Bayerisches Landesamt für Steuern - S 0270.1.1-4/18

Erteilung von steuerlichen Bescheinigungen und von Apostillen


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Inhaltsverzeichnis

1.
Unbedenklichkeitsbescheinigung gemäß § 22 GrESt
1
2.
Bescheinigungen aufgrund von Vorgaben in Steuergesetzen, steuerlichenVerordnungen oder steuerlichen Verwaltungsanweisungen
2
3.
Unternehmerbescheinigungen
2
4.
Vergabe öffentlicher Aufträge
2
5.
Gewerberechtliche Zugangsverfahren
3
6.
Bescheinigungen zur Vorlage bei Behörden
3
7.
Bescheinigungen in sonstigen Fällen
4
8.
Inhalt und Form der Bescheinigungen
4
9.
Erteilung einer Apostille
5

1. Unbedenklichkeitsbescheinigung gemäß § 22 GrESt

Der Erwerber eines Grundstücks darf nach § 22 GrESt erst nach Vorlage der Unbedenklichkeitsbescheinigung als Eigentümer im Grundbuch eingetragen werden (Grundbuchsperre). Die Grundbuchsperre gilt- mit Ausnahme der in § 22 Abs. 1 S. 2 GrESt geregelten Tatbeständegrundsätzlich für alle Arten von Eigentumsübergängen.

Die Unbedenklichkeitsbescheinigung ist von dem Finanzamt auszustellen, das für die Besteuerung nach § 17 Abs. 1 GrESt örtlich zuständig ist (Lage-Finanzamt). Für die Erteilung der Bescheinigung durch die Grunderwerbsteuerstelle steht die Unifa-WORD-Vorlage „Unbedenklichkeitsbescheinigung GrESt” im Ordner Zentral/GrESt zur Verfügung. Mit dieser wird bescheinigt, dass der Eintragung des Erwerbers in das Grundbuch steuerliche Bedenken nicht entgegenstehen. Sie kann entweder dem Steuerschuldner selbst oder auch Dritten (z. B. Urkundspersonen, Amtsgericht, Grundbuchamt) übersandt werden

Gegen die Ablehnung eines Antrags auf Erteilung einer UB zur Eintragung oder Änderung einer Eintragung im Grundbuch ist der Einspruch (§ 347 AO) gegeben.

2. Bescheinigungen aufgrund von Vorgaben in Steuergesetzen, steuerlichen Verordnungen oder steuerlichen Verwaltungsanweisungen

Liegen die für die Erteilung der Bescheinigung erforderlichen Voraussetzungen vor (z. B. Bescheinigung für die Vergütung von Vorsteuer im Drittland – Muster USt 1 TN –, Bescheinigung über die Ansässigkeit im Inland nach § 13 b Abs. 7 Satz 4 UStG – Muster USt 1 TS – oder Bescheinigung nach §§ 4, 5 der Zinsinformationsverordnung -ZIV-), sind diese stets zu erteilen. Gleiches gilt, wenn für DBA-Zwecke eine Ansässigkeitsbescheinigung unter Bezugnahme auf ein Doppelbesteuerungsabkommen beantragt wird. Auf die (AIS: Steuerrecht > Ertragsteuern und Nebengesetze > Internationales Steuerrecht) wird hingewiesen.

3. Unternehmerbescheinigungen

Unternehmerbescheinigungen sind grundsätzlich nicht auszustellen. Diese Bescheinigungen werden von Unternehmern als Nachweis darüber angefordert, dass der Vorsteuerabzug aus Rechnungen oder erteilten Gutschriften zulässig ist bzw. Unternehmer in den übrigen Mitgliedstaaten der EU unbedenklich umsatzsteuerfrei liefern können. Die Antragsteller sind auf die Möglichkeit der Bestätigungsabfrage von USt-IdNrn. im Internet ( https://evatr.bff-online.de/eVatR oder http://ec.europa.eu/taxation_customs/vies/vatRequest.html zu verweisen.

