BAG Urteil v. - 10 AZR 400/20

Tarifliche Jahressonderzahlung - Bemessungsgrundlage - Berechnung der Jahressonderzahlung nach § 20 TV-L - Berücksichtigung von Zeiten und Vergütungen eines vorangegangenen Arbeitsverhältnisses

Gesetze: § 20 Abs 1 TV-L, § 20 Abs 2 TV-L, § 20 Abs 3 S 1 TV-L

Instanzenzug: ArbG Paderborn Az: 3 Ca 86/20 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen) Az: 15 Sa 478/20 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die Höhe der Jahressonderzahlung für das Jahr 2019.

2Die Klägerin war seit dem bei dem beklagten Land als Lehrkraft im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses auf Grundlage des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) mit einem Stundenumfang von 21 Wochenstunden und einem Bruttomonatsentgelt von 5.408,60 Euro (Entgeltgruppe 13 TV-L) beschäftigt. Dieses Arbeitsverhältnis endete aufgrund Erreichens der Regelaltersgrenze im Februar 2019 nach § 33 Abs. 1 Buchst. a iVm. § 44 Nr. 4 TV-L zum Schuljahresende mit dem . Mit Schreiben vom teilte das Landesamt für Besoldung und Versorgung NRW der Klägerin dies mit und wies daraufhin, dass eine Weiterbeschäftigung gemäß § 33 Abs. 5 TV-L nur erfolgen könne, wenn ein neuer Arbeitsvertrag geschlossen werde oder wenn das Hinausschieben der Altersgrenze gemäß § 41 SGB VI vertraglich mit der Dienststelle vereinbart worden sei. Letzteres ist nicht geschehen. Unter dem schlossen die Parteien einen befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit vom bis zum in dem ebenfalls der TV-L in Bezug genommen wird. Die Beschäftigung erfolgte im Umfang von vier Wochenstunden bei einem Bruttomonatsentgelt nach Entgeltgruppe 13 TV-L in den Monaten August und September 2019 iHv. 881,99 Euro.

3§ 20 TV-L in der im Streitzeitraum maßgeblichen Fassung lautet auszugsweise:

4Mit der Abrechnung für den Monat November 2019 erhielt die Klägerin eine Jahressonderzahlung iHv. 428,12 Euro brutto, die auf Grundlage des Bruttoentgelts der Monate August und September 2019 errechnet wurde. Eine höhere, unter Berücksichtigung auch des Bruttoentgelts des Monats Juli 2019 errechnete Sonderzahlung lehnte das beklagte Land nach außergerichtlicher Geltendmachung durch die Klägerin ab.

5Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, auch ihre Vergütung für den Monat Juli 2019 sei in die Berechnung der Jahressonderzahlung einzubeziehen. Sie sei im Jahr 2019 nahtlos mit unveränderter Tätigkeit bei dem beklagten Land beschäftigt gewesen. Das befristete Arbeitsverhältnis sei auch vor dem 31. August des Jahres begründet worden. Im Übrigen handele es sich um einen einheitlichen Arbeitsvertrag.

6Die Klägerin hat beantragt,

7Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt. Es hat die Auffassung vertreten, Bemessungsgrundlage für die Jahressonderzahlung sei nach der tariflichen Bestimmung nur das Entgelt aus dem Arbeitsverhältnis, das am 1. Dezember des Jahres bestanden habe.

8Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision strebt die Klägerin weiterhin die Verurteilung des beklagten Landes zur Zahlung einer höheren Jahressonderzahlung an.

Gründe

9Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat ihre Berufung gegen die klageabweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die Klägerin hat für das Jahr 2019 keinen Anspruch auf eine höhere Jahressonderzahlung nach § 20 TV-L. Der Bemessungszeitraum bestimmt sich - wovon das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeht - nach dem anspruchsbegründenden Arbeitsverhältnis. Deshalb war nur das monatliche Entgelt aus der Zeit vom bis zum zu berücksichtigen. Den danach gegebenen Anspruch der Klägerin auf Zahlung von 428,12 Euro brutto hat das beklagte Land erfüllt.

