Reichweite einer Erledigungserklärung; Teileinspruchsentscheidung
Leitsatz
1. Mit der Abgabe übereinstimmender Erledigungserklärungen im Finanzprozess wird das Verfahren abgeschlossen und erwächst der betreffende Steuerbescheid in Bestandskraft.
2. Das Revisionsgericht hat in eigener Zuständigkeit zu prüfen, welchen Inhalt ein Verwaltungsakt hat.
3. Die Teileinspruchsentscheidung erfordert einen Ausspruch darüber, hinsichtlich welcher Teile Bestandskraft nicht eintreten soll.
4. Ist der Einspruch insgesamt entscheidungsreif, ist der Erlass einer Teileinspruchsentscheidung nicht sachdienlich.
5. Ist ein Änderungsbescheid zum Gegenstand eines Einspruchsverfahrens geworden, besteht für einen Einspruch gegen den Änderungsbescheid kein Rechtsschutzbedürfnis.
Gesetze: AO § 365 Abs. 3 Satz 1; AO § 367 Abs. 2 Satz 1, Abs. 2a; BGB § 133; BGB § 157
Instanzenzug: (EFG 2020, 73),
Tatbestand
I.
1 Streitig ist, ob die Umsatzsteuerfestsetzung für den Besteuerungszeitraum 2008 (Streitjahr) nach der Abgabe übereinstimmender Erledigungserklärungen in einem Klageverfahren noch geändert werden kann.
2 Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger), ein eingetragener Verein, erledigte für das Bundesamt für Zivildienst Verwaltungsaufgaben nach § 5a des Zivildienstgesetzes (ZDG). Diese Umsätze meldete er mit seiner Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr als steuerpflichtig zum allgemeinen Steuersatz an. Der Steueranmeldung vom stimmte der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt —FA—) am zu. Am legte der Kläger Einspruch gegen diese Steuerfestsetzung mit der Begründung ein, die betreffenden Leistungen unterlägen nur dem ermäßigten Steuersatz. Auf Anregung des Klägers ordnete das FA im Hinblick auf das anhängige Revisionsverfahren beim Bundesfinanzhof (BFH) V R 93/07 das Ruhen des Einspruchsverfahrens an.
3 Im Jahr 2010 fand beim Kläger eine Lohnsteuer-Außenprüfung statt, in deren Rahmen das FA die Beköstigung der Mitarbeiter durch den Kläger aufgriff und darin eine steuerpflichtige Leistung erkannte. Das FA erließ am einen entsprechenden Umsatzsteuer-Änderungsbescheid. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am Einspruch ein mit der Begründung, die Beköstigung des pädagogischen Personals sei steuerfrei.
4 Wegen einer versehentlich vorgenommenen Vorsteuerkürzung —anstelle einer Vorsteuererhöhung— erließ das FA am einen Teilabhilfebescheid und wies den Einspruch des Klägers mit Einspruchsentscheidung vom als unbegründet zurück. Die Einspruchsentscheidung enthält im Rubrum als „Eingangsdatum des Einspruchs/der Einsprüche “, als „Datum des Bescheids/der Bescheide , zuletzt geändert mit Bescheid vom “ sowie als „Steuerart/Jahr/Streitgegenstand Umsatzsteuer 2008“ und befasst sich in den Gründen ausschließlich mit der „umsatzsteuerliche[n] Behandlung von Umsätzen aus der Beköstigung von pädagogischem Personal“.
5 Auf die Einspruchsentscheidung erhob der Kläger am vor dem Finanzgericht (FG) Münster unter dem Aktenzeichen (Az.) 15 K 2162/12 U Klage wegen Umsatzsteuer 2008. Während des Klageverfahrens erließ das FA am für das Streitjahr —weiterhin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung— einen Änderungsbescheid über Umsatzsteuer, mit dem die Beköstigung des pädagogischen Personals steuerfrei gestellt wurde. Hierauf erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt; durch wurden die Kosten des Verfahrens dem FA auferlegt.