In folgenden Ausnahmefällen werden Unternehmern auf Antrag die steuerliche Erfassung und die Unternehmereigenschaft bescheinigt:

  • Bei Neuaufnahmen zur Vorlage beim BZSt zur beschleunigten Zuteilung einer USt-IdNr. (Wordvorlage „Unternehmerbescheinigung BZSt” im Ordner Allgemein/Umsatzsteuer)

  • Zur Vorlage bei zentralen Erstattungsbehörden im Vorsteuervergütungsverfahren in Drittstaaten (Vordruck USt 1 TN)

Die Bescheinigung gilt nur im Original, ohne Streichungen, mit Dienstsiegel und Unterschrift oder als beglaubigte Fotokopie.

4. Vergabe öffentlicher Aufträge

Die Bescheinigung in Steuersachen (ehemals „steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung”) dient nicht unmittelbar dem Sicherungsinteresse der Finanzbehörde, sondern vielmehr anderen Behörden und Auftraggebern, die bei ihrer Entscheidung/Genehmigung u. a. auch auf die steuerliche Zuverlässigkeit des Antragstellers abstellen, oder abzustellen haben.

Derartige steuerliche Bescheinigungen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge grundsätzlich nicht zu erteilen (vgl. Bekanntmachung des Bayer. Staatsministeriums der Finanzen vom ). Mit Zustimmung des Bewerbers kann der öffentliche Auftraggeber ausnahmsweise eine formlose Bescheinigung des zuständigen Finanzamts einholen, wenn Zweifel an der Richtigkeit der Erklärung des Bewerbers bestehen, mit fälligen Steuern nicht im Rückstand zu sein (vgl. Tz. I.7 der Bekanntmachung des Bayer. Staatsministeriums der Finanzen).

Solche Bescheinigungen sind nur dann auszustellen, wenn sie der öffentliche Auftraggeber selbst bei der Finanzbehörde anfordert und eine schriftliche Zustimmungserklärung des Bewerbers mit vorlegt.

Zur Vermeidung von Wettbewerbsnachteilen bayerischer Bewerber sind Bescheinigungen entsprechend der Tz. I.7 der Bekanntmachung auch auszustellen, wenn die Bescheinigung von einer außerbayerischen Behörde beantragt wird. Die Bescheinigung bitte ich in diesem Fall ausschließlich dem Bewerber selbst zu übersenden. Soweit vom Bewerber beantragt, kann in diesen Fällen ein entsprechender Hinweis in die Bescheinigung aufgenommen werden, wenn z. B. bei einem Rückstand fälliger Steuern Vollstreckungsaufschub gewährt wurde, ein Rechtsstreit wegen einer Aussetzung der Vollziehung geführt wird oder eine Zahlungsvereinbarung mit der Vollstreckungsstelle getroffen wurde.

5. Gewerberechtliche Zugangsverfahren

Bei der Erteilung gewerberechtlicher Genehmigungen werden von den Gewerbebehörden weiterhin Unbedenklichkeitsbescheinigungen gefordert. Hierunter fallen z. B. Unbedenklichkeitsbescheinigungen

  • nach der Berufszugangsverordnung für den Güterkraftverkehr (§ 2 Abs. 2 GBZugV vom , BGBl 2000 I S. 918) und

  • nach der Berufszugangsverordnung für den Straßenpersonenverkehr (§ 2 Abs. 2 PBZugV vom , BGBl 2000 I S. 851).

In den oben genannten Fällen sowie in weiteren Fällen gewerberechtlicher Genehmigungen (z. B. § 34c GewO für Makler, § 34a GewO für Bewachungsbetriebe, § 4 Abs. 1 GastG für Gaststättenbetreiber) liegen aber keine ausdrücklichen gesetzlichen Befreiungen vom Steuergeheimnis vor (§ 30 Abs. 4 Nr. 2 AO). Derartige Bescheinigungen können aber regelmäßig erteilt werden, wenn sie der Steuerpflichtige selbst beantragt oder er der Auskunft durch das Finanzamt zustimmt (§ 30 Abs. 4 Nr. 3 AO).

