BFH Urteil v. - IV R 51/07 BStBl 2009 II S. 303

Betriebsverpachtung bei Liquidation einer Personengesellschaft auch dann möglich, wenn nur die sich bisher im Sonderbetriebsvermögen befindliche - alleinige wesentliche Betriebsgrundlage verpachtet wird

Leitsatz

Ein Grundstück im Sonderbetriebsvermögen, das bisher alleinige wesentliche Betriebsgrundlage des Betriebs einer Personengesellschaft war, kann auch dann Gegenstand einer Betriebsverpachtung sein, wenn die Personengesellschaft liquidiert wurde.

Gesetze: EStG § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2EStG § 15 Abs. 2EStG § 16

Instanzenzug: (EFG 2008, 790) (Verfahrensverlauf), ,

Gründe

I.

Die . KG (KG) betrieb in den Geschäftsräumen .straße . (P-Straße) in X einen Einzelhandel mit Uhren, Gold- und Silberwaren. An der KG waren als Komplementär JB sowie als Kommanditistin dessen Ehefrau IB beteiligt. Das Grundstück P-Straße stand im Eigentum des Komplementärs JB. Es diente zu 79 % den betrieblichen Zwecken der KG und war insoweit in der Bilanz der KG als (Sonder-)Betriebsvermögen ausgewiesen. Im Übrigen diente das Grundstück Wohnzwecken und gehörte zum Privatvermögen.

JB verstarb am . Er wurde von seinen Söhnen A, B und C (Kläger und Revisionskläger zu 1. bis 3. —Kläger—) zu je 1/3 beerbt. Seine Witwe IB wurde mit einem Vermächtnis bedacht. Nach dem Testament mussten alle Entscheidungen, auch über die Vermietung des Grundstücks, von den Erben einstimmig getroffen werden.

Nach § 11 des Gesellschaftsvertrages der KG war diese beim Tod des Komplementärs aufzulösen. Der aktive Geschäftsbetrieb der KG wurde nach Durchführung eines Räumungsverkaufs, der noch zu Lebzeiten des Komplementärs begonnen hatte, am eingestellt. In der Zeit bis zum erfolgte die Liquidation der KG. Am wurde das Erlöschen der Gesellschaft beim Registergericht angemeldet.

Die Kläger zu 1. und 2. hatten bereits zum die . GmbH (GmbH) gegründet. Der Gesellschaftszweck der GmbH war mit dem der KG identisch. Die GmbH ließ Ende des Jahres 1988 beziehungsweise Anfang des Jahres 1989 in den Geschäftsräumen des Gebäudes P-Straße Umbau- und Modernisierungsarbeiten durchführen, um die Räume nach ihren Vorstellungen als Juweliergeschäft nutzen zu können. Die Baumaßnahmen führten weder zu einer Wesens- oder Nutzungsänderung der Geschäftsräume noch ergaben sich veränderte Nutzflächen. Weitere Umbaumaßnahmen an dem Gebäude wurden in der Folgezeit nicht mehr durchgeführt.

Nach Fertigstellung der Baumaßnahmen nutzte die GmbH die Geschäftsräume des Grundstücks P-Straße zunächst für ihr Juweliergeschäft und zahlte hierfür an die aus den Klägern bestehende Erbengemeinschaft ein Entgelt. Die Erbengemeinschaft erklärte die von der GmbH gezahlten Entgelte für die Jahre 1989 bis 1992 als gewerbliche Einkünfte aus einem ruhenden Gewerbebetrieb. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) stellte die Einkünfte für diese Jahre erklärungsgemäß als solche aus Gewerbebetrieb gesondert und einheitlich fest.

Die GmbH beantragte am die Eröffnung des Konkursverfahrens über ihr Vermögen. Dieser Antrag wurde durch Beschluss des zuständigen mangels Masse abgelehnt. Am wurde die GmbH im Handelsregister gelöscht.

Die GmbH hatte die Geschäftsräume im Gebäude P-Straße bereits zum an die . GmbH (B-GmbH) zum Betrieb eines Textileinzelhandelsgeschäfts untervermietet. Nach dem Ende der GmbH vermieteten die Kläger zu 1. und 2. im Namen der Erbengemeinschaft die Räumlichkeiten an die B-GmbH zu denselben Konditionen.

