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Online-Nachricht - Donnerstag, 14.07.2022

Gewerbesteuer | Nichterfassung des Veräußerungsgewinns einer GmbH & Co. KG anlässlich des Übergangs zu einer neuen Tätigkeit (BFH)

Ob der anlässlich des Übergangs zu einer neuen Tätigkeit erzielte Veräußerungsgewinn einer GmbH & Co. KG nach § 7 Satz 1 GewStG der Gewerbesteuer unterliegt, beurteilt sich danach, ob der "bisherige" und der "neue" Betrieb bei wirtschaftlicher Betrachtung und nach der Verkehrsauffassung wirtschaftlich identisch sind. Dies richtet sich nach den gleichen Kriterien, die für die Bestimmung der Unternehmensidentität im Rahmen des § 10a GewStG maßgeblich sind. Die Überführung einer wesentlichen Betriebsgrundlage in den "neuen" Betrieb steht der Einstellung des "bisherigen" Betriebs nicht entgegen (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Die Beteiligten streiten darüber, ob ein im Streitjahr 2000 von der Klägerin - einer gewerblich geprägten Personengesellschaft - erzielter Veräußerungsgewinn der Gewerbesteuer unterliegt. Insbesondere ist streitig, ob der Veräußerungsgewinn bereits dann nicht der Gewerbesteuer unterliegt, wenn die konkrete gewerbliche Tätigkeit aufgegeben und alle dieser Tätigkeit dienenden Wirtschaftsgüter veräußert werden, oder ob der Rückbehalt anderer Wirtschaftsgüter, in denen erhebliche stille Reserven ruhen - hier Beteiligungen der Komplementär-GmbH - schädlich ist.

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Ob der anlässlich des Übergangs zu einer neuen Tätigkeit erzielte Veräußerungsgewinn einer GmbH & Co. KG nach § 7 Satz 1 GewStG der Gewerbesteuer unterliegt, beurteilt sich danach, ob der "bisherige" und der "neue" Betrieb bei wirtschaftlicher Betrachtung und nach der Verkehrsauffassung wirtschaftlich identisch sind.

  • Dies richtet sich nach den gleichen Kriterien, die für die Bestimmung der Unternehmensidentität im Rahmen des § 10a GewStG maßgeblich sind.

  • Die Überführung einer wesentlichen Betriebsgrundlage in den "neuen" Betrieb steht der Einstellung des "bisherigen" Betriebs nicht entgegen.

  • Der Gewinn aus der Veräußerung des bisher originär gewerblichen Geschäftsbereichs einer GmbH & Co. KG ist daher nicht bereits dann dem Gewerbeertrag zuzuordnen, wenn eine wesentliche Betriebsgrundlage in dem neuen vermögensverwaltenden Geschäftsbereich der nunmehr gewerblich geprägten Personengesellschaft fortgeführt wird (Änderung der Rechtsprechung).

Anmerkung von Walter Bode, Richter im IV. Senat des BFH:

Der Beendigung der werbenden Tätigkeit zuzuordnende Gewinne gehören bei natürlichen Personen und Personengesellschaften nicht zum Gewerbeertrag, denn dieser ist grundsätzlich von Sonderregelungen abgesehen (vgl. z.B. § 7 Satz 2 GewStG) um solche Bestandteile zu bereinigen, die nicht mit dem Wesen der Gewerbesteuer als einer auf den tätigen Gewerbebetrieb bezogenen Sachsteuer übereinstimmen. Dazu gehören die Gewinne aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Gewerbebetriebs oder Teilbetriebs i.S. von § 16 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, Abs. 3 EStG. Für die gewerbesteuerrechtliche Nichterfassung von Veräußerungsgewinnen kommt es anders als bei der Einkommensteuer nicht zwingend darauf an, dass alle stillen Reserven aufgedeckt werden. Vielmehr hat die gewerbesteuerliche Nichtberücksichtigung solcher Gewinne ihren Grund letztlich darin, dass die Gewerbesteuer nur den durch den laufenden Betrieb anfallenden Gewinn erfasst. Veräußerungsgewinne sind daher selbst für den Fall, dass einkommensteuerrechtlich keine begünstigte Veräußerung oder Aufgabe gegeben ist bei der Ermittlung des Gewerbeertrags auszuscheiden, wenn die Veräußerung zu einer endgültigen Einstellung der gewerblichen Betätigung des Veräußerers führt.

Zur Beantwortung der Frage, ob der Veräußerungsgewinn einer Personengesellschaft anlässlich des Übergangs zu einer neuen Tätigkeit nach § 7 Satz 1 GewStG der Gewerbesteuer unterliegt, ist deshalb zu prüfen, ob der bisherige (werbende) Gewerbebetrieb eingestellt und ein neuer Gewerbebetrieb in Gang gesetzt wird. Hierbei ist in Abgrenzung zu einer Betriebsverlegung oder Betriebsumstellung maßgeblich, ob der „bisherige“ und der „neue“ Betrieb bei wirtschaftlicher Betrachtung und nach der Verkehrsauffassung wirtschaftlich identisch sind.

Die bei Prüfung der wirtschaftlichen Identität erforderliche Würdigung der Gesamtumstände hat zwar auch den Umstand einzubeziehen, dass eine für den "bisherigen" Betrieb insbesondere quantitativ wesentliche Betriebsgrundlage in dem "neuen" Betrieb weiter genutzt wird. In Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung geht der BFH jedoch jetzt davon aus, dass allein die Weiternutzung einer wesentlichen Betriebsgrundlage insbesondere einer solchen mit erheblichen stillen Reserven in dem "neuen" Betrieb der Einstellung des "bisherigen" Betriebs nicht entgegensteht.

Den Anknüpfungspunkt für diese geänderte Auffassung des BFH bildet dessen , BStBl II 2020, 401 zur Bestimmung der Unternehmensidentität i.S. des § 10a GewStG und der sachlichen Steuerpflicht. Bei der Weiternutzung wesentlicher Betriebsgrundlagen kann die sachliche Steuerpflicht und damit die Unternehmensidentität wegfallen; bisher nicht genutzte Gewerbeverluste (§ 10a GewStG) gehen damit ersatzlos unter. In einem derartigen Fall muss nach Ansicht des BFH auch bei der Prüfung der Gewerbesteuerpflicht von Veräußerungsgewinnen vom Ende der sachlichen Steuerpflicht infolge einer Einstellung der werbenden Tätigkeit ausgegangen werden. Insoweit ergibt sich folgender Gleichklang: Gehen die Gewerbeverluste mangels Unternehmensidentität unter, dürfen die in diesem Zusammenhang erzielten Gewinne nicht mehr der Gewerbesteuer unterliegen. Anderenfalls wären die Veräußerungsgewinne beim Gewerbesteuerschuldner trotz Untergangs des Verlustvortrags gewerbesteuerpflichtig.

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
FAAAJ-17354