6. Bescheinigungen zur Vorlage bei Behörden

Werden steuerliche Bescheinigungen von Behörden oder Privatpersonen bzw. Körperschaften des Privatrechts für andere als in den in Tz. 4 und 5 genannten Fällen angefordert, entscheidet das Finanzamt im Wege des pflichtgemäßen Ermessens, ob eine derartige Bescheinigung erteilt werden kann. Eine Bescheinigung soll immer dann erteilt werden, wenn ein Nachweis der Zuverlässigkeit durch gesetzliche Regelung ausdrücklich gefordert wird (z. B. § 34a der Gewerbeordnung (GewO) für Bewachungsbetriebe, § 34c GewO für Makler, § 4 Abs. 1 des Gaststättengesetzes für Gaststättenbetreiber). Damit eine Entscheidung darüber getroffen werden kann, ob die Bescheinigung zu erteilen ist, hat der Steuerpflichtige in dem Antrag auf Erteilung der Bescheinigung mitzuteilen, für welchen Zweck die Bescheinigung begehrt wird.

Eine Bescheinigung ist immer dann zu erteilen, wenn eine Bescheinigung des Finanzamts durch gesetzliche Regelung ausdrücklich gefordert wird. Damit eine Entscheidung darüber getroffen werden kann, ob die Bescheinigung zu erteilen ist, ist in dem Antrag auf Erteilung der Bescheinigung exakt mitzuteilen, für welchen Zweck die Bescheinigung begehrt wird.

Ohne ausdrückliche gesetzliche Vorgabe sollte eine Bescheinigung erteilt werden, wenn sie von erheblichem Interesse für denjenigen ist, über dessen steuerliche Verhältnisse Auskunft erteilt werden soll. Dies kann z. B. dann der Fall sein, wenn vor einer Betriebsübernahme der Übernehmer eine Bescheinigung über Rückstände von Betriebssteuern zur Abschätzung des mit der Übernahme verbundenen Haftungsrisikos (§§ 75 AO, 25 HGB) anfordert oder ein privater Auftraggeber im Rahmen seiner Entscheidung über die Auftragsvergabe auf die steuerliche Zuverlässigkeit des Steuerpflichtigen abstellt. Die Bescheinigung ist in diesen Fällen ausschließlich der Person zuzuleiten, über deren steuerliche Verhältnisse Auskunft erteilt wird. Ggf. hat die antragstellende Person ihr erhebliches Interesse in geeigneter Form nachzuweisen.

Ebenso sollte eine Bescheinigung ohne gesetzliche Vorgabe ereilt werden, wenn deren Inhalt geeignet sein kann, der anfordernden Behörde eine Verwaltungsentscheidung zu erleichtern, z. B. bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Ausländers als Voraussetzung für die Erteilung und Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis nach dem Aufenthaltsgesetz.

7. Bescheinigungen in sonstigen Fällen

Eine Bescheinigung in Steuersachen kann in begründeten Fällen zur Vorlage bei nicht öffentlichen Auftraggebern erteilt werden, z. B. wenn diese im Rahmen ihrer Entscheidung auf die steuerliche Zuverlässigkeit abstellen.

8. Inhalt und Form der Bescheinigungen

Der Inhalt der Bescheinigung in Steuersachen beschränkt sich auf die wertungsfreie Angabe steuerlicher Fakten, sie stellt daher lediglich eine Wissenserklärung des Finanzamts dar. Die Wertung des bescheinigten steuerlichen Verhaltens bleibt demjenigen überlassen, der die vom Steuerpflichtigen begehrte Maßnahme treffen soll (z. B. Erteilung einer Gewerbeerlaubnis, einer Güterkraftverkehrskonzession oder eines Auftrags). Die Bescheinigung stellt daher keinen Verwaltungsakt (§ 118 AO) dar. Folglich ist gegen eine Bescheinigung mit dem Inhalt, dass der Steuerpflichtige seinen steuerlichen Pflichten nicht nachkommt, der Rechtsbehelf des Einspruchs nach § 347 AO nicht statthaft. Die Ablehnung des Antrags auf Erteilung einer Bescheinigung in Steuersachen (mangels erheblichem Interesse) ist dagegen ein Verwaltungsakt, der mit dem Einspruch angefochten werden kann.

Eine Beschränkung der Gültigkeitsdauer ist für die Bescheinigung in Steuersachen nicht vorgesehen; es werden lediglich die aktuellen steuerlichen Fakten im Zeitpunkt der Erteilung bescheinigt. Es ist Sache der entgegennehmenden Behörde bzw. des Auftraggebers zu entscheiden, für welchen Zeitraum sie die Bescheinigung als Grundlage ihrer Entscheidung gelten lassen.

