BGH Urteil v. - X ZR 53/20

Patentnichtigkeitsverfahren: Offenbarung eines Verfahrens zum Betrieb eines Funkkommunikationssystems sowie Funkstationen mit bestimmten Funktionen durch eine Entgegenhaltung; Ausführbarkeit einer technischen Lehre; in einer Entgegenhaltung vorgesehene Verringerung der Sendeleistung auf mehreren Kanälen - Datensendeleistung

Leitsatz

Datensendeleistung

1. Eine Vorrichtung, die bestimmte Funktionen aufweist, ist durch eine Entgegenhaltung nur dann offenbart, wenn darin ein ausführbarer Weg aufgezeigt wird, sie herzustellen (Bestätigung von , GRUR 2021, 1043 Rn. 40 - Cerdioxid).

2. Ausführbar ist eine technische Lehre grundsätzlich bereits dann, wenn der Fachmann mit Hilfe seines Fachwissens in der Lage ist, den in den Erzeugnisansprüchen beschriebenen Gegenstand herzustellen und diejenigen Verfahrensschritte auszuführen, die in den Verfahrensansprüchen bezeichnet sind (Bestätigung von , GRUR 2015, 472 Rn. 36 - Stabilisierung der Wasserqualität und , GRUR 2022, 813 Rn. 69 - Übertragungsleistungssteuerungsverfahren). Hierzu ist nicht zwingend erforderlich, dass alle in der Beschreibung geschilderten Vorteile verwirklicht werden.

3. Wenn eine Entgegenhaltung für bestimmte Betriebssituationen eine Verringerung der Sendeleistung auf mehreren Kanälen und die Umsetzung dieses Befehls innerhalb einer bestimmten Zeitspanne vorsieht, kann aus der ergänzenden Vorgabe, auf einem bestimmten Kanal mit der vorgegebenen Leistung zu senden, nicht ohne weiteres die Schlussfolgerung gezogen werden, dass diese Anweisung innerhalb einer kürzeren Zeitspanne umzusetzen ist.

Gesetze: Art 54 Abs 2 EuPatÜbk

Instanzenzug: Az: 6 Ni 50/16 (EP) Urteil

Tatbestand

1Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 623 511 (Streitpatents), das am unter Inanspruchnahme einer britischen Priorität vom angemeldet wurde, ein Verfahren zum Betrieb eines Funkkommunikationssystems sowie Funkstationen in einem solchen Kommunikationssystem betrifft und 44 Ansprüche umfasst.

2Patentanspruch 1 lautet in der Verfahrenssprache:

A radio station (100) comprising transmitter means (110) for transmitting over a channel in a predetermined time period (0 to tF) a data block comprising information symbols (/) and parity check symbols (C) and control means (150) responsive to an indication of a reduction in channel quality according to a first criterion for decreasing the data transmit power and responsive to an indication within the predetermined time period of an increase in channel quality according to a second criterion for increasing the data transmit power.

3Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand dieses Anspruchs und der darauf zurückbezogenen Ansprüche 9, 10 und 19 sei nicht patentfähig. Die Beklagte hat das Streitpatent wie erteilt und hilfsweise in zehn geänderten Fassungen verteidigt.

4Das Patentgericht hat das Streitpatent im angegriffenen Umfang für nichtig erklärt. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die ihre erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt. Die Klägerin hat keine Stellungnahme abgegeben und an der mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen.

Gründe

5Die zulässige Berufung ist zum überwiegenden Teil begründet und führt zur Abweisung der Nichtigkeitsklage hinsichtlich des mit Hilfsantrag I verteidigten Gegenstands.

6I. Das Streitpatent betrifft die Steuerung der Sendeleistung in einem Funkkommunikationssystem.

71. Nach der Beschreibung wird die Sendeleistung von Funkstationen gesteuert, um den Sendepegel an die sich verändernden Kanalbedingungen anzupassen und so eine angemessene Übertragungsqualität aufrechtzuerhalten (Abs. 2).

8Bei einem offenen Leistungsregelkreis messe eine Sende- und Empfangsstation die Qualität eines empfangenen Signals, schätze die Kanaldämpfung auf dem Empfangskanal und steuere die eigene Sendeleistung unter der Annahme, dass die Kanaldämpfung auf dem Sendekanal reziprok sei (Abs. 3). Bei einem geschlossenen Leistungsregelkreis werde eine zweite Sende- und Empfangsstation einbezogen, die die Qualität eines von einer ersten Station empfangenen Signals messe und deren Sendeleistung über Befehle steuere (Abs. 4).

9Bei abnehmender Kanalqualität, etwa wegen Behinderungen auf der Übertragungsstrecke oder durch Mehrwegeempfang verursachten Schwundes (multi-path fading), werde die Sendeleistung erhöht, bei zunehmender Kanalqualität werde sie verringert (Abs. 2 und 5). Dies könne bei schlechten Kanalbedingungen dazu führen, dass die Sendeleistung deutlich erhöht werde, wodurch der Energieverbrauch zu sehr ansteige und Interferenzen hervorgerufen werden könnten (Abs. 6).

102. Vor diesem Hintergrund besteht das technische Problem darin, eine effizientere Steuerung der Sendeleistung bereitzustellen.

113. Diese Aufgabe soll durch eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen gelöst werden:

134. Einige Merkmale bedürfen der Erläuterung:

14a) Der Begriff der Funkstation umfasst, wie sich aus der Beschreibung ergibt (Abs. 21), sowohl ein mobiles Endgerät als auch eine Basisstation.

15Als Einsatzgebiet kommen insbesondere Systeme in Betracht, bei denen die Signale über mehrere Trägerfrequenzen oder mit Spreizcodes (Code Division Multiple Access, CDMA) übertragen werden (Abs. 11 und 21). Der Gegenstand von Patentanspruch 1 ist aber nicht auf solche Systeme beschränkt. Die genannte Ausgestaltung ist für die Erfindung auch nicht wesentlich (Abs. 21 aE).

16b) Die Funkstation weist nach Merkmalsgruppe 1.2 Sendemittel auf, die geeignet sind, über einen Kanal innerhalb einer vorgegebenen Zeitspanne einen Datenblock zu übertragen, der Informationssymbole und Paritätsprüfungssymbole enthält.

17aa) Bei den Informationssymbolen im Sinne von Merkmal 1.2.2 handelt es sich um Nutzerdaten.

18Dies ergibt sich aus der Gegenüberstellung dieser Symbole zu den in Merkmal 1.2.2 ebenfalls vorgesehenen Paritätsprüfungssymbolen, die der Fehlerkorrektur dienen (Abs. 37) und den optional möglichen weiteren Symbolen, die etwa der Synchronisation dienen können (Abs. 56).

19Der Datenblock kann daneben auch freie Kapazität (spare capacity) aufweisen (Abs. 41 f.).

20bb) Als vorgegebene Zeitspanne im Sinne von Merkmal 1.2.1 kommt beispielhaft, aber nicht zwingend, die Zeitdauer in Betracht, die für die Übertragung eines einzelnen Rahmens benötigt wird.

21Die Beschreibung benennt beispielhaft eine Zeitspanne von 10 ms, in der ein Datenblock mit einer Größe von 200 Bits übertragen wird (Abs. 22). Diese Zeitspanne entspricht der Länge eines UMTS-Rahmens.