6 Im Jahr 2014 nahm das FA im Hinblick auf das (BFHE 226, 435, BStBl II 2015, 735) die bis dahin ruhenden Einspruchsverfahren u.a. auch wegen Umsatzsteuer des Streitjahres wieder auf. Den Antrag des Klägers vom , die Übernahme von Verwaltungsaufgaben nach § 5a ZDG nunmehr steuerfrei zu stellen, lehnte das FA hinsichtlich der Umsatzsteuerfestsetzung für das Streitjahr am unter Hinweis auf eine Bestandskraft des Bescheides über Umsatzsteuer vom ab. Den hiergegen erhobenen Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom als unbegründet zurück.
7 Das FG gab der hierauf erhobenen Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2020, 73 veröffentlichten Urteil vom statt. Der Umsatzsteuerbescheid vom sei noch änderbar, da es sich bei der Einspruchsentscheidung vom um eine Teileinspruchsentscheidung gehandelt habe, mit der nur über die Besteuerung der Beköstigung des pädagogischen Personals entschieden worden sei. Der Einspruch hinsichtlich der Besteuerung der Übernahme von Verwaltungsaufgaben nach § 5a ZDG sei noch nicht verbeschieden, der Vorbehalt der Nachprüfung nicht entfallen und Festsetzungsverjährung noch nicht eingetreten.
8 Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts, insbesondere eine unzutreffende Auslegung des § 367 der Abgabenordnung (AO) und der Regelungen zur Bestandskraft.
9 Es beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
10 Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Gründe
II.
11 Die Revision ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Das FG hat zu Unrecht entschieden, dass die Umsatzsteuerfestsetzung für das Streitjahr noch geändert werden kann. Die Festsetzung ist vielmehr bestandskräftig und damit unabänderbar. Der Vorbehalt der Nachprüfung ist mit Ablauf der Festsetzungsfrist entfallen.
12 1. Der für das Streitjahr zuletzt ergangene Umsatzsteuerbescheid vom wurde gemäß § 68 FGO Gegenstand des im Zeitpunkt seiner Bekanntgabe beim FG anhängigen Klageverfahrens 15 K 2162/12 U wegen Umsatzsteuer 2008. Dieses Klageverfahren haben die Beteiligten übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt. Mit Eingang der zweiten Erledigungserklärung —(hier:) derjenigen des Klägers— am fand das Klageverfahren 15 K 2162/12 U in der Hauptsache seinen Abschluss mit der Folge, dass die angefochtene Steuerfestsetzung unanfechtbar wurde (vgl. hierzu allgemein , BFHE 202, 228, BStBl II 2003, 888, unter II.1.; vom - I R 38/15, BFHE 259, 4, BStBl II 2018, 2, Rz 17; jeweils m.w.N.) und eine Hemmung des Ablaufs der Festsetzungsfrist (§ 171 Abs. 3a AO) endete. Die Festsetzungsfrist endete mit Ablauf des (§§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO).
13 2. Entgegen der Vorentscheidung bezieht sich die Bestandskraft nicht nur auf einzelne unselbständige Besteuerungsgrundlagen, die der Steuerfestsetzung vom zugrunde liegen, sondern auf die Steuerfestsetzung für das Streitjahr insgesamt.
14 a) Insbesondere handelt es sich bei der Einspruchsentscheidung des FA vom , gegen die der Kläger unter dem Az. 15 K 2162/12 U Klage erhob, entgegen der Auffassung des FG nicht um eine Teileinspruchsentscheidung i.S. des § 367 Abs. 2a AO.
15 aa) Nach § 367 Abs. 2 Satz 1 AO hat die Finanzbehörde auf den Einspruch des Steuerpflichtigen die Sache in vollem Umfang erneut zu prüfen und eine abschließende Einspruchsentscheidung zu erlassen (vgl. , BFHE 231, 7, BStBl II 2011, 11, Rz 53). Sie kann aber nach § 367 Abs. 2a Satz 1 AO vorab über Teile des Einspruchs entscheiden, wenn dies sachdienlich ist. In dieser Entscheidung hat sie zu bestimmen, hinsichtlich welcher Teile Bestandskraft nicht eintreten soll (§ 367 Abs. 2a Satz 2 AO).