Die Bescheinigung ist auf formlosen Antrag gebührenfrei unter Verwendung der Wordvorlage „Bescheinigung in Steuersachen” im Ordner Zentral/Veranlagung bzw. Körperschaftsteuerstelle/Bearbeitung Verwaltungsakte auszustellen und dem Steuerpflichtigen bzw. seinem Bevollmächtigten auszuhändigen oder zu übersenden. Bei Bescheinigungen, die zur Vorlage bei einer anderen Behörde bestimmt sind, bleibt es dem Steuerpflichtigen überlassen, die Bescheinigung an die betreffende Behörde weiter zu leiten. Einer unmittelbaren Unterrichtung der Behörde durch das Finanzamt wird regelmäßig das Steuergeheimnis entgegenstehen. Sollte eine andere Behörde eine Anfrage unmittelbar an das Finanzamt richten, ist sie lediglich auf das vorgesehene Verfahren hinzuweisen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Steuerpflichtige der ersuchenden Behörde schriftlich erklärt hat, dass er das Finanzamt von der Verpflichtung zur Wahrung des Steuergeheimnisses entbindet (§ 30 Abs. 4 Nr. 3 AO) und die Erklärung dem Ersuchen beigefügt ist oder ein sonstiger Offenbarungstatbestand i. S. d. § 30 Abs. 4 AO gegeben ist.

9. Erteilung einer Apostille

Von ausländischen Steuerverwaltungen, wird häufig bei Bescheinigungen der Finanzämter zusätzlich die Erteilung einer Apostille (Bestätigung der Echtheit einer öffentlichen Urkunde) nach Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 des Haager Übereinkommens vom zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Legalisation verlangt. Mit dieser internationalen Beglaubigung wird den ausländischen Behörden neben der Echtheit der Unterschrift auch die Eigenschaft, in welcher der Unterzeichner gehandelt hat (Dienstbezeichnung) sowie die Echtheit des Dienstsiegels des unterzeichnenden Finanzamtsbediensteten bestätigt. Für diese besondere Form der Beglaubigung ist in Bayern – je nach Belegenheit des Finanzamts – die jeweilige Bezirksregierung zuständig (siehe Bayer. Gesetz- und Verordnungsblatt Nr. 18/1966 S. 404). Diese prüft in eigener Zuständigkeit, in welchem Umfang Bescheinigungen der Finanzämter beglaubigt werden können.

Durch die Verordnung (EU) 2016/1191 vom , die ab in allen EU-Mitgliedstaaten gilt, wird der Verkehr bestimmter öffentlicher Urkunden innerhalb der Europäischen Union vereinfacht.

Öffentliche Urkunden sind von einer Behörde ausgestellte Dokumente wie:

  • Urkunden, die von einem Gericht oder einer Amtsperson als Organ der Rechtspflege ausgestellt worden sind

  • Urkunden der Verwaltungsbehörden

  • notarielle Urkunden

  • amtliche Bescheinigungen, die auf Privaturkunden angebracht sind

  • von diplomatischen oder konsularischen Vertretern errichtete Urkunden

Öffentliche Urkunden und beglaubigte Kopien, die von den Behörden eines EU-Mitgliedstaats ausgestellt worden sind, müssen entsprechend der Verordnung (EU) 2016/1191 vom von den Behörden eines anderen EU-Mitgliedstaats als echt anerkannt werden, ohne dass es eines Echtheitsstempels (d. h. der Apostille) bedarf. Hat eine Behörde berechtigte Zweifel an der Echtheit einer ihr vorgelegten öffentlichen Urkunde, kann sie deren Echtheit bei der ausstellenden Behörde des anderen EU-Mitgliedstaats über eine bestehende IT-Plattform (das Binnenmarkt-Informationssystem, IMI) prüfen. Die dafür erforderliche Erstregistrierung bzw. Freischaltung erfolgt über die Regierung der Oberpfalz (IMI-Funktionsadresse: imi-bayern@reg-opf.bayern.de).

Hinweis

Die bisherige Karte 1 zu § 111 (Kontroll-Nr. 12/2017) ist auszureihen.

Bayerisches Landesamt für Steuern v. - S 0270.1.1-4/18

Fundstelle(n):
CAAAH-12533