22c) Entscheidende Bedeutung kommt der Merkmalsgruppe 1.3 zu.

23aa) Nach Merkmal 1.3.1 reagiert das Steuermittel der Funkstation auf eine Angabe, die eine Reduzierung der Kanalqualität anzeigt, nicht wie üblich mit einer Erhöhung, sondern mit einer Verringerung der Datensendeleistung, wenn ein erstes Kriterium erfüllt ist.

24Dies spart Energie und vermindert das Risiko von Interferenzen (Abs. 10).

25(1) Als Beispiel für ein erstes Kriterium nennt die Beschreibung das Absinken der Kanalqualität unter einen bestimmten Schwellenwert oder das drohende Ansteigen der Übertragungsleistung über einen bestimmten Schwellenwert hinaus (Abs. 27).

26Wie die Reduzierung der Kanalqualität angegeben wird, legt der Anspruch nicht fest. Als Angabe (indication) kommt danach jede Information in Betracht, die der Funkstation Aufschluss über die Kanalqualität gibt.

27Nach der Beschreibung kann die Funkstation zum Beispiel die Kanalqualität unmittelbar erfassen oder die darauf bezogenen Angaben einer zweiten Funkstation auswerten. Sie kann aber auch prüfen, ob ein übermittelter Befehl zur Erhöhung der Sendeleistung zum Überschreiten eines definierten Schwellenwerts führen würde (Abs. 27).

28(2) Der Anspruch lässt ferner offen, worauf die Reduzierung der Kanalqualität beruht und wie lange sie andauert.

29Das Patentgericht hat hierzu unangegriffen festgestellt, dass der Angabe in der Beschreibung, wonach die Reduzierung der Qualität unter anderem auf Mehrpfad-Schwund (fades caused by multipath reception, Abs. 2) beruhen kann, aus fachlicher Sicht zu entnehmen ist, dass es auch um Verschlechterungen geht, die nur wenige Millisekunden andauern.

30(3) Nähere Vorgaben dazu, in welchem Maß die Sendeleistung bei Erreichen des ersten Kriteriums verringert wird, sind Patentanspruch 1 ebenfalls nicht zu entnehmen.

31Wie sich aus Anspruch 2 und aus der Beschreibung ergibt (Abs. 29 und 33), kommt auch eine Verringerung der Leistung auf 0 in Betracht.

32(4) Patentanspruch 1 enthält ferner keine Festlegungen dazu, ob die Erfüllung des ersten Kriteriums Einfluss auf die Übertragung anderer Signalarten hat.

33In der Beschreibung heißt es dazu, die Übertragung von Steuersignalen, wie sie etwa für die Überwachung der Kanalqualität eingesetzt werden, könne nach dem Absenken der Datensendeleistung fortgesetzt werden, um die Veränderungen der Kanalqualität zu verfolgen (Abs. 33, 13 und 25 sowie Anspruch 12).

34bb) Nach Merkmal 1.3.2 reagiert das Steuermittel auf eine Angabe, die auf eine Zunahme der Kanalqualität hindeutet, mit einer Erhöhung der Datensendeleistung, sofern ein zweites Kriterium erfüllt ist.

35(1) Bezüglich der Art der Angabe und der in Frage kommenden Kriterien gilt entsprechendes wie zu Merkmal 1.3.1.

36(2) Merkmal 1.3.2 gibt darüber hinaus ausdrücklich vor, dass die Funkstation die Eignung aufweisen muss, die beschriebenen Vorgänge innerhalb der gemäß Merkmal 1.2.1 vorgegebenen Zeitspanne auszuführen.

37Diese Vorgabe bezieht sich nicht nur auf die Angabe über das Vorliegen des zweiten Kriteriums, sondern auch für die in Reaktion hierauf erfolgende Erhöhung der Datensendeleistung. Dies eröffnet die Möglichkeit, noch während der Übertragung eines Datenblocks und damit sehr schnell auf eine Verbesserung der Kanalverhältnisse zu reagieren.

38(3) Eine entsprechende Anforderung gilt auch für die Angabe über das Vorliegen des ersten Kriteriums und die hierauf erfolgende Verringerung der Datensendeleistung.

39Der Wortlaut von Merkmal 1.3.1 enthält zwar keine entsprechende Vorgabe. Aus dem Zusammenhang mit Merkmal 1.3.2 ergibt sich aber, dass die Funkstation auch in diesem Kontext zu einer Reaktion innerhalb der nach Merkmal 1.2.1 vorgegebenen Zeitspanne fähig sein muss.

40Die Merkmale 1.3.1 und 1.3.2 betreffen das Verhalten der Funkstation bei einem Absinken und späteren Wiederansteigen der Kanalqualität. Wenn die Funkstation in der Lage sein muss, noch innerhalb der vorgegebenen Zeitspanne auf ein Wiederansteigen der Kanalqualität zu reagieren, muss sie erst recht dazu geeignet sein, auf das vorangegangene Absinken der Kanalqualität zu reagieren.

41cc) Aus dem Umstand, dass die in den Merkmalen 1.3.1 und 1.3.2 beschriebenen Reaktionen nur für den Fall des Eintritts bestimmter Kriterien vorgesehen sind, ergibt sich, dass die Sendeleistung in anderen Betriebssituationen nach der im Stand der Technik üblichen Methode gesteuert werden muss, also bei abnehmender Kanalqualität erhöht und bei zunehmender Kanalqualität verringert wird.

42Diese Vorgehensweise ist exemplarisch in den nachfolgend wiedergegebenen Figuren 2 bis 4 dargestellt.

43Figur 2 stellt schematisch den Verlauf der Kanalqualität während einer vorgegebenen Zeitspanne im Sinne von Merkmal 1.2.1 dar, Figur 3 die aus dem Stand der Technik bekannte gegenläufige Anpassung der Sendeleistung und Figur 4 deren Anpassung nach der Lehre des Streitpatents. Diese unterscheidet sich von der herkömmlichen Vorgehensweise dadurch, dass die Sendeleistung in drei Zeiträumen (t1 bis t2, t3 bis t4, t5 bis t6), in denen bei herkömmlicher Steuerung der Schwellenwert P2 überschritten würde, auf einen vorgegebenen Wert P1 reduziert wird (Abs. 26). Außerhalb dieser Zeiträume entspricht der Verlauf hingegen demjenigen aus Figur 3.

44dd) Die in Merkmalsgruppe 3 festgelegte Vorgehensweise kann zeitgleich für mehrere unterschiedliche Datensignale angewendet werden. Hierbei können unterschiedliche Kriterien definiert und das Absenken bzw. Anheben der Leistung für die einzelnen Signale separat erfolgen (Abs. 32).

45Zwingend erforderlich ist diese Ausgestaltung nach Patentanspruch 1 nicht.

46II. Das Patentgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

47Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung sei mit allen seinen Merkmalen aus der US-amerikanischen Patentanmeldung 2003/0058821 (D3) bekannt. Nach der Lehre der D3 reagierten Steuermittel auf eine Angabe über eine verschlechterte Kanalqualität ab dem Erreichen eines bestimmten Schwellwerts damit, dass die Übertragung ausgesetzt werde. Nehme die Kanalqualität dann wieder zu, werde die Übertragung wieder aufgenommen.