Mit der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1993 erklärte die Erbengemeinschaft erstmals Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Außerdem wurde die Auffassung vertreten, auch in den Vorjahren seien die nicht zu Wohnzwecken genutzten Gebäudeteile des Grundstücks P-Straße zu Unrecht als Betriebsvermögen eines ruhenden Gewerbebetriebs behandelt worden. Das Objekt sei mit dem Tod des Komplementärs JB notwendiges Privatvermögen der Erben nach JB geworden.

Das FA folgte der Feststellungserklärung für 1993 nicht. Es ging vielmehr davon aus, dass durch die branchenfremde Vermietung an die B-GmbH der Betrieb zum aufgegeben worden sei. Dementsprechend stellte das FA für 1993 neben dem laufenden Gewinn auch einen Aufgabegewinn fest. Die Kläger erhoben gegen den Feststellungsbescheid für 1993 nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage. Während des Klageverfahrens erließ das FA einen geänderten Feststellungsbescheid, mit dem es den Aufgabegewinn nicht mehr berücksichtigte und nur noch laufende Einkünfte aus Gewerbebetrieb feststellte. Die Kläger und das FA erklärten jenen Rechtsstreit daraufhin in der Hauptsache für erledigt.

Am 13. Juli des Streitjahres (1995) schlossen die Kläger und IB einen notariell beurkundeten Erbauseinandersetzungsvertrag. Gemäß diesem Vertrag wurde die Erbengemeinschaft zum auseinandergesetzt. Nach dem Erbauseinandersetzungsvertrag übernahm der Kläger zu 3. unter anderem das Grundstück P-Straße zu Alleineigentum und musste hierfür an die weichenden Miterben, die Kläger zu 1. und 2., Ausgleichszahlungen leisten. Das FA vertrat die Auffassung, dieser Vorgang habe bei den Klägern zu 1. und 2. zu einem steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn und beim Kläger zu 3. zu Anschaffungskosten geführt. Dementsprechend stellte das FA mit Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 1995 vom neben laufenden Einkünften aus Gewerbebetrieb auch einen Veräußerungsgewinn fest, den es je zur Hälfte den Klägern zu 1. und 2. zurechnete.

Die Kläger legten gegen den Feststellungsbescheid Einspruch ein. Mit der Einspruchsentscheidung setzte das FA unter Zurückweisung des Einspruchs im Übrigen den Veräußerungsgewinn geringfügig herab.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2008, 790 veröffentlichten Gründen ab. Das FA sei zutreffend davon ausgegangen, dass die Erbengemeinschaft bis zu ihrer Auseinandersetzung im Streitjahr aus der Vermietung des Grundstücks P-Straße gewerbliche Einkünfte erzielt habe. Aufgrund der Ausgleichszahlungen, die der Kläger zu 3. für den Erwerb des Grundstücks P-Straße geleistet habe, hätten die Kläger zu 1. und 2. außerdem einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn erzielt, soweit sich das Grundstück im Betriebsvermögen befunden habe.

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

Die Kläger beantragen,

das angefochtene Urteil aufzuheben und den Bescheid für 1995 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom dahin zu ändern, dass die laufenden Einkünfte als solche aus Vermietung und Verpachtung festgestellt werden und ein Veräußerungsgewinn nicht angesetzt wird.

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

II.

Die Revision der Kläger ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der FinanzgerichtsordnungFGO—).

Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Erbengemeinschaft im Streitjahr bis zu ihrer Auseinandersetzung Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielte. Das FG hat auch zutreffend die Abfindungszahlung, die der Kläger zu 3. an die Kläger zu 1. und 2. für die Übernahme des Grundstücks P-Straße in sein Alleineigentum geleistet hat, insoweit als der Einkommensteuer unterliegenden Veräußerungserlös der weichenden Miterben angesehen, als sich das Grundstück im Betriebsvermögen befand und die Kläger zu 1. und 2. durch den Vermögensverzicht weniger erhielten, als ihnen nach ihren Erbteilen zustand.

