Rn. 13).

11Aufwandsteuern sind von Unternehmenssteuern abzugrenzen, die nicht die Einkommensverwendung, sondern die Einkommenserzielung zum Ausgangspunkt nehmen. Eine Steuer, die gezielt auf den unternehmerischen Gewinn oder einen typisierend vermuteten unternehmerischen Gewinn zugreift statt auf die Einkommensverwendung, ist als Unternehmenssteuer einzuordnen (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom - 1 BvL 8/05 - BVerfGE 123, 1 und vom - 2 BvL 6/13 - BVerfGE 145, 171 <213> Rn. 116).

12Hiernach liegt der Typus einer Aufwandsteuer, nicht der einer Unternehmenssteuer vor. Die Regelung in § 2 VS ist ungeachtet ihrer Formulierung (vgl. im Einzelnen bereits 9 C 7. 16 - BVerwGE 159, 216 Rn. 15 ff., nun auch Brüggemann, ZfWG 2019, 449 <451>) dahin zu verstehen, dass Steuergegenstand gemäß § 1 VS der Aufwand des Wettkunden für das Wetten in Wettbüros ist. Auch der Umstand, dass Steuerschuldner gemäß § 3 Abs. 1 VS der Betreiber (Veranstalter) des Wettbüros ist, führt nicht dazu, dass die Wettbürosteuer als Unternehmenssteuer einzuordnen ist (vgl. entsprechend zur kommunalen Übernachtungssteuer u. a. - Rn. 85).

13Ohne Verstoß gegen Bundesrecht geht das Oberverwaltungsgericht weiter davon aus, dass ein steuerbarer Aufwand nicht nur dann vorliegt, wenn das bewettete Ereignis zeitgleich mit dem Aufenthalt im Wettbüro dort mitverfolgt werden kann (sog. Live-Wette), sondern auch dann, wenn das bewettete Ereignis erst später stattfindet (sog. Pre-Match-Wette). Der Steuertatbestand setzt nach der nicht zu beanstandenden Auslegung des Berufungsgerichts neben der Abgabe der Wette in einem Wettbüro lediglich die Möglichkeit voraus, überhaupt Wettereignisse mitzuverfolgen. Der Satzungsgeber hätte ansonsten in § 2 VS als Steuertatbestand nicht das "Mitverfolgen der Wettereignisse" benannt, sondern darauf abgestellt, ob das jeweilige Wettereignis mitverfolgt werden kann. Unerheblich ist hiernach, an welchem Ort der Wettkunde später das bewettete Ereignis verfolgt oder von seinem Ausgang Kenntnis nimmt.

14Aus § 21 Abs. 4 des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom (GV. NRW. 2012, 524, 535) ergibt sich nicht, dass sich der Satzungsgeber im Rahmen der Wettbürosteuer auf die Besteuerung von Live-Wetten beschränken musste. Nach dieser Regelung sind Wetten während des laufenden Sportereignisses grundsätzlich unzulässig; dem liegt die Beurteilung zugrunde, dass von ihnen eine erhöhte Gefährdung im Hinblick auf Spielsucht ausgeht. Der kommunale Satzungsgeber ist jedoch bei der Bildung seines Steuertatbestands nicht an diese glücksspielrechtliche Wertung gebunden. Er musste angesichts des Umstands, dass der Abschluss von Live- und Pre-Match-Wetten gleichermaßen mit Aufwendungen für die persönliche Lebensführung verbunden ist, in denen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Wettenden zum Ausdruck kommt, nicht deshalb von der Besteuerung von Pre-Match-Wetten absehen, weil von diesen nur eine geringere Suchtgefährdung ausgeht. Auf das zahlenmäßige Verhältnis zwischen Live-Wetten und Pre-Match-Wetten, das überdies großen Schwankungen unterliegen kann, kommt es daher entgegen der Ansicht der Klägerin nicht an, ihr Typisierungsargument geht insoweit ins Leere.

152. Die Erhebung einer kommunalen Wettbürosteuer ist aber unzulässig, weil eine solche Steuer nach Maßgabe des Art. 105 Abs. 2a GG (a) den bundesrechtlich speziell im Rennwett- und Lotteriegesetz geregelten Steuern (Rennwett- und Sportwettensteuern) gleichartig ist (b).

