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WP Praxis Nr. 7 vom Seite 191

Statistik in der Prüfungspraxis

Teil 1: Grundlegende Überlegungen zu prüferischen Stichproben

Roger Odenthal

Die mathematische Statistik wird in sämtlichen Spielarten das zu prüfende Arbeitsumfeld zukünftig mit zunehmender Intensität bestimmen. Der vorliegende Beitrag sowie zwei Folgebeiträge (WP Praxis 8/2020 und WP Praxis 9/2020) beschäftigen sich mit der praktischen „Stichprobentechnik“ und insoweit mit einem schmalen Ausschnitt aus dem statistischen Universum. Hierbei stehen zunächst begriffliche Klärungen und die Frage, warum sie funktioniert, im Vordergrund. Dieses gesicherte Fundament ermöglicht anschließend einige Ausflüge in die Prüfungspraxis.

Zülch, Prüfungsprozess, infoCenter NWB VAAAE-25215

Kernaussagen
  • Mit der Digitalisierung des Prüfungsbereichs steigen die Anforderungen an solider statistischer Expertise.

  • Grundlagen- und Begriffsverständnis sind für die praktische Stichprobenanwendung wichtiger als komplexe Formeln.

  • Geringe Stichprobenumfänge und kleine Prüffelder mit hohem Stichprobenanteil erfordern besondere Aufmerksamkeit.

I. Hintergrund – Unverhofft kommt oft

Zahlreiche gestandene Prüfer entwickeln während ihres Berufslebens ein eher ambivalentes Verhältnis zur Statistik. Sie wird als theoretische oder akademische Disziplin angesehen, während sich die praktische Prüfungstätigkeit weitgehend ohne komplizierte Formeln mithilfe von Intuition und Menschenverstand erledigen lässt. Die aufgeführte Vermeidungsstrategie wird zudem durch populärere Digitalisierungsversprechen unterstützt, welche die Substitution statistischer Stichprobenprüfungen durch automatisierte Massendatenanalysen mit Hilfe künstlicher Intelligenz (KI) in den Raum stellen. Schließlich verheißen sie ein Ende ungewisser Prüferurteile, die sich lediglich an Wahrscheinlichkeiten orientieren.

Paradoxerweise zeigt sich abseits all dieser Hoffnungen, dass gerade die ersehnte Beurteilung von Prüffeldern auf der Grundlage artifizieller Datenauswertungen solide statistische Expertise erfordert. Dies gilt gleichermaßen für die beschreibende und schließende Statistik. Schließlich lassen sich sowohl die Konfektionierung digitaler Analyseverfahren als auch eine sachkundige Einordung automatisch bereitgestellter Prüfungsergebnisse ohne entsprechende Kenntnisse kaum bewerkstelligen.

Gleiches gilt für den Einsatz grafischer Analysedashboards mit belastbaren Schlussfolgerungen zu hieraus resultierenden Kurvenverläufen. Selbst der oft beschworene Abgesang auf prüferische Beurteilungen mittels Stichprobentechnik dürfte sich in diesem Zusammenhang als voreilig erweisen.

Erfahrungsgemäß bedürfen gerade die auf fortschrittlicher Analysetechnik basierenden „Auffälligkeiten“ einer kritischen prüferischen Begleitung und Einordnung zu deren realen Entstehungskontexten, die, wie bereits in der Vergangenheit, lediglich in Stichproben erfolgen kann.

Wägt man alle Argumente ab, wird mathematische Statistik in sämtlichen Spielarten unser zu prüfendes Arbeitsumfeld zukünftig sogar mit zunehmender Intensität bestimmen. Schließlich warten am nahen Horizont bereits automatisierte Audit-Lösungen auf ihren Einsatz, deren „lernende“ Analysetechniken nach Einschätzung namhafter KI-Experten nicht mehr nachzuvollziehen sind. Die denklogische und kritische Auseinandersetzung mit sich hieraus ergebenden Prüfungsergebnissen entwickelt sich somit zu einer Herausforderung, der wir uns gleichermaßen mit digitalen Kenntnissen, prüferischer Erfahrung und fundiertem statistischem Anwendungswissen stellen müssen.

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