1. Die Entscheidung des FG, der zufolge die Erbengemeinschaft bis zu ihrer Auseinandersetzung den vormals von der KG genutzten Teil des Grundstücks P-Straße gewerblich verpachtete, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

a) Die KG wurde mit dem Tod des Komplementärs JB nach § 11 des Gesellschaftsvertrages aufgelöst. Dies entsprach auch der seinerzeit geltenden gesetzlichen Regelung in § 131 Nr. 4, § 161 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs (HGB) a.F. Die Mitgliedschaft von JB in der KG ging mit dem Erbfall ungeteilt auf seine Erben, die Kläger, über. Die Erbengemeinschaft wurde zivilrechtlich Gesellschafterin der Liquidationsgesellschaft (vgl. Schlegelberger-Hildebrandt-Steckhan, Handelsgesetzbuch, 5. Aufl., § 131 Rz 25, m.w.N.). Ertragsteuerrechtlich wurde sie Mitunternehmerin der KG in Liquidation (vgl. dazu , BFHE 166, 431, BStBl II 1992, 512, unter II.2.c der Gründe; Schmidt/Wacker, EStG, 27. Aufl., § 16 Rz 680, jeweils m.w.N.). Damit wurde auch der von der KG zu betrieblichen Zwecken genutzte Teil des Grundstücks P-Straße Sonderbetriebsvermögen der Erbengemeinschaft.

Nach den Feststellungen des FG wurde die KG in der Folgezeit bis zum liquidiert und das Erlöschen der Firma am beim Handelsregister angemeldet. Der vormals von der Gesellschaft betrieblich genutzte Teil des Grundstücks P-Straße ging mit der Betriebsaufgabe der KG jedoch nicht in das Privatvermögen der Kläger über. Denn die Verpachtung dieses Grundstücksteils durch die Erbengemeinschaft stellte sich als gewerbliche Betriebsverpachtung dar.

b) Auch eine Erbengemeinschaft gehört nach der Rechtsprechung des BFH zu den Mitunternehmerschaften i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG), sofern sie ein Gewerbe (§ 15 Abs. 2 EStG) betreibt (Beschlüsse des Großen Senats des , BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, unter C.V.3.b bb der Gründe, und vom GrS 2/89, BFHE 161, 322, BStBl II 1990, 837, unter C.I.2.c der Gründe). Unterhält eine Erbengemeinschaft einen Gewerbebetrieb, so sind die Miterben Mitunternehmer. Sie tragen Mitunternehmerrisiko, da das Unternehmen nunmehr für ihre Rechnung und Gefahr geführt wird, sie am Gewinn und Verlust beteiligt sind und für die Unternehmensschulden haften. Aufgrund ihrer erbrechtlichen Mitwirkungsrechte können sie auch Mitunternehmerinitiative ausüben (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 161, 322, BStBl II 1990, 837, unter C.I.2.c der Gründe).

c) Im Streitfall unterhielt die Erbengemeinschaft mit der entgeltlichen Überlassung der Geschäftsräume des Grundstücks P-Straße einen Gewerbebetrieb.

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH führt die Verpachtung eines Gewerbebetriebs nicht zwangsläufig zu einer Betriebsaufgabe und damit zur Aufdeckung der stillen Reserven. Ein Gewerbetreibender braucht vielmehr die in seinem Betriebsvermögen enthaltenen stillen Reserven dann nicht aufzudecken, wenn er zwar selbst seine werbende Tätigkeit einstellt, aber entweder den Betrieb im Ganzen als geschlossenen Organismus oder zumindest alle wesentlichen Grundlagen des Betriebs verpachtet und der Steuerpflichtige gegenüber den Finanzbehörden nicht (klar und eindeutig) die Aufgabe des Betriebs erklärt (Urteil des Großen Senats des , BFHE 78, 315, BStBl III 1964, 124; , BFHE 183, 385, BStBl II 1998, 388, unter II.2.a der Gründe; vom VIII R 72/96, BFHE 188, 397, BStBl II 2002, 722, unter II.2. der Gründe; vom IV R 20/02, BFHE 203, 143, BStBl II 2004, 10, unter II.1.b der Gründe, und vom X R 39/04, BFHE 219, 144, BStBl II 2008, 220, unter II.3. der Gründe, jeweils m.w.N.).

Welche Gegenstände in diesem Sinne als wesentliche, dem Betrieb das Gepräge gebenden Betriebsgrundlagen in Betracht kommen, bestimmt sich nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalles unter Berücksichtigung der spezifischen Verhältnisse des betreffenden Betriebs (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 219, 144, BStBl II 2008, 220, unter II.3.b der Gründe, m.w.N.). Maßgebend ist dabei auf die sachlichen Erfordernisse des verpachtenden Unternehmens abzustellen (sog. funktionale Betrachtungsweise; BFH-Urteile in BFHE 183, 385, BStBl II 1998, 388, unter II.2.b der Gründe; in BFHE 203, 143, BStBl II 2004, 10, unter II.1.c der Gründe, m.w.N., und vom III R 112/96, BFH/NV 1999, 1198).

