Karenzentschädigung - Einbeziehung von Leistungen Dritter
Leitsatz
Schließt der Arbeitnehmer eine Vereinbarung über die Gewährung (beschränkter) Aktienerwerbsrechte nicht mit seinem Arbeitgeber, sondern mit einem Dritten, ggf. einer (Konzern-)Obergesellschaft, sind die dem Arbeitnehmer gewährten Rechte bzw. die nach Wegfall von Beschränkungen zugeteilten Aktien grundsätzlich nicht Teil der "vertragsmäßigen Leistungen" iSd. § 74 Abs. 2 HGB und deshalb bei der Berechnung der gesetzlichen Mindestkarenzentschädigung nicht zu berücksichtigen.
Gesetze: § 74 Abs 2 HGB, § 110 GewO, § 310 Abs 3 Nr 2 BGB, § 74b Abs 2 HGB, § 74b Abs 3 HGB
Instanzenzug: ArbG Minden Az: 3 Ca 470/20 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen) Az: 10 Sa 284/21 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten über die Höhe der Karenzentschädigung für ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot, zuletzt ausschließlich darüber, ob seitens einer Obergesellschaft gewährte Restricted Stock Units (beschränkte Aktienerwerbsrechte, im Folgenden RSUs) in die Berechnung der Entschädigung einzubeziehen sind.
2Die Beklagte ist ein Unternehmen der A-Gruppe, an deren Spitze die börsennotierte A Inc. mit Sitz in den Vereinigten Staaten von Amerika steht. Der Kläger war vom bis zum bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen als Senior Alliance & Channel Manager, zuletzt zu einem monatlichen Grundgehalt iHv. 10.666,67 Euro brutto beschäftigt. Im Anstellungsvertrag vom (im Folgenden Arbeitsvertrag), den der Kläger mit einer Rechtsvorgängerin der Beklagten, der A GmbH, einer Tochtergesellschaft der A Inc., schloss, heißt es auszugsweise:
3In der in § 14 bezeichneten Zusatzvereinbarung über den Sign-on Bonus ist geregelt:
4Vor Abschluss seines Arbeitsvertrags ging dem Kläger ein auf den datiertes Schreiben der A Inc. zu, in dem es heißt:
5In einem „Dreiseitigen Überleitungsvertrag“ vom , nach dem das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der A GmbH mit Ablauf des beendet und der Kläger „auf der Grundlage des bestehenden Arbeitsvertrages“ mit Wirkung ab dem von der A Germany GmbH „angestellt und beschäftigt“ wurde, heißt es unter „Artikel 3 Schlussbestimmungen“ ua.:
6In der Zeit seiner Beschäftigung bei den Rechtsvorgängerinnen der Beklagten und bei der Beklagten, die ihrerseits eine Rechtsnachfolgerin der A Germany GmbH ist, schloss der Kläger jährlich mit der A Inc. Vereinbarungen über den Erhalt einer bestimmten Anzahl von RSUs. Dort war - ausweislich des in deutscher Übersetzung vorgelegten Vertragsmusters - ua. geregelt:
7In jährlichen Feedback-Gesprächen bewerteten die Führungskräfte der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerinnen die vom Kläger im Vorjahr geleistete Arbeit. Diese Leistungsbewertungen flossen in die Entscheidung über die weitere Gewährung von RSUs ein. Die Letztentscheidung oblag dabei der A Inc., die sich jedoch in der Regel an den Vorschlägen der Führungskräfte der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen orientierte.
8Die A Inc. gewährte dem Kläger mit Restricted Stock Unit Award Agreement (im Folgenden RSU Award Agreement) von 2017 135 RSUs, von denen 68 RSUs am und 67 RSUs am „vesteten“. Mit RSU Award Agreements von 2018 und 2019 gewährte die A Inc. dem Kläger jeweils 75 RSUs, deren „Vesting“ für einen Zeitpunkt nach der zwischenzeitlich erfolgten Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorgesehen war.
9Die Beklagte übernahm im Rahmen eines Dienstleistungsvertrags für die A Inc. gegenüber dem Kläger die Abrechnung bereits „gevesteter“ RSUs, behielt die jeweils anfallenden Steuern und Gebühren ein und rechnete intern mit der A Inc. ab. In einem mit „Zusammenfassung der persönlichen Vergütung“ überschriebenen Formblatt teilte die Beklagte dem Kläger seine „voraussichtliche Gesamtvergütung von April 2019 bis März 2020“ mit. Das Formular enthält Angaben zur Höhe des voraussichtlichen Grundgehalts des Klägers, zur „neuen Aktiengewährung 2019“, zur „Unverfallbarkeit von Aktiengewährungen“ unter Berücksichtigung der Jahre 2019, 2020 und 2021 mit näher aufschlüsselten Positionen und zur Zusammenfassung der „prognostizierten Gesamtvergütung“. In einer Fußnote des Formblatts heißt es:
10Im Hinblick auf die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des trafen die Parteien am eine Abwicklungsvereinbarung, in der es heißt:
11Der oben angeführte § 8 Satz 3 wurde auf Wunsch des Klägers in die Abwicklungsvereinbarung aufgenommen. Im Zuge der diesbezüglichen Verhandlungen erklärte die Beklagte gegenüber dem Kläger ua., dass A Inc. bestimmt habe, dass die ihm bereits gewährten RSUs auch während einer Freistellungsphase noch „vesten“ und zur Auszahlung kommen würden.
12Die A Inc. warb im Jahr 2020 gegenüber potentiellen Arbeitskräften mit einem sog. „Total Compensation Modell“, wonach sich das Gehalt bestimmter Mitarbeiter in herausgehobener Stellung aus einem moderaten Grundgehalt und RSUs zusammensetzt. Mit einer im Jahr 2020 veröffentlichen Stellenausschreibung suchte die Beklagte Beschäftigte unter Hinweis auf eine „Vergütungsphilosophie aus Grundgehältern, jährlichen Leistungsprämien und RSUs“.
13Der Kläger hielt sich nach seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis an das vereinbarte Wettbewerbsverbot, ohne anderweitigen Erwerb zu erzielen. Im Gegenzug zahlte die Beklagte an ihn für Februar bis Oktober 2020 eine Karenzentschädigung iHv. 5.310,42 Euro brutto monatlich und damit für den Karenzzeitraum insgesamt einen Betrag iHv. 47.793,78 Euro brutto.
14Mit seiner Klage hat der Kläger für die Karenzzeit die Zahlung weiterer Karenzentschädigung verlangt. Er hat - soweit für das Revisionsverfahren noch von Belang - die Auffassung vertreten, neben seinem zuletzt bezogenen Grundgehalt seien auch die ihm gewährten RSUs als „vertragsmäßige Leistungen“ iSv. § 15 (2.3) des Arbeitsvertrags sowie iSv. § 74 Abs. 2 HGB bei der Bemessung der Karenzentschädigung zu berücksichtigen. Die RSUs stellten eine Gegenleistung für die von ihm im Arbeitsverhältnis mit der Beklagten geleistete Arbeit dar und bildeten - zusammen mit dem Grundgehalt - seinen „Marktwert“ ab, der nach Sinn und Zweck der Karenzentschädigung maßgeblich für deren Bemessung sei. Darauf, dass ihm die RSUs - formal betrachtet - nicht von der Beklagten, sondern von der A Inc. zugesagt worden seien, könne es angesichts der Einflussnahmemöglichkeit der Obergesellschaft auf die Bedingungen des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten und unter Berücksichtigung des Konzernbezugs des vereinbarten Wettbewerbsverbots nicht ankommen. Unabhängig davon sei die Beklagte - jedenfalls konkludent - eigene Verpflichtungen hinsichtlich der RSUs eingegangen, die zumindest darin bestünden, ihm die Teilnahme an dem RSU-Programm der Obergesellschaft zu ermöglichen. In die Berechnung der Karenzentschädigung seien nach § 74b Abs. 2 HGB sämtliche RSUs einzubeziehen, die ihm in den letzten 36 Monaten vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch „Vesting“ zugeflossen seien.
15Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,
16Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, bei den dem Kläger gewährten RSUs handele es sich nicht um „vertragsmäßige Leistungen“ iSv. § 15 (2.3) des Arbeitsvertrags sowie iSv. § 74 Abs. 2 HGB, weshalb sie bei der Bemessung der Karenzentschädigung nicht zu berücksichtigen seien. Aus den RSU Award Agreements sei ausschließlich die A Inc. verpflichtet gewesen; sie, die Beklagte, sei im Hinblick auf die RSUs keine - wie auch immer geartete - eigene (Mit-)Verpflichtung eingegangen.
17Das Arbeitsgericht hat der ursprünglich auf Zahlung von 80.259,93 Euro brutto nebst Zinsen gerichteten Klage teilweise stattgegeben und dem Kläger für den Karenzzeitraum über die von der Beklagten gezahlten 47.793,78 Euro brutto hinaus weitere 206,28 Euro brutto zuzüglich Zinsen aus jeweils 22,92 Euro zugesprochen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seinen weitergehenden Zahlungsanspruch weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Gründe
18Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zu Recht zurückgewiesen. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte über den von dieser für den Karenzzeitraum insgesamt gezahlten Betrag iHv. 47.793,78 Euro brutto sowie den ihm vom Arbeitsgericht für den Karenzzeitraum insgesamt zuerkannten weiteren Betrag iHv. 206,28 Euro brutto hinaus keinen Anspruch auf Zahlung einer weiteren Karenzentschädigung.