48Anders als der Gerechtshof Den Haag (Urteil vom - 200.221.250/01, B3) in einem Rechtsstreit zwischen der Beklagten und drei mit der Klägerin verbundenen Unternehmen angenommen habe, sei die Lehre der D3 ausführbar offenbart. Der Fachmann lese mit, dass bei verschlechterter Kanalqualität nur die Übertragung der Nutzdaten ausgesetzt werde, während über bestimmte Steuerkanäle weiterhin Pilotsignale übertragen würden, mit deren Hilfe die Kanalqualität erfasst werden könne.

49Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der Fassung nach Hilfsantrag 1, die für die in Merkmalsgruppe 1.3 angesprochenen Zeiträume eine Datenübertragung mit geringer Leistung zwingend vorsieht, beruhe gegenüber dem Mobilfunkstandard CDMA2000 in dem zum Prioritätstag erreichten Stand (D1) nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Dieser Standard habe sich bereits mit der Frage befasst, wie zu verfahren sei, wenn ein Befehl zur weiteren Leistungserhöhung für den Uplink-Verkehrskanal in den dort vorgesehenen Funkkategorien 3 bis 6 zu einer unerlaubt großen Sendeleistung führen würde. Für diesen Fall sehe die einschlägige Passage des Standards vor, dass die Mobilstation auf dem Uplink-Pilotkanal den Befehl zur Sendung mit erhöhter Leistung unmittelbar befolgen müsse. Um eine Überschreitung des zulässigen Maximalwerts zu verhindern, erfordere dies eine gleichzeitige Reduzierung der Sendeleistung auf einem der anderen Uplink-Kanäle. Die in D1 formulierte Vorgabe, dass die Leistungsreduzierung innerhalb der nächsten 40 Millisekunden erfolgen könne, beziehe sich nur auf die Reduzierung der Datenrate auf dem Basiskanal (Reverse Fundamental Channel). Eine Rücknahme der Leistungsreduzierung bei nachfolgender Verbesserung der Kanalqualität habe zumindest nahegelegen.

50Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der Fassung von Hilfsantrag 1 sei zudem durch eine Kombination der D1 mit dem UMTS-Standard zum Prioritätszeitpunkt nahegelegt, wie er sich aus den Technischen Spezifikationen 125 212 V5.4.0 (D4), 25.211 V5.3.0 (D4a) und 25.214 V5.3.0 (D4b) ergebe.

51Der UMTS-Standard sehe vor, dass eine Mobilstation jeweils über einen Kontrollkanal (Dedicated Physical Control Channel, DPCCH) und über einen oder mehrere Datenkanäle (Dedicated Physical Data Channel, DPDCH) mit der Basisstation verbunden sei. Die Sendeleistung der Mobilstation unterliege der Steuerung in einem geschlossenen Regelkreis und sei auf einen Maximalwert begrenzt. Das Leistungsverhältnis zwischen Kontrollkanal und Datenkanälen könne nur an den Rahmengrenzen geändert werden. Würde die Steuerung der Sendeleistung im geschlossenen Regelkreis zur Überschreitung des Maximalwerts führen, werde die angeordnete Erhöhung der Sendeleistung teilweise oder vollständig nicht vollzogen (Skalierung der Summenleistung), wobei das Verhältnis der Leistung zwischen den Kanalarten unverändert bleibe. Bei jedem Zeitschlitz und damit bei jedem Leistungssteuerungsbefehl werde geprüft, ob die Skalierung noch erforderlich sei oder rückgängig gemacht werden könne. Die Skalierung bewirke eine Verschlechterung der Übertragungsqualität und könne damit dazu führen, dass die Steuersignale auf dem Kontrollkanal nur noch mit Störungen empfangen werden.

52Daraus ergebe sich Anlass, nach einer Lösung zu suchen, bei der die Steuersignale mit der angeordneten Sendeleistung übermittelt werden könnten, ohne den Maximalwert der Uplink-Sendeleistung zu überschreiten. Dies führe zur D1, in der vorgeschlagen werde, die Sendeleistung der einzelnen Uplink-Datenkanäle sukzessive und prioritätsabhängig zu verringern, während die Sendeleistung auf dem Kontrollkanal entsprechend den Leistungssteuerungsbefehlen erhöht werde. Für den Fachmann liege es nahe, die im UMTS-Standard vorgesehene Skalierung aufzugeben und stattdessen die in D1 vorgesehene Vorgehensweise anzuwenden. Er werde dabei vorsehen, dass im UMTS-Standard die Notwendigkeit der Skalierung zeitschlitzweise, also mehrfach innerhalb der Dauer eines Rahmens geprüft werde und ein entsprechendes Zeitregime auch für die Reduzierung bzw. die nachfolgende Erhöhung der Datensendeleistung beibehalten.

53III. Diese Beurteilung hält der Überprüfung im Berufungsrechtszug hinsichtlich der erteilten Fassung des Streitpatents stand.

541. Zu Recht hat das Patentgericht entschieden, dass die US-amerikanische Patentanmeldung 2003/0058821 (D3) sämtliche Merkmale von Patentanspruch 1 vorwegnimmt.

55a) D3 befasst sich mit der Leistungssteuerung im geschlossenen Regelkreis in einem CDMA-Funkkommunikationssystem.

56In einem solchen System könne kurzzeitiges Fading (short-term fading), etwa Multipfad-Fading (multi-path fading), zur Verschlechterung der Kanalqualität führen. Dem werde durch eine Steuerung der Sendeleistung im geschlossenen Regelkreis begegnet (Abs. 8 f.). Dabei könne auch eine Begrenzung der Übertragungsleistung auf einen maximalen Wert vorgesehen werden (Abs. 10).

57Für den Fall, dass eine angeordnete Erhöhung der Übertragungsleistung diesen maximalen Wert überschreite, könne vorgesehen sein, dass die Übertragung des Signals ausgesetzt werde (Abs. 19). Hierzu könne eine Komponente zur Steuerung der Übertragungsleistung (transmitter control unit, TCU) dienen, mit der die Übertragung in Abhängigkeit von einem Leistungssteuerungsbefehl oder -level durch eine dafür vorgesehene Komponente (transmission suspension unit, TSU) ausgesetzt werde.

58Diese Vorgehensweise wird beispielhaft anhand der nachfolgend wiedergegebenen Figur 1 erläutert.

59Liegt die Bedingung (A) vor, wird die Signalübertragung ausgesetzt, bis die Umkehrung der Bedingung (Ā) eintritt. Bedingung A liegt vor, wenn die Kanalqualität einen vorgegebenen Wert nicht erreicht oder die angeordnete Übertragungsleistung einen vorgegebenen Maximalwert übersteigt (Abs. 47).

60Der Aufbau eines hierfür geeigneten Sende- bzw. Empfangsgeräts ist schematisch in den nachfolgend wiedergegebenen Figuren 2A und 2B dargestellt.

61Das in Figur 2A dargestellte Sendegerät empfängt die von dem in Figur 2B dargestellten Empfangsgerät ausgesandten Steuerbefehle (CMD). Im normalen Betrieb steuert es anhand dieser Befehle seine Sendeleistung. Das Umschalten zwischen den beiden Betriebsarten erfolgt mit Hilfe eines Schalters (210). Dieser wird umgestellt, wenn der Steuerbefehl (CMD) bestimmte vordefinierte Werte aufweist.