16a) Nach Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Diese Befugnis hat das Land Nordrhein-Westfalen in § 3 KAG NW auf die Gemeinden übertragen (stRspr zum Landesrecht, s. etwa - ZfWG 2016, 251 <252> sowie das streitgegenständliche Berufungsurteil vom - 14 A 2275/19 - ZfWG 2020, 462 <464>).

17Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG wurde mit dem Finanzreformgesetz vom (BGBl. I S. 359) mit Wirkung zum in den finanzverfassungsrechtlichen Kompetenzkatalog des Art. 105 GG eingefügt. Dieses Gleichartigkeitsverbot schränkt die Befugnis der Länder zur ausschließlichen Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern ein. Im Beschluss vom (- 1 BvR 2868/15 u. a. -) hat das Bundesverfassungsgericht den zuvor ausdrücklich offengebliebenen (vgl. dort Rn. 92) Umfang des Gleichartigkeitsverbots und seine Voraussetzungen bestimmt. Hiernach verlangt Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG für die nicht herkömmlichen örtlichen Steuern zunächst im Einklang mit der überkommenen Begrifflichkeit, dass der steuerbegründende Tatbestand nicht denselben Belastungsgrund erfasst wie eine Bundessteuer, sich also in Gegenstand, Bemessungsgrundlage, Erhebungstechnik und wirtschaftlicher Auswirkung von der Bundessteuer unterscheidet (so bereits - BVerfGE 98, 106 <125>).

18Eine weitreichende Sperrwirkung für das Besteuerungsrecht von Ländern und Kommunen ist damit noch nicht verbunden (vgl. u. a. - LS 2 a. E. sowie Rn. 97). Denn der Verfassungsgeber hat dem Begriff der Gleichartigkeit in Art. 105 Abs. 2a GG einen eigenständigen Inhalt gegeben, der von dem Inhalt des Begriffs abweicht, den das Bundesverfassungsgericht zur Abgrenzung der Zuständigkeiten im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung verwendet. Ansonsten würde die mit der Einfügung der Verfassungsnorm gerade geschaffene Gesetzgebungsbefugnis der Länder für neue Verbrauch- und Aufwandsteuern leerlaufen. Auch im Hinblick auf die Verwirklichung der kommunalen Finanzautonomie ist die Gleichartigkeitsschranke i. S. d. Art. 105 Abs. 2a GG signifikant enger zu verstehen als das ungeschriebene Gleichartigkeitskriterium bei Art. 105 Abs. 2 i. V. m. Art. 72 Abs. 1 GG (so bereits 9 CN 1.11 - BVerwGE 143, 301 Rn. 24, nunmehr bestätigt durch u. a. - Rn. 97 ff.; a. A. Brüggemann, ZfWG 2019, 449 <454>). Danach ist den Kommunen neben der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Finanzreformgesetzes am existierenden Umsatzsteuer ein eigenständiges Besteuerungsrecht zu belassen. Im Hinblick auf die bundesrechtliche Umsatzsteuer besteht keine Sperrwirkung für eine kommunale Aufwandsteuer, wo es nicht um eine allgemeine Gemeindeumsatzsteuer geht, sondern um die Anknüpfung an den lokalen Konsum einzelner Güter und Dienstleistungen ( u. a. - Rn. 97, 104 f.).

19Demgegenüber sperrt das Gleichartigkeitsverbot die Befugnis der Länder zur ausschließlichen Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern dort, wo es um den Schutz vom Bundesgesetzgeber bereits eingeführter spezieller Bundessteuern für bestimmte Gegenstände geht. Die Gleichartigkeit setzt auch am Besteuerungsgegenstand an und schließt aus, dass derselbe Gegenstand sowohl mit einer Bundessteuer als auch mit einer neuen Landes- oder kommunalen Aufwandsteuer belegt werden kann. Ländern und Gemeinden ist es verwehrt, aus einer speziellen Steuerquelle zu schöpfen, die der Bund bereits einer besonderen Besteuerung unterzogen hat, wie zum Beispiel bei der Kraftfahrzeugsteuer oder der Sektsteuer ( u. a. - Rn. 105, 106, 113). Das Gleichartigkeitsverbot verbietet so eine Doppelbelastung derselben Steuerquelle (in diesem Sinne bereits - BVerfGE 98, 106 <125>). Durch die Belegung mit einer speziellen Bundessteuer ist die Erhebung einer Landes- oder Kommunalsteuer für denselben Gegenstand gesperrt.

