Gesetze: § 117 StPO, § 304 StPO
Gründe
I.
1Der Angeklagte befand sich in dieser Sache in der Zeit vom bis in Untersuchungshaft. Seit dem ist er erneut inhaftiert, zunächst aufgrund des Haftbefehls des Vorsitzenden des mit dem Hauptverfahren befassten Staatsschutzsenats des sodann aufgrund des Haftbefehls dieses Senats vom .
2Gegenstand des gegenwärtig vollzogenen Haftbefehls ist der Vorwurf, der Angeklagte habe ab November 2015 eine schwere staatsgefährdende Gewalttat, nämlich eine Straftat gegen das Leben in den Fällen des § 211 StGB oder des § 212 StGB oder gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a StGB oder des § 239b StGB, die nach den Umständen bestimmt und geeignet gewesen sei, den Bestand oder die Sicherheit eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beeinträchtigen, vorbereitet, indem er sich Waffen beschafft und diese verwahrt habe, und dabei durch dieselbe Handlung eine halbautomatische Kurzwaffe zum Verschießen von Patronenmunition besessen und geführt sowie zwei weitere Waffen besessen, ohne Genehmigung nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz die tatsächliche Gewalt über Kriegswaffen im Sinne von § 1 Abs. 1 KrWaffKG ausgeübt, sei ohne die erforderliche Erlaubnis entgegen § 27 SprengG mit explosionsgefährlichen Stoffen im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 4 SprengG umgegangen und habe fremde bewegliche Sachen einem anderen in der Absicht weggenommen, sie sich rechtswidrig zuzueignen, sowie in zwei weiteren Fällen einen Betrug begangen, strafbar gemäß § 89a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2, § 242 Abs. 1, § 263 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 StGB, § 52 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b, Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a und b, § 1 Abs. 2 bis 4, § 2 Abs. 2 WaffG, Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nr. 1.1, 2.2, 2.5, Unterabschnitt 3 Nr. 1.1, 1.2, 1.4.1 zum WaffG in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1 zum WaffG, § 22a Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a KrWaffKG in Verbindung mit Nr. 50 der Anlage zu § 1 Abs. 1 KrWaffKG, § 40 Abs. 1 Nr. 3, § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 4 in der bis zum geltenden Fassung, § 27 SprengG.
3Der Generalbundesanwalt hat am Anklage erhoben. Nach Eröffnung des Hauptverfahrens dauert die Hauptverhandlung seit dem an. Bis zum ist an 33 Tagen verhandelt worden.
4Auf den Haftprüfungsantrag des Angeklagten vom hat das die Haftfortdauer angeordnet. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Beschwerde. Er macht - unter Bezugnahme auf seinen Haftprüfungsantrag - insbesondere geltend, es bestehe kein dringender Tatverdacht hinsichtlich der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, es lägen keine Haftgründe vor und der weitere Vollzug der Untersuchungshaft sei unverhältnismäßig.
5Mit Beschluss vom hat das Oberlandesgericht der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
6Die nach § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 1 StPO statthafte und auch im Übrigen zulässige (§ 306 Abs. 1 StPO) Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.
71. Der Angeklagte ist der ihm im Haftbefehl vom in der Fassung des und dessen Haftfortdauerbeschlusses vom angelasteten Taten dringend verdächtig.
8a) Im Sinne eines solchen Verdachts ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:
9aa) Der Angeklagte, ein Oberleutnant der Bundeswehr, ließ sich im Jahr 2015 in der Bundesrepublik unter der fiktiven Identität " " bzw. " " als syrischer Flüchtling registrieren. Das Asylverfahren führte im Dezember 2016 zur Anerkennung des subsidiären Schutzstatus. Der Legende entsprechend beantragte der Angeklagte zunächst Geld- und Sachleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, später nach dem Sozialgesetzbuch II, obwohl er wusste, dass er keinen Anspruch darauf hatte. Irrtumsbedingt wurden ihm die beantragten Leistungen gewährt. Die an ihn ausgezahlten Geldbeträge erstattete er inzwischen vollständig.