19A. Der Kläger hat zwar aus § 15 des Arbeitsvertrags iVm. § 110 GewO, §§ 74 ff. HGB dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung einer Karenzentschädigung erlangt. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die A GmbH und der Kläger hatten in § 15 des Arbeitsvertrags ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot sowie die Zahlung einer Karenzentschädigung vereinbart. Diese Vereinbarung haben die Parteien nicht im Zusammenhang mit der einvernehmlichen Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses zum aufgehoben, sondern in § 9 der unter dem getroffenen Abwicklungsvereinbarung ausdrücklich deren unveränderten Fortbestand vereinbart. Umstände, die zur Nichtigkeit des Verbots führen könnten (vgl. dazu - Rn. 29 ff.), sind weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich. Der Kläger hat sich im Karenzzeitraum unstreitig auch an das Wettbewerbsverbot gehalten und kann deshalb als Gegenleistung die versprochene Karenzentschädigung beanspruchen.
20B. Der Kläger hat allerdings gegen die Beklagte über den von dieser für den Karenzzeitraum insgesamt gezahlten Betrag iHv. 47.793,78 Euro brutto sowie den ihm vom Arbeitsgericht für den Karenzzeitraum insgesamt zuerkannten Betrag iHv. 206,28 Euro brutto hinaus keinen Anspruch auf Zahlung einer weiteren Karenzentschädigung. Ein solcher Anspruch würde voraussetzen, dass die seitens der A Inc. dem Kläger gewährten bzw. zu seinen Gunsten „gevesteten“ RSUs bei der Berechnung der Karenzentschädigung zu berücksichtigen wären. Dies ist jedoch - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht der Fall. Die RSUs gehören nicht zu den vertragsmäßigen Leistungen iSv. § 15 (2.3) des Arbeitsvertrags iVm. § 74 Abs. 2 HGB.
21I. Bei den in § 15 des Arbeitsvertrags erkennbar vorformulierten Vereinbarungen handelt es sich, wenn auch ggf. nicht um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB, so doch aber zumindest um vorformulierte Vertragsbedingungen iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB. Die Auslegung von § 15 (2.3) des Arbeitsvertrags nach den für Allgemeine Geschäftsbedingungen bzw. vorformulierte Vertragsbedingungen iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB geltenden Grundsätzen ergibt, dass dem Kläger bei Einhaltung des Wettbewerbsverbots eine Karenzentschädigung in der in § 74 Abs. 2 HGB bestimmten Mindesthöhe zufließen soll.
221. Allgemeine Geschäftsbedingungen sowie vorformulierte Vertragsbedingungen iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners zugrunde zu legen sind (vgl. etwa - Rn. 20; - 8 AZR 201/18 - Rn. 55, BAGE 166, 54; - 8 AZR 372/16 - Rn. 26 mwN). Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist (vgl. etwa - aaO; - 9 AZR 44/19 - Rn. 15 mwN). Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen obliegt auch dem Revisionsgericht (etwa - Rn. 30 mwN).
232. Nach § 15 (2.3) des Arbeitsvertrags ist die Beklagte für die Dauer des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots verpflichtet, an den Kläger eine Karenzentschädigung zu zahlen, die „für jedes Jahr des Verbotes die Hälfte der … zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen erreicht“. Damit übernimmt § 15 (2.3) des Arbeitsvertrags hinsichtlich der Höhe der versprochenen Entschädigung den Wortlaut von § 74 Abs. 2 HGB. Nach dieser Regelung ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nur verbindlich, wenn sich der Prinzipal verpflichtet, für die Dauer des Verbots eine Entschädigung zu zahlen, die für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der vom Handlungsgehilfen zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen erreicht. Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung des Umstands, dass nach § 15 (2.4) des Arbeitsvertrags ergänzend die §§ 74 ff. HGB gelten, konnte ein verständiger und redlicher Erklärungsempfänger die vertraglichen Vereinbarungen über das nachvertragliche Wettbewerbsverbot nur so verstehen, dass ihm bei Einhaltung des Verbots eine Karenzentschädigung in der in § 74 Abs. 2 HGB bestimmten Mindesthöhe zufließen soll (vgl. - Rn. 44).
24II. Soweit danach unzweifelhaft das monatliche Grundgehalt des Klägers iHv. zuletzt 10.666,67 Euro brutto in die Berechnung der Karenzentschädigung einzubeziehen ist, werden die sich daraus für den Karenzzeitraum Februar bis Oktober 2020 ergebenden Ansprüche des Klägers auf die Karenzentschädigung iHv. insgesamt 48.000,06 Euro brutto durch die Zahlungen der Beklagten iHv. insgesamt 47.793,78 Euro brutto sowie die dem Kläger vom Arbeitsgericht rechtskräftig zuerkannten 206,28 Euro brutto ausgeglichen.
25III. Eine darüber hinausgehende Karenzentschädigung steht dem Kläger nicht zu. Die ihm gewährten bzw. zu seinen Gunsten „gevesteten“ RSUs sind - entgegen der Auffassung des Klägers - keine vertragsmäßigen Leistungen iSv. § 15 (2.3) des Arbeitsvertrags iVm. § 74 Abs. 2 HGB und deshalb bei der Bemessung der Karenzentschädigung nicht zu berücksichtigen.
261. Als vertragsmäßig iSv. § 74 Abs. 2 HGB ist eine Leistung anzusehen, die auf dem Austauschcharakter des Arbeitsvertrags beruht und als Vergütung für die geleistete Arbeit erbracht wird. Ausgangspunkt für die Bestimmung der „zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen“ iSd. § 74 Abs. 2 HGB ist demnach alles, was der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber in der fraglichen Zeit als Gegenleistung für seine Arbeitsleistung erhalten hat (vgl. - Rn. 17; - 3 AZR 1155/79 - zu II 2 a der Gründe; - 3 AZR 666/78 - zu II 3 der Gründe; - 3 AZR 61/73 - zu I 3 a der Gründe, BAGE 25, 385).
272. Danach muss die Leistung, um als „vertragsmäßig“ iSv. § 74 Abs. 2 HGB in die Berechnung der (Mindest-)Karenzentschädigung einfließen zu können, ihren Ursprung im Arbeitsverhältnis der Parteien haben. Der Vertragsarbeitgeber muss die Leistung zur Erfüllung seiner Verpflichtungen aufgrund des Arbeitsvertrags erbracht haben. Deshalb sind, soweit der Arbeitnehmer eine Vereinbarung über die Gewährung von Leistungen - hier: von RSUs - nicht mit seinem Vertragsarbeitgeber, sondern mit der Obergesellschaft einer Unternehmensgruppe bzw. eines Konzerns schließt, der bzw. dem sein Vertragsarbeitgeber angehört, die dem Arbeitnehmer seitens der Obergesellschaft gewährten Leistungen - hier: RSUs - grundsätzlich nicht Teil der „vertragsmäßigen Leistungen“ iSv. § 74 Abs. 2 HGB. Etwas anderes kann allenfalls dann angenommen werden, wenn der Vertragsarbeitgeber im Hinblick auf die von der Obergesellschaft erbrachten Leistungen ausdrücklich oder konkludent eine eigene (Mit-)Verpflichtung eingegangen ist. Dies folgt aus der Auslegung von § 74 Abs. 2 HGB unter Berücksichtigung des Wortlauts, des systematischen Zusammenhangs, der Entstehungsgeschichte sowie von Sinn und Zweck der Bestimmung (zu den Maßstäben: vgl. ua. - Rn. 66, BVerfGE 133, 168; - Rn. 47 mwN).
28a) Bereits der Wortlaut spricht dafür, dass der Begriff der „vertragsmäßigen Leistungen“ in § 74 Abs. 2 HGB dahin zu verstehen ist, dass es sich um Leistungen des Arbeitgebers aus dem Arbeitsverhältnis handeln muss. „Vertragsmäßig“ bedeutet ebenso wie das Adjektiv „vertragsgemäß“ seinem Wortsinn nach „dem jeweiligen Vertrag entsprechend“ (vgl. Duden Das große Wörterbuch der deutschen Sprache 3. Aufl. Stichworte: „vertragsmäßig“ und „vertragsgemäß“). Dabei kann es sich in Ermangelung eines anderen Bezugspunkts bei dem „Vertrag“ nur um die Vereinbarung handeln, infolge derer der Handlungsgehilfe - hier: der Arbeitnehmer - zur Unterlassung von Wettbewerb verpflichtet ist und der Prinzipal - hier: der Arbeitgeber - ihm die Entschädigung schuldet.
29b) Ein solches Verständnis des Begriffs der „vertragsmäßigen Leistungen“ in § 74 Abs. 2 HGB findet seine Stütze auch in der Gesetzessystematik.
30aa) § 74 HGB regelt Mindestanforderungen an eine Vereinbarung zwischen dem Prinzipal bzw. Arbeitgeber und dem Handlungsgehilfen bzw. Arbeitnehmer, die den Gehilfen für die Zeit nach Beendigung des Dienst- bzw. Arbeitsverhältnisses in seiner gewerblichen Tätigkeit beschränkt (Wettbewerbsverbot). Dabei verlangt § 74 Abs. 1 HGB für eine solche Wettbewerbsabrede die Einhaltung der Schriftform und die Aushändigung einer vom Prinzipal bzw. Arbeitgeber unterzeichneten, die vereinbarten Bestimmungen enthaltenen Urkunde an den Gehilfen bzw. Arbeitnehmer. Nach § 74 Abs. 2 HGB bedarf es für die Verbindlichkeit des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots einer Entschädigungszusage des Prinzipals bzw. Arbeitgebers in der gesetzlich bestimmten Mindesthöhe. Wenn § 74 Abs. 2 HGB in diesem Kontext für die Höhe der gesetzlichen Mindestkarenzentschädigung an die „vertragsmäßigen Leistungen“ des Gehilfen bzw. Arbeitnehmers anknüpft, können damit nur Leistungen gemeint sein, die der Prinzipal bzw. Arbeitgeber zur Erfüllung seiner sich aus bzw. aufgrund der Vereinbarung ergebenden Verpflichtungen erbracht hat. Aus der Gesetzessystematik lässt sich demgegenüber nichts dafür entnehmen, dass der in § 74 Abs. 2 HGB verwendete Rechtsbegriff der „vertragsmäßigen Leistungen“ auch solche Leistungen erfasst, die der Arbeitnehmer - außerhalb des mit seinem Vertragsarbeitgeber bestehenden Arbeitsverhältnisses - aufgrund eines mit einem Dritten geschlossenen Vertrags bezogen hat.