20b) Nach diesen Grundsätzen stellt die Erhebung einer Wettbürosteuer eine gleichartige kommunale Aufwandsteuer für den vom Wettkunden geleisteten Aufwand dar. Nach den anzuwendenden Vorschriften des Rennwett- und Lotteriegesetzes (aa) hat die Änderungssatzung des Beklagten vom eine Angleichung der Wettbürosteuer an die bundesrechtlich geregelten Rennwett- und (sonstigen) Sportwettensteuern herbeigeführt (bb). Die Erhebung einer kommunalen Wettbürosteuer ist aber generell ausgeschlossen, weil der Bundesgesetzgeber den Gegenstand der Rennwetten und sonstigen Sportwetten in den §§ 10, 11 und 17 Abs. 2 RennwLottG bereits einer speziellen Besteuerung unterzogen hat (cc).

21aa) Anzuwenden sind die Steuervorschriften des Rennwett- und Lotteriegesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Besteuerung von Sportwetten vom (BGBl. I S. 1424 - RennwLottG a. F. -), weil nach den Feststellungen des Berufungsurteils (UA S. 8 f.) die Änderungssatzung der Beklagten vom rückwirkend zum in Kraft getreten ist.

22Im Übrigen würde sich auch aus dem Rennwett- und Lotteriegesetz in der Fassung des Gesetzes vom (BGBl. I S. 2065 - RennwLottG n. F. -) keine andere Beurteilung ergeben, weil die entsprechenden Besteuerungsvorschriften in § 9 Abs. 1, § 10 sowie § 17 Abs. 1 und § 18 RennwLottG n. F. sachlich unverändert geblieben sind. Die beiden Formen der Rennwettsteuer (Totalisatorsteuer und Buchmachersteuer, s. § 8 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 RennwLottG n. F.) sind lediglich zusammengefasst (§ 9 Abs. 1 Satz 1 RennwLottG n. F.) und der Steuersatz für alle Sportwetten ist ohne relevante Änderung von 5 % auf 5,3 % erhöht worden (§§ 10, 18 RennwLottG n. F.). Dies geschah zum Ausgleich dafür, dass in der Neufassung die Bemessungsgrundlage nicht mehr den gewetteten Beträgen, dem Wetteinsatz oder dem Nennwert der Wettscheine bzw. des Spieleinsatzes, sondern dem Wetteinsatz abzüglich der Rennwett- oder Sportwettensteuer entspricht (§ 10 Abs. 1, § 11 Abs. 1 und § 17 Abs. 2 Satz 2 RennwLottG a. F.; § 9 Abs. 1, § 17 Abs. 1 RennwLottG n. F., vgl. Schmittmann, ZfWG 2022, 126 <131>).

23bb) Im Urteil vom (- 9 C 7.16 - BVerwGE 159, 216) war der Senat davon ausgegangen, dass jedenfalls bei dem damals gewählten Flächenmaßstab zwischen der Wettbürosteuer einerseits und den Rennwett- und Sportwettensteuern andererseits erhebliche Unterschiede bestehen. Die Wettbürosteuer unterschied sich wesentlich im Steuermaßstab sowie in der Erhebungstechnik. Während die Rennwett- und Sportwettensteuern auch damals schon an den Wetteinsatz der Wettkunden anknüpften und aufgrund einer Steuervoranmeldung erhoben wurden, bemaß sich die frühere Wettbürosteuer nach der Veranstaltungsfläche der genutzten Räume und wurde durch Steuerbescheid festgesetzt (BVerwGE 159, 216 Rn. 24 a. E., 27). Steuerschuldner der Sportwettensteuer ist der Veranstalter der Wette (§ 19 Satz 1 RennwLottG n. F.; § 19 Abs. 2 Satz 1 RennwLottG a. F.), Steuerschuldner der Wettbürosteuer ist nach § 3 VS der Betreiber des Wettbüros, der nach den Feststellungen des Berufungsgerichts (UA S. 18) allerdings regelmäßig nicht der Wettveranstalter ist; soweit der Betreiber eines Wettbüros als Buchmacher selbst Wetten veranstaltet (§ 11 Abs. 1 RennwLottG a. F.; § 8 Abs. 2 Satz 1 RennwLottG n. F.), ist er Steuerschuldner auch der Wettbürosteuer. Ungeachtet dieser Unterschiede sind beide Steuern auf Abwälzung auf den Wettkunden angelegt (für die Wettbürosteuer: 9 C 7.16 - BVerwGE 159, 216 Rn. 15; für die Sportwettensteuer: - ZfWG 2022, 61 Rn. 36).