10bb) Der Angeklagte war am im Besitz einer mit sieben Patronen geladenen halbautomatischen Selbstladepistole des Herstellers Manufacture d'Armes des Pyrénées Françaises (M.A.P.F.), Modell Rr, Kaliber 7,65 mm Browning, die er in einer Toilettenanlage im Flughafen W. versteckte. Daneben besaß er von April 2016 bis zum ein Gewehr der Marke Heckler & Koch G 3 sowie spätestens ab Mitte 2016 ein halbautomatisches Selbstladegewehr, Kaliber 22 long rifle, des Herstellers Landmann-Preetz und eine Pistole FN Browning, Kaliber 7,65 mm. Des Weiteren verschaffte er sich aus den Beständen der Bundeswehr 51 Sprengkörper (eine Übungsgranate, neun Nebelhandgranaten, 20 Knallsätze für Nebelhandgranaten, eine Rauchgranate und 20 Sprengkörper "Schiedsrichterwurfkörper"), 1.051 Schuss Munition, eine Anzündschnur, ein Oberteil einer Übungshandgranate mit eingebautem Knallsatz, drei Patronengurte und einen Gurtkasten für Maschinengewehre sowie ein Magazin für das Gewehr G 3.
11Beim Erlangen und Besitzen der Schusswaffen war er fest entschlossen, eine schwere staatsgefährdende Gewalttat zu begehen. Er wollte aufgrund seiner völkisch-nationalistischen, antisemitischen und von Fremdenhass geprägten Gesinnung hochrangige Politiker und Personen des öffentlichen Lebens, die sich durch ihr "flüchtlingsfreundliches" Engagement auszeichneten, angreifen und töten. Zu seinen Opfern sollten unter anderem eine bekannte Politikerin sowie eine Journalistin und Stiftungsgründerin zählen.
12b) Der dringende Tatverdacht ergibt sich aus den vom Oberlandesgericht in der Hauptverhandlung gewonnenen Erkenntnissen.
13aa) Die Beurteilung des dringenden Tatverdachts, die das erkennende Gericht während laufender Hauptverhandlung vornimmt, unterliegt im Haftbeschwerdeverfahren nur in eingeschränktem Umfang der Nachprüfung durch das Beschwerdegericht (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom - StB 28/20, juris Rn. 16 f.; vom - StB 40/21, juris Rn. 10, jeweils mwN). Allein das Gericht, vor dem die Beweisaufnahme stattfindet, ist in der Lage, deren Ergebnisse aus eigener Anschauung festzustellen und zu würdigen sowie auf dieser Grundlage zu bewerten, ob der dringende Tatverdacht nach dem erreichten Verfahrensstand noch fortbesteht oder dies nicht der Fall ist. Das Beschwerdegericht hat demgegenüber keine eigenen unmittelbaren Erkenntnisse über den Verlauf der Beweisaufnahme. Allerdings muss das Beschwerdegericht in die Lage versetzt werden, seine Entscheidung über das Rechtsmittel des Angeklagten auf einer hinreichend tragfähigen tatsächlichen Grundlage zu treffen, damit den erhöhten Anforderungen, die nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts an die Begründungstiefe von Haftfortdauerentscheidungen zu stellen sind (s. etwa Beschluss vom - 2 BvR 2098/12, StV 2013, 640 Rn. 42 ff.), ausreichend Rechnung getragen werden kann. Daraus folgt indes nicht, dass das Tatgericht alle bislang erhobenen Beweise in der von ihm zu treffenden Entscheidung einer umfassenden Darstellung und Würdigung unterziehen muss. Die abschließende Bewertung der Beweise und ihre entsprechende Darlegung sind den Urteilsgründen vorbehalten. Das Haftbeschwerdeverfahren führt insoweit nicht zu einem über die Nachprüfung des dringenden Tatverdachts hinausgehenden Zwischenverfahren, in dem sich das Tatgericht zu Inhalt und Ergebnis aller Beweiserhebungen erklären müsste; es genügt, wenn das erkennende Gericht darlegt, auf welche in der Hauptverhandlung erhobenen Beweise es den dringenden