62Bei abgewandelten Ausführungsformen enthält die Einheit zum Aussetzen der Übertragung (TSU) ergänzend einen Schalter (203), der im normalen Betrieb geschlossen und bei ausgesetzter Übertragung geöffnet ist (Abs. 68 mit Figur 5A). Bei einer dieser Abwandlungen entfällt der in Figur 2A dargestellte Schalter (210). Für den Wechsel zwischen den beiden Betriebsarten ist dann maßgeblich, ob die aktuelle Übertragungsleistung TP(k) unterhalb eines bestimmten Schwellenwerts liegt oder nicht (Abs. 79 f. mit Figuren 7A und 7B).

63Die Vorgehensweise der in Figur 2B dargestellten Empfängerstation, die der Sendestation Befehle zur Leistungssteuerung übermittelt, ist in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 4 als Flussdiagramm dargestellt.

64Bei normalen Verhältnissen wird die Leistung durch ein Steuersignal (CMD) gesteuert, das die Werte -1 oder +1 aufweisen kann, je nachdem, ob die durchschnittliche Empfangsleistung RP(k) einen vorgegebenen Wert RP0 überschreitet oder nicht. Wenn der Qualitätsparameter SF(k), der Aufschluss über das durchschnittliche Kurzzeit-Fading gibt, einen vorgegebenen Wert X0 unterschreitet, wird das Steuersignal auf den Wert -2 gesetzt, der einen Suspendierungsmodus anzeigt. Dann wird die Übertragung ausgesetzt, bis sich die Kanalqualität wieder gebessert hat. Erreicht diese wieder den vorgegebenen Wert X0, wird das Leistungssteuerungssignal auf -1 gesetzt und der normale Sendemodus wieder aufgenommen (Abs. 57 f.). Bei einem ähnlichen Ausführungsbeispiel werden die Leistungssteuerungssignale im normalen Betrieb anhand des Signal-Rausch-Verhältnisses (SIR(k)) festgelegt (Abs. 77 f. und Figur 6).

65Eine alternative Vorgehensweise ist in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 8 dargestellt.

66Wie in Figur 4 wird das Steuersignal (CMD) im normalen Betrieb aus der durchschnittlichen Empfangsleistung RP(k) abgeleitet. Vom normalen Betrieb wird ausgegangen, wenn der Wert für RP(k) deutlich größer als 0 ist (RP(k) >> 0). Anderenfalls wird die Übertragung ausgesetzt. In diesem Modus wird so lange das Steuersignal +1 gesendet, bis die Kanalqualität sich wieder erholt hat, was dadurch angezeigt wird, dass der Qualitätsparameter SF(k) den Wert aus dem letzten Zyklus vor dem Wechsel wieder erreicht oder überschritten hat. Sobald diese Bedingung eingetreten ist, wird das Steuersignal auf -1 gesetzt, wodurch ein Wechsel in den normalen Betrieb erfolgt (Abs. 81-90). Auch hier kann die Leistung im Normalbetrieb alternativ anhand des Signal-Rausch-Verhältnisses SIR(k) gesteuert werden (Abs. 91-99 mit Figur 9).

67b) Zutreffend und insoweit nicht angegriffen ist das Patentgericht davon ausgegangen, dass damit alle Merkmale von Patentanspruch 1 offenbart sind.

682. Ebenfalls zu Recht hat das Patentgericht entschieden, dass D3 einen ausführbaren Weg aufzeigt, um die dort beschriebene Lehre anzuwenden.

69a) Nach der Rechtsprechung des Senats ist ein Erzeugnis mit bestimmten Eigenschaften nicht schon dann offenbart, wenn eine Entgegenhaltung für eine solche Ausgestaltung Patentschutz beansprucht. Erforderlich ist vielmehr, dass sich der Entgegenhaltung unmittelbar und eindeutig eine konkrete technische Lehre entnehmen lässt, mit der sich die beanspruchten Eigenschaften verwirklichen lassen (zuletzt , GRUR 2021, 1043 Rn. 40 - Cerdioxid).

70Für eine Vorrichtung, die bestimmte Funktionen aufweist, gilt nichts anderes. Auch eine solche Vorrichtung ist durch eine Entgegenhaltung nur dann offenbart, wenn darin ein ausführbarer Weg aufgezeigt wird, sie herzustellen. Hierzu ist zwar nicht erforderlich, dass die beschriebene Lehre vor dem Prioritätstag bereits praktisch umgesetzt worden ist. Sie muss aber ausführbar offenbart gewesen sein ( Xa ZR 34/08 Rn. 49).

71Eine für die Ausführbarkeit hinreichende Offenbarung setzt auch in diesem Zusammenhang voraus, dass der Fachmann ohne erfinderisches Zutun und ohne unzumutbare Schwierigkeiten in der Lage ist, die Lehre des Patentanspruchs auf Grund der Gesamtoffenbarung der Patentschrift in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen am Anmelde- oder Prioritätstag praktisch so zu verwirklichen, dass der angestrebte Erfolg erreicht wird (, GRUR 2010, 901 Rn. 31 - Polymerisierbare Zementmischung; Urteil vom - X ZR 168/12, Rn. 18; Urteil vom - X ZR 76/13, GRUR 2015, 472 Rn. 34 - Stabilisierung der Wasserqualität).

72Die Ausführbarkeit einer technischen Lehre darf dabei nicht mit der Erreichung derjenigen Vorteile gleichgesetzt werden, die dieser Lehre in der Beschreibung zugeschrieben werden. Ausführbar ist eine technische Lehre vielmehr grundsätzlich bereits dann, wenn der Fachmann mit Hilfe seines Fachwissens in der Lage ist, den in den Erzeugnisansprüchen beschriebenen Gegenstand herzustellen und diejenigen Verfahrensschritte auszuführen, die in den Verfahrensansprüchen bezeichnet sind (, GRUR 2015, 472 Rn. 36 - Stabilisierung der Wasserqualität; , GRUR 2022, 813 Rn. 69 - Übertragungsleistungssteuerungsverfahren). Dem Erfordernis einer für die Ausführbarkeit hinreichenden Offenbarung ist dagegen nicht genügt, wenn die Entgegenhaltung lediglich stichwortartig ein abstraktes Ziel vorgibt, ohne auch nur andeutungsweise darüber Aufschluss zu geben, wie dieses Ziel erreicht werden kann (BGH GRUR 2022, 813 Rn. 70 - Übertragungsleistungssteuerungsverfahren).

73b) Bei Heranziehung dieses Maßstabs erweist sich die Auffassung des Patentgerichts, dass die Lehre der D3 ausführbar offenbart ist, als zutreffend. Der abweichenden Auffassung des Gerechtshofs Den Haag (B3 Rn. 4.95 ff.) vermag der Senat nicht beizutreten.

74aa) Wie die Berufung im Ansatz zu Recht geltend macht und auch das Patentgericht nicht übersehen hat, ist in D3 allerdings nicht ausdrücklich erwähnt, dass die Übertragung nur auf einzelnen Kanälen ausgesetzt wird, während auf anderen Kanälen, etwa auf Steuerkanälen, weiterhin Daten übertragen werden.

75Hieraus ergibt sich jedoch nicht zwingend die Schlussfolgerung, dass alle Kanäle vorübergehend abgeschaltet werden, denn auch diese Anforderung ist in D3 nicht ausdrücklich formuliert.