31bb) Aus § 74b Abs. 2 und Abs. 3 HGB folgt nichts Abweichendes. Nach § 74b Abs. 2 Satz 1 HGB sind, soweit die dem Handlungsgehilfen zustehenden vertragsmäßigen Leistungen in einer Provision oder in anderen wechselnden Bezügen bestehen, solche Leistungen nach dem Durchschnitt der letzten drei Jahre in Ansatz zu bringen. Hat die für die Bezüge bei der Beendigung des Dienstverhältnisses maßgebende Vertragsbestimmung noch nicht drei Jahre bestanden, erfolgt nach § 74b Abs. 2 Satz 2 HGB der Ansatz nach dem Durchschnitt des Zeitraums, für den die Bestimmung in Kraft war. Soweit Bezüge zum Ersatz besonderer Auslagen dienen sollen, die infolge der Dienstleistung entstehen, bleiben sie nach § 74b Abs. 3 HGB außer Ansatz. Die Regelungen in § 74b Abs. 2 und Abs. 3 HGB geben damit die Kriterien vor, nach denen schwankende Bezüge des Arbeitnehmers bei der Berechnung der Karenzentschädigung zu berücksichtigen sind. Dennoch muss es sich bei den fraglichen Bezügen - wie sich aus § 74b Abs. 2 Satz 1 HGB unmissverständlich ergibt - um „vertragsmäßige Leistungen“ handeln. § 74b Abs. 2 HGB erweitert diesen Begriff nicht, sondern setzt ihn voraus (vgl. MüKoHGB/Thüsing 5. Aufl. HGB § 74b Rn. 1; EBJS/Boecken/Rudkowski 4. Aufl. § 74b Rn. 1).
32c) Dass „vertragsmäßige Leistungen“ iSv. § 74 Abs. 2 HGB nur Leistungen sind, die der Vertragsarbeitgeber zur Erfüllung seiner Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis erbracht hat, ergibt sich schließlich auch aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes und dem sich daraus erschließenden Normzweck.
33aa) § 74 Abs. 2 HGB wurde durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung der §§ 74, 75 und des § 76 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs vom (RGBl. 1914 S. 209) eingeführt und gilt seither unverändert. In der Entwurfsbegründung heißt es zu der - ursprünglich in § 74a Satz 1 HGB vorgesehenen, letztlich in § 74 Abs. 2 HGB verankerten - Regelung, nach der die Verbindlichkeit eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots von der Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung einer Mindestkarenzentschädigung abhängig gemacht wurde, dass Prinzipale dazu angehalten werden sollten, ein Konkurrenzverbot nur in solchen Fällen zu vereinbaren, in denen ein wirtschaftlich erhebliches und schutzbedürftiges Interesse dafür vorliege. Dieses Interesse müsse in einem Opfer bestehen, das sie ihrerseits für die dem Gehilfen auferlegte Beschränkung zu erbringen hätten. Die Reformvorschläge des Entwurfs beruhten daher in ihrem wesentlichen Teil auf dem Grundsatz der bezahlten Karenz. Dieser Grundsatz erscheine nicht nur geeignet, den erwähnten Zweck zu erreichen, sondern sei auch sachlich gerechtfertigt und entspreche der Billigkeit. Denn wenn der Gehilfe infolge des Anstellungsvertrags noch nach der Beendigung des Dienstverhältnisses zu einer ihn erheblich beschwerenden Leistung in Gestalt des Unterlassens der Ausübung gewisser Arten seiner gewerblichen Tätigkeit verpflichtet bleibe, sei es nur angemessen, dass dieser Leistung eine Gegenleistung des Prinzipals gegenüberstehe. Dabei sei die Entschädigung aber nicht so zu bemessen, dass der Prinzipal für die Dauer des Verbots dem Angestellten die früheren Bezüge weiterzahle oder ihm den vollen Lebensunterhalt gewähre. Denn die Vorschrift, dass die Konkurrenzklausel nur insoweit gültig ist, als sie nach Ort, Zeit und Gegenstand das Fortkommen des Gehilfen nicht in unbilliger Weise erschwere, bleibe auch künftig bestehen und ermögliche es dem Gehilfen, sich einer zu weitgehenden Beeinträchtigung seiner Erwerbstätigkeit zu entziehen. Die Entschädigung könne vielmehr nur den Zweck haben, dem Gehilfen ein angemessenes Entgelt für die Nachteile zu gewähren, welche die Beschränkung seiner Freiheit in Bezug auf die Ausnutzung der Arbeitskraft auch dann mit sich bringe, wenn sich die Beschränkung innerhalb der gesetzlich zulässigen Grenzen halte. Vor diesem Hintergrund lege der Entwurf die Entschädigung je nach der Dauer und der damit anzunehmenden Schwere der Beschränkung in steigenden Stufen fest (vgl. Reichstagsprotokolle 1912 [Aktenstück Nr. 575 vom ] S. 725, 728).
34bb) Die in den §§ 74 ff. HGB getroffenen Regelungen sind nach alledem das Ergebnis einer Abwägung zwischen den berechtigten geschäftlichen Interessen des Prinzipals bzw. Arbeitgebers, dass die in seinem Betrieb erlangten Kenntnisse und geschäftlichen Beziehungen nicht zu seinem Schaden ausgenutzt werden, und dem berechtigten Interesse des Gehilfen bzw. Arbeitnehmers, nach Beendigung des Dienst- bzw. Arbeitsverhältnisses seine Arbeitskraft frei nutzen zu können und in der Freiheit seiner Betätigung nicht beschränkt zu werden (vgl. - zu I 2 b aa der Gründe, BAGE 73, 229; - zu I 1 der Gründe, BGHZ 91, 1). In diesem Kontext bildet die Karenzentschädigung die Gegenleistung des Arbeitgebers dafür, dass der Arbeitnehmer nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses Konkurrenztätigkeiten unterlässt. Bezugspunkt für die Bemessung der Entschädigung sind dabei nach der Gesetzesbegründung die „früheren Bezüge“ des Arbeitnehmers, wobei die Entschädigung im Gesetz - in Abkehr von einer in der Entwurfsfassung vorgesehenen stufenweisen jährlichen Steigerung - für die gesamte Dauer des Verbots in Höhe der Hälfte der „zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen“ festgelegt und konkretisiert wurde. Da in der Gesetzesbegründung einerseits darauf eingegangen wird, dass der Gehilfe bzw. Arbeitnehmer die Wettbewerbsbeschränkung „infolge“ seines Anstellungsvertrags erfährt, andererseits im Zusammenhang mit dem eingeführten Grundsatz der „bezahlten Karenz“ Vertragsverhältnisse außerhalb des Dienst- bzw. Arbeitsverhältnisses nicht angesprochen werden, kann kein Zweifel bestehen, dass der historische Gesetzgeber das nachvertragliche Wettbewerbsverbot als ein an das Ende des Dienst- bzw. Arbeitsverhältnisses anknüpfendes Schuldverhältnis zwischen denselben Parteien - hier: Arbeitnehmer und Arbeitgeber - angesehen hat und den angemessenen Ausgleich in Form der Karenzentschädigung anhand der Leistungen hat bemessen wollen, die der Gehilfe bzw. Arbeitnehmer vom Prinzipal bzw. Arbeitgeber für seine Dienst- bzw. Arbeitsleistung beanspruchen konnte.
35d) Danach könnten - unabhängig von der Frage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen im Übrigen (beschränkte) Aktienerwerbsrechte Vergütungsbestandteil sind, und wie ggf. ihr Wert zu ermitteln ist (zur Problematik bspw. Staudinger/Richardi/Fischinger [2020] § 611a Rn. 1495 ff.; Broer Die arbeitsrechtliche Behandlung von Aktienoptionen als Vergütungsbestandteil S. 143 ff., 290 ff.; Franken Die Vergütung mittels Aktienoptionen aus arbeitsrechtlicher Sicht S. 85 ff., 116 ff.; Pulz Personalbindung durch aktienkursorientierte Vergütung S. 32 ff.; Naber/Seeger GWR 2016, 117, 118 f.) - (beschränkte) Aktienerwerbsrechte allenfalls dann bei der Bemessung der Karenzentschädigung eines Arbeitnehmers zu berücksichtigen sein, wenn diese ihre Rechtsgrundlage in Vereinbarungen mit dem Vertragsarbeitgeber haben.