Bei einem Einzelhandelsbetrieb bildet regelmäßig das Betriebsgrundstück die alleinige wesentliche Betriebsgrundlage, wenn ihm durch seine Lage, den hierdurch bedingten örtlichen Wirkungskreis und den dadurch wiederum bestimmten Kundenkreis im Verhältnis zu den übrigen Wirtschaftsgütern besondere Bedeutung zukommt (vgl. , BFH/NV 1993, 233; Schmidt/Wacker, a.a.O., § 16 Rz 697, jeweils m.w.N.). Demgegenüber gehören Inventar und Warenbestand bei einem Einzelhandelsbetrieb grundsätzlich nicht zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen (vgl. , BFHE 127, 21, BStBl II 1979, 300; vom VIII R 153/77, BFHE 129, 325, BStBl II 1980, 181, und in BFH/NV 1993, 233; zur Wesentlichkeit des Warenlagers, insbesondere im Teppichhandel, bei der Abgrenzung des Aufgabegewinns i.S. des § 16 EStG vom laufenden Gewinn, s. aber , BFHE 156, 408, BStBl II 1989, 602).

bb) Bedeutet hiernach die Verpachtung eines Gewerbebetriebs seine Fortführung in anderer Form, so ist die Übernahme der Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens in das Privatvermögen auch dann nicht geboten, wenn der Betriebsinhaber bei der Beendigung einer Personengesellschaft die wesentlichen Betriebsgrundlagen behält bzw. übernimmt und den Betrieb im Wege der Verpachtung fortführt. Dies gilt auch, wenn es sich bei den wesentlichen Betriebsgrundlagen um Sonderbetriebsvermögen handelt (BFH-Urteil in BFHE 127, 21, BStBl II 1979, 300).

Zwar betraf das vorgenannte BFH-Urteil einen Fall, in dem die Wirtschaftsgüter, die vom Betriebsinhaber (dem ehemaligen Gesellschafter der beendeten Personengesellschaft) verpachtet worden waren, nicht ausschließlich in dessen Sonderbetriebsvermögen, sondern auch im Gesamthandsvermögen der (beendeten) Gesellschaft gestanden hatten und vom Betriebsinhaber bei der Liquidation der Gesellschaft übernommen worden waren. Im Ergebnis nichts anderes gilt aber, wenn es sich bei den wesentlichen Betriebsgrundlagen ausschließlich um Sonderbetriebsvermögen handelt.

Die Annahme, dass die Verpachtung eines Gewerbebetriebs dessen Fortführung in anderer Form darstellt (so der Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 78, 315, BStBl III 1964, 124, 126 linke Spalte), beruht auf der Überlegung, dass der Steuerpflichtige einen Gewerbebetrieb, dessen Eigentümer er ist, zur Nutzung überlässt. Dazu reicht es nach ständiger Rechtsprechung des BFH —wie oben bereits dargelegt wurde— aus, wenn zumindest alle wesentlichen Grundlagen des Betriebs verpachtet werden. Die wesentlichen Grundlagen eines Betriebs müssen sich nicht im Gesellschafts- bzw. Gesamthandsvermögen befinden. Die Rechtsprechung hat seit jeher angenommen, dass es neben dem Betriebsvermögen der Gesellschaft auch weiteres Betriebsvermögen des einzelnen Mitunternehmers, das Sonderbetriebsvermögen, gibt. Die Einbeziehung des Sonderbetriebsvermögens in das steuerliche Betriebsvermögen beruht auf der Wertung der Gesellschafter als (Mit-)Unternehmer des Betriebs. Auch bei der Bestimmung des Begriffs der wesentlichen Betriebsgrundlagen im Rahmen von § 16 EStG ist das Sonderbetriebsvermögen mit zu berücksichtigen (, BFHE 184, 425, BStBl II 1998, 104).

