Suchen
BGH Beschluss v. - 5 StR 90/21

Strafverfahren: Urteilszustellung gegen Empfangsbekenntnis an den Verteidiger ohne Vollmacht bei den Akten

Gesetze: § 145a Abs 1 S 1 StPO, § 345 Abs 1 StPO

Instanzenzug: Az: 508 KLs 7/20

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit sexueller Nötigung, sowie wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in acht Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit sexueller Nötigung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und elf Monaten verurteilt.Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Zudem beantragt er die Wiedereinsetzung in die Revisionsbegründungsfrist.

21. Mit Beschluss vom hat das Landgericht die Revision als unzulässig verworfen, weil das rechtzeitig eingelegte Rechtsmittel des Angeklagten nicht innerhalb der Frist des § 345 Abs. 1 StPO begründet worden sei. Dieser ist aufzuheben. Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift ausgeführt:

1. Der Verteidigerin des Angeklagten war das am zugestellt worden. Eine Vollmacht der Verteidigerin, die im Ermittlungsverfahren ihre Bevollmächtigung lediglich anwaltlich versichert hatte, befand sich zu diesem Zeitpunkt nicht bei den Akten. Die mit Telefax übermittelte Revisionsbegründung der Verteidigerin ging am beim Landgericht Berlin ein. Dieses verwarf daraufhin die Revision des Angeklagten mit Beschluss vom gemäß § 346 Abs. 1 StPO als unzulässig. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom beantragt der Angeklagte nun Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision und erstrebt die Aufhebung des Urteils mit der allgemeinen Sachrüge.

Eine Vollmacht ist auch in der Zwischenzeit nicht zu den Akten gelangt; indessen hat das Landgericht Berlin dem Angeklagten das Urteil vom unter dem erneut zugestellt.

2. Der als ein solcher nach § 346 Abs. 2 Satz 1 StPO auszulegende Antrag des Angeklagten (vgl. - BGHSt 11, 152, 154) hat Erfolg, weil die Frist zur Begründung der Revision nicht versäumt worden war.

Die Zustellung des Urteils an die Verteidigerin des Angeklagten war mangels Vorliegens einer Vollmacht (§ 145a Abs. 1 StPO) unwirksam (vgl. -, BGHSt 41, 303 f.). Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass die Verteidigerin ein von ihr datiertes und unterschriebenes Empfangsbekenntnis zur Akte gereicht hat. Denn aus diesem ergibt sich im hier gegebenen Fall (siehe demgegenüber 2 St RR 188/2003) nicht, dass sie im Vorhinein bereits rechtsgeschäftlich auch zur Entgegennahme von Zustellungen bevollmächtigt gewesen wäre. Die Zustellung des Urteils am konnte daher die Monatsfrist des § 345 Abs. 1 Satz 1 StPO nicht in Lauf setzen.

3Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an.

42. Die auf die Sachrüge gebotene Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2021:151121B5STR90.21.0

Fundstelle(n):
PAAAJ-16866