16 bb) Die nach Maßgabe des § 367 Abs. 2a AO zulässige Teileinspruchsentscheidung stellt einen teilweisen Abschluss des Einspruchsverfahrens dar und setzt eine (nur) teilweise Entscheidungsreife voraus. Soweit ein Einspruch insgesamt entscheidungsreif ist, sollte über ihn abschließend entschieden werden, da andernfalls insoweit eine Verfahrensverzögerung einträte, die ihrerseits eines sachlichen Grundes bedürfte. Bei teilweiser Entscheidungsreife eines Einspruchs ist der Erlass einer Teileinspruchsentscheidung im Allgemeinen sachdienlich, soweit dem keine besonderen Umstände entgegenstehen (vgl. , BFHE 237, 14, BStBl II 2012, 536, Rz 36).
17 cc) Ob es sich um eine endgültige Einspruchsentscheidung oder lediglich um eine Teileinspruchsentscheidung handelt, ist durch Auslegung zu ermitteln. Hierfür gelten die Grundsätze für die Auslegung von Verwaltungsakten, da eine Einspruchsentscheidung ihrerseits Verwaltungsakt i.S. des § 118 AO ist (vgl. nur Seer in Tipke/Kruse, § 366 AO Rz 1). Deren Inhalt ist über den bloßen Wortlaut hinaus im Wege der Auslegung zu ermitteln, wobei die §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auch für öffentlich-rechtliche Willensbekundungen geltende Auslegungsregeln enthalten (vgl. z.B. , BFHE 239, 485, BStBl II 2013, 471, Rz 36).
18 Entscheidend ist danach, wie der Betroffene nach den ihm bekannten Umständen —seinem „objektiven Verständnishorizont“ (vgl. , BFHE 179, 211, BStBl II 1996, 256)— den materiellen Gehalt der Erklärung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte (vgl. z.B. , BFHE 196, 550, BStBl II 2003, 912, unter II.1.b bb; vom - VIII R 10/05, BFHE 214, 18, BStBl II 2007, 96, unter II.3.b aa).
19 Bei der Auslegung eines Verwaltungsakts kommt es weder darauf an, was die Finanzbehörde mit ihrer Erklärung gewollt hat (, BFH/NV 1999, 1446), noch darauf, wie ein außenstehender Dritter die Erklärung der Behörde auffassen konnte bzw. musste (, BFH/NV 1989, 749). Da der Verwaltungsakt nur mit dem bekannt gegebenen Inhalt wirksam wird (§ 124 Abs. 1 Satz 2 AO), muss aber die Auslegung zumindest einen Anhalt in der bekannt gegebenen Regelung haben; im Zweifel ist das den Betroffenen weniger belastende Auslegungsergebnis vorzuziehen, da er als Empfänger einer auslegungsbedürftigen Willenserklärung der Verwaltung durch etwaige Unklarheiten aus deren Sphäre nicht benachteiligt werden darf (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 214, 18, BStBl II 2007, 96, unter II.3.b aa, m.w.N.).
20 dd) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das FG die Einspruchsentscheidung vom zu Unrecht als Teileinspruchsentscheidung gemäß § 367 Abs. 2a AO beurteilt.
21 Dabei ist der Senat nicht gemäß § 118 Abs. 2 FGO an die Auslegung des Verwaltungsakts durch das FG gebunden; vielmehr hat das Revisionsgericht in eigener Zuständigkeit zu beantworten, welchen Inhalt ein Verwaltungsakt hat (vgl. z.B. , BFHE 186, 67, BStBl II 1998, 601, unter II.1.b; vom - I R 72/07, BFH/NV 2008, 1977, unter II.2.c bb bbb; vom - III R 59/11, BFHE 242, 228, BStBl II 2014, 843, Rz 47; vom - X R 32/13, BFHE 251, 298, BStBl II 2016, 139, Rz 33; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 118 FGO Rz 210; Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 118 Rz 25).
22 (1) Die Entscheidung des FA vom über den außergerichtlichen Rechtsbehelf ist mit „Einspruchsentscheidung“ und nicht mit „Teileinspruchsentscheidung“ überschrieben.