76bb) Für eine Aussetzung der Übertragung auf allen Kanälen sprechen zudem die Ausführungsbeispiele, bei denen die für die Aussetzung eingesetzte Einheit einen Schalter aufweist, der im Suspendierungsmodus geöffnet ist.

77Auch dies lässt indes die Deutung offen, dass sich diese Ausgestaltung nicht auf den Funkbetrieb insgesamt bezieht, sondern nur auf die Übertragung auf dem im Fokus der Betrachtung stehenden Kanal.

78cc) Für eine Fortsetzung der Datenübertragung zumindest auf einem Steuerkanal spricht demgegenüber der Umstand, dass D3 auch während der Zeiträume, in denen das Sendegerät die Übertragung ausgesetzt hat, die Übertragung von Leistungssteuerungssignalen vom Empfangsgerät an das Sendegerät vorsieht.

79Damit steht in Einklang, dass eine Aussetzung der Übertragung stets nur für das Sendegerät beschrieben wird.

80dd) Vor diesem Hintergrund erscheinen die vom Patentgericht festgestellten Fachkenntnisse, wonach bei CDMA-Systemen die Bestimmung der Empfangsleistung und die Beurteilung des Kurzzeit-Fading mithilfe von Pilotsignalen erfolgen, die auf einem Steuerkanal ausgesendet werden, ausreichend, um einen gangbaren Weg zur Anwendung der in D3 offenbarten Lehre aufzuzeigen.

81Vor dem Hintergrund dieses Fachwissens ergeben sich aus der Schilderung in D3 hinreichend deutliche Anhaltspunkte dafür, dass die beschriebene Aussetzung der Übertragung nicht für diejenigen Daten gilt, deren Übertragung für die Beurteilung der Kanalqualität und die Übermittlung von darauf abgestimmten Steuerbefehlen erforderlich sind.

82ee) Entgegen der Auffassung der Berufung und des Gerechtshofs Den Haag steht diesbezüglichen Schlussfolgerungen nicht der Umstand entgegen, dass bei dem in Figur 8 dargestellten Ausführungsbeispiel für das Wechseln zwischen den beiden Betriebszuständen darauf abgestellt wird, dass die aktuelle Übertragungsleistung ungefähr gleich 0 ist.

83Die in diesem Zusammenhang eingesetzten Komparatoren RP(k) >> 0 bzw. RP(k) ≈ 0 deuten vielmehr darauf hin, dass auch bei ausgesetzter Übertragung noch ein gewisses Maß an Übertragungsleistung vorhanden ist und dass deshalb die Übertragung nicht erst dann ausgesetzt wird, wenn die Leistung vollständig auf 0 abgesunken ist, während eine Rückkehr zum Normalbetrieb erst dann stattfindet, wenn die Übertragungsleistung deutlich über 0 liegt.

84ff) Entgegen der Auffassung der Berufung und des Gerechtshofs Den Haag steht der Ausführbarkeit der in D3 offenbarten Lehre auch nicht der Umstand entgegen, dass bei ausgesetzter Übertragung weiterhin Leistungssteuerbefehle übertragen werden.

85Wie auch der Gerechtshof ausführt, haben diese Befehle in der genannten Phase per definitionem eine andere Bedeutung. Wie bereits oben ausgeführt wurde, führt der Wert +1 in diesem Stadium nicht zu einer Erhöhung der Leistung, sondern zu einer Beibehaltung des Suspendierungsmodus. Der Wert -1 führt zu einer Rückkehr zum Normalbetrieb, bei dem Veränderungen der Leistung wieder erwünscht sind.

86gg) An der Ausführbarkeit fehlt es schließlich auch nicht deshalb, weil bei dem durch Figuren 7A und 8 illustrierten Ausführungsbeispiel nur zwei Signale (+1 und -1) gezeigt sind.

87Es mag sein, dass das nach D3 angestrebte Ziel einer effektiven Steuerung der Sendeleistung im geschlossenen Regelkreis in einem CDMA-System auch bei kurzfristigen Verschlechterungen der Kanalqualität nicht in befriedigender Weise erreicht wird, wenn nur zwei Signale zur Verfügung stehen, weil diese nicht ausreichen, um sowohl die Sendeleistung des Steuerkanals während des Suspendierungsmodus zu regeln als auch den Wechsel zurück in den normalen Modus zu signalisieren. Auch unter dieser Prämisse ist das in D3 beschriebene Verfahren aber ausführbar. Dass es gegebenenfalls keine optimale Leistungssteuerung ermöglicht, steht der Ausführbarkeit nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht entgegen. Unabhängig davon kommt auch für das in den Figuren 7A und 8 dargestellte Ausführungsbeispiel der Einsatz eines dritten Signals in Betracht, wie es bei den vorangehenden Ausführungsbeispielen beschrieben ist.

88hh) Entgegen der Auffassung der Berufung ist nicht entscheidungserheblich, ob der Fachmann all diese Überlegungen bei der Lektüre von D3 gleichsam mitliest.

89Dieses Kriterium ist lediglich für die Bestimmung des Offenbarungsgehalts von Bedeutung. Für die Beurteilung der Frage, ob die offenbarte Lehre anhand der mitgeteilten Informationen ausführbar war, sind demgegenüber auch solche Überlegungen von Bedeutung, die sich aus ergänzender Heranziehung von Fachwissen ergeben.

90IV. Hinsichtlich des mit Hilfsantrag I verteidigten Gegenstands erweist sich die Entscheidung des Patentgerichts demgegenüber als nicht zutreffend.

911. Hilfsantrag I sieht als zusätzliches Merkmal vor, dass in den Zeiträumen zwischen der Erfüllung des ersten und des zweiten Kriteriums die Übertragung des Datenblocks mit einem niedrigeren Leistungspegel fortgesetzt wird.

92Danach sind Ausgestaltungen ausgeschlossen, bei denen die Übertragung auf dem Kanal, auf dem der in Merkmal 1.2.1 vorgesehene Datenblock übertragen wird, beim Eintritt des ersten Kriteriums vollständig eingestellt wird.

93Um das zusätzliche Merkmal zu erfüllen, reicht es nicht aus, wenn die Datenübertragung auf anderen Kanälen fortgesetzt wird, etwa einem Steuer- oder Pilotkanal. Vielmehr muss die Übertragung des Datenblocks fortgesetzt werden. Diese Vorgabe betrifft den Datenblock und damit auch den Kanal im Sinne des Merkmals 1.2.1.

942. Der Standard CDMA2000 in der Fassung von Juni 2001 (D1) nimmt nicht sämtliche Merkmale von Patentanspruch 1 in dieser Fassung vorweg.

95a) D1 beschreibt die physikalische Schicht (layer 1) des Standards CDMA2000, der den Einsatz von Spreizspektren umfasst.

96Die im Standard vorgesehenen Uplink-Kanäle (in D1 als reverse channels bezeichnet) sind in der nachfolgend wiedergegebenen Figur dargestellt.

97Für die Funkkonfigurationen (radio configurations, RC) 1 und 2 sind ein Basiskanal (fundamental channel) und wahlweise bis zu sieben zusätzliche Kanäle (supplemental code channels) vorgesehen.

98Für die Funkkonfigurationen 3 bis 6 gibt es einen Pilotkanal, wahlweise je einen Steuer- und Basiskanal, bis zu zwei zusätzliche Kanäle und einen Unterkanal für die Leistungssteuerung.