Sonderbetriebsvermögen sind nach ständiger Rechtsprechung des BFH Wirtschaftsgüter, die einem Mitunternehmer gehören, die jedoch geeignet und bestimmt sind, dem Betrieb der Personengesellschaft (Sonderbetriebsvermögen I) oder der Beteiligung des Gesellschafters an der Personengesellschaft (Sonderbetriebsvermögen II) zu dienen (vgl. z.B. , BFHE 197, 483, BStBl II 2002, 733, und vom IV R 3/00, BFHE 194, 13, BStBl II 2001, 520, jeweils m.w.N.). Die Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens sind damit letztlich aus denselben Gründen steuerliches Betriebsvermögen wie die Wirtschaftsgüter des Gesellschaftsvermögens. Sie werden von den den Gewerbebetrieb betreibenden Steuerpflichtigen, hier den Gesellschaftern als Mitunternehmern, eingesetzt, um gewerbliche Einkünfte zu erzielen.

Vor diesem Hintergrund ist es nicht gerechtfertigt, einem Wirtschaftsgut, das nach der oben dargelegten Begriffsbestimmung eine oder die allein wesentliche Betriebsgrundlage des Betriebs einer Mitunternehmerschaft ist, diese Eigenschaft nur deshalb abzusprechen, weil sie sich im Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers befindet. Maßgebend für die Bejahung einer gewerblichen Betriebsverpachtung ist, ob der Verpächter den Betrieb (der vormaligen Gesellschaft) mit dem überlassenen Betriebsvermögen hätte fortführen können (BFH-Urteil in BFH/NV 1999, 1198, 1999 rechte Spalte). Ist diese Frage zu bejahen, liegt eine gewerbliche Betriebsverpachtung auch dann vor, wenn das überlassene Betriebsvermögen ausschließlich (ehemaliges) Sonderbetriebsvermögen darstellte. Es besteht kein sachlicher Grund, die Einräumung des Verpächterwahlrechts davon abhängig zu machen, ob es sich bei der überlassenen wesentlichen Betriebsgrundlage um (ehemaliges) Gesamthands- oder Sonderbetriebsvermögen handelte.

cc) Nach diesen Maßstäben erfolgte die entgeltliche Überlassung des vormals von der KG genutzten Teils des Grundstücks P-Straße durch die Erbengemeinschaft gewerblich.

(1) Die Erbengemeinschaft behielt das (anteilig) in ihrem Sonderbetriebsvermögen bei der KG (in Liquidation) befindliche Grundstück P-Straße nach Beendigung der Gesellschaft zurück. Die Erbengemeinschaft hätte den zuvor von der KG betriebenen Einzelhandel mit Uhren, Gold- und Silberwaren dort auch in eigener Regie fortführen können. Das FG ist ohne Rechtsverstoß davon ausgegangen, dass es sich bei dem Grundstück um die alleinige wesentliche Betriebsgrundlage der KG handelte. In grundsätzlicher Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BFH hat die Vorinstanz entschieden, dass bei dem im Streitfall zu beurteilenden Einzelhandelsgeschäft die gewerblich genutzten Räume den wesentlichen Betriebsgegenstand bildeten. Das FG hat insoweit zutreffend auf die Lage der Geschäftsräume und den durch diese Lage bestimmten Kundenkreis abgestellt. Diese, auf den tatsächlichen Umständen des vorliegenden Einzelfalls beruhende Würdigung des FG, gegen die die Beteiligten keine Einwände erhoben haben, ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Sie ist möglich und verstößt weder gegen Denkgesetze noch Erfahrungssätze.

Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG wurden die Geschäftsräume auch nicht so umgestaltet, dass sie nicht mehr für den Einzelhandel mit Uhren, Gold- und Silberwaren hätten genutzt werden können. Der Annahme einer Betriebsverpachtung steht darüber hinaus nicht entgegen, dass die Erbengemeinschaft das Betriebsgrundstück seit dem nicht mehr an ein Juweliergeschäft, sondern an einen Textileinzelhandel überlassen hat. Denn die Betriebsverpachtung setzt nach der neueren Rechtsprechung des BFH die Fortführung des bisherigen Betriebs durch ein branchengleiches Unternehmen nicht mehr voraus (BFH-Urteil in BFHE 203, 143, BStBl II 2004, 10, unter II.2.b und c der Gründe).

(2) Die Kläger können sich für ihre Rechtsauffassung auch nicht auf die (BFHE 115, 495, BStBl II 1975, 580), vom I R 5/82 (BFHE 138, 548, BStBl II 1983, 771) und vom VIII R 53/99 (BFHE 197, 546, BStBl II 2003, 237) berufen.