23 (2) Der Tenor der Entscheidung lautet „Der Einspruch wird als unbegründet zurückgewiesen“ und nicht etwa „Der Einspruch wird, soweit hierdurch über ihn entschieden wird, als unbegründet zurückgewiesen. Über folgenden Teil des Einspruchs wird nicht entschieden: ...“ (vgl. hierzu BFH-Urteile in BFHE 231, 7, BStBl II 2011, 11, Rz 8; in BFHE 237, 14, BStBl II 2012, 536, Rz 5). Damit enthält der Tenor entgegen dem Bestimmungsgebot des § 367 Abs. 2a Satz 2 AO für Teileinspruchsentscheidungen keinen Ausspruch darüber, hinsichtlich welcher Teile Bestandskraft nicht eintreten soll (vgl. hierzu Tz. 6.3 des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung zu § 367 AO —Stand ; nunmehr Tz. 6.4—).
24 (3) Entgegen der Auffassung des FG kann aus der „ausschließlichen Bezugnahme“ im Rubrum der Einspruchsentscheidung auf das „Eingangsdatum des Einspruchs/der Einsprüche “ nicht geschlossen werden, die Einspruchsentscheidung vom beziehe sich nur „auf diesen Einspruch und damit auf den Streit über die Umsatzbesteuerung der entgeltlichen Beköstigungsleistungen an das pädagogische Personal“.
25 Denn der Einspruch des Klägers vom —den das FA richtigerweise als unzulässig hätte verwerfen müssen (vgl. z.B. , BFHE 195, 486, BStBl II 2001, 747, unter 2.; vom - IV R 77/06, BFHE 224, 233, BStBl II 2009, 791, unter II.1.)— bezog sich gemäß §§ 157 Abs. 2, 367 Abs. 2 Satz 1 AO unabhängig von seiner Begründung auf den gesamten Bescheid (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 237, 14, BStBl II 2012, 536, Rz 22), vorliegend zunächst auf den Änderungsbescheid vom und sodann auf den Änderungsbescheid vom , die jeweils den Regelungsinhalt der vorangegangenen —in ihrer Wirkung suspendierten— Bescheide über Umsatzsteuer 2008 in sich aufgenommen hatten (vgl. allgemein Beschluss des Großen Senats des , BFHE 108, 1, BStBl II 1973, 231, unter 3.; , BFH/NV 2010, 173, Rz 3).
26 (4) Die in der Einspruchsentscheidung vom unterbliebene Auseinandersetzung des FA mit dem Streitpunkt „Besteuerung der Übernahme von Verwaltungsaufgaben nach § 5a ZDG“ hat nicht den Erklärungswert, dass die Einspruchsentscheidung auf den Punkt „entgeltliche Beköstigungsleistungen an das pädagogische Personal“ beschränkt worden sei. Es offenbart lediglich ein teilweises Fehlen der nach § 366 Satz 1 AO erforderlichen Begründung der Einspruchsentscheidung. Das teilweise Fehlen einer Begründung vermag das Fehlen einer Bestimmung nach § 367 Abs. 2a Satz 2 AO, hinsichtlich welcher Teile Bestandskraft nicht eintreten soll, nicht zu ersetzen.
27 (5) Das FG hat ferner nicht beachtet, dass im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung vom der Einspruch des Klägers insgesamt entscheidungsreif war. Der Erlass einer Teileinspruchsentscheidung war danach nicht i.S. des § 367 Abs. 2a Satz 1 AO sachdienlich (vgl. BFH-Urteil in BFHE 237, 14, BStBl II 2012, 536, Rz 36).
28 Denn spätestens mit Veröffentlichung des BFH-Urteils in BFHE 226, 435, BStBl II 2015, 735 in der amtlichen Entscheidungssammlung des BFH waren die Voraussetzungen für eine Zwangsruhe des Einspruchsverfahrens (§ 363 Abs. 2 Satz 2 AO) entfallen. Das FA hätte entweder dem BFH-Urteil entsprechen und dem Einspruch des Klägers diesbezüglich abhelfen oder —soweit die Finanzverwaltung das BFH-Urteil in BFHE 226, 435, BStBl II 2015, 735 nicht über den Einzelfall hinaus anzuwenden gedachte— den Einspruch insgesamt zurückweisen können. Daher gab es am für den Erlass einer Teileinspruchsentscheidung keinen Anlass (mehr).