99Auf dem Basiskanal beträgt die Länge eines Rahmens 5 ms oder 20 ms (S. 2-63), auf den zusätzlichen Kanälen 20 ms, 40 ms oder 80 ms (S. 2-166). Ein Rahmen umfasst Informations- und Paritätsprüfungsbits (S. 2-167).

100Die Sendeleistung einer Mobilstation wird zu Beginn der Kommunikation in einem offenen Regelkreis und anschließend fortlaufend über eine Kombination von offenem und geschlossenem Regelkreis geregelt (S. 2-45). Im geschlossenen Regelkreis übermittelt die Basisstation der Mobilstation alle 1,25 ms ein Leistungsregelungsbit. Bei einer Rahmenlänge von 20 ms wird die Leistung während eines Rahmens folglich 16-mal geregelt (S. 3-92).

101Für die Funkkonfigurationen 3 bis 6 sieht der Standard vor, dass die Sendeleistung der anderen Kanäle des Uplink-Verkehrskanals an derjenigen des Pilot-Kanals ausgerichtet ist. Eine Veränderung des Verhältnisses ist nur an einer Rahmengrenze möglich (S. 2-49).

102Die Daten können mit unterschiedlicher Datenrate übertragen werden. Eine Änderung der Datenrate ist ebenfalls nur an einer Rahmengrenze möglich.

103Im Abschnitt 2.1.2.3.2 der D1 (Closed Loop Output Power) ist der Fall angesprochen, dass die Umsetzung der Leistungssteuerungsbits im geschlossenen Regelkreis dazu führen würde, dass die geforderte Sendeleistung von der Mobilstation nicht erbracht werden kann. Dazu heißt es dort:

21 For the Reverse Traffic Channel with Radio Configuration 1 or 2, if the mobile station is22 unable to transmit at the requested output power level, it shall terminate transmission on23 at least one active Reverse Supplemental Code Channel not later than the transmission of24 the next 20 ms frame to maintain the requested output power on the Reverse Fundamental25 Channel.26 For the Reverse Traffic Channel with Radio Configuration 3 through 6, if the mobile station27 is unable to transmit at the requested output power level, it shall reduce the data rate on28 the Reverse Fundamental Channel, or reduce the transmission power or terminate29 transmission on at least one of the following code channels that are active: the Reverse30 Fundamental Channel, the Reverse Supplemental Channels, or the Reverse Dedicated31 Control Channel. The mobile station shall perform this action not later than the 20 ms32 frame boundary occurring no later than 40 ms after determining that the mobile station is33 unable to transmit at the requested output power level. The mobile station should attempt34 to reduce the transmission power, the data rate, or terminate transmission first on the code35 channel with the lowest priority. The mobile station shall transmit at the commanded36 output power level on the Reverse Pilot Channel.

104b) Damit sind nicht sämtliche Merkmale von Patentanspruch 1 vorweggenommen.

105aa) Zwischen den Parteien steht zu Recht außer Streit, dass D1 die Merkmale 1.1 bis 1.2.2 offenbart.

106bb) D1 sieht auch vor, dass bei einer Verringerung der Kanalqualität die Sendeleistung unter bestimmten Umständen nicht erhöht, sondern verringert wird.

107Eine solche Verringerung sieht D1 für den Fall vor, dass eine weitere Erhöhung der Sendeleistung zur Überschreitung eines vorgegebenen Grenzwerts führen würde und deshalb nicht möglich oder zumindest nicht zulässig ist.

108cc) Entgegen der Auffassung des Patentgerichts offenbart D1 jedoch nicht unmittelbar und eindeutig, dass die Funkstation in einer solchen Situation die Datensendeleistung unmittelbar, d.h. noch vor Erreichen der nächsten Rahmengrenze verringert.

109(1) Ausdrückliche Ausführungen zu der Frage, innerhalb welcher Zeitspanne nach Feststellung des maßgeblichen Kriteriums die Verringerung erfolgen soll, finden sich in der oben wiedergegebenen Passage nur für die zusätzlichen Codekanäle der Funkkonfigurationen 1 und 2 sowie für den Basiskanal, die ergänzenden Kanäle und den Steuerkanal der Konfigurationen 3 bis 6.

110Für die Konfigurationen 1 und 2 ist ein Reaktionszeitraum von maximal 20 ms vorgesehen. Für die anderen Konfigurationen soll die Reaktion an der Grenze eines 20 ms langen Rahmens erfolgen, die maximal 40 ms nach Feststellung des maßgeblichen Kriteriums auftritt.

111Dies deutet, wie auch die Gerichte im Vereinigten Königreich (Court of Appeal for England and Wales, Urteil vom , [2019] EWCA Civ 2230, Floyd LJ, B6 Rn. 218 ff.) und in den Niederlanden (B3 Rn. 4.34 f.) ausgeführt haben, darauf hin, dass ein Wechsel erst nach Erreichen einer Rahmengrenze erfolgt. Für die Funkkonfigurationen 3 bis 6 ist der Wechsel an einer Rahmengrenze sogar ausdrücklich erwähnt.

112Ein Wechsel nach Abschluss eines Rahmens entspricht nicht der Vorgabe aus den Merkmalen 1.3.1 und 1.2.1. Danach ist eine Korrektur innerhalb der für einen Datenblock vorgesehenen Zeitspanne, also innerhalb des jeweiligen Rahmens erforderlich.

113(2) Entgegen der Auffassung des Patentgerichts ergeben sich aus dem letzten Satz der oben wiedergegebenen Passage keine weitergehenden Schlussfolgerungen.

114Dieser Satz enthält lediglich die Anweisung, auf dem Pilotkanal mit der vorgegebenen Leistung zu senden. Er definiert hingegen keine ausdrücklichen Vorgaben zu der Frage, innerhalb welcher Zeitspanne eine hierzu erforderliche Anpassung gegebenenfalls vorzunehmen ist, und lässt auch im Übrigen nicht erkennen, dass er nicht nur bezüglich der Leistungsanpassung, sondern auch bezüglich des maßgeblichen Zeitpunkts eine von den vorangehenden Vorgaben abweichende Anforderung formuliert.

115In diesem Zusammenhang kann dahingestellt bleiben, ob eine Reduzierung der Sendeleistung nach D1 nur durch eine Reduzierung der Datenrate oder eine vollständige Aussetzung der Übertragung auf einzelnen Kanälen erfolgen darf (so die Beklagte, der High Court für England und Wales, Urteil vom , [2018] EWHC 1826 (Pat) Arnold J, B2 Rn. 192-225 und der Gerechtshof Den Haag, B3 Rn. 4.27 ff.) oder ob auch eine bloße Reduzierung der Sendeleistung in Betracht kommt (so Floyd LJ, B3 Rn. 217). Auch wenn unterstellt wird, dass letzteres zutrifft und dass eine Reduzierung der Sendeleistung schon vor dem Ende des aktuellen Rahmens möglich ist, kann den Ausführungen in D1 nicht entnommen werden, dass von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen ist, wenn ansonsten die Sendeleistung auf dem Pilotkanal bis zum Ende des aktuellen Rahmens unterhalb des vorgegebenen Werts bliebe.

