Gesetzgebung | Rechenschaftspflicht von Online-Unternehmen (EP)
Das Europäische Parlament (EP) hat am final über das neue Gesetz über digitale Dienste (DSA) und das Gesetz über digitale Märkte (DMA) abgestimmt
Hintergrund: Das EP und der Europäische Rat hatten sich am 24. März und 23. April entsprechend geeinigt. Die beiden Gesetze sollen bei der Wirkung der Technologiebranche auf Gesellschaft und Wirtschaft ansetzen. So sollen klare Normen für Geschäftstätigkeit und Dienstleistungen von Technologieunternehmen festgelegt werden, die mit den Grundrechten und Werten der EU im Einklang stehen.
Das Gesetz über digitale Dienste wurde mit 539 zu 54 Stimmen bei 30 Enthaltungen angenommen. Das Gesetz über digitale Märkte wurde mit 588 zu 11 Stimmen bei 31 Enthaltungen angenommen.
Was außerhalb des Internets verboten ist, sollte auch im Internet verboten sein
Das Gesetz über digitale Dienste (DSA) verpflichtet Anbieter digitaler Dienste wie soziale Medien oder Marktplätze eindeutig dazu, gegen die Verbreitung illegaler Inhalte, Desinformation und andere Gefahren für die Gesellschaft vorzugehen. Die Anforderungen an die Plattformen stehen in einem angemessenen Verhältnis zu ihrer Größe und den Gefahren, die von ihnen für die Gesellschaft ausgehen.
Die neuen Verpflichtungen umfassen
neue Maßnahmen zur Bekämpfung illegaler Online-Inhalte und die Verpflichtung der Plattformen zu schnellen Reaktionen, wobei die Grundrechte, z. B. das Recht auf freie Meinungsäußerung, und der Datenschutz gewahrt werden müssen,
größere Rückverfolgbarkeit und Kontrollen von Händlern auf Online-Marktplätzen, um dafür zu sorgen, dass Produkte und Dienstleistungen sicher sind, z. B. mithilfe von Stichproben, die ermitteln, ob illegale Inhalte wieder auftauchen,
mehr Transparenz und Rechenschaftspflicht der Plattformen, z.B. indem sie klarere Informationen über die Moderation von Inhalten oder die Nutzung von Algorithmen bereitstellen, mit denen bestimmte Inhalte empfohlen werden, sogenannte Empfehlungssysteme, wodurch Nutzerinnen und Nutzer Entscheidungen über die Moderation von Inhalten anfechten können,
das Verbot irreführender Praktiken und bestimmter Arten gezielter Werbung, etwa Werbung für Kinder und Werbung auf der Grundlage sensibler Daten. Verboten werden auch die sogenannten Dark Patterns und irreführende Praktiken, die Betrügern dazu dienen, Entscheidungen der Nutzerinnen und Nutzer zu manipulieren.
Sehr große Online-Plattformen und Suchmaschinen, die im Monat von mehr als 45 Millionen Menschen genutzt werden und von denen die größte Gefahr ausgeht, müssen von nun an strengere Auflagen erfüllen, die die Kommission durchsetzt. Sie müssen Systemrisiken eindämmen. Dazu gehören die Verbreitung illegaler Inhalte und nachteilige Auswirkungen auf die Grundrechte, Wahlprozesse, geschlechtsspezifische Gewalt oder psychische Gesundheit. Außerdem müssen sie sich von unabhängiger Seite prüfen lassen. Die Plattformen müssen ferner dafür sorgen, dass Nutzerinnen und Nutzer Empfehlungen ablehnen können, die auf der Erstellung von Profilen beruhen. Auch müssen sie Behörden und zugelassenen Forscherinnen und Forschern Zugang zu ihren Daten und Algorithmen gewähren.
Was Gatekeeper tun bzw. nicht tun dürfen
Das Gesetz über digitale Märkte (DMA) legt Verpflichtungen für große Online-Plattformen fest, die als sogenannte Gatekeeper auf dem digitalen Markt tätig sind. Bei ihnen handelt es sich um Plattformen, die über den Marktzugang entscheiden und daher für Verbraucherinnen und Verbraucher kaum zu umgehen sind. Das Gesetz soll ein faireres Geschäftsumfeld und mehr Dienstleistungen für Verbraucherinnen und Verbraucher bewirken.
Um unlautere Geschäftspraktiken zu verhindern, müssen die als Gatekeeper eingestuften Plattformen für Folgendes sorgen:
Ihre Dienste müssen mit denen Dritter kompatibel sein. Somit können kleinere Plattformen von marktbeherrschenden Messaging-Plattformen verlangen, dass sie ihren Nutzerinnen und Nutzern den Austausch von Nachrichten, Sprachnachrichten oder Dateien über Messaging-Apps ermöglichen. Dadurch haben Nutzerinnen und Nutzer mehr Auswahl. Außerdem wird so verhindert, dass es zu Anbieterabhängigkeit kommt, d. h., dass sie nur eine bestimmte App oder Plattform nutzen können.
Geschäftliche Nutzer müssen Zugriff auf ihre Daten auf der Plattform des Gatekeepers haben, ihre eigenen Angebote bewerben und Verträge mit ihrer Kundschaft außerhalb der Plattform des Gatekeepers abschließen können.
Gatekeepern ist es nicht mehr möglich,
ihre eigenen Dienste oder Produkte auf ihren Plattformen besser zu bewerten als die Dritter und damit das eigene Unternehmen zu bevorzugen,
Nutzerinnen und Nutzer daran zu hindern, vorinstallierte Software oder Apps problemlos zu deinstallieren oder Anwendungen und App-Stores Dritter zu nutzen,
personenbezogene Daten von Nutzerinnen und Nutzern für gezielte Werbung zu nutzen, es sei denn, sie stimmen dem ausdrücklich zu.
Sanktionen
Die Kommission kann Marktuntersuchungen durchführen, um dafür zu sorgen, dass die neuen Vorschriften ordnungsgemäß umgesetzt werden und mit der Dynamik des digitalen Bereichs Schritt halten können. Verstößt ein Gatekeeper gegen die Vorschriften, kann die Kommission künftig Geldstrafen in Höhe von bis zu 10 % des im vorhergehenden Geschäftsjahr weltweit erzielten Gesamtumsatzes verhängen. Bei wiederholten Verstößen können die Strafen bis zu 20 % des Umsatzes betragen.
Nächste Schritte
Sobald der Rat die beiden Gesetze im Juli (DMA) und im September (DSA) offiziell annimmt, werden sie im Amtsblatt der EU veröffentlicht und treten 20 Tage nach der Veröffentlichung in Kraft.
Das Gesetz über digitale Dienste ist in der EU unmittelbar anwendbar und gilt 15 Monate nach seinem Inkrafttreten bzw. frühestens ab dem . Für sehr große Online-Plattformen und Suchmaschinen gilt das Gesetz über digitale Dienste schon früher – und zwar vier Monate nachdem sie von der Kommission als Gatekeeper eingestuft wurden.
Das Gesetz über digitale Märkte gilt sechs Monate nach seinem Inkrafttreten. Die Gatekeeper haben nach ihrer Einstufung höchstens sechs Monate Zeit, den neuen Verpflichtungen nachzukommen.
Quelle: EP, Pressemitteilung v. 5.7.2022 (il)
Fundstelle(n):
NWB XAAAJ-16807