Online-Nachricht - Montag, 29.08.2022

Zollrecht | Erlöschen von Zollschuld und Einfuhrumsatzsteuer bei Reparatur eines Segelbootes aus der Schweiz in Deutschland (FG)

Die mangels Gestellung und Zollanmeldung von Waren entstandene Zollschuld erlischt ebenso wie die Einfuhrumsatzsteuer, wenn den Zollbehörden nachgewiesen wird, dass die Waren nicht verwendet oder verbraucht, sondern aus dem Zollgebiet der Union verbracht worden sind und wenn kein Täuschungsversuch vorliegt (, Revision anhängig, BFH-Az. VII R 17/22).

Sachverhalt: Der Kläger hat seinen Wohnsitz in der Schweiz. Er wendet sich gegen die Festsetzung von Einfuhrabgaben für ein Segelboot. Er verbrachte das Boot, das in der Schweiz auf ihn zugelassen war, am auf einem Bootsanhänger mit seinem PKW aus der Schweiz kommend über den Grenzübergang beim Zollamt A-Autobahn nach Deutschland, ohne hierfür an der Grenze eine Zollabfertigung durchzuführen. Eine Zollstreife folgte dem Gespann und hielt es an. Zum Sachverhalt befragt, erläuterte der Kläger den Kontrollbeamten, dass er zur Firma XY in B unterwegs sei, um an dem Außenbordmotor fällige Service- und Wartungsarbeiten durchführen zu lassen. Die Beamten leiteten daraufhin gegen den Kläger ein Steuerstrafverfahren ein und setzten mit Einfuhrabgabenbescheid vom ausgehend von einem geschätzten Zollwert des eingeführten Bootes von 21.000 € Zoll in Höhe von 357,00 € und Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von 4.057,83 € fest.

Nachdem der Kläger die Einfuhrabgaben in Höhe von 4.414,83 € bezahlt und eine Strafsicherheit in Höhe von 3.580,00 € hinterlegt hatte, setzte er seine Fahrt zur Firma XY fort. Die Kosten für deren Arbeiten beliefen sich auf insgesamt 1.173,70 €. Bis zur Wiederausfuhr des Segelbootes in die Schweiz, die ausweislich eines vom Zollamt A-Autobahn hierüber erstellten Beschaubefundes am erfolgte, wurde das Boot nach dem insoweit unbestrittenen Vortrag des Klägers im Zollgebiet nicht anderweitig genutzt.

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte Erfolg. Das FG hob den Einfuhrabgabenbescheid auf.

  • Für das streitgegenständliche Boot ist zwar nach Art. 79 Abs. 1 Buchst. a des Unionszollkodex (UZK) zunächst eine Zollschuld entstanden; ob dies auch für die Einfuhrumsatzsteuer gilt, ist dagegen zweifelhaft.

  • Das FG kann diese Frage allerdings offenlassen, da sowohl die Zollschuld als auch eine etwaige Einfuhrumsatzsteuerschuld nach Art. 124 Abs. 1 Buchst. k UZK wieder erloschen sind.

  • Nach Art. 124 Abs. 1 Buchst. k UZK erlischt eine entstandene Zollschuld, wenn den Zollbehörden nachgewiesen wird, dass die Waren nicht verwendet oder verbraucht, sondern aus dem Zollgebiet der Union verbracht worden sind, und wenn kein Täuschungsversuch vorliegt (Art. 124 Abs. 6 UZK).

  • Der Begriff der Verwendung im Sinne des Art. 124 Abs. 1 Buchst. k UZK ist nach Auffassung des FG restriktiv und insbesondere unter Berücksichtigung des Wirtschaftszollgedankens auszulegen. Vor diesem Hintergrund stellt die Einfuhr des Bootes und die Vornahme von Arbeiten an demselben keine das Erlöschen der Zollschuld nach Art. 124 Abs. 1 Buchst. k UZK ausschließende Verwendung dar.

  • Das Segelboot selbst ist vom Kläger im Zollgebiet nicht als Beförderungsmittel genutzt und deshalb nicht in Konkurrenz zu unionsansässigen Vermietern oder Verkäufern von Booten getreten. Die im Zollgebiet der Union durchgeführten Arbeiten am Segelboot, die im Rahmen eines (bewilligten) Verfahrens der aktiven Veredelung unstreitig möglich gewesen wären, ohne dass für das Boot Einfuhrabgaben entstanden wären, beeinträchtigten ebenfalls keine wirtschaftlichen Interessen einheimischer Unternehmen.

  • Die weiteren Voraussetzungen für das Erlöschen der Zollschuld sind ebenfalls erfüllt. Insbesondere ist dem Kläger nach den konkreten Umständen kein Täuschungsversuch vorzuwerfen, sondern er hat das Boot ohne vorherige Zollabwicklung nach Deutschland verbracht, weil er eine solche aufgrund der geplanten Wiederausfuhr – rechtsirrig – nicht für erforderlich gehalten hat.

  • Darüber hinaus ist nachgewiesen, dass das streitgegenständliche Segelboot am wieder aus dem Zollgebiet der Union verbracht wurde. Damit ist nicht nur die Zollschuld, sondern auch eine etwa entstandene Einfuhrumsatzsteuer erloschen.

Quelle: FG Baden-Württemberg, Newsletter 2/2022 (il)

Fundstelle(n):
NWB XAAAJ-20886