Den vorgenannten BFH-Urteilen lagen Fälle zugrunde, in denen der Steuerpflichtige durch Tod (BFH-Urteile in BFHE 115, 495, BStBl II 1975, 580, und in BFHE 197, 546, BStBl II 2003, 237) oder durch Veräußerung seines Anteils (BFH-Urteil in BFHE 138, 548, BStBl II 1983, 771) aus einer Personengesellschaft ausgeschieden ist und dadurch seine Stellung als (Mit-)Unternehmer verloren hat. Die Erben der durch Tod ausgeschiedenen Gesellschafter rückten in den Fällen, die den BFH-Urteilen in BFHE 115, 495, BStBl II 1975, 580 und in BFHE 197, 546, BStBl II 2003, 237 zugrunde lagen, auch nicht in die Gesellschafterstellung des ausgeschiedenen Gesellschafters bei den unter den verbliebenen Gesellschaftern jeweils fortgesetzten Gesellschaften nach. Für derartige Fallgestaltungen hat der BFH entschieden, dass die Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens des durch Tod oder Veräußerung der Beteiligung ausscheidenden Gesellschafters mit dem Ausscheiden aus der Gesellschaft Privatvermögen werden.

Im Streitfall wurde die KG mit dem Tod des Komplementärs JB jedoch nicht fortgesetzt, sondern aufgelöst. Zudem verblieb den Klägern als Rechtsnachfolgern nach ihrem Vater JB mit dem Grundstück P-Straße zur Betriebsverpachtung geeignetes (Sonder-)Betriebsvermögen. Wird eine gewerblich tätige Personengesellschaft beendet, und führt ein Gesellschafter bzw. dessen Rechtsnachfolger unter Übernahme wenigstens der wesentlichen Betriebsgrundlagen den Betrieb des Unternehmens fort, so realisiert jedenfalls der Fortführende die in dem von ihm übernommenen (Sonder-)Betriebsvermögen enthaltenen stillen Reserven nicht. Diese Folge tritt auch ein, wenn die werbende Tätigkeit eingestellt und der Betrieb unter Ausübung des Verpächterwahlrechts verpachtet wird (vgl. BFH-Urteil in BFHE 127, 21, BStBl II 1979, 300).

Das von den Klägern für ihren Standpunkt noch herangezogene (BFH/NV 1993, 358) ist im Streitfall schon deshalb nicht einschlägig, weil jener Entscheidung ein Sachverhalt zugrunde lag, in dem nicht alle wesentlichen Betriebsgrundlagen verpachtet wurden; verpachtet wurde vielmehr lediglich das Betriebsgrundstück, welches dort —anders als im Streitfall— nicht die alleinige wesentliche Betriebsgrundlage darstellte.

(3) Nach alledem kann im vorliegenden Fall von einer Zwangsaufgabe des Gewerbebetriebs vor der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft nicht ausgegangen werden. Daher könnte eine Betriebsaufgabe nur bei einer unmissverständlichen Betriebsaufgabeerklärung gegenüber dem FA angenommen werden (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 78, 315, BStBl III 1964, 124, 127, und BFH-Urteil in BFH/NV 1999, 1198, 1200 linke Spalte, m.w.N.). Im Streitfall hat die Erbengemeinschaft eine solche Erklärung indessen nicht abgegeben. Vielmehr hat sie bis 1992 selbst Einkünfte aus (einem ruhenden) Gewerbebetrieb erklärt.

Erstmals mit der Feststellungserklärung für 1993, die im Jahr 1996 beim FA einging, wurden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung deklariert. Darüber hinaus wurde die Auffassung vertreten, die nicht zu Wohnzwecken genutzten Gebäudeteile des Grundstücks P-Straße seien schon in den Jahren 1988 bis 1992 zu Unrecht als Betriebsvermögen eines ruhenden Gewerbebetriebs behandelt worden. Indessen genügt es für die Erklärung der Betriebsaufgabe nicht, dass der Verpächter in seiner Steuererklärung die Pachteinnahmen als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bezeichnet. Vielmehr ist zu verlangen, dass zu der Erklärung einer bestimmten Einkunftsart noch besondere Umstände hinzutreten, die auf einen Betriebsaufgabewillen schließen lassen (, BFHE 168, 405, BStBl II 1993, 36, unter A.II.4. der Gründe, m.w.N.). Solche Umstände hat das FG im Streitfall jedoch nicht festgestellt.