36aa) Daran fehlt es regelmäßig, wenn der Arbeitnehmer eine Vereinbarung über die Gewährung von (beschränkten) Aktienerwerbsrechten nicht mit seinem Vertragsarbeitgeber, sondern mit der Obergesellschaft einer Unternehmensgruppe bzw. eines Konzerns abschließt, der bzw. dem sein Vertragsarbeitgeber angehört. In einem solchen Fall steht der Vertrag über die Gewährung der Aktienerwerbsrechte regelmäßig rechtlich selbständig neben dem Arbeitsvertrag mit dem Vertragsarbeitgeber. Ansprüche aus einer solchen Vereinbarung können deshalb grundsätzlich nur gegenüber der Obergesellschaft geltend gemacht werden, sie werden nicht Bestandteil des Arbeitsverhältnisses mit dem Vertragsarbeitgeber. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitsvertrag - wie üblich - Motiv für die Gewährung der RSUs durch die Obergesellschaft ist (vgl. - Rn. 17 mwN zur Behandlung von seitens einer Konzernobergesellschaft an Arbeitnehmer eines anderen Konzernunternehmens gewährter Aktienoptionen als Arbeitsentgelt iSv. § 37 BetrVG; - 10 AZR 299/02 - zu II 2 c der Gründe mwN, BAGE 104, 324 zum Eintritt eines Betriebserwerbers nach § 613a BGB in Verpflichtungen aus einem Aktienoptionsplan, wenn die Vereinbarung über die Optionsgewährung nicht mit dem Betriebsveräußerer, sondern mit einem Dritten geschlossen wurde; im Ergebnis ebenso bspw. Annuß/Lembke BB 2003, 2230, 2231; Naber/Seeger GWR 2016, 117, 118; Willemsen FS Wiedemann 2002 S. 645, 654 ff.; Broer Die arbeitsrechtliche Behandlung von Aktienoptionen als Vergütungsbestandteil S. 291 f., 294 ff.; Franken Die Vergütung mittels Aktienoptionen aus arbeitsrechtlicher Sicht S. 218 ff.; aA etwa Bauer/Diller Wettbewerbsverbote 9. Aufl. Rn. 375; Lipinski/Melms BB 2003, 150, 152).
37bb) Die von einem Dritten im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis versprochenen (beschränkten) Aktienerwerbsrechte können deshalb allenfalls dann Teil der „vertragsmäßigen Leistungen“ iSv. § 74 Abs. 2 HGB sein, wenn der Vertragsarbeitgeber im Hinblick auf die Gewährung solcher Leistungen durch die Obergesellschaft eine - wie auch immer geartete - eigene (Mit-)Verpflichtung eingegangen ist (vgl. - Rn. 16, 17; - 10 AZR 299/02 - zu II 2 c der Gründe, BAGE 104, 324). Die Einbeziehung von Aktienerwerbsrechten in das Arbeitsverhältnis kann dabei sowohl durch ausdrückliche Erklärung als auch durch schlüssiges Verhalten des Vertragsarbeitgebers erfolgen. Dabei kann eine solche Einbeziehung im Einzelfall anzunehmen sein, wenn die Arbeitsvertragsparteien die Teilhabe des Arbeitnehmers an einem Aktienerwerbs-Programm der Obergesellschaft explizit oder konkludent vereinbaren (vgl. - aaO; - 10 AZR 299/02 - zu II 2 d bb der Gründe, aaO; zu möglichen Anknüpfungspunkten einer konkludenten Einbeziehung von seitens einer Konzernmutter gewährten Aktienoptionen in das mit einer Tochtergesellschaft bestehende Arbeitsverhältnis vgl. Willemsen FS Wiedemann 2002 S. 645, 656 f.; ausführlich auch Franken Die Vergütung mittels Aktienoptionen aus arbeitsrechtlicher Sicht S. 221 ff.). Eine rechtliche Verpflichtung zu einer solchen Vertragsgestaltung oder tatsächliche dahin gehende Vermutung besteht aber nicht. Maßgeblich sind stets die jeweiligen Umstände des Einzelfalls.
38cc) Die von der Revision hiergegen vorgebrachten Argumente veranlassen keine andere Bewertung.
39(1) Die vom Kläger im Anschluss an Bauer/Diller (Wettbewerbsverbote 9. Aufl. Rn. 375) vertretene Auffassung, nach Sinn und Zweck der Karenzentschädigung müssten in deren Berechnung - zumindest bei engen Unternehmensverflechtungen - geldwerte Leistungen, die ein anderes, dem Unternehmensverbund angehöriges Unternehmen gegenüber Arbeitnehmern des Vertragsarbeitgebers im Hinblick auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses erbringt, deshalb einfließen, weil die Arbeitgeberleistungen häufig erst zusammen mit den Drittzuwendungen den „Marktwert“ des Arbeitnehmers zutreffend widerspiegelten, könnte zwar de lege ferenda unter Umständen erwägenswert sein, sie findet aber in § 74 Abs. 2 HGB, der - wie unter Rn. 26 ff. ausgeführt - eine vertragsmäßige Leistung des Vertragsarbeitgebers voraussetzt, keine Stütze.
40(2) Aus dem Umstand, dass die Karenzentschädigung dem Arbeitnehmer den Lebensstandard sichern soll, den er sich aufgrund seiner vorausgegangenen Tätigkeit erarbeitet hat (vgl. - zu 2 b aa der Gründe, BAGE 64, 1), folgt nichts Abweichendes. Angesichts der gesetzlichen Anknüpfung an die „vertragsmäßigen Leistungen“ kann maßgeblich nur der Lebensstandard sein, den der Arbeitnehmer auf der Grundlage seiner Rechtsbeziehungen mit dem Vertragsarbeitgeber erlangt hat. Wenden Dritte, was ihnen frei steht, dem Arbeitnehmer Aktienerwerbsrechte mit Bezug auf das Arbeitsverhältnis aus eigener Initiative und auf eigene Rechnung zu, werden diese Leistungen nicht Gegenstand des Arbeitsverhältnisses; die Vergünstigungen können dem Vertragsarbeitgeber - vorbehaltlich einer durch diesen begründeten (Mit-)Verpflichtung hinsichtlich der Gewährung der Zuwendung - vertragsrechtlich selbst dann nicht zugerechnet werden, wenn er von den Leistungen Kenntnis hat und diese billigt. Das schließt zugleich die Einbeziehung der Drittleistungen in die Karenzentschädigung nach § 74 Abs. 2 HGB aus, weil sich andernfalls für den aus dem Gewährungsvertrag nicht verpflichteten Vertragsarbeitgeber Lasten ergäben, die mit den Grundsätzen der Vertragsfreiheit nicht in Einklang zu bringen wären (zur Unzulässigkeit eines Vertrags zulasten Dritter vgl. - zu II 2 b bb (1) der Gründe, BAGE 108, 199).
41(3) Dass zu den vertragsmäßigen Leistungen iSv. § 74 Abs. 2 HGB auch Sonderzuwendungen gehören, die der Arbeitgeber unter Ausschluss eines Rechtsanspruchs als freiwillige Leistungen gewährt (vgl. - Rn. 17; - 3 AZR 110/88 - zu 2 der Gründe, BAGE 64, 1; jeweils mwN), führt ebenfalls zu keiner anderen Bewertung. Der Begriff „freiwillig“ bringt lediglich zum Ausdruck, dass der Arbeitgeber nicht bereits durch Gesetz, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung zu der fraglichen Leistung verpflichtet ist (vgl. - Rn. 22). Der Ausschluss eines Rechtsanspruchs hat, soweit er wirksam ist, jeweils nur für die Zukunft Bedeutung. Er ändert nichts daran, dass für eine in den maßgeblichen Zeiträumen (§ 74 Abs. 2, § 74b Abs. 2 HGB) tatsächlich bewirkte Arbeitgeberleistung ein schuldrechtlicher Anspruch aus dem Arbeitsvertrag begründet wird. Das unterscheidet die „freiwilligen“ Leistungen des Vertragsarbeitgebers von Zuwendungen, die ihre Rechtsgrundlage ausschließlich in den Rechtsbeziehungen zu einem Dritten haben. Die vom Kläger und vereinzelt in der Rechtsprechung der Instanzgerichte (vgl. - zu II 3 b der Gründe) angenommene Parallelität der Sachverhalte besteht nicht.
42(4) Wird - wie hier - mit der Obergesellschaft einer Unternehmensgruppe bzw. eines Konzerns auf der Basis eines von dieser aufgelegten Anreizplans die Gewährung von Aktienerwerbsrechten außerhalb der mit dem Vertragsarbeitgeber vereinbarten Vergütung vereinbart, liegt darin im Allgemeinen keine unzulässige Umgehung der gesetzlichen Bestimmungen über das Mindestmaß der Entschädigung. Gegen eine Umgehungsabsicht spricht, dass die (Konzern-)Obergesellschaft mit dem Gewährungsvertrag, auch wenn dieser durch den Arbeitsvertrag motiviert ist, typischerweise eigene Zwecke verfolgt. Ein dahin gehendes Angebot erfolgt regelmäßig nicht aus altruistischen Motiven oder in Form einer Schenkung; die Leistung soll vielmehr den im Unternehmensverbund beschäftigten Mitarbeitern Anreize zur Leistungssteigerung bieten in der Erwartung, dass durch besondere Anstrengungen der Wert der Aktie der Obergesellschaft steigt. Da in einem solchen Fall nicht der Arbeitsvertrag, sondern der Gewährungsvertrag die originäre Rechtsgrundlage für die Einräumung der Erwerbsrechte ist (für von einer Konzernmutter an Arbeitnehmer von Tochtergesellschaften gewährte Aktienoptionen: vgl. - zu II 2 d dd der Gründe, BAGE 104, 324; Annuß/Lembke BB 2003, 2230, 2231; Franken Die Vergütung mittels Aktienoptionen aus arbeitsrechtlicher Sicht S. 220; aA Lipinski/Melms BB 2003, 150, 152), finden die Leistungen der Obergesellschaft ihren Ursprung nicht im Arbeitsvertrag mit dem Arbeitgeber. Der Arbeitnehmer, der ein solches, über die arbeitsvertraglich geschuldete Vergütung hinausgehendes Angebot der (Konzern-)Obergesellschaft annimmt, muss wissen, dass er insoweit nicht mit seinem Arbeitgeber, sondern mit einem anderen Vertragspartner kontrahiert und dass er Ansprüche aus dieser Vereinbarung grundsätzlich nur gegenüber diesem anderen Vertragspartner - hier die Obergesellschaft - realisieren kann. Er muss deshalb erkennen, dass solche Ansprüche, sofern der Arbeitgeber in Bezug auf die Drittleistungen keine eigene (Mit-)Verpflichtung übernommen hat, auch bei der Bemessung der Karenzentschädigung nach § 74 Abs. 2 HGB keine Berücksichtigung finden.