Tatverdacht stützt. Deren Bewertung bedarf es regelmäßig nicht (vgl. BGH, Beschlüsse vom - StB 1/15, BGHR StPO § 304 Abs. 4 Haftbefehl 3 Rn. 5; vom - StB 5/16, NStZ-RR 2016, 217 mwN; vom - StB 30/16, NJW 2017, 341 Rn. 7; vom - StB 28/20, juris Rn. 16). Das Beschwerdegericht prüft die Ausführungen in der Haftentscheidung zu den Erkenntnissen der Hauptverhandlung auf ihre Nachvollziehbarkeit und Plausibilität (vgl. BGH, Beschlüsse vom - StB 11/03, BGHR StPO § 117 Begründung 1; vom - StB 15/20, juris Rn. 12). Es beanstandet die Annahme des dringenden Tatverdachts, soweit die Würdigung des Erstgerichts offensichtliche Mängel aufweist, welche die Beurteilung der Verdachtslage als unvertretbar erscheinen lassen (vgl. , BGHR StPO § 112 Tatverdacht 3; ferner BGH, Beschlüsse vom - StB 5/16, juris Rn. 12 [insoweit in NStZ-RR 2016, 217 nicht abgedruckt]; vom - StB 40/21, juris Rn. 10).
14bb) Diesen Anforderungen genügen die Ausführungen des Oberlandesgerichts zur Beweislage in der angefochtenen Haftentscheidung und dem Nichtabhilfebeschluss, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. Die Inhalte der erhobenen Beweise, die für seine Überzeugungsbildung maßgebend gewesen sind, hat es konkret dargelegt. In seinen Entscheidungen hat es sich mit den wesentlichen Beweismitteln eingehend auseinandergesetzt und dabei sowohl die Einlassung des Angeklagten als auch das Verteidigervorbringen im Haftprüfungsantrag sowie in der Beschwerdeschrift in den Blick genommen.
15Insbesondere hat das Oberlandesgericht die von dem Angeklagten verfasste Masterarbeit, eine Vielzahl von ihm erstellter Aufzeichnungen, Sprachmemos sowie Äußerungen gegenüber Zeugen ausgewertet und hieraus nachvollziehbare Schlüsse auf eine völkisch-nationalistische, antisemitische und von Fremdenhass geprägte Gesinnung des Angeklagten gezogen. Daneben hat es die Grundlagen für seine vorläufige Wertung aufgezeigt, dass der Angeklagte plante, gewalttätig gegen namentlich benannte Politiker und Personen des öffentlichen Lebens vorzugehen. Hierfür hat es vor allem weitere von ihm gefertigte Notizen und Tonaufnahmen herangezogen und die für seine Überzeugungsbildung maßgebenden Inhalte wiedergegeben. Ergänzend hat es Beweiserkenntnisse dazu berücksichtigt, dass der Angeklagte die Arbeitsstätte eines der potentiellen Opfer aufsuchte, in zeitlichem Zusammenhang hierzu Schießübungen durchführte und Zubehör für seine Waffen beschaffte. Den dringenden Tatverdacht bezüglich der Vorwürfe des Betruges sowie des Besitzes verschiedener Waffen und unter das Sprengstoffgesetz fallender Gegenstände hat es auf die geständige Einlassung des Angeklagten gestützt.
16Soweit sich der Beschwerdeführer gegen das vorläufige Beweisergebnis des Staatschutzsenats wendet, ersetzt er lediglich dessen Bewertung durch seine eigene, zeigt jedoch keinen offensichtlichen Fehler in der gerichtlichen Würdigung auf, der es unvertretbar erscheinen lässt, den Tatverdacht gegen ihn im gegenwärtigen Verfahrensstand als dringend zu erachten.
172. Es besteht jedenfalls der Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO). Es kann deshalb dahinstehen, ob daneben auch der im Haftbefehl zusätzlich angenommene Haftgrund der Verdunkelungsgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 3 StPO) gegeben ist.
18a) Der Haftgrund der Fluchtgefahr liegt vor, weil es die Würdigung sämtlicher Umstände wahrscheinlicher macht, dass sich der Angeklagte dem Verfahren entziehen, als dass er sich ihm zur Verfügung halten werde.
19Die insbesondere für eine Verurteilung wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat zu erwartende Sanktion ist - auch unter Berücksichtigung der anzurechnenden, unter Heranziehung der im Jahr 2017 bereits erlittenen siebenmonatigen Freiheitsentziehung nunmehr nahezu elf Monate andauernden Untersuchungshaft (zur sog. Nettostraferwartung s. , juris Rn. 9 mwN) - so hoch, dass sie geeignet ist, einen großen Fluchtanreiz auszuüben. Daneben fallen vor allem die Sprachkenntnisse des Angeklagten, seine Kontakte nach Frankreich und gefestigte familiäre Beziehungen nach Großbritannien ins Gewicht. Seine familiären und sozialen Verbindungen innerhalb der Bundesrepublik sind hingegen nicht geeignet, dem erheblichen Fluchtanreiz entgegenzuwirken. Die Verlobte des Angeklagten geht keiner geregelten Arbeitstätigkeit nach. Ein Untertauchen, gegebenenfalls mit den drei nicht schulpflichtigen Kindern, erscheint deshalb möglich. Im Fall einer Verurteilung ist zudem mit der Beendigung des Dienstverhältnisses bei der Bundeswehr zu rechnen, was den Verlust der finanziellen Lebensgrundlage des Angeklagten und seiner Familie im Inland zur Folge hätte.
20Der Annahme von Fluchtgefahr steht nicht entgegen, dass sich der Angeklagte bisher an jedem Tag der Hauptverhandlung gestellt hat und in der Vergangenheit nach seiner ersten Inhaftierung mehrfach im Ausland, insbesondere in Frankreich und Großbritannien, war. Denn im Zeitraum vor seiner Inhaftierung hat er nicht davon ausgehen müssen, dass eine Verurteilung wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat ernsthaft im Raum steht. Das Oberlandesgericht hat zunächst in seinem Beschluss vom seine damalige Rechtsauffassung dargelegt, dass die Ermittlungsergebnisse keinen hinreichenden Verdacht einer solchen Tat begründet hätten. Auch unter Berücksichtigung der von der Verteidigung vorgetragenen Gespräche über die Möglichkeit eines derartigen Schuldspruchs bestand für den Angeklagten mangels anderweitiger Hinweise des Staatsschutzsenats kein Grund für die Annahme, er werde insoweit verurteilt. Spätestens nach seiner Festnahme aufgrund des Haftbefehls vom ist für ihn jedoch hinreichend deutlich geworden, dass das Oberlandesgericht an seiner im Zwischenverfahren vertretenen Auffassung nicht mehr festhält. Diesem Umstand kommt umso mehr Gewicht zu, als sich ein Ende der Hauptverhandlung abzeichnet. Deshalb spricht gegen die Annahme von Fluchtgefahr auch nicht, dass der Angeklagte zwischen seiner Freilassung nach der vorläufigen Festnahme am und der erneuten Inhaftierung am nicht untergetaucht ist, sondern zunächst für die Folgewoche einen Termin bei einer Rechtsanwältin vereinbart hat. Es liegt vielmehr nahe, dass er sich bei günstiger Gelegenheit der verbleibenden Verhandlung und der Strafvollstreckung entziehen könnte.
21Schließlich ist der Angeklagte mit konspirativen Verhaltensweisen vertraut, die einem Leben im Untergrund dienlich wären. Zum einen ist er erprobt in der Errichtung und längerfristigen Aufrechterhaltung einer Scheinidentität. Zum anderen verfügte er bereits in der Vergangenheit über eine Vielzahl unter verschiedenen Alias-Personalien eröffneter E-Mail-Konten und registrierter Mobilfunknummern. Soweit sich der Angeklagte dahin eingelassen hat, er habe diese für einen Katastrophenfall eingerichtet, vermag dies aus den nachvollziehbaren Gründen des Nichtabhilfebeschlusses (s. dort S. 20) nicht zu überzeugen. Zum Zeitpunkt seiner Festnahme am besaß der Angeklagte erneut 24 