Leitsatz
[1] Geht ein Ehegatte in den vorzeitigen Ruhestand und wird ihm als Teil der Betriebsrente noch während der Ehezeit ein Ausgleichsbetrag zugesagt, der die mit dem vorzeitigen Rentenzugang einhergehende Kürzung seiner gesetzlichen Rente teilweise auffangen soll, so ist dieser Ausgleichsbetrag grundsätzlich im Versorgungsausgleich zu berücksichtigen.
Gesetze: BGB § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 b; BGB § 1587 h Nr. 1
Instanzenzug: AG Achim, 3 F 28/03 vom 10.06.2005 OLG Celle, 17 UF 139/05 vom 13.10.2005
Gründe
I.
Die Parteien streiten um schuldrechtlichen Versorgungsausgleich.
Die am 9. Mai 1969 geschlossene Ehe der Parteien wurde auf den am 21. Februar 2003 zugestellten Antrag durch Verbundurteil vom 10. Juni 2005 rechtskräftig geschieden und der Versorgungsausgleich durchgeführt.
In der Ehezeit (1. Mai 1969 bis 31. Januar 2003, § 1587 Abs. 2 BGB) haben beide Ehegatten Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben, aus denen sie Altersrente beziehen, und zwar: die Antragstellerin (im Folgenden Ehefrau, geboren am 10. September 1943) seit dem 1. Oktober 2003 und in Höhe von 454,55 €, der Antragsgegner (im Folgenden Ehemann, geboren am 14. Januar 1943) seit dem 1. Februar 2003 und in Höhe von 1.360,87 €, jeweils monatlich und bezogen auf den 31. Januar 2003.
Außerdem erhalten beide Ehegatten Rente aus der betrieblichen Altersversorgung: Die Ehefrau bezieht vom Versicherungsverein des Bankgewerbes a.G. eine Rente in Höhe von monatlich 184,66 € und von der D. Bank eine Rente in Höhe von monatlich 42 €; diese Renten sind ausschließlich in der Ehezeit erworben. Der Ehemann bezieht aufgrund seiner früheren Tätigkeit bei der U.D. GmbH eine betriebliche Versorgung von - ehezeitanteilig (359 Monate : 368 Monate = 97,5543 % von 1.507,90 € =) - 1.471,02 € monatlich. Diese Rente umfasst neben einer vom B. Versicherungsverein VVaG gezahlten Rente einen sog. Firmenzuschuss, der aufgrund einer 1998 erteilten Direktzusage gewährt wird und seinerseits aus einer Regelleistung und einem sog. Ausgleichsbetrag in Höhe von - ehezeitanteilig - (2.067,95 € : 12 = 172,33 € , davon 97,5543 % =) 168,12 € besteht. Der Ausgleichsbetrag wird - ausweislich des in der Versorgungszusage in Bezug genommenen Merkblatts (dort zu 4.) - gewährt, um einen "Teil (60 %) der zu erwartenden Rentenminderung" auszugleichen, die der Ehemann aufgrund des geringeren Rentenzugangsfaktors hinnehmen muss, wenn er - wie geplant und später auch geschehen - bereits 60 Monate vor Erreichen der Regelaltersgrenze gesetzliche Altersrente bezieht. Der Ausgleichsbetrag ist in der Versorgungszusage - unter dem Vorbehalt einer Minderung bei erneuter Erwerbstätigkeit - "verbindlich festgelegt". Von der ihr zusätzlich vorbehaltenen Möglichkeit, den Ausgleichsbetrag bei einem späteren Versorgungsausgleich zu kürzen, hat die frühere Arbeitgeberin des Ehemannes keinen Gebrauch gemacht.
Das Amtsgericht - Familiengericht - hat gesetzliche Rentenanrechte des Ehemannes in Höhe von (1.360,87 € - 454,55 € = 906,32 € : 2 =) 453,16 € auf die Ehefrau übertragen (insoweit rechtskräftig). Außerdem hat es den Ehemann verurteilt, an die Ehefrau eine schuldrechtliche Ausgleichsrente in Höhe von 41,26 % der ihm jeweils gezahlten Betriebsrente, mithin derzeit (1.471,02 € - 184,66 € - 42 € = 1.244,36 € : 2 =) 622,18 €, zu zahlen sowie die Abtretung dieser Rente in Höhe von 41,26 % des jeweiligen Zahlbetrags zu erklären. Auf die - auf den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich beschränkte - Beschwerde des Ehemannes hat das Oberlandesgericht den Ehemann - unter Anwendung des § 1587 h BGB - verurteilt, an die Ehefrau eine schuldrechtliche Ausgleichsrente in Höhe von 527,61 € monatlich zu zahlen und die Abtretung seiner Betriebsrente in dieser Höhe zu erklären. Im übrigen hat es die Beschwerde des Ehemannes zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Ehemann mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.
