Einkommensteuer | Steuerermäßigung nach § 35a EStG bei ambulanten Pflege- und Betreuungsleistungen (BFH)
Die Steuerermäßigung nach
§ 35a Abs.
2 Satz 2 erster Halbsatz EStG kann auch von
Steuerpflichtigen in Anspruch genommen werden, denen Aufwendungen für die
ambulante Pflege und Betreuung eines Dritten erwachsen. Dies gilt auch dann,
wenn die Pflege- und Betreuungsleistungen nicht im eigenen Haushalt des
Steuerpflichtigen, sondern im Haushalt der gepflegten oder betreuten Person
ausgeübt oder erbracht werden. Für die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung für
ambulant erbrachte Pflege- und Betreuungsleistungen ist weder Voraussetzung,
dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten noch in
den Zahlungsvorgang ein Kreditinstitut eingebunden hat (;
veröffentlicht am ).
Sachverhalt: Streitig ist die Abziehbarkeit von Aufwendungen für die ambulante Pflege zugunsten der nicht im Haushalt der Steuerpflichtigen, sondern in ihrem eigenen Haushalt lebenden Mutter der Klägerin gemäß § 35a EStG in der im Streitjahr 2016 geltenden Fassung. Das FA hatte einen Abzug abgelehnt, da gemäß § 35a EStG der Steuerpflichtige (selbst) eine Rechnung erhalten haben müsse. Vorliegend seien die Rechnungen jedoch an die Mutter der Klägerin gerichtet gewesen.
Das FG der ersten Instanz wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Aufwendungen für die ambulante Pflege und Betreuung von nicht im Haushalt des Steuerpflichtigen, sondern in ihrem eigenen Haushalt lebenden Familienangehörigen seien im Rahmen von § 35a EStG nicht zu berücksichtigen ().
Die Richter das BFH hoben die Entscheidung auf und wiesen die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück:
Pflege- und Betreuungsleistungen i.S. von § 35a Abs. 2 Satz 2 erster Halbsatz EStG sind insbesondere Maßnahmen der unmittelbaren Pflege am Menschen (betreffend Körperpflege, Ernährung und Mobilität) sowie Leistungen zur hauswirtschaftlichen Versorgung (wie einkaufen, kochen und reinigen der Wohnung).
Die Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 Satz 2 erster Halbsatz EStG kann auch von Steuerpflichtigen in Anspruch genommen werden, denen Aufwendungen für die ambulante Pflege und Betreuung eines Dritten erwachsen.
Dies gilt auch dann, wenn die Pflege- und Betreuungsleistungen nicht im eigenen Haushalt des Steuerpflichtigen, sondern im Haushalt der gepflegten oder betreuten Person ausgeübt oder erbracht werden.
Für die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung für ambulant erbrachte Pflege- und Betreuungsleistungen ist weder Voraussetzung, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten noch in den Zahlungsvorgang ein Kreditinstitut eingebunden hat.
Anmerkung von Dr. Stephan Geserich, Richter im VI. Senat des BFH:
Kein steuerlicher Gleichklang bei Pflegeaufwendungen des Steuerpflichtigen zugunsten eines Angehörigen: Nach § 35a Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz EStG sind "Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen wegen der Unterbringung in einem Heim oder zur dauernden Pflege erwachsen, soweit darin Kosten für Dienstleistungen enthalten sind, die mit denen einer Hilfe im Haushalt vergleichbar sind", begünstigt. Mithin kann die Steuerermäßigung für Aufwendungen im Rahmen der stationären Unterbringung/Pflege nur der Steuerpflichtige in Anspruch nehmen, dem die Aufwendungen wegen seiner eigenen Unterbringung/Pflege entstanden sind. Denn Steuerpflichtiger i.S. des § 35a Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz EStG ist ausweislich des Gesetzeswortlauts die stationär untergebrachte oder gepflegte Person, also der Leistungsempfänger. Steuerpflichtige, die für die stationäre Unterbringung/Pflege anderer Personen, etwa eines Elternteils, aufkommen, können für diese Aufwendungen die Steuerermäßigung gemäß § 35a Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz EStG daher nicht beanspruchen (, BStBl II 2019, 445).
Die Steuerermäßigung für die Inanspruchnahme von ambulanten Pflege- und Betreuungsleistungen nach § 35a Abs. 2 Satz 2 erster Halbsatz EStG Steuerpflichtigen ist hingegen auch dann zu gewähren, wenn die Pflege- und Betreuungsleistungen nicht im eigenen Haushalt, sondern im Haushalt der gepflegten oder betreuten Person ausgeübt oder erbracht werden (§ 35a Abs. 4 Satz 1 EStG). Dahingehende Aufwendungen können daher auch von Steuerpflichtigen (z.B. Angehörigen) geltend gemacht werden, die diese Aufwendungen getragen haben.
Auch die Beschränkung auf Kosten für Dienstleistungen, die mit denen einer Hilfe im Haushalt vergleichbar sind, greift insoweit - anders als bei der stationärem Pflegeaufwand - nicht. Die dahingehende Unterscheide hat der BFH in der Besprechungsentscheidung verdeutlicht. Allerdings muss es sich auch bei Aufwendungen für die ambulante Pflege eines Angehörigen um eigenen Aufwand des Steuerpflichtigen handeln.
Beratungshinweis: Davon ist auszugehen, wenn er den Pflege- und Betreuungsvertrag im eigenen Namen, wenn auch zugunsten des Angehörigen abgeschlossen hat und entsprechende Zahlungen auf die (eigene) Schuld leistet. Ist hingegen der Angehörige aus dem Vertrag (berechtigt und) verpflichtet, handelt es sich bei den Aufwendungen des Steuerpflichtigen um Zahlungen auf eine fremde Schuld und damit um steuerunerheblichen Drittaufwand. Dahingehende Unklarheiten sind bei Vertragsschluss und -abwicklung deshalb tunlichst zu vermeiden. Auch das macht die Besprechungsentscheidung deutlich.
Zudem ist der Steuerpflichtige gut beraten, entsprechende Zahlungsnachweise vorzuhalten. Der Umstand, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen keine Rechnung erhalten oder in den Zahlungsvorgang ein Kreditinstitut eingebunden haben muss, entbindet ihn von den allgemeinen Nachweispflichten nicht.
Quelle: , NWB Datenbank (il)
Fundstelle(n):
JAAAJ-17357