101. Nach § 20 Abs. 1 TV-L haben Beschäftigte Anspruch auf eine Jahressonderzahlung, wenn sie am 1. Dezember in einem Arbeitsverhältnis stehen. Die Höhe der Jahressonderzahlung errechnet sich nach § 20 Abs. 2 Satz 1 TV-L aus dem Bemessungssatz, der mit der Bemessungsgrundlage multipliziert wird. Bemessungsgrundlage und Bemessungssatz werden in § 20 Abs. 3 TV-L bestimmt. § 20 Abs. 3 Satz 1 TV-L sieht vor, dass als Bemessungsgrundlage für die Höhe der Jahressonderzahlung nach § 20 Abs. 2 TV-L grundsätzlich auf das in den Kalendermonaten Juli, August und September durchschnittlich gezahlte monatliche Entgelt abzustellen ist. Es kommt nicht auf das tatsächlich gezahlte, sondern auf das für die Referenzmonate tatsächlich zustehende Entgelt an (vgl.  - Rn. 10). § 20 Abs. 3 Satz 2 TV-L bestimmt, dass sich der Bemessungssatz nach der Entgeltgruppe richtet, in die der Arbeitnehmer am 1. September fällt. Davon abweichend regelt § 20 Abs. 3 Satz 3 TV-L für Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. August begonnen hat, dass der erste volle Kalendermonat, in dem das Arbeitsverhältnis bestand, als Bemessungszeitraum heranzuziehen ist. Für den Bemessungssatz ist in diesem Fall die Entgeltgruppe des Einstellungstags maßgeblich.

112. Der Bemessungssatz steht zwischen den Parteien nicht im Streit. Um die Bemessungsgrundlage iSv. § 20 Abs. 3 Satz 1 TV-L zu ermitteln, können als Bemessungszeitraum aber entgegen der Auffassung der Revision nur Zeiten des anspruchsbegründenden Arbeitsverhältnisses herangezogen werden. Dessen Bedingungen sollen sich in der Höhe der Jahressonderzahlung abbilden (vgl. schon  - Rn. 22, BAGE 158, 340). Zeiten einer früheren Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber sind grundsätzlich unerheblich. Dies gilt sowohl in den Fällen, in denen das am 1. Dezember des Kalenderjahres bestehende Arbeitsverhältnis vor dem 31. August des Kalenderjahres begonnen hat als auch in Fällen, in denen der Beginn dieses Arbeitsverhältnisses nach diesem Stichtag liegt. Dies hat der Senat bereits entschieden und ausführlich begründet ( - Rn. 13 ff.). Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hierauf Bezug genommen. Neue, vom Senat nicht bereits behandelte Argumente werden von der Revision nicht vorgebracht.

123. Danach ist im Streitfall für den Bemessungszeitraum nach § 20 Abs. 3 Satz 1 TV-L nur die Zeit ab dem bis zum von Bedeutung. Das vorhergehende Arbeitsverhältnis der Parteien hat nach § 33 Abs. 1 Buchst. a iVm. § 44 Nr. 4 TV-L mit Ablauf des geendet; ein Hinausschieben der Altersgrenze nach § 41 Satz 3 SGB VI ist nicht erfolgt. Vielmehr schlossen die Parteien nach den nicht mit zulässigen Revisionsrügen angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts mit Wirkung ab dem einen neuen, befristeten Arbeitsvertrag zu veränderten Arbeitsbedingungen. Damit handelt es sich entgegen der Auffassung der Revision nicht um eine bloße Abänderung und Fortführung des ursprünglichen Arbeitsvertrags, sondern um ein neues Arbeitsverhältnis im Tarifsinn. Für Zwecke der Bestimmung der zutreffenden Höhe der Jahressonderzahlung ist deshalb ausschließlich auf die Höhe des Bruttomonatsentgelts während des Laufs dieses Arbeitsverhältnisses abzustellen. Ob zwischen den beiden Arbeitsverhältnissen ein enger sachlicher Zusammenhang bestand, ist - wie das Landesarbeitsgericht zu Recht annimmt - für die Anwendung des § 20 TV-L unerheblich (vgl.  - Rn. 24 ff., BAGE 158, 340). Soweit die Revision zuletzt meint, das beklagte Land habe die Klägerin getäuscht und seine Fürsorgepflicht verletzt, kann sich daraus kein anderes Verständnis des § 20 TV-L und kein höherer Anspruch auf eine Jahressonderzahlung ergeben. Andere Ansprüche sind nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits.

134. Die Berechnung der Höhe der Jahressonderzahlung ist unter Berücksichtigung der Bruttomonatsentgelte der Monate August und September 2019 vom beklagten Land zutreffend erfolgt; dies wird auch von der Klägerin nicht in Frage gestellt.

145. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2022:270422.U.10AZR400.20.0

Fundstelle(n):
BAAAJ-17056