II.
Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.
1. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts kann der schuldrechtliche Ausgleichsbetrag nicht in Höhe eines prozentualen Anteils der schuldrechtlich auszugleichenden Versorgung tituliert werden. Es hat deshalb die Höhe der schuldrechtlichen Ausgleichsrente und des abzutretenden Teils der auszugleichenden Betriebsrente in einem Euro-Betrag ausgedrückt. Dies entspricht der Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 11. September 2007 - XII ZB 117/04 - FamRZ 2007, 2055, 2056 f.); der Ehemann (Rechtsbeschwerdeführer) ist insoweit auch nicht beschwert.
2. Das Oberlandesgericht hat die Betriebsrente des Ehemannes auch hinsichtlich des Ausgleichsbetrags in den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich einbezogen. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Der Ausgleichsbetrag erfüllt alle Voraussetzungen, die § 1587 Abs. 1, § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 b i.V.m. § 1 BetrAVG an das Vorliegen einer - hier schuldrechtlich auszugleichenden - betrieblichen Altersversorgung stellen: Der Ausgleichsbetrag wurde dem Ehemann 1998 von seiner früheren Arbeitgeberin als Teil des sog. Firmenzuschusses zugesagt. Die Direktzusage dieses Zuschusses erfolgte im Hinblick auf das bestehende Arbeitsverhältnis. Der Ausgleichsbetrag dient der Versorgung wegen Alters. Denn er soll die zu erwartende Kürzung der gesetzlichen Rente, die sich aus dem beabsichtigten vorzeitigen Rentenbezug ergibt, teilweise auffangen.
b) Die Berücksichtigung des Ausgleichsbetrags ist auch nicht nach § 1587 h Nr. 1 BGB ausgeschlossen. Insbesondere begründet die Einbeziehung des Ausgleichsbetrags in den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich für den Ehemann keine unbillige Härte.
Die mit dem vorzeitigen Rentenbezug einhergehende Rentenkürzung beim Ehemann wirkt sich zwar versorgungsausgleichsrechtlich nicht auch zu Lasten der Ehefrau aus. Denn nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 2 BGB ist für die Zwecke des Versorgungsausgleichs bei gesetzlichen Renten der Betrag zugrunde zu legen, der sich am Ende der Ehezeit aus den auf die Ehezeit entfallenden Entgeltpunkten ohne Berücksichtigung des Zugangsfaktors ergibt. Dies gilt dann, wenn - wie hier - die für die Kürzung maßgebenden Zeiten vorzeitigen Rentenbezugs nicht in der Ehezeit zurückgelegt sind (vgl. Senatsbeschlüsse vom 9. Mai 2007 - XII ZB 77/06 - FamRZ 2007, 1542, 1543 und 22. Juni 2005 - XII ZB 117/03 - FamRZ 2005, 1455, 1457 f.). Der am 14. Januar 1943 geborene Ehemann, der die Regelaltersgrenze erst am 1. Februar 2008 erreicht hat, bezieht seit dem 1. Februar 2003 Altersrente. Der vorzeitige Rentenbezug des Ehemannes liegt damit nach dem Ende der Ehezeit (31. Januar 2003) mit der Folge, dass der für den Versorgungsausgleich maßgebende Ehezeitanteil seiner gesetzlichen Rente ohne Berücksichtigung des Zugangsfaktors - also ungekürzt - ermittelt und die Ehefrau im Versorgungsausgleich so gestellt wird, als sei der Ehemann nicht vorzeitig verrentet worden.
