BGH Beschluss v. - 5 StR 141/22

Instanzenzug: Az: 5 StR 141/22 Beschlussvorgehend Az: 5 KLs 707 Js 28233/21 (2)nachgehend Az: 5 StR 141/22 Beschluss

Gründe

1Die Zeugin      Br.     wurde in erster Instanz als Nebenklägerin zugelassen. Nach den Feststellungen des Landgerichts erlitt sie durch die Tat des Beschuldigten u.a. eine posttraumatische Belastungsstörung, aufgrund der sie nur noch unter drei Stunden täglich arbeitsfähig ist.

2Mit Beschluss vom hat ihr das Landgericht zur Führung der Nebenklage Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt. Nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils hat sie durch ihre Verfahrensbevollmächtigte mit Schriftsatz vom , eingegangen beim Landgericht am gleichen Tage, die Verwerfung der Revision des Beschuldigten und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die zweite Instanz beantragt. Ergänzend hat sie ausgeführt, dass die erstinstanzlich dargelegten wirtschaftlichen Verhältnisse unverändert fortgelten würden. Mit Beschluss vom hat der Senat die Revision des Beschuldigten als unbegründet verworfen. Das Prozesskostenhilfegesuch der Nebenklägerin für das Revisionsverfahren vom wurde dem Senat indes erst am vorgelegt.

3Der Antrag der Nebenklägerin hat Erfolg.

4Die Voraussetzungen des § 397a Abs. 2 Satz 1 StPO liegen vor. Nach dieser Norm ist einem Nebenkläger Prozesskostenhilfe wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zu bewilligen, wenn er seine Interessen selbst nicht ausreichend wahrnehmen kann oder ihm dies nicht zuzumuten ist.

5Nach den vorliegenden Unterlagen ist die Nebenklägerin wirtschaftlich nicht in der Lage, die Kosten der Prozessführung aufzubringen. Die Bezugnahme auf die erstinstanzliche Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen war hier ausnahmsweise zulässig, da die Nebenklägerin deutlich gemacht hat, dass keine Veränderungen eingetreten sind (vgl. hierzu Senat, Beschluss vom – 5 StR 95/17 –, juris unter Verweis auf IVb ZB 73/82 –, juris). Vor dem Hintergrund der durch die Tat hervorgerufenen erheblichen Beeinträchtigungen war der Nebenklägerin eine eigenständige Wahrnehmung ihrer Interessen im Revisionsverfahren auch nicht zumutbar.

6Der Bewilligung von Prozesskostenhilfe steht auch nicht entgegen, dass das Revisionsverfahren inzwischen rechtskräftig abgeschlossen ist. Zwar ist eine rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe, zumal nach rechtskräftigem Verfahrensabschluss, grundsätzlich nicht möglich. Eine auf den Zeitpunkt der Antragstellung rückwirkende Entscheidung kommt jedoch in Betracht, wenn der Antrag nicht rechtzeitig beschieden worden ist und der Antragsteller mit seinem Antrag bereits alles für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe Erforderliche getan hat (Senat, Beschluss vom – 5 StR 95/17 –, juris; Senat, Beschluss vom – 5 StR 587/17 für das Adhäsionsverfahren). Letzteres ist hier der Fall, da die Nebenklägerin die verspätete Weiterleitung der Antragsschrift an den Senat nicht zu vertreten hat.

Cirener

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:290722B5STR141.22.0

Fundstelle(n):
AAAAJ-20979