43(5) Die nicht vom Vertragsarbeitgeber, sondern von der Obergesellschaft einer Unternehmensgruppe bzw. eines Konzerns, der bzw. dem der Vertragsarbeitgeber angehört, aufgrund eines mit der Obergesellschaft geschlossenen Vertrags erbrachten Leistungen sind auch dann nicht in die Berechnung der vom Vertragsarbeitgeber geschuldeten Karenzentschädigung einzubeziehen, wenn sich das Wettbewerbsverbot - wie hier - nach der mit dem Vertragsarbeitgeber getroffenen Abrede nicht auf den Geschäftsbereich des Vertragsarbeitgebers beschränkt, sondern auch auf den Geschäftsbereich eines anderen oder mehrerer anderer Unternehmen der Gruppe bzw. des Konzerns erstreckt. Ein solches Wettbewerbsverbot hat keinen Einfluss auf den Bedeutungsgehalt des § 74 Abs. 2 HGB, es hat insbesondere nicht zur Folge, dass die Leistungen der Obergesellschaft „vertragsmäßige Leistungen“ des Vertragsarbeitgebers iSv. § 74 Abs. 2 HGB werden.
44(a) Inhalt und Umfang eines Wettbewerbsverbots sind maßgeblich für die Beurteilung, ob das Wettbewerbsverbot unverbindlich iSv. § 74a Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 HGB ist. Nach § 74a Abs. 1 Satz 1 HGB ist das Wettbewerbsverbot insoweit unverbindlich, als es nicht dem Schutz eines berechtigten geschäftlichen Interesses des Arbeitgebers dient. Nach § 74a Abs. 1 Satz 2 HGB ist es ferner unverbindlich, soweit es unter Berücksichtigung der gewährten Entschädigung nach Ort, Zeit oder Gegenstand eine unbillige Erschwerung des Fortkommens des Gehilfen enthält. Dabei stehen die Regelungen in § 74a Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 HGB allerdings nicht beziehungslos nebeneinander. Ein Wettbewerbsverbot, das nicht dem Schutz eines berechtigten geschäftlichen Interesses dient, stellt regelmäßig auch eine unbillige Fortkommenserschwerung des Arbeitnehmers dar. In erster Linie kommt es deshalb darauf an, inwieweit das vereinbarte Wettbewerbsverbot tatsächlich von einem berechtigten geschäftlichen Interesse des Arbeitgebers gedeckt ist. Ist dies im Hinblick auf eine dem Verbot unterliegende Tätigkeit nicht der Fall, ist das Wettbewerbsverbot insoweit bereits nach § 74a Abs. 1 Satz 1 HGB unverbindlich. Besteht ein solches Interesse, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, inwieweit das Wettbewerbsverbot den Arbeitnehmer ausnahmsweise dennoch unbillig behindert. Die Frage der unbilligen Fortkommenserschwerung nach § 74a Abs. 1 Satz 2 HGB ist unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, wobei auch eine Wechselwirkung mit der vereinbarten Entschädigung besteht. Eine großzügige Entschädigung kann eine weitergehende örtliche, zeitliche und gegenständliche Einschränkung des Arbeitnehmers rechtfertigen (zu den Einzelheiten vgl. - Rn. 15 ff., BAGE 134, 147).
45(b) Nach § 74a Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 HGB büßt ein zu weit gefasstes Wettbewerbsverbot seine Wirksamkeit nicht insgesamt, sondern nur teilweise ein. Es wird aufgrund der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls auf das zulässige Maß zurückgeführt. Die Unwirksamkeit des Verbots in seinem unverbindlichen Teil tritt dabei kraft Gesetzes ein; es findet eine geltungserhaltende Reduktion statt (vgl. - Rn. 37 mwN). Rechtsfolge eines nur teilweise verbindlichen Wettbewerbsverbots ist demnach, dass der Arbeitgeber lediglich im verbindlichen Umfang die Unterlassung einer Konkurrenztätigkeit verlangen kann, während der Arbeitnehmer in vollem Umfang Anspruch auf die vereinbarte Karenzentschädigung hat, sofern er das Verbot in seinem verbindlichen Teil beachtet (ausführlich - Rn. 23, BAGE 134, 147).
46(c) Ausweislich der Gesetzesbegründung (vgl. Rn. 33) hat der historische Gesetzgeber den mit der Regelung in § 74a Abs. 1 HGB bewirkten Schutz des Gehilfen bei der Fassung des § 74 Abs. 2 HGB berücksichtigt und in seine Erwägungen zur Festlegung der Höhe der gesetzlichen Mindestkarenzentschädigung einbezogen. Eine dem Arbeitnehmer im Einzelfall auferlegte Verpflichtung, Wettbewerb auch im Geschäftsbereich eines mit dem Vertragsarbeitgeber verbundenen Unternehmens zu unterlassen, kann danach allenfalls zur teilweisen Unverbindlichkeit des Wettbewerbsverbots führen. Der Umstand, dass dem Arbeitnehmer eine sich auch auf andere (Konzern-)Unternehmen erstreckende Wettbewerbsbeschränkung auferlegt wurde, gebietet demgegenüber kein anderes Verständnis des Begriffs der „vertragsmäßigen Leistungen“ iSv. § 74 Abs. 2 HGB.
47(6) Auch steuerliche Erwägungen führen nicht zu einem anderen Ergebnis. Zwar ist für Aktienoptionen anerkannt, dass der geldwerte Vorteil aus der Ausübung solcher Optionen, der sich seinerseits nach dem Unterschied zwischen Übernahmepreis und aktuellem Kurs im Zeitpunkt des Zuflusses bemisst, steuerrechtlich unabhängig davon Arbeitslohn darstellt, ob die Optionen durch den Arbeitgeber oder durch eine Konzernobergesellschaft, also einen Dritten, eingeräumt wurden (vgl. - zu 2 b aa der Gründe; - I R 119/98 - zu II 4 b der Gründe, BFHE 195, 110; jeweils mwN). Entsprechendes wird für geldwerte Vorteile aus der unentgeltlichen Gewährung von RSUs nach Wegfall bestimmter Restriktionen und Zuteilungentsprechender Aktien angenommen (vgl. -). Aus der steuerlichen Behandlung können jedoch keine Rückschlüsse auf die privatrechtliche Rechtsgrundlage von Einkünften des Arbeitnehmers gezogen werden ( - Rn. 46; - 10 AZR 299/02 - zu II 2 d dd der Gründe, BAGE 104, 324). Dementsprechend differenziert auch der Bundesfinanzhof in seinen Entscheidungen zur steuerlichen Behandlung von Einkünften aus der Ausübung von Aktienoptionen, die eine Muttergesellschaft Arbeitnehmern einer Tochtergesellschaft einräumt, ausdrücklich zwischen den schuldrechtlichen Beziehungen und den steuerrechtlichen Konsequenzen (bspw. - aaO).
483. Nach alledem waren die dem Kläger von der A Inc. zugesagten und gewährten RSUs nicht in die Berechnung der Karenzentschädigung nach § 15 (2.3) des Arbeitsvertrags iVm. § 74 Abs. 2 HGB einzubeziehen.
49a) Der Kläger hat über die RSUs, die er in der Zeit seiner Tätigkeit für die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerinnen erhalten hat, Vereinbarungen ausschließlich mit der A Inc. getroffen. Nach der Präambel der vorgelegten Mustervereinbarung war Gegenstand der jeweiligen Abreden der Erhalt einer „Prämie“ von „A Inc. (die ‚Gesellschaft‘) gemäß dem Aktienanreizplan der Gesellschaft von 1997 (der ‚Plan‘)“. Die Prämie gewährte ein ungesichertes und ungedecktes Versprechen der A Inc., dem Kläger „in der Zukunft Stammaktien der Gesellschaft zu übertragen, sofern die in [dem] Vertrag (… ‚Global Restricted Stock Unit Award Agreement‘) aufgeführten Unverfallbarkeitsbedingungen (Vesting Conditions) erfüllt“ waren. Danach besteht kein Zweifel daran, dass die dem Kläger gewährten RSUs Leistungen der A Inc. und keine Leistungen der Beklagten darstellten.
50b) Weder die Beklagte noch ihre Rechtsvorgängerinnen sind hinsichtlich der Gewährung der RSUs eine irgendwie geartete vertragliche (Mit-)Verpflichtung eingegangen.
51aa) Eine solche Verpflichtung ergibt sich weder aus dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom iVm. der Zusatzvereinbarung über die Gewährung eines „Sign-on Bonus“ noch aus dem Überleitungsvertrag vom bzw. dem Schreiben der A Inc. vom .
52(1) Bei den erkennbar jeweils vorformulierten vertraglichen Vereinbarungen handelt es sich, wenn auch ggf. nicht um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB, so doch aber zumindest um vorformulierte Vertragsbedingungen iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB, deren Auslegung - wie unter Rn. 22 ausgeführt - nach den für Allgemeine Geschäftsbedingungen bzw. vorformulierten Vertragsbedingungen iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB geltenden Grundsätzen auch dem Revisionsgericht obliegt. Bei dem Schreiben der A Inc. vom handelt es sich um typische Erklärungen, so dass hier Entsprechendes gilt.
53(2) Der für das Arbeitsverhältnis der Parteien bis zuletzt maßgebliche Arbeitsvertrag vom enthält keine ausdrücklichen Regelungen über die Gewährung von RSUs. Ein verständiger und redlicher Vertragspartner konnte - wie das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat - auch weder den Vereinbarungen über die Zahlung des sog. Sign-on Bonus noch den Klauseln über die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots eine konkludente Abrede entnehmen, nach der die Gewährung von RSUs bzw. die Teilnahme am RSU-Anreizprogramm der A Inc. in irgendeiner Form Teil der dem Kläger von der Beklagten versprochenen Leistungen sein sollte.