Der Umstand, dass die Ehefrau somit hälftig an der ungekürzten - ehezeitlich erworbenen - gesetzlichen Rente des Ehemannes partizipiert, rechtfertigt es indes nicht, der Ehefrau die Teilhabe an dem Ausgleichsbetrag - als eine für den Ehemann unbillige Härte - zu versagen. Der Ausgleichsbetrag kompensiert die mit einem vorzeitigen Bezug der Altersrente einhergehende Versorgungskürzung. Diese Kompensation ist ein Vermögensvorteil, der, soweit er in der Ehezeit erworben ist, als Teil der dem Ehemann aufgrund seiner früheren Erwerbstätigkeit zugesagten Betriebsrente im Scheidungsfall beiden Ehegatten in gleicher Weise zugute kommen muss. Mit der Aufteilung der gesetzlichen Rente im Wege des Splittings verselbständigt sich das Versorgungsschicksal der Ehegatten. Es liegt in der Entscheidung des Ehemannes, ob und wie lange er nach dem Ehezeitende die vorgezogene Altersrente in Anspruch nehmen will. Diese Entscheidung hat keinen unmittelbaren Bezug zur Ehezeit mit der Folge, dass sich - wie dargelegt - die hälftige Teilhabe der Ehefrau an der gesetzlichen Rente des Mannes aus dem ungekürzten Ehezeitanteil der Rente ermittelt, der Ehemann folglich eine um den versorgungsausgleichsbedingten Abschlag an Entgeltpunkten veränderte und zusätzlich gemäß dem verminderten Zugangsfaktor gekürzte (aber insgesamt länger gezahlte) Rente erhält. Umgekehrt erhält die Ehefrau den hälftigen Ehezeitanteil der Rente des Ehemannes, der allerdings ebenfalls um ihren verminderten Rentenzugangsfaktor gekürzt wird, wenn auch die Ehefrau sich entschließt, aus der im Versorgungsausgleich erworbenen gesetzlichen Rentenanwartschaft eine vorgezogene Altersrente zu beziehen. Mit der Teilung der gesetzlichen Rente des Ehemannes setzt sich somit auch der - bislang auf die gesetzliche Gesamtrente des Mannes bezogene - Nachteil, bei vorzeitigem Rentenbezug nur eine um den verringerten Zugangsfaktor verminderte Rente zu erhalten, bei vorzeitigem Rentenbezug beider Ehegatten in deren (Teil-)Renten fort. Konsequenterweise muss deshalb auch eine dem Ehemann zugesagte Betriebsrente, die bei vorzeitigem Rentenbezug eine Kürzung der gesetzlichen (Gesamt-)Rente ausgleichen soll, nunmehr ehezeitanteilig im Versorgungsausgleich berücksichtigt werden, um im Kürzungsfall beide im Wege des Splittings entstandenen gesetzlichen Teilrenten aufzustocken. Ob dies generell oder nur dann gilt, wenn beide Ehegatten tatsächlich eine vorgezogene und deshalb gekürzte Altersrente beziehen, kann hier dahinstehen. Im vorliegenden Fall bezieht der Ehemann eine um 18 % und die Ehefrau eine um 13,5 % verminderte Altersrente. In Ansehung der vom Ehemann auf die Ehefrau übertragenen gesetzlichen Rentenanwartschaft von 453,16 € ergibt sich beim Ehemann folglich eine Kürzung um (453,16 € x 0,18 =) 81,57 € und bei der Ehefrau um (453,16 € x 0,135 =) 61,18 €. Dieser Unterschied rechtfertigt es jedenfalls nicht, die Einbeziehung des Ausgleichsbetrags in den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich als eine für den Ehemann unbillige Härte anzusehen.
3. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts begründet der schuldrechtliche Versorgungsausgleich aber insoweit eine unbillige Härte, als der Ehemann auf seine schuldrechtlich auszugleichende Rente Abgaben für die Kranken- und Pflegeversicherung auch hinsichtlich des Teils seiner Betriebsrente zu entrichten hat, den er über den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich an die Ehefrau abführen muss. Das Oberlandesgericht hat deshalb gemäß § 1587 h BGB von der der Ehefrau rechnerisch zustehenden Ausgleichsrente von 622,18 € einen Betrag von (13,5 % für die Krankenversicherung und 1,7 % für die Pflegeversicherung, mithin 83,99 € und 10,58 € =) 94,57 € abgezogen. Dies wird von der Rechtsbeschwerde, weil für sie günstig, nicht beanstandet.
Fundstelle(n):
NJW 2008 S. 3063 Nr. 42
NWB-Eilnachricht Nr. 38/2008 S. 3553
CAAAC-88871
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja