Suchen Barrierefrei
Online-Nachricht - Donnerstag, 01.09.2022

Einkommensteuer | Zeitanteiliger Ansatz des Grundbetrags für die selbst bewirtschafteten Flächen bei Vorliegen eines Rumpfwirtschaftsjahres (BFH)

Der nach § 13a Abs. 4 Satz 2 EStG i. V. mit Anlage 1a zu § 13a EStG i.d.F. des ZollkodexAnpG zu ermittelnde (Jahres-)Grundbetrag ist bei der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen für ein Rumpfwirtschaftsjahr lediglich zeitanteilig anzusetzen (entgegen , Rz. 29; ; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Grundbetrag für die selbst bewirtschafteten Flächen bei der Ermittlung des Gewinns nach Durchschnittssätzen für ein Rumpfwirtschaftsjahr in Höhe des vollen Jahreswerts zu berücksichtigen ist oder zeitanteilig für die Monate, die das Rumpfwirtschaftsjahr umfasst.

Der Kläger übernahm zum den landwirtschaftlichen Betrieb seiner Eltern. Den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft ermittelte er gem. § 13a EStG in der im Streitjahr (2016) geltenden Fassung. Dabei setzte der Kläger für das den Monat Juni 2016 umfassende Rumpfwirtschaftsjahr den Grundbetrag für die selbst bewirtschafteten Flächen nach § 13a Abs. 4 EStG lediglich zeitanteilig in Höhe von 1/12 an.

Das FA folgte dieser Berechnung nicht, sondern berücksichtigte den Grundbetrag für die selbst bewirtschafteten Flächen unter Berufung auf das (Rz. 29) im Einkommensteuerbescheid für 2016 für das einmonatige Rumpfwirtschaftsjahr vielmehr in Höhe des vollen Jahresbetrags.

Der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage gab das FG im Wesentlichen statt ().

Der BFH hat die Revision des FA als begründet angesehen, das FG-Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen:

  • Gewinnermittlungszeitraum bei Land- und Forstwirten ist - unabhängig von der Art der Gewinnermittlung - das Wirtschaftsjahr (§ 4a Abs. 1 Satz 1 EStG), das regelmäßig einen Zeitraum von zwölf Monaten umfasst (§ 8b Satz 1 EStDV) und sich im Regelfall auf den Zeitraum vom 1. Juli bis zum 30. Juni (§ 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG) erstreckt. Das Jährlichkeitsprinzip gilt daher auch, wenn der Gewinn nach § 13a EStG ermittelt wird. Folglich handelt es sich bei dem nach § 13a Abs. 4 Satz 2 EStG i. V. mit Anlage 1a zu § 13a EStG zu ermittelnden Grundbetrag ersichtlich um einen Jahresbetrag. Denn dieser bildet nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelungen den Jahresgewinn aus der landwirtschaftlichen Nutzung pauschal und damit für ein Normalwirtschaftsjahr ab.

  • Wird ein Betrieb eröffnet, erworben, aufgegeben oder veräußert, darf das Wirtschaftsjahr gem. § 8b Satz 2 EStDV auch einen Zeitraum von weniger als zwölf Monaten umfassen (sog. Rumpfwirtschaftsjahr). In diesem Fall ist der (Jahres-)Grundbetrag (§ 13a Abs. 4 EStG i. V. mit Anlage 1a zu § 13a EStG) bei der Gewinnermittlung nach § 13a EStG lediglich entsprechend der Zeitdauer des Rumpfwirtschaftsjahres anzusetzen.

  • Dieses Normenverständnis wurde bis zur Anpassung des § 13a EStG durch das ZollkodexAnpG nicht nur - einhellig - in der Literatur, sondern auch von den Finanzbehörden geteilt. Seit der Neuregelung des § 13a EStG durch das ZollkodexAnpG hält die Finanzverwaltung hieran jedoch nicht länger fest.

  • Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Vielmehr sind auch nach der vorgenannten Gesetzesänderung bei der Ermittlung des Gewinns eines Rumpfwirtschaftsjahres nach Durchschnittssätzen die an jährliche Durchschnittswerte anknüpfenden Komponenten und damit auch der Grundbetrag nach § 13a Abs. 4 EStG nur zeitanteilig anzusetzen.

  • Soweit im Rahmen der Ermittlung des Gewinns nach Durchschnittssätzen Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben gem. § 4 Abs. 3 EStG zu erfassen sind, zählen hierzu bei einem Rumpfwirtschaftsjahr lediglich solche, die im Rumpfwirtschaftsjahr i. S. von § 11 EStG bezogen bzw. geleistet wurden oder als bezogen bzw. geleistet gelten. Daher ist der Zu- bzw. Abflusszeitpunkt zu ermitteln. Eine ggf. aus Vereinfachungsgründen vorgenommene zeitanteilige Zuordnung sieht das Gesetz nicht vor.

  • Nach Maßgabe dieser Grundsätze kann die Vorentscheidung keinen Bestand haben. Das FG hat zwar zutreffend entschieden, dass bei der Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft nach § 13a EStG der Grundbetrag für die selbst bewirtschafteten Flächen in einem Rumpfwirtschaftsjahr lediglich zeitanteilig zu berücksichtigen ist. Es hat jedoch rechtsfehlerhaft nicht nur den in Streit stehenden Grundbetrag für die selbst bewirtschafteten Flächen, sondern auch die Pachtzinsen zeitanteilig für einen Monat berücksichtigt, anstatt diese entsprechend ihres Zuflusses dem Rumpfwirtschaftsjahr des Klägers oder seiner Rechtsvorgänger zuzuordnen.

  • Mangels Feststellungen des FG zum Zeitpunkt des Zuflusses der Pachtzinsen kann der Senat nicht beurteilen, ob diese im den Monat Juni 2016 umfassenden Rumpfwirtschaftsjahr zu berücksichtigen sind.

Anmerkung von Dr. Stephan Geserich, Richter im VI. Senat des BFH:

Zu § 13a EStG sind derzeit noch zwei weitere Revisionsverfahren beim BFH anhängig. In der Sache VI R 38/20 ist streitig, ob Einnahmen aus der Unterverpachtung landwirtschaftlicher Flächen zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) oder zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft (§ 13 EStG) gehören und als solche bei der Ermittlung des Durchschnittssatzgewinns nach § 13a EStG zu berücksichtigen sind. Das diesbezüglich entschieden, dass

  • Einnahmen aus der Unterverpachtung landwirtschaftlicher Flächen als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung i. S. der §§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, 21 EStG und nicht als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft i. S. der §§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 13 EStG zu qualifizieren sind,

  • weil der Unterverpächter kein zivilrechtlicher oder wirtschaftlicher Eigentümer der unterverpachteten Flächen ist, diese nicht zu seinem Betriebsvermögen gehören und

  • weil der Unterverpächter kein zivilrechtlicher oder wirtschaftlicher Eigentümer der unterverpachteten Flächen ist, kein hinreichender wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen unterverpachteten Flächen und eigenem landwirtschaftlichem Betrieb des Unterverpächters besteht

und die Revision zugelassen. Rechtsmittelführer in diesem Verfahren ist die Verwaltung.

In der Sache VI R 31/20 ist zu klären, ob bei einem Wechsel der Gewinnermittlungsart von der Einnahmenüberschussrechnung gem. § 4 Abs. 3 EStG zur Gewinnermittlung gem. § 13a EStG in der Fassung von Art. 5 Nr. 12 des Gesetzes zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom (BGBl I 2014, 2417) eine Überleitungsrechnung vorzunehmen ist. Die Vorinstanz hat dies bejaht und entschieden, dass hierbei Betriebsvorgänge, die im Rahmen der (bisherigen) Gewinnermittlung gem. § 4 Abs. 3 EStG grundsätzlich der Besteuerung unterlegen hätten, aber mangels Zu- bzw. Abflusses gem. § 11 EStG bisher nicht zu erfassen waren, insoweit im Wege einer Überleitungsrechnung zu berücksichtigen sind, als diese Betriebsvorgänge im Rahmen der Gewinnermittlung gem. § 13a EStG nach den Grundsätzen des Bestandsvergleichs erfasst werden. Das Erfordernis von Zu- bzw. Abrechnungen beim Wechsel der Gewinnermittlungsart von § 4 Abs. 3 EStG zu § 13a EStG ergebe sich zwar nicht aus dem Gesetz selbst. Es liege insoweit aber eine gesetzliche Regelungslücke vor, die von der Rechtspraxis auszufüllen sei, soweit dadurch nicht der gesetzliche Steuertatbestand in unzulässiger Weise ausgeweitet werde. Der Annahme einer gesetzlichen Regelungslücke stehe dabei weder die abgeltende Wirkung des § 13a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 EStG in Verbindung mit § 13a Abs. 4 EStG noch der Umstand entgegen, dass § 13a Abs. 7 EStG (in der für das Streitjahr geltenden Fassung) eine abschließende Aufzählung der Betriebsvorgänge enthalte, die zu Sondergewinnen führten (). Auch hier hat das FG die Revision zugelassen. Rechtsmittelführer ist der Steuerpflichtige.

Quelle: ; NWB Datenbank (RD)

Fundstelle(n):
LAAAJ-21191