24Durch die Änderungssatzung der Beklagten vom wurde eine starke Angleichung der Wettbürosteuer an die bundesrechtlichen Steuern herbeigeführt. Die Bemessung der Steuer richtet sich nicht mehr nach der Fläche des Wettbüros, sondern gemäß § 4 VS n. F. nach dem Wetteinsatz und beträgt gemäß § 5 VS n. F. 3 % des Brutto-Wetteinsatzes. Angeglichen wurde auch die Steuererhebungstechnik, indem nun auch für die Wettbürosteuer eine Steueranmeldung vorgeschrieben ist (§ 7 Abs. 3 VS n. F.).

25cc) Der Bundesgesetzgeber hat die Renn- und Sportwetten mit dem Gesetz zur Besteuerung von Sportwetten vom (BGBl. I S. 1424) einer speziellen Besteuerung unterzogen; deshalb ist die Erhebung einer Wettbürosteuer daneben gesperrt.

26Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Seinen Ursprung findet das Rennwett- und Lotteriegesetz bereits im Jahr 1922 (Gesetz vom , RGBl. I 335, 393); das Gesetz enthielt ordnungs- und steuerrechtliche Vorschriften für Wetten auf öffentliche Pferderennen und andere Leistungsprüfungen für Pferde (sog. Rennwetten). In der Folge wurden eine Erlaubnispflicht für Buchmacher sowie Steuervorschriften für Totalisator- und Buchmacherwetten eingeführt. Die Steuern betrugen 16,66 % des Wetteinsatzes (vgl. zur Entstehungsgeschichte Brüggemann, in: Dietlein/Ruttig, Glücksspielrecht, 3. Aufl. 2022, §§ 8 - 60 RennwLottG, Rn. 1 f.).

27In § 17 Abs. 2 RennwLottG a. F. hat der Bundesgesetzgeber auch die sonstigen Sportwetten erstmals einer Besteuerung zugeführt und dabei mit der Steuerhöhe von 5 % des Wetteinsatzes einen - im Vergleich zur früheren Rennwettsteuer - bewusst niedrigen Steuersatz festgelegt. Dadurch sollte eine im europäischen Vergleich adäquate Steuerbelastung gesichert sowie eine Überführung des Wettmarktes in legale Verhältnisse gefördert werden ( 9 C 7.16 - BVerwGE 159, 216 Rn. 32 sowie BT-Drs. 17/8494 S. 8 f. und BT-Drs. 17/10168 S. 5 f.). Gleichzeitig hat der Bundesgesetzgeber die Steuern auf Rennwetten auf ebenfalls 5 % des Wetteinsatzes abgesenkt (§§ 10, 11 RennwLottG a. F.) und damit eine einheitliche Besteuerung von Renn- und Sportwetten normiert (vgl. Brüggemann, in: Dietlein/Ruttig, Glücksspielrecht, 3. Aufl. 2022, §§ 8 - 60 RennwLottG, Rn. 3; BT-Drs. 17/8494 S. 8).