54(a) Aus § 14 des Arbeitsvertrags iVm. der Zusatzvereinbarung über den „Sign-on Bonus“ ergibt sich, dass die vormalige Arbeitgeberin des Klägers mit der Zahlung dieses Bonus ihre Wertschätzung für die Entscheidung des Klägers zur Eingehung des Arbeitsverhältnisses zum Ausdruck bringen wollte. Zum anderen sollte die Zahlung die - erwartete - Betriebstreue des Klägers in den ersten Jahren des Arbeitsverhältnisses honorieren. Daraus ergibt sich kein Anhaltspunkt für das vom Kläger favorisierte Verständnis, der „Sign-on Bonus“ habe zudem eine wirtschaftliche Kompensation der ihm vor Abschluss des Arbeitsvertrags durch Schreiben der A Inc. vom in Aussicht gestellten, allerdings verzögert „vestenden“ RSUs dargestellt.
55(b) Selbst wenn zugunsten des Klägers davon ausgegangen würde, der „Sign-on Bonus“ habe eine „Überbrückungsleistung“ dargestellt, hätte es sich hierbei nach der in § 14 des Arbeitsvertrags iVm. der Zusatzvereinbarung über den „Sign-on Bonus“ getroffenen Abrede doch um eine einmalige Leistung des Arbeitgebers gehandelt, die sowohl nach ihrem Inhalt als auch den Modalitäten der Auszahlung von den Zuteilungen der RSUs gänzlich unabhängig war. Für einen verständigen und redlichen Arbeitnehmer in der Lage des Klägers war zudem objektiv bereits aus dem Schreiben der A Inc. vom erkennbar, dass ihm RSUs nicht von der Vertragsarbeitgeberin, sondern von dritter Seite, nämlich der A Inc. gewährt werden würden. Nach dem Schreiben sollte der Kläger für den Fall, dass er ein Arbeitsverhältnis mit einer Tochtergesellschaft der A Inc. eingehen würde, berechtigt sein, auf der Grundlage eines mit A Inc. abzuschließenden Vertrags beschränkte Aktieneinheiten der A Inc. zu erhalten. Ein über die Gewährung des „Sign-on Bonus“ hinausgehender Verpflichtungswille der Beklagten als Vertragsarbeitgeberin ist deshalb aus den betreffenden schriftlichen Vereinbarungen nicht ablesbar.
56(c) Auch die in § 15 des Arbeitsvertrags über das nachvertragliche Wettbewerbsverbot getroffenen Vereinbarungen konnten aus der Sicht eines verständigen und redlichen durchschnittlichen Vertragspartners nicht dahin verstanden werden, dass RSUs Teil der dem Kläger aufgrund des mit seinem Vertragsarbeitgeber geschlossenen Arbeitsvertrags zustehenden Leistungen waren. Zwar bezieht sich die dem Kläger in § 15 (2) des Arbeitsvertrags auferlegte Wettbewerbsbeschränkung auch auf den Geschäftsbereich von Konzernunternehmen und insoweit auf die in § 15 (1.1) des Arbeitsvertrags als ein solches Unternehmen benannte A Inc.. Ein rechtlicher Bindungswille der Beklagten, in Bezug auf Leistungen, die dem Kläger außerhalb des Arbeitsvertrags von Seiten der A Inc. gewährt werden, eigene (Mit-)Verpflichtungen zu begründen oder diese Drittleistungen jedenfalls bei der Bemessung der Karenzentschädigung zu berücksichtigen, lässt sich hieraus aber nicht ableiten. Vereinbarungen über den Umfang des Wettbewerbsverbots bestimmen - wie unter Rn. 43 ff. ausgeführt - weder den Umfang der vom Vertragsarbeitgeber im Arbeitsverhältnis geschuldeten Leistungen noch beeinflussen sie - ungeachtet der Frage einer sich aus der Reichweite der Wettbewerbsbeschränkung ergebenden teilweisen Unverbindlichkeit des Verbots - die Höhe der versprochenen Karenzentschädigung.
57(d) Soweit der Kläger einwendet, es liege „auf der Hand“, dass RSUs bei den Gehaltsverhandlungen „eine Rolle“ gespielt hätten, und er mit der Beklagten im Lauf seiner Tätigkeit ganz erhebliche Erhöhungen seines Grundgehalts vereinbart oder er eine andere leistungsabhängige Gratifikation erhalten hätte, wenn es nicht das RSU-Anreizprogramm der A Inc. gegeben hätte, handelt es sich um bloße Spekulationen, die durch nichts belegt sind. Konkrete Anhaltspunkte, die zu der Annahme berechtigten, die Parteien hätten im Rahmen ihrer arbeitsvertraglichen Vereinbarungen konkludent verabredet, der Kläger solle die RSUs anstelle eines ihm sonst von der Beklagten gezahlten (höheren) Gehalts beziehen (zu diesem Gesichtspunkt bspw. Annuß/Lembke BB 2003, 2230, 2233; Franken Die Vergütung mittels Aktienoptionen aus arbeitsrechtlicher Sicht S. 222 mwN), liegen nicht vor.
58(3) Die Rechtsvorgängerin der Beklagten ist auch in dem Überleitungsvertrag vom hinsichtlich der Gewährung der RSUs keine irgendwie geartete vertragliche (Mit-)Verpflichtung eingegangen. Die Regelung in Art. 3 § 2 dieses Vertrags hat, soweit dort bestimmt ist, dass der Vertrag keine Auswirkungen auf etwaige, dem Kläger von der A Inc., USA, gewährte RSUs hat, zweifelsfrei lediglich klarstellenden Charakter.
59bb) Ein konkludentes Angebot der Beklagten oder einer ihrer Rechtsvorgängerinnen, im Hinblick auf die Gewährung der RSUs eine eigene vertragliche (Mit-)Verpflichtung zu begründen, lässt sich auch weder deren Verhalten bei der Durchführung des Arbeitsverhältnisses bzw. dem Verhalten der A Inc. entnehmen. Insbesondere lässt sich ein entsprechender (Mit-)Verpflichtungswille weder aus den von den Führungskräften erstellten Leistungsbeurteilungen noch aus der Auszahlung von Erlösen aus Aktienzuteilungen einschließlich deren steuerlicher Behandlung durch die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerinnen, aus deren Vergütungsmitteilungen oder aus dem von der A Inc. beworbenen „Total Compensation Modell“ bzw. aus Äußerungen der Beklagten über ihre „Unternehmensphilosophie“ ableiten.
60Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei den in Rede stehenden Äußerungen und Mitteilungen um typische oder atypische Erklärungen handelt (zur unterschiedlichen Reichweite der revisionsrechtlichen Kontrolle: vgl. - Rn. 38, BAGE 174, 294; - 7 AZR 70/17 - Rn. 24 mwN, BAGE 164, 370). Ebenso kann offenbleiben, ob die angefochtene Entscheidung, soweit es um die Würdigung eines tatsächlichen Verhaltens geht, einer uneingeschränkten revisionsrechtlichen Kontrolle unterliegt oder nur daraufhin überprüft werden kann, ob sich das Landesarbeitsgericht entsprechend den Vorgaben des Prozessrechts mit dem Prozessstoff umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat und ob seine Würdigung vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr., zB - Rn. 27 mwN). Sowohl die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Auslegung als auch dessen Würdigung halten auch einer uneingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
61(1) Es spricht bereits viel dafür, dass den von den Führungskräften vorgenommenen Leistungsbeurteilungen kein rechtsgeschäftlicher Erklärungswert zukommt (vgl. Häferer/Burger NZA 2020, 143, 145). Unmittelbare Rechtsfolgen treten mit ihnen nicht ein. Letztlich kommt es hierauf aber nicht an. Unabhängig von ihrer Einordnung als Realakt, rechtsgeschäftsähnliche Handlung oder als Willenserklärung lag in der Erstellung von Leistungsbeurteilungen jedenfalls kein an den Kläger gerichtetes Angebot der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerinnen, im Hinblick auf die Gewährung von RSUs eine eigene (Mit-)Verpflichtung zu begründen (vgl. auch - Rn. 23).
62(a) Die Leistungsbeurteilungen dienten der A Inc. mit Sitz in den USA als Grundlage für deren Entscheidung über die künftige Gewährung von RSUs an in der „A-Gruppe“ beschäftigte Mitarbeiter/innen. Soweit Führungskräfte der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerinnen und nicht Beschäftigte der A Inc. die Leistungsbeurteilungen vorgenommen haben, lag dies in der Natur der Sache. Die (Konzern-)Obergesellschaft wollte mit den RSUs Anreize für im (Konzern-)Verbund tätige Beschäftigte schaffen, von deren Arbeitsleistung sie mittelbar - über Wertsteigerungen ihrer Aktien - profitieren konnte. Da sie die Qualität der Arbeitsleistung von Mitarbeitern/innen, die zum potentiell begünstigten Personenkreis zählten, jedoch nicht unmittelbar bei ihr beschäftigt waren, nicht aus eigener Kenntnis beurteilen konnte, war sie auf die Unterstützung des jeweiligen Vertragsarbeitgebers angewiesen. Diese Umstände waren für einen verständigen Arbeitnehmer in der Lage des Klägers ohne Weiteres erkennbar. Ein solcher Arbeitnehmer wusste aus den mit der A Inc. geschlossenen RSU Award Agreements und den zugrunde liegenden Planbedingungen auch, dass die Letztentscheidung über die Gewährung von RSUs im alleinigen Ermessen des Vorstands der A Inc. (Board of Directors) lag.