Auch in der Mitteilung an das FA, der Betrieb sei bereits 1988 aufgegeben worden, lag —jedenfalls primär— die Äußerung einer Rechtsansicht (vgl. , BFHE 199, 124, BStBl II 2002, 527, unter B.II.4. der Gründe, m.w.N.). Ob in der Mitteilung zugleich auch eine rechtsgestaltende (Aufgabe-)Erklärung für den Fall abgegeben werden sollte, dass sich das FA dieser Rechtsansicht nicht anschließen werde, kann im Streitfall dahinstehen. Denn jedenfalls konnte eine rückwirkende Betriebsaufgabe nicht erklärt werden, da steuerrechtliche Gestaltungserklärungen, zu denen die Betriebsaufgabeerklärung gehört, nicht mit rückwirkender Kraft abgegeben werden können (BFH-Urteil in BFHE 168, 405, BStBl II 1993, 36, unter A.II.4. der Gründe, m.w.N.). Die Betriebsaufgabe gilt im Zweifel erst mit dem Zugang der Betriebsaufgabeerklärung beim Finanzamt als vollzogen (, BFHE 211, 1, BStBl II 2006, 581, unter 4. der Gründe, m.w.N.). Die von der Finanzverwaltung zugelassene dreimonatige Rückwirkung der Aufgabeerklärung (vgl. R 139 Abs. 5 Satz 13 der Einkommensteuer-RichtlinienEStR— 1993; R 139 Abs. 5 Satz 7 EStR 1996 bzw. R 16 Abs. 5 Sätze 6 und 13 EStR 2005) führt im Streitfall zu keinem anderen Ergebnis.

2. War die Erbengemeinschaft somit auch im Streitjahr noch als gewerblicher Verpächter tätig, handelte es sich bei der Abfindungszahlung des Klägers zu 3. an die Kläger zu 1. und 2. um einen der Einkommensteuer unterliegenden Veräußerungserlös der weichenden Miterben insoweit, als sich das Grundstück P-Straße im Betriebsvermögen befand und die Kläger zu 1. und 2. durch den Vermögensverzicht weniger erhielten, als ihnen nach ihren Erbteilen zustand.

Nach der Rechtsprechung des BFH ist die Erbauseinandersetzung auch einkommensteuerrechtlich ein selbständiger Rechtsvorgang, der nicht als Bestandteil des Erbfalls angesehen werden kann (grundlegend: Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 161, 322, BStBl II 1990, 837). Erlangt ein Miterbe in der Erbauseinandersetzung mehr an Vermögen, als ihm nach seinem Erbanteil zusteht, muss er eine Ausgleichsleistung für den Mehrempfang erbringen, die der benachteiligte Miterbe als Abfindung für den Vermögensverzicht erhält. Für den übernehmenden Miterben stellen die Leistungen Anschaffungskosten für den Mehrempfang, für den weichenden Erben ein einem Veräußerungserlös gleichkommendes Entgelt für aufgegebenes Vermögen dar (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 161, 322, BStBl II 1990, 837, unter C.II.1.d der Gründe).

3. Gegen die Höhe des vom FA in der Einspruchsentscheidung festgestellten Veräußerungsgewinns haben die Kläger keine Einwendungen erhoben. Insoweit ist der Bescheid bestandskräftig (vgl. , BFHE 152, 414, BStBl II 1988, 544, unter 2. der Gründe).

Fundstelle(n):
BStBl 2009 II Seite 303
BFH/NV 2009 S. 460 Nr. 3
BFH/PR 2009 S. 131 Nr. 4
BStBl II 2009 S. 303 Nr. 9
DB 2009 S. 369 Nr. 8
DStR 2009 S. 313 Nr. 7
DStRE 2009 S. 325 Nr. 5
DStZ 2009 S. 226 Nr. 7
EStB 2009 S. 84 Nr. 3
FR 2009 S. 718 Nr. 15
GmbH-StB 2009 S. 60 Nr. 3
HFR 2009 S. 357 Nr. 4
KÖSDI 2009 S. 16393 Nr. 3
NWB-Eilnachricht Nr. 8/2009 S. 514
SJ 2009 S. 4 Nr. 5
StB 2009 S. 97 Nr. 4
StBW 2009 S. 3 Nr. 6
StC 2009 S. 8 Nr. 4
StuB-Bilanzreport Nr. 4/2009 S. 159
WPg 2009 S. 422 Nr. 7
AAAAD-08092