116Der Umstand, dass D1 eine Einhaltung der Vorgabe für den Pilotkanal zwingend vorsieht und eine Umsetzung dieser Vorgabe ohne zusätzliche Maßnahmen zu einer Überschreitung der vorgegebenen Höchstgrenze für die Sendeleistung führen würde, führt entgegen der Auffassung des Patentgerichts nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Die in Rede stehenden Passagen betreffen eine Situation, in der eine Umsetzung der übermittelten Steuerungsbefehle aufgrund der vorgegebenen Höchstgrenze für die Leistung gerade nicht möglich ist und deshalb Korrekturmaßnahmen zu treffen sind. Wenn für die Umsetzung dieser Maßnahmen ausdrücklich eine Zeitspanne vorgegeben ist, erscheint es nicht folgerichtig, eine einzelne Vorgabe hiervon auszunehmen, ohne dass die Ausführungen in D1 selbst dafür einen Anhaltspunkt geben.

117Das Patentgericht hat seine abweichende Beurteilung auf fachliche Erwägungen zur Bedeutung der einzelnen Kanäle gestützt. Eine solche Differenzierung sieht D1 an der in Rede stehenden Stelle nicht vor.

118Nach allem ist D1 nicht zu entnehmen, dass ein Leistungssteuerungsbefehl, dessen Umsetzung zu einem Überschreiten des vorgegebenen Höchstwerts führen würde, schon vor Ablauf der in D1 angegebenen Zeitspannen in Bezug auf den Pilotkanal umzusetzen und gegebenenfalls erforderliche Folgemaßnahmen zu treffen sind. Vielmehr deuten die Ausführungen in D1 darauf hin, dass die Befolgung des Befehls zur Erhöhung der Sendeleistung bis zum Erreichen der nächsten bzw. übernächsten Rahmengrenze zunächst für sämtliche Uplink-Kanäle unterbleibt, wie dies unter der Bezeichnung "Clipping" etwa aus dem UMTS-Standard bekannt war.

119Damit fehlt es an einer Verringerung der Datensendeleistung innerhalb der in Merkmal 1.3.1 vorgegebenen Zeitspanne.

120dd) D1 nimmt auch Merkmal 1.3.2 nicht vorweg.

121Auf die Frage, wie die Mobilstation reagiert, wenn sich die Kanalqualität nach einer vorangegangenen Verschlechterung wieder verbessert, geht D1 nicht ein. Da der Standard, wie oben dargelegt wurde, nicht dahin zu verstehen ist, dass der Leistungssteuerungsbefehl vom Pilot-Kanal stets unmittelbar befolgt werden muss, entfällt die Grundlage für die von der Klägerin postulierte Schlussfolgerung, D1 gebe vor, dass eine erfolgte Leistungsreduzierung bei nachfolgender Verbesserung der Kanalqualität noch innerhalb des aktuellen Rahmens wieder rückgängig gemacht werden müsse.

1223. Auch das US-amerikanische Patent 6 341 214 (D2) nimmt den Gegenstand von Patentanspruch 1 in der Fassung von Hilfsantrag 1 nicht vollständig vorweg.

123a) D2 befasst sich mit der Steuerung der Sendeleistung in einem CDMA-Mobilfunksystem.

124D2 schildert es als herkömmliche Vorgehensweise, die Sendeleistung zu erhöhen, wenn die Empfangsqualität unter einen bestimmten Schwellwert (treshold value) sinkt, und sie zu verringern, wenn der Schwellwert überschritten ist (Sp. 1 Z. 14 bis Sp. 2 Z. 3).

125Diese Vorgehensweise ist in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 3 schematisch dargestellt.

126Die unteren beiden Linien zeigen den Verlauf der Kanalqualität und die darauf abgestimmten Befehle zur Erhöhung oder Verringerung der Sendeleistung.

127Die dargestellte Vorgehensweise ermögliche es, die Kanalqualität annähernd konstant zu halten, die Übertragungsleistung auf das hierfür erforderliche Minimum zu beschränken und unnötige Interferenzen zu vermeiden. Ein starkes Absinken der Kanalqualität etwa durch Fading führe aber zu einer deutlichen Erhöhung der Übertragungsleistung. Dies bedeute einen hohen Stromverbrauch und könne Interferenzen hervorrufen (Sp. 2 Z. 4-34).

128Um Abhilfe zu schaffen, schlägt D2 vor, umgekehrt zu verfahren, also die Sendeleistung zu erhöhen, wenn die Empfangsqualität über dem Schwellenwert liegt, und sie zu verringern, wenn der Schwellenwert unterschritten ist (Sp. 2 Z. 52-61).

129Diese Vorgehensweise ist in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 6 schematisch dargestellt.

130Ein solches Vorgehen hat nach D2 den Vorteil, dass die durchschnittliche Sendeleistung verringert werde, wodurch der Stromverbrauch sinke und die Gefahr von Interferenzen geringer sei (Sp. 3 Z. 36-42).

131Um ein zu starkes Ansteigen der Übertragungsleistung zu vermeiden, wird eine Obergrenze definiert, bei deren Erreichen die Sendeleistung trotz Ansteigens der Kanalqualität nicht mehr erhöht wird (Sp. 5 Z. 36-46). Bei schlechter Kanalqualität wird von einer Erhöhung der Sendeleistung abgesehen, weil diese nicht zu der angestrebten Steigerung der Qualität führen würde. Stattdessen wird die Sendeleistung verringert, weil dies in dieser Situation eine effektivere Datenübertragung ermögliche (Sp. 5 Z. 48 bis Sp. 6 Z. 5).

132Als zusätzliche Maßnahmen schlägt D2 vor, den Schwellenwert für die Steuerung der Sendeleistung (Sp. 6 Z. 20 ff.) und die Obergrenze der Sendeleistung (Sp. 7 Z. 12 ff.) unter Berücksichtigung von langfristigen Veränderungen der Empfangsqualität zu variieren.

133b) Damit sind die Merkmale 1.3.1 und 1.3.2 nicht offenbart.

134D2 sieht zwar vor, dass die Sendeleistung bei einem Absinken der Kanalqualität verringert und bei einem Ansteigen derselben erhöht wird. Abweichend von den Merkmalen 1.3.1 und 1.3.2 erfolgt dies aber nicht nur bei Vorliegen bestimmter Kriterien, sondern durchgehend.

135aa) Allerdings sieht auch D2 Phasen vor, in denen ein Absinken bzw. Ansteigen der Kanalqualität nicht zu der in den Merkmalen 1.3.1 und 1.3.2 vorgesehenen Reaktion führt.

136War die Kanalqualität zunächst so gut, dass die Sendeleistung nicht mehr weiter erhöht wurde, und sinkt sie danach ab, reagiert die Mobilstation darauf, wie aus Figur 6 ersichtlich ist, nicht sofort mit einer Verringerung der Sendeleistung, sondern erst dann, wenn die Kanalqualität unter einen bestimmten Wert gesunken ist. Dies kann als erstes Kriterium im Sinne von Merkmal 1.3.1 angesehen werden.

137Bei einer Zunahme der Kanalqualität wird die Sendeleistung nur dann erhöht, wenn der vorgegebene Maximalwert noch nicht erreicht ist. Dies kann als zweites Kriterium im Sinne von Merkmal 1.3.2 angesehen werden.

138bb) Bezüglich beider Merkmale fehlt es aber an der nach Patentanspruch 1 erforderlichen inversen Steuerung, d.h. einer Verringerung der Sendeleistung im Falle einer Erhöhung der Kanalqualität und einer Erhöhung im Falle eines Absinkens derselben.