63(b) Es spricht zudem viel dafür, dass die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerinnen gegenüber dem Kläger sogar eine rechtliche Verpflichtung traf, die Leistungsbeurteilungen durchzuführen. Denn grundsätzlich ist jeder Vertragspartner verpflichtet, auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils Rücksicht zu nehmen (§ 241 Abs. 2 BGB). Diese Rücksichtnahmepflicht kann auch eine Verpflichtung des Arbeitgebers umfassen, bei der Wahrung oder Entstehung von Ansprüchen seiner Arbeitnehmer mitzuwirken, die diese gegenüber Dritten erwerben können (vgl. - Rn. 14). Bei dieser Pflicht handelt es sich allerdings um eine Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis, deren schuldhafte Verletzung keine vertraglichen Leistungsansprüche nach sich ziehen, sondern allenfalls Schadensersatzansprüche des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber begründen könnte.
64(2) Auch der Umstand, dass die Beklagte nach dem „Vesting“ der RSUs und der Zuteilung von Aktien die jeweiligen Veräußerungserlöse an den Kläger auszahlte, lässt nicht auf deren Willen schließen, eine eigene rechtsgeschäftliche (Mit-)Verpflichtung einzugehen. Die Auskehrung der Erlöse durch die Beklagte beruhte auf einem - unstreitig - zwischen ihr und der A Inc. geschlossenen Dienstleistungsvertrag. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte sei bei den Auszahlungen als Erfüllungsgehilfin der A Inc. iSd. § 278 Satz 1 BGB tätig geworden, ist demnach rechtsfehlerfrei und wird von der Revision auch nicht angegriffen.
65Ob die Beklagte - wie jedenfalls für das Jahr 2019 geschehen - verpflichtet war, Lohnsteuer auf die vom Kläger aus RSU-Gewährungen erzielten Aktienerlöse nach Maßgabe der §§ 38, 41a EStG anzumelden, einzubehalten und abzuführen (zur Problematik vgl. - zu 2 b bb der Gründe), bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Selbst wenn die Durchführung des Lohnabzugsverfahrens mit den Vorgaben des Steuerrechts nicht in Einklang gestanden haben sollte, wäre dies nur steuerrechtlich von Bedeutung; Rückschlüsse auf einen bestimmten Inhalt des Schuldverhältnisses der Parteien konnte ein verständiger und redlicher Arbeitnehmer - wie unter Rn. 47 ausgeführt - aus diesem Verhalten nicht ziehen.
66(3) Entgegen seiner Auffassung konnte der Kläger die ihm für das Vergütungsjahr 2019 unter dem Titel „Zusammenfassung der persönlichen Vergütung“ zugeleitete Übersicht nicht dahin verstehen, dass RSUs Teil der Gegenleistung der Beklagten für seine Arbeitsleistung waren, sie also durch seine Arbeit verdient und auch von der Beklagten als Entlohnung für erbrachte Arbeit verstanden wurden. Der Vergütungsmitteilung lässt sich ein dahin gehender rechtsgeschäftlicher Bindungswille der Beklagten nicht entnehmen, was die Revision letztlich auch zugesteht. An dieser Bewertung würde sich auch dann nichts ändern, wenn inhaltsgleiche Zusammenfassungen bereits vor 2019 Jahr für Jahr aufs Neue erstellt und an den Kläger übermittelt worden sein sollten.
67Die „Zusammenfassung der persönlichen Vergütung“ für das Vergütungsjahr 2019 enthält in der Fußnote den Hinweis, dass RSUs von der A Inc. zur Verfügung gestellt werden und jede Zuteilung auf der Grundlage und nach den Bestimmungen des zwischen dem Kläger und der A Inc. hierzu getroffenen Vertrags erfolgt. Zugleich wird ausdrücklich klargestellt, dass es sich bei dem Schreiben um eine „informative Übersicht“ und nicht um einen Vertrag oder ein Vertragsdokument handelt. Bereits daraus wurde für einen durchschnittlichen Arbeitnehmer hinreichend deutlich, dass die Zusammenfassung(en) der persönlichen Vergütung keinen Einfluss auf die der RSU-Gewährung zugrunde liegenden schuldrechtlichen Beziehungen haben sollte(n). Im Übrigen konnte auch der weitere in der „Zusammenfassung der persönlichen Vergütung“ enthaltene Hinweis, wonach die RSUs nicht bei der Berechnung zB von Abfindungen und Karenzentschädigungen Berücksichtigung finden, nur dahin verstanden werden, dass die Beklagte die RSUs nicht als Bestandteil ihrer Gegenleistung für die vom Kläger geschuldete Arbeitsleistung ansah.
68(4) Der Kläger durfte die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Parteien und das Verhalten der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerinnen bei der Durchführung des Arbeitsverhältnisses auch nicht deshalb anders verstehen, weil die A Inc. im Jahr 2020 ein „Total Compensation Modell“ verfolgte und gegenüber potentiellen Mitarbeitern/innen bewarb, nach welchem sich die „Vergütung“ von Mitarbeitern/innen aus einem „moderaten“ Grundgehalt sowie RSUs zusammensetzt. Insoweit fehlt es bereits an Vorbringen des Klägers zu den Umständen, unter denen die Erklärungen erfolgten, und damit zugleich an der Darlegung eines Sachverhalts, aufgrund dessen die Beklagte sich die Äußerungen der Obergesellschaft im Arbeitsverhältnis mit dem Kläger ggf. zurechnen lassen müsste. Dem weiteren Vorbringen des Klägers, die Beklagte habe in einer Stellenanzeige selbst damit geworben, eine „Vergütungsphilosophie“ aus Grundgehältern, jährlichen Leistungsprämien sowie RSUs zu verfolgen, kommt vorliegend schon deshalb keine Bedeutung zu, weil die herangezogene Ausschreibung aus dem Jahr 2020 stammt und sich an neu einzustellende Mitarbeiter/innen wendet. Unabhängig davon enthält eine Stellenausschreibung regelmäßig kein rechtsverbindliches Angebot zum Abschluss eines Arbeitsvertrags mit einem bestimmten Inhalt (vgl. - Rn. 35).
69cc) Das Landesarbeitsgericht hat auch die Abreden der Parteien in der Abwicklungsvereinbarung vom zutreffend dahin ausgelegt, dass sich aus ihnen keine eigene (Mit-)Verpflichtung der Beklagten hinsichtlich der Gewährung der RSUs ergibt.
70(1) Dabei waren - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - jedenfalls bei der Auslegung von § 2 Abs. 2 und § 8 der Abwicklungsvereinbarung - auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen. Bei den in diesen Bestimmungen enthaltenen Abreden handelt es sich nämlich nicht um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB oder um vorformulierte Vertragsbedingungen iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB, bei deren Auslegung solche Umstände außer Betracht bleiben müssten (st. Rspr., zB - Rn. 17 mwN), sondern um Individualvereinbarungen (vgl. dazu bspw. - Rn. 25 mwN). Nach den von den Parteien nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts fand die in § 8 der Abwicklungsvereinbarung getroffene Abrede in wesentlichen Teilen auf Initiative des Klägers und erst nach eingehenden Verhandlungen der Parteien über ihren Inhalt Eingang in den Vertrag. Der Kläger konnte, wie der betreffende E-Mail-Verkehr der Parteien belegt, auf die in der Regelung enthaltenen Formulierungen Einfluss nehmen und hat dies auch getan.
71(2) Hiervon ausgehend konnte der Kläger der Abwicklungsvereinbarung nicht entnehmen, dass die Beklagte ihm RSUs oder auch nur die auf das „Vesting“ im November 2019 entfallenden Anteile als Bestandteil ihrer Arbeitgeberleistungen zuwenden wollte.
72(a) Zwar konnte die in § 2 Abs. 2 der Abwicklungsvereinbarung unter der Überschrift „Vergütung / Abwicklung“ getroffene Vereinbarung, wonach bezüglich der RSUs ausschließlich die Regelung in § 8 der Vereinbarung galt, - für sich betrachtet - auf den ersten Blick den Eindruck erwecken, aus Sicht der Beklagten handele es sich bei den RSUs um „Vergütung“ im arbeitsvertraglichen Sinne.
73(b) Allerdings musste § 2 Abs. 2 der Abwicklungsvereinbarung im Kontext mit den Bestimmungen in § 8 der Abwicklungsvereinbarung ausgelegt werden. Danach findet sich für die Auffassung des Klägers, die Parteien hätten die RSUs oder die auf das „Vesting“ im November 2019 entfallenden Anteile als Bestandteil der von der Beklagten als Vertragsarbeitgeberin geschuldeten Leistungen vereinbart, kein genügender Anhaltspunkt.
74(aa) Dies legt bereits der Wortlaut von § 8 der Abwicklungsvereinbarung nahe.
75Nach § 8 Satz 1 der Abwicklungsvereinbarung richten sich die Rechte und Pflichten des Mitarbeiters bezüglich der RSUs, wenn und soweit der Mitarbeiter bereits RSUs der A Inc. erhalten hat, nach den schriftlich getroffenen einzelvertraglichen Regelungen (insbesondere nach dem RSU Award Agreement mit A Inc.) sowie den Bestimmungen desjenigen Restricted Stock Unit Plans der A Inc., nach welchem die RSUs dem Mitarbeiter zugeteilt wurden. Diese Regelung hat erkennbar klarstellenden Charakter und sollte verdeutlichen, dass sich die Ansprüche des Klägers auf die Gewährung von RSUs weiterhin nur aus den mit der A Inc. getroffenen Vereinbarungen bzw. dem von dieser aufgelegten RSU-Anreizprogramm ergeben konnten. Die in § 8 Satz 2 und Satz 3 der Abwicklungsvereinbarung über den Verfall und die Ausübbarkeit von RSUs getroffenen Abreden stehen sodann nicht beziehungslos neben Satz 1 der Bestimmung, sondern knüpfen an die dort getroffenen Vereinbarungen an. Soweit es darin heißt, dass alle RSUs, die noch nicht „gevested“, dh. fällig sind, aber vor dem Beendigungstermin ausübbar werden, „wie gewohnt“ ausübbar werden, einschließlich aller RSUs, die im November 2019 fällig werden, konnte es sich wiederum nur um RSUs handeln, die auf der Grundlage desjenigen Restricted Stock Unit Plans der A Inc. beruhten, nach welchem die RSUs dem Kläger zugeteilt wurden. Danach ließen auch die Vereinbarungen der Parteien über das „Vesting“ nicht darauf schließen, dass die Beklagte - abweichend von der klarstellenden Abrede in § 8 Satz 1 der Abwicklungsvereinbarung - im Hinblick auf die Gewährung dieser RSUs eigene Verpflichtungen begründen wollte.