29 b) Ein Anspruch des Klägers darauf, dass der Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr vom noch zu seinen Gunsten geändert wird, ergibt sich auch nicht daraus, dass sein Einspruch vom bislang unbeschieden geblieben wäre.
30 aa) In der rechtsfehlerhaften Annahme des Vorliegens einer Teileinspruchsentscheidung hat das FG die —von ihm in der Vorentscheidung aufgeworfene— Rechtsfrage offen gelassen, ob im Streitfall von einem einzigen einheitlichen Einspruchsverfahren auszugehen ist oder ob vielmehr infolge der Einsprüche des Klägers vom gegen seine Steueranmeldung sowie vom gegen den Steuerbescheid vom zwei nebeneinander laufende Einspruchsverfahren wegen Umsatzsteuer 2008 vorlagen, von denen durch Einspruchsentscheidung vom bisher lediglich über den Einspruch vom entschieden worden sei.
31 bb) Es liegt ein einheitliches Einspruchsverfahren vor.
32 Aus der Verpflichtung der Finanzbehörde zur vollständigen Überprüfung der Sache nach § 367 Abs. 2 Satz 1 AO folgt, dass sich ein Einspruch grundsätzlich unabhängig von seiner Begründung auf den gesamten Bescheid bezieht; dieser ist auch im Hinblick auf Besteuerungsgrundlagen zu prüfen, die nicht ausdrücklich mit dem Einspruch benannt wurden (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 237, 14, BStBl II 2012, 536, Rz 22). Wird der angefochtene Verwaltungsakt geändert oder ersetzt, wird der neue Verwaltungsakt nach § 365 Abs. 3 Satz 1 AO Gegenstand des Einspruchsverfahrens. Der Eröffnung eines weiteren Einspruchsverfahrens durch erneuten Einspruch, der die Überprüfung desselben (Änderungs-)Bescheids im selben Umfang zum Gegenstand hätte, fehlt das für einen jeden Rechtsbehelf erforderliche Rechtsschutzbedürfnis (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFHE 195, 486, BStBl II 2001, 747, unter II.2.; in BFHE 224, 233, BStBl II 2009, 791, unter II.1.).
33 cc) Aus dem (BFH/NV 2006, 1241) ergibt sich nichts Anderes.
34 Durch den Einspruch gegen einen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen wird gemäß § 367 Abs. 2 Satz 1 AO das Rechtsbehelfsverfahren bezüglich aller in dem Feststellungsbescheid enthaltenen Regelungen eröffnet; diese Regelungen bilden jeweils für sich einen Streitgegenstand und sind eines rechtlich selbständigen Schicksals fähig (vgl. z.B. , BFHE 152, 414, BStBl II 1988, 544, unter I.2.; vom - VIII R 38/01, BFH/NV 2004, 1372, unter II.B.1.a).
35 Danach kann eine Einspruchsentscheidung, die —wie in dem vom BFH in BFH/NV 2006, 1241 entschiedenen Fall— ausdrücklich nur die jeweiligen Sonderwerbungskosten zweier Gesellschafter als Streitgegenstand behandelt, das hiervon zu unterscheidende Einspruchsverfahren wegen der Höhe der der Gesellschaft zuzurechnenden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht beenden.
36 3. Die Sache ist spruchreif.
37 Das FG hatte unter Zugrundelegung seiner Rechtsauffassung zwar keinen Anlass zur Prüfung der vom Kläger gestellten Hilfsanträge. Einer Zurückverweisung der Sache an das FG zur Nachholung dieser Prüfung erübrigt sich aber, da dem Erfolg eines jeden der Hilfsanträge die Bestandskraft des Umsatzsteuerbescheides vom entgegensteht.
38 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BFH:2022:U.170322.XIR39.19.0- 2 -
Fundstelle(n):
BStBl 2023 II Seite 295
AO-StB 2022 S. 275 Nr. 9
BB 2022 S. 1750 Nr. 31
BFH/NV 2022 S. 938 Nr. 9
BFH/PR 2022 S. 296 Nr. 10
DStR-Aktuell 2022 S. 10 Nr. 30
DStRE 2022 S. 1075 Nr. 17
StuB-Bilanzreport Nr. 16/2022 S. 639
UR 2022 S. 671 Nr. 17
VAAAJ-18500