139Entgegen der vorläufigen Einschätzung des Patentgerichts im Hinweis nach § 83 Abs. 1 PatG liegt in der Anpassung des Schwellenwerts und des Maximalwerts für die Sendeleistung keine inverse Steuerung in diesem Sinne. Diese Anpassung erfolgt nicht auf der Grundlage der aktuellen Kanalqualität, sondern aufgrund von längerfristigen Durchschnittswerten oder der Entfernung zwischen den beiden Stationen.

1404. Schließlich nimmt auch die nachveröffentlichte europäische Patentanmeldung 1 309 100 (D5) nicht sämtliche Merkmale von Patentanspruch 1 in der Fassung von Hilfsantrag 1 vorweg.

141a) Auch D5 beschreibt, dass die herkömmliche Leistungssteuerung zwar eine relativ konstante Kanalqualität bewirken kann, dass aber vor allem bei plötzlich auftretender deutlicher Verschlechterung der Kanalqualität die Sendeleistung so stark erhöht wird, dass es zu Interferenzen kommt und der Energieverbrauch zu hoch wird (Abs. 2-5).

142Zur Lösung dieses Problems schlägt D5 vor, die Sendeleistung bei einer Verbesserung der Kanalqualität zu erhöhen und bei einer Verschlechterung derselben zu verringern (Abs. 9).

143Die nachfolgend wiedergegebene Figur 8 zeigt, wie sich eine Veränderung der Kanalqualität nach der konventionellen und nach der in D5 vorgeschlagenen Methode auswirkt.

144Die vorgeschlagene Vorgehensweise führt nach den Ausführungen in D5 zu deutlichen Abweichungen der Empfangsqualität. Dies soll durch verstärkte Korrekturmechanismen kompensiert werden (Abs. 34-39).

145b) Damit fehlt es an einer Vorwegnahme der Merkmale 1.3.1 und 1.3.2.

146Ähnlich wie D2 sieht D5 die in den Merkmalen 1.3.1 und 1.3.2 vorgegebenen Reaktionen nicht nur für den Fall vor, dass bestimmte Kriterien erfüllt sind, sondern durchgehend.

1475. Der mit Hilfsantrag 1 verteidigte Gegenstand ist durch den Stand der Technik nicht nahegelegt.

148a) Der Gegenstand von Patentanspruch 1 ist ausgehend von der D3 nicht nahegelegt.

149Wie oben dargelegt wurde, sieht D3 für die Zeitspannen zwischen der Erfüllung des ersten und des zweiten Kriteriums eine vollständige Aussetzung der Übertragung auf dem betreffenden Kanal vor. Daraus ergab sich keine Anregung, die Übertragungsleistung auf diesem Kanal lediglich zu reduzieren.

150Eine abweichende Beurteilung ergibt sich nicht aus dem Umstand, dass D3 davon ausgeht, dass auch im Suspendierungsmodus die Kanalqualität bestimmt und Leistungssteuerungssignale an das Sendegerät übertragen werden können. Daraus ergab sich lediglich Anlass, die Übertragung auf dem diesem Zweck dienenden Pilotkanal fortzusetzen, nicht aber die Anregung, weiterhin Nutzdaten zu übertragen.

151Eine solche Anregung ergibt sich auch nicht aus der von der Klägerin zitierten Stelle in der Beschreibung von D3, laut der die Übertragung entweder ausgesetzt oder mit einer Leistung fortgesetzt wird, die Kurzzeit-Fading kompensiert, so dass das empfangene Signal weiterhin auf konstantem Level empfangen wird (Abs. 46). Auch an dieser Stelle sieht D3 vielmehr vor, die Übertragung auszusetzen, wenn eine Aufrechterhaltung der bisherigen Kanalqualität nicht möglich ist.

152b) Ausgehend von D1 ergaben sich keine weitergehenden Anregungen.

153Wie oben dargelegt wurde, sieht D1 für den Fall der drohenden Überschreitung der maximalen Sendeleistung vor, dass erst bei Beendigung der Übertragung des aktuellen Rahmens Maßnahmen ergriffen werden, die zu einer Verringerung der Sendeleistung auf den anderen Uplink-Kanälen führen.

154Daraus ergab sich keine Anregung, das System dahin abzuwandeln, dass die Leistung bei Eintritt eines bestimmten Kriteriums sofort - also noch während der Übertragung des aktuellen Datenblocks - verringert wird. Darin hätte vielmehr eine Abkehr von dem in D1 vorgesehenen Lösungsansatz gelegen.

155c) Der Gegenstand von Patentanspruch 1 war auch durch eine Kombination des UMTS-Standards zum Prioritätszeitpunkt (D4, D4a und D4b) mit D1 nicht nahegelegt.

156Dabei kann dahingestellt bleiben, ob im Prioritätszeitpunkt Anlass bestand, den UMTS-Standard um einzelne Lösungselemente aus dem Standard CDMA2000 zu ergänzen. Selbst wenn dies zu bejahen wäre, ergäbe sich aus D1 nur die Anregung, das in D4 vorgesehene Absehen von einer Erhöhung der Sendeleistung durch eine Anpassung der Sendeleistung auf den einzelnen Kanälen ab dem nächsten oder übernächsten Rahmen zu ergänzen.

157Eine Abwandlung dahin, dass solche Änderungen unmittelbar, also noch vor Erreichen der nächsten Rahmengrenze vorzunehmen sind, ist durch D1 hingegen auch ausgehend von D4 nicht nahegelegt.

158Dass der UMTS-Standard eine sofortige Anpassung fordert, führt entgegen der Auffassung des Patentgerichts nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob und unter welchen Voraussetzungen eine solche Anpassung auch im CDMA-Standard möglich war. Ausschlaggebend ist der Umstand, dass D1 eine solche Vorgehensweise jedenfalls nicht vorsieht, sondern ausdrücklich eine verzögerte Anpassung lehrt. Sollte sich die in D1 vorgeschlagene Vorgehensweise aus diesem Grund für eine Übernahme in den UMTS-Standard als nicht geeignet erwiesen haben, ergab sich daraus keine hinreichende Anregung, die Lehre aus D1 nur teilweise zu übernehmen und in einem einzelnen Punkt abzuändern.

159d) Schließlich ist der mit Hilfsantrag I verteidigte Gegenstand auch ausgehend von D2 nicht nahegelegt.

160Wie oben dargelegt wurde, sieht D2 eine vollständige Abkehr von der üblichen Vorgehensweise vor. Weder aus D2 selbst noch sonst aus dem Stand der Technik ergibt sich eine Anregung, die dort vorgeschlagene Vorgehensweise nur bei Vorliegen bestimmter Kriterien vorzusehen und die Leistung in den übrigen Zeiträumen auf herkömmliche Weise zu steuern.

161V. Der Rechtsstreit ist zur Entscheidung reif (§ 119 Abs. 5 Satz 2 PatG).

162Das Streitpatent erweist sich aus den oben dargelegten in dem mit Hilfsantrag I verteidigten Umfang als rechtsbeständig. Insoweit ist die Klage deshalb abzuweisen.

163VI. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG sowie § 92 Abs. 1 und § 97 Abs. 1 ZPO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:210622UXZR53.20.0

Fundstelle(n):
CAAAJ-20452