76(bb) Auch unter Berücksichtigung der vorausgegangenen Verhandlungen und der bestehenden Interessenlage der Parteien konnten die in der Abwicklungsvereinbarung getroffenen Abreden nicht dahin verstanden werden, dass die Beklagte dem Kläger RSUs oder auch nur die auf das „Vesting“ im November 2019 entfallenden Anteile als Bestandteil ihrer Arbeitgeberleistungen zuwenden wollte.
77Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ging es dem Kläger bei der in § 8 der Abwicklungsvereinbarung getroffenen Regelung - unstreitig - darum, für die Zeit der vereinbarten Freistellung von der Arbeitspflicht ein „Vesting“ ihm bereits gewährter RSUs, die nach den Vereinbarungen mit der A Inc. an sich im November 2019 fällig werden sollten, sicherzustellen. Hintergrund war dabei die in Nr. 6 des maßgeblichen RSU Award Agreements enthaltene Bestimmung, wonach bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der A Inc. bzw. einer ihrer Tochtergesellschaften unabhängig vom Beendigungsgrund und unabhängig davon, ob die Beendigung freiwillig oder auf Veranlassung des jeweiligen Arbeitgebers erfolgt, der zu diesem Zeitpunkt noch nicht unverfallbare Anteil der Prämie „automatisch“ verfallen sollte, und zudem „im Sinne dieser Prämienregelung“ das Arbeitsverhältnis als von dem Tag an beendet gelten sollte, der der Freistellung des Arbeitnehmers von der Verpflichtung zur Arbeit für die Gesellschaft bzw. einer ihrer Tochtergesellschaften vorausgeht, soweit in dieser (Prämien-)Vereinbarung oder durch Beschluss der Gesellschaft nicht ausdrücklich bestimmt worden sei, dass die Prämie nicht verfällt.
78Da es der Beklagten, die diese Bestimmungen kannte, grundsätzlich nicht oblag, Regelungen über ein „Vesting“ zu treffen, spricht alles dafür, dass sich deren Interesse bei der Aufnahme von § 8 in die Abwicklungsvereinbarung darauf beschränkte, das Zustandekommen des Abwicklungsvertrags nicht durch aus Sicht des Klägers bestehende Unsicherheiten über den Eintritt der Unverfallbarkeit von Aktienzuteilungen im Freistellungszeitraum zu gefährden. Bereits daraus ergibt sich, dass der Kläger nicht annehmen durfte, die Beklagte wolle mit den Regelungen in § 8 Satz 2 und Satz 3 der Abwicklungsvereinbarung originäre eigene arbeitsvertragliche Pflichten in Bezug auf die Gewährung von RSUs begründen oder auch nur dokumentieren.
79Es kommt hinzu, dass die Beklagte - wie das Landesarbeitsgericht ebenfalls unangefochten festgestellt hat - dem Kläger im Zuge der Verhandlungen über § 8 der Abwicklungsvereinbarung versicherte, dass die A Inc. bestimmt habe, die dem Kläger bereits gewährten RSUs auch während einer Freistellungsphase noch „vesten“ und zur Auszahlung kommen zu lassen. Dabei wies sie - unstreitig - einen zwischenzeitlichen Vorschlag des Klägers zurück, der auszugsweise dahin lauten sollte, dass die Parteien, „unabhängig und ggf. entgegen … anderslautender Formulierungen in den Bestimmungen des RSU Award Plans […] ausdrücklich vereinbaren, dass die im November 2019 vestenden RSU’s [dem Kläger] trotz Freistellung von der Erbringung seiner Arbeitsleistung zustehen, ihm zugeteilt und noch im November 2019 an ihn übertragen werden“. Stattdessen schlug sie die letztlich in § 8 der Abwicklungsvereinbarung aufgenommene Regelung vor, mit der sich der Kläger im Ergebnis einverstanden erklärte. All dies verdeutlicht, dass die in § 8 Satz 2 und Satz 3 der Abwicklungsvereinbarung getroffenen Abreden nur dem Zweck dienten, die von der A Inc. zugesagte Handhabung der Abreden in Nr. 6 des RSU Award Agreements zu bestätigen. Etwas anderes folgt deshalb auch nicht aus der Begleit-E-Mail der Mitarbeiterin G vom , in der es heißt, sie „bestätige“ „gerne nochmal“, dass die im November 2019 „vestenden“ RSUs dem Kläger trotz Freistellung zustehen, ihm zugeteilt und an ihn übertragen würden, was gerne auch der Geschäftsführer der Beklagten nochmals bestätigen könne.
80Umstände, die auf eine hiervon abweichende Interessenlage der Parteien hindeuten könnten, sind nicht erkennbar. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat anklingen lassen, das Landesarbeitsgericht habe bei seiner Würdigung den Prozessstoff nicht erschöpft, fehlt es dafür an Anhaltspunkten. Eine zulässige Verfahrensrüge hat der Kläger insoweit nicht erhoben.
81(cc) Abweichendes folgt auch nicht aus § 10 Satz 2 der Abwicklungsvereinbarung. Soweit dort bestimmte Ansprüche aus der in Satz 1 enthaltenen Erledigungsregelung ausgenommen werden, betrifft dies ua. Beträge, die unter Umständen bei der Abrechnung etwaiger von dem Mitarbeiter bereits ausgeübter oder nach § 8 der Abwicklungsvereinbarung noch auszuübender RSUs von der Beklagten überzahlt worden sind oder überzahlt werden. Diese Regelung steht erkennbar im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Beklagten als Dienstleister bei der Abrechnung und Auskehrung von Aktienerlösen, die der Kläger aus den ihm von Seiten der Obergesellschaft gewährten RSUs erzielt hat oder noch erzielen würde. Auch aus dieser vertraglichen Vereinbarung lässt sich demnach im Hinblick auf die Gewährung von RSUs nichts für eine (Mit-)Verpflichtung der Beklagten herleiten.
82dd) Die gebotene Gesamtschau aller Umstände des vorliegenden Einzelfalls führt nicht zu einem für den Kläger günstigeren Ergebnis. Die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerinnen haben im Rahmen schriftlicher Vereinbarungen mit dem Kläger weder ausdrücklich noch konkludent eine (Mit-)Verpflichtung begründet, nach welcher RSUs als Bestandteil der von ihnen für die Arbeitsleistung des Klägers geschuldeten Vergütung anzusehen wären. Im Lauf des Arbeitsverhältnisses wurde dem Kläger mehrfach - wie zuletzt in § 8 der Abwicklungsvereinbarung - verdeutlicht, dass für die Gewährung der RSUs allein die schuldrechtlichen Beziehungen zwischen ihm und der A Inc. maßgeblich sein sollen. Die Beklagte und ihre Rechtsvorgängerinnen haben - jedenfalls gegenüber dem Kläger - auch zu keinem Zeitpunkt RSUs ohne entsprechende Klarstellung als Vergütung bezeichnet bzw. durch ein sonstiges Verhalten zum Ausdruck gebracht, hinsichtlich der Gewährung von RSUs eigene vertragliche Verpflichtungen eingehen zu wollen. Für den Kläger war überdies aus den mit der A Inc. getroffenen Abreden erkennbar, dass diese mit dem RSU-Anreizprogramm eigene, am Shareholder-Value ausgerichtete Zwecke verfolgte. Auch wenn, wie der Kläger behauptet hat, sämtliche Vertragsangelegenheiten im Hinblick auf die Gewährung von RSUs „mit der bei der Beklagten angesiedelten Abteilung ‚HR‘“ „kommuniziert“ worden sein sollten, musste er doch wissen, dass er Ansprüche aus den RSU Award Agreements iVm. dem jeweils zugrunde liegenden Plan nur gegenüber der aus den Vereinbarungen verpflichteten Obergesellschaft geltend machen konnte. Im Übrigen diente die vom Kläger nicht näher spezifizierte „Kommunikation“ über die Beklagte angesichts des Sitzes der A Inc. in den USA der Vereinfachung, die auch ihm zugutekam.
834. Der Beklagten ist es schließlich nicht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, bei der Berechnung der Karenzentschädigung die seitens der A Inc. gewährten RSUs außer Betracht zu lassen. Tatsächliche Umstände, die zu der Annahme führen könnten, die Beklagte habe sich durch treuwidriges Verhalten eine für sie günstige Rechtsstellung verschafft (zu den Voraussetzungen vgl. - Rn. 44 mwN, BAGE 156, 71) oder verhalte sich widersprüchlich (vgl. dazu bspw. - Rn. 22 mwN), liegen nicht vor. Gegenteiliges macht der Kläger - wie bereits im Berufungsrechtszug - auch nicht (mehr) geltend.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2022:250822.U.8AZR453.21.0
Fundstelle(n):
BB 2023 S. 1206 Nr. 21
BB 2023 S. 1216 Nr. 21
BB 2023 S. 180 Nr. 4
DB 2023 S. 1225 Nr. 20
DB 2023 S. 125 Nr. 20
DStR 2023 S. 1616 Nr. 29
DStR-Aktuell 2022 S. 14 Nr. 35
ZIP 2023 S. 156 Nr. 3
CAAAJ-29862