Strafverurteilung wegen Betäubungsmitteldelikten: Erweiterte Einziehung von Taterträgen; Einziehung von Betäubungsmitteln und Pkw
Gesetze: § 29 BtMG, §§ 29ff BtMG, § 33 S 1 BtMG, § 27 StGB, § 73a Abs 1 StGB, § 73c S 1 StGB, § 74 Abs 1 StGB, § 267 StPO
Instanzenzug: LG Aurich Az: 13 KLs 10/21
Gründe
1Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Beihilfe zum "unerlaubten" Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt, die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt und sie im Übrigen freigesprochen. Zudem hat es die Einziehung eines PKW BMW, eines Bargeldbetrages in Höhe von 4.390 € und von zehn Betäubungsmitteleinzelmengen angeordnet. Dagegen wendet sich die Beschwerdeführerin mit ihrer auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel führt zur Neufassung des Schuldspruchs und zur Aufhebung des Ausspruchs über die Einziehung; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
21. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen unterstützte die Angeklagte eine Drogenbeschaffungsfahrt ihres gesondert verfolgten Lebensgefährten nach W. , indem sie diese als Fahrerin des Begleitfahrzeugs BMW absicherte. Der Lebensgefährte wurde gleichwohl kontrolliert, und die erworbenen Betäubungsmittel wurden sichergestellt. Anlässlich einer noch am Tattag durchgeführten Durchsuchung der Wohnung der Angeklagten wurden 4.390 € Bargeld sowie zehn Betäubungsmitteleinzelmengen sichergestellt. Das Landgericht hat sich die Überzeugung verschafft, dass das Geld aus anderen Straftaten des Lebensgefährten stammte.
32. Die Urteilsformel ist - auf der Grundlage der zutreffenden rechtlichen Würdigung der Tat durch das Landgericht - im Schuldspruch neu zu fassen. Hinsichtlich des abgeurteilten Delikts aus dem Betäubungsmittelstrafrecht ist die ausdrückliche Bezeichnung als "unerlaubt" entbehrlich, da Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz ausschließlich den unerlaubten Umgang mit Betäubungsmitteln betreffen (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 340/14, juris Rn. 8; vom - 3 StR 55/20, juris Rn. 2; vom - 3 StR 355/20, juris Rn. 2; vom - 3 StR 449/20, juris Rn. 3).
43. Während die auf die Sachrüge gebotene umfassende Überprüfung des Urteils zum Schuldspruch im Übrigen und zum Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat, unterliegt der Ausspruch über die Einziehung der Aufhebung. Soweit es das Bargeld und die Betäubungsmittel betrifft, hat die Anordnung der Einziehung zu entfallen.
5a) Die Einziehung der in der Wohnung der Angeklagten sichergestellten Betäubungsmitteleinzelmengen kann keinen Bestand haben. Zwar kommt hinsichtlich des Rauschgifts als Beziehungsgegenstand grundsätzlich eine Einziehung nach § 33 Satz 1 BtMG in Betracht. Voraussetzung hierfür ist indes, dass die Betäubungsmittel Gegenstand der von der Anklage umschriebenen und vom Gericht festgestellten Tat sind (BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 557/16, NStZ-RR 2017, 220; vom - 3 StR 81/17, StV 2018, 487, 488; Weber/Kornprobst/Maier, BtMG, 6. Aufl., § 33 Rn. 26 mwN). Das ist hinsichtlich der zehn in der Wohnung der Angeklagten aufgefundenen Betäubungsmitteleinzelmengen nicht der Fall.
6b) Auch die Einziehung des Bargeldbetrages von 4.390 € ist rechtsfehlerhaft. Voraussetzung einer erweiterten Einziehung, entweder von Taterträgen gemäß § 73a Abs. 1 StGB oder des Wertes von Taterträgen nach § 73c Satz 1 StGB, ist, dass es sich bei dem Gegenstand um einen solchen handelt, den der Täter oder Teilnehmer durch eine andere rechtswidrige Tat oder für sie erlangt hat und der oder dessen Surrogat bei Begehung der Anknüpfungstat noch im Vermögen des betroffenen Täters oder Teilnehmers vorhanden war (BGH, Beschlüsse vom - 6 StR 258/20, juris Rn. 7; vom - 3 StR 158/21, wistra 2022, 83 Rn. 13; Urteil vom - 1 StR 675/18, NStZ-RR 2021, 336, 338). Hieran fehlt es, weil das Geld nach der Überzeugung des Landgerichts nicht aus anderen rechtswidrigen Taten der Angeklagten, sondern aus solchen des Lebensgefährten herrührte. Dass die Angeklagte sich an dessen weiteren rechtswidrigen Taten beteiligte oder selbst andere rechtswidrige Taten beging, ist nicht festgestellt.
7Da der Ausspruch über die Einziehung der Betäubungsmittel und des Bargelds nur wegen einer Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrundeliegenden Feststellungen aufzuheben ist und weitere, die Einziehung tragende Feststellungen nicht zu erwarten sind, entscheidet der Senat entsprechend § 354 Abs. 1 StPO in der Sache selbst dahin, dass die Anordnung der Einziehung in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang entfällt (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 277/11, juris Rn. 3; vom - 3 StR 557/16, juris Rn. 5; vom - 3 StR 81/17, StV 2018, 487, 488).
8c) Schließlich unterliegt die Anordnung der Einziehung des PKW BMW ebenfalls der Aufhebung. Das Landgericht hat nicht erkennbar bedacht, dass die Einziehung nach § 74 Abs. 1 StGB eine Ermessensentscheidung voraussetzt (BGH, Beschlüsse vom - 1 StR 159/18, juris Rn. 2; vom - 4 StR 187/19, juris Rn. 4; Satzger/Schluckebier/Widmaier/Heine, StGB, 5. Aufl., § 74 Rn. 16). Eine solche kann angesichts des Wertes des PKW BMW von mindestens 7.000 € und der untergeordneten Art des Einsatzes als bloßes Begleitfahrzeug hier auch nicht dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe entnommen werden.
9Einer Aufhebung der zu der Einziehung des PKW BMW rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen bedarf es nicht, weil diese von der im Sinne des § 353 Abs. 2 StPO zur Aufhebung des Urteils führenden Gesetzesverletzung nicht betroffen sind. Die bisherigen Feststellungen können um solche ergänzt werden, die ihnen nicht widersprechen.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:220322B3STR46.22.0
Fundstelle(n):
YAAAJ-16837