Grunderwerbsteuer | Keine Zurechnung eines Anteils am Gesamthandsvermögen aufgrund einer Treuhandabrede (BFH)
Ein Anteil am Vermögen der
Gesamthand i.S. des
§ 6 GrEStG
kann auch über eine mehrstöckige Beteiligung vermittelt werden. Bei
Treuhandverhältnissen ist der Anteil am Vermögen der Gesamthand dem Treuhänder
zuzurechnen (; veröffentlicht am
).
Hintergrund: Beim Übergang eines Grundstücks von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand wird nach § 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG die Steuer nicht erhoben, soweit die Anteile der Gesamthänder am Vermögen der erwerbenden Gesamthand ihren Anteilen am Vermögen der übertragenden Gesamthand entsprechen (, Rz 8).
Sachverhalt: Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, erwarb von der C KG (Verkäuferin) aufgrund notariell beurkundeten Kaufvertrages vom Grundstücke.
Alleinige Kommanditistin der Klägerin war die CT KG (Zwischengesellschaft). Persönlich haftende Gesellschafterin der Zwischengesellschaft ohne Beteiligung am Vermögen war die Verkäuferin, alleinige Kommanditistin die X-GmbH als Treuhänderin für die Verkäuferin (Treuhandvertrag vom ).
Mit Bescheid vom setzte das beklagte FA gegenüber der Klägerin Grunderwerbsteuer fest.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass für den Erwerb gem. § 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG keine Grunderwerbsteuer zu erheben sei, da die Kommanditbeteiligung an der - als Personengesellschaft "transparenten" - Zwischengesellschaft der Verkäuferin als Treugeberin auch im Rahmen des § 6 GrEStG zuzurechnen und damit die Verkäuferin mittelbar zu 100 % am Vermögen der Klägerin beteiligt sei. Einspruch und Klagen hatte in allen Instanzen keinen Erfolg (Vorinstanz: ).
Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:
Durch den Erwerb der Grundstücke am ist der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG verwirklicht worden. Die Voraussetzungen für eine Nichterhebung der Steuer nach § 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG sind nicht erfüllt.
Soweit der BFH auch nach dem Wandel der Rechtsprechung des BGH zur Teilrechtsfähigkeit einer GbR und der Beteiligung eines Gesamthänders über die Gesamthandsgemeinschaft an deren Vermögen (u.a. ) in Zusammenhang mit §§ 5 und 6 GrEStG begrifflich noch an die "dingliche Mitberechtigung der Gesamthänder am Gesellschaftsvermögen" angeknüpft hat (z.B. BFH, Urteil. v. - II R 24/13, BStBl II 2015, 504, Rz 21), hält er hieran nicht mehr fest.
Das Grunderwerbsteuerrecht sieht die Personengesellschaft seit jeher als selbständigen Rechtsträger an (vgl. Meßbacher-Hönsch in Viskorf, 20. Aufl. 2021, GrEStG § 1 Rz 16). Die grunderwerbsteuerrechtlichen Befreiungsvorschriften in §§ 5 und 6 GrEStG erkennen dementsprechend grundsätzlich an, dass bei einem Übergang eines Grundstücks von einzelnen Gesamthändern auf eine Gesamthandsgemeinschaft ein steuerbarer Rechtsträgerwechsel stattfindet, sehen jedoch von der Erhebung der Steuer ab, soweit der Gesamthänder als Veräußerer zunächst Eigentümer des Grundstücks war und dann anteilsmäßig über das Vermögen der Gesamthand beteiligt ist (vgl. BFH-Urteil in BFHE 267, 511, BStBl II 2020, 658, Rz 26).
Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass aufgrund der gesamthänderischen Verbundenheit der Gesellschafter das Grundstück trotz Rechtsträgerwechsels in demselben grunderwerbsteuerrechtlichen Zurechnungsbereich verbleibt (, BStBl II 2001, 587, unter II.2.b und BStBl 2012 II S. 917, Rz 22).
Diese Grundsätze gelten auch, wenn die Beteiligung am Vermögen der Gesamthand durch die Beteiligung einer anderen Gesamthand an der ersteren (Zwischengesellschaft) vermittelt wird (, BStBl II 1985, 714, unter 1.).
Bei doppelstöckigen Gesamthandsgemeinschaften ist daher nicht die Zwischengesellschaft als solche als Zurechnungssubjekt anzusehen, sondern ein Rückgriff auf die am Vermögen der Zwischengesellschaft beteiligten Gesamthänder geboten (, BStBl II 2014, 855, Rz 15; , BStBl 2015 II S. 504, Rz 15, und , BStBl II 2015, 557, Rz 20, jeweils m.w.N.).
Ein Treuhandverhältnis allein reicht nicht aus, um einem Treugeber im Rahmen von §§ 5, 6 GrEStG eine Beteiligung am Vermögen einer Gesamthand sei es unmittelbar, sei es mittelbar über eine weitere Gesamthand zuzurechnen.
Anmerkung von Prof. Dr. Matthias Loose, Richter im II. Senat des BFH:
Das Grunderwerbsteuerrecht sieht die Personengesellschaft seit jeher als selbständigen Rechtsträger an. Die Befreiungsvorschriften in §§ 5 und 6 GrEStG erkennen dies an, sehen jedoch von der Erhebung der Steuer ab, soweit ein Gesellschafter als Veräußerer zunächst Eigentümer des Grundstücks war und dann anteilsmäßig über das Vermögen der Gesellschaft weiter beteiligt ist.
Dasselbe gilt beim Übergang eines Grundstücks von einer Gesellschaft auf den Gesellschafter oder von einer Gesellschaft auf eine andere Gesellschaft. Letzteres ist insbesondere bei § 1 Abs. 2a GrEStG der Fall. Die Vorschrift fingiert einen Grundstückswechsel zwischen einer fiktiv alten und einer fiktiv neuen Personengesellschaft, wenn sich deren Gesellschafterbestand innerhalb von 10 Jahren um 90 % und mehr ändert. Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG wird die Steuer beim tatsächlichen oder fiktiven Übergang eines Grundstücks von einer Personengesellschaft auf einer anderen jedoch nicht erhoben, soweit die Anteile der Gesellschafter am Vermögen der erwerbenden Personengesellschaft ihren Anteilen am Vermögen der übertragenden Gesellschaft entsprechen.
Der BFH hat nun klargestellt, dass ein Treuhandverhältnis allein nicht ausreicht, um einem Treugeber im Rahmen von §§ 5, 6 GrEStG eine Beteiligung am Vermögen einer Personengesellschaft zuzurechnen. Nicht der Treugeber, sondern der Treuhänder sei zivilrechtlich am Vermögen der Gesamthand beteiligt. Die Rechtsprechung zur zivilrechtlich nicht vorgesehenen mittelbaren Gesellschafterstellung bzw. eines mittelbaren Anteilserwerbs bei den Erwerbstatbeständen des § 1 Abs. 2a und § 1 Abs. 3 GrEStG könne nicht auf § 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG übertragen werden.
Quelle: ; NWB Datenbank (il)
Fundstelle(n):
YAAAJ-16996