28Durch den einheitlichen Steuersatz für alle Renn- und Sportwetten hat der Bundesgesetzgeber zugleich zum Ausdruck gebracht, dass durch die spezielle Bundessteuer die Besteuerung des Aufwands für Sportwetten vollständig ausgeschöpft sein soll. Damit ist es Ländern und Gemeinden verwehrt, aus dieser speziellen Steuerquelle zu schöpfen. Die Höhe der Steuer wurde ausdrücklich unter Abgrenzung von einem Steuersatz von 8 % festgelegt. Im Bericht des Finanzausschusses heißt es hierzu, das Ziel einer Überführung des Sportwettenmarkts in legale Verhältnisse sei in Frankreich mit einem Steuersatz von 8 % nicht erreicht worden (BT-Drs. 17/10168 S. 6). Ein Steuersatz von 8 %, der faktisch durch eine Kumulierung des Steuersatzes von 5 % nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz und von 3 % nach der hier angegriffenen kommunalen Satzung erreicht würde, sollte damit ersichtlich ausgeschlossen werden.

29Auf dieser Grundlage kann der Gleichartigkeit nicht (mehr) entgegengehalten werden, die Sportwettensteuer stelle sich als die an die besondere Umsatzart angepasste Ausprägung der allgemeinen Umsatzsteuer auf der Endverbraucherstufe dar (so noch 9 C 7.16 - BVerwGE 159, 216 Rn. 28). Bei den Renn- und Sportwettensteuern handelt es sich vielmehr um spezielle Bundessteuern. Durch § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG werden ausdrücklich Umsätze, die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallen und für die nach diesem Gesetz Steuern auch allgemein erhoben werden, von der Umsatzsteuer ausgenommen. Ein Steuererfindungsrecht der Länder oder Kommunen besteht ungeachtet der Umsatzsteuer zwar hinsichtlich des Aufwands für spezifische lokale Güter; es ist hingegen gesperrt, wenn der Steuergegenstand - wie hier - durch eine spezielle Bundessteuer belegt ist (vgl. u. a. - Rn. 104, 105, 106, 113).

30Deshalb kommt es auch nicht darauf an, dass mit einer kommunalen Wettbürosteuer nur ein spezifischer Ausschnitt aus dem gesamten von der Sportwettenbesteuerung erfassten Markt zusätzlich belastet wird; unerheblich sind auch Lenkungsziele einer Kommune zur "Feinsteuerung" des örtlichen Sportwettenangebots (zu beiden Aspekten s. 9 C 7.16 - BVerwGE 159, 216 Rn. 28). Der Bundesgesetzgeber hat mit den Steuerbestimmungen im Rennwett- und Lotteriegesetz die Besteuerung für den Sportwettenmarkt insgesamt ohne Unterscheidung zwischen Wettbüros und anderen Vertriebsformen (wie etwa Wettannahmestellen) geregelt. Dabei hat er die Höhe des Steuersatzes - wie ausgeführt - gerade auch in Abgrenzung von nur wenig höheren Steuersätzen festgelegt. Die Wettbürosteuer schöpft somit aus derselben Quelle steuerlicher Leistungsfähigkeit, nämlich dem Aufwand für Sportwetten (vgl. bereits Birk, ZfWG 2015, 2 <5>); ihr Gegenstand ist identisch mit demjenigen der Sportwettensteuer. Eine Lenkung des örtlichen Sportwettenangebots durch eine zusätzliche kommunale Aufwandsteuer scheidet vor diesem Hintergrund aus.

313. Da die Erhebung einer kommunalen Wettbürosteuer bereits wegen Gleichartigkeit im Sinne des Art. 105 Abs. 2a GG ausscheidet, kommt es nicht mehr darauf an, ob eine solche Steuer auch unter dem Gesichtspunkt der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung (vgl. dazu - BVerfGE 98, 106 <125>, 11 C 9.99 - BVerwGE 110, 248 <249 f.>) im Hinblick auf die bewusste bundesgesetzliche Festlegung des Steuersatzes von 5 % auf Sportwetten zu beanstanden wäre. Nicht mehr entscheidungserheblich sind ferner die weiteren Rügen der Klägerin.

32Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2022:200922U9C2.22.0

Fundstelle(n):
BB 2022 S. 2198 Nr. 39
BB 2023 S. 22 Nr. 1
BFH/NV 2023 S. 367 Nr. 3
NJW 2023 S. 10 Nr. 3
DAAAJ-29532