Vorausetzungen für eine Pflicht des Finanzamts zur Annahme eines Abtretungsangebots nach § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG
Leitsatz
1. Sind Unternehmer und Leistungsempfänger davon ausgegangen, dass der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b UStG auf eine
vor dem erbrachte steuerpflichtige Leistung schuldet, stellt sich diese Annahme aufgrund des Urteils BFH, Urteil
v. , V R 37/10 als unrichtig heraus und hat der Leistungsempfänger einen Erstattungsantrag bei seinem Finanzamt gestellt
sowie der leistende Unternehmer umgehend seine Rechnungen berichtigt und ein Abtretungsangebot an das Finanzamt gemacht, so
muss dieses das Abtretungsangebot des leistenden Unternehmers gemäß § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG bei Erfüllung der tatbestandlichen
Voraussetzungen auch dann annehmen, wenn nach Eingang des Abtretungsangebots beim Finanzamt der Leistungsempfänger gegenüber
dem Leistenden bezüglich der berichtigten Rechnungen diverse Einwendungen wie Verjährung, inhaltliche und betragsmäßige Fehler
erhebt, Gegenforderungen gegen den Leistenden, insbesondere Schadensersatzansprüche infolge von Leistungsmängeln geltend macht
und vorsorglich gegenüber dem Leistenden die Aufrechnung mit den Schadensersatzansprüchen geltend macht.
2. Zwar führt eine wirksame Aufrechnung zum Erlöschen der Umsatzsteuerforderung des Leistenden, dies steht ihrer Abtretbarkeit
jedoch nicht entgegen. Es obliegt es dem Finanzamt als Abtretungsempfänger, die Umsatzsteuerforderung gegen den Leistungsempfänger
durchzusetzen und zu klären, ob die Aufrechnungserklärung des Leistungsempfängers auch tatsächlich zum Erlöschen der Forderung
geführt hat. Der leistende Unternehmer hat nach dem Wortlaut des § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG lediglich Mitwirkungshandlungen
vorzunehmen, wie etwa Informationen einzuholen, (vertragliche) Unterlagen beizubringen oder das Entstehen der Forderung gegen
den Leistungsempfänger darzulegen und zu beweisen. Er muss nicht sämtliche möglichen Erlöschensgründe entkräften.
3. In den Fällen des § 27 Abs. 19 UStG beginnt die dreijährige Verjährungsfrist für den Anspruch des leistenden Unternehmers
gegen den Leistungsempfänger auf Zahlung der gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer mit dem Schluss des Jahres, in dem der leistende
Unternehmer Kenntnis erlangt hat, dass der Leistungsempfänger einen Erstattungsantrag bei seinem Finanzamt gestellt hat.
4. Bei der Regelung in § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG handelt es sich abweichend vom Gesetzwortlaut um eine Ermessensreduktion auf
Null, sodass im Fall einer Abtretung des leistenden Unternehmers keine Steuer durch den leistenden Unternehmer zu zahlen ist.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n): KÖSDI 2022 S. 22885 Nr. 9 EAAAJ-15863
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Online-Dokument
FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 04.05.2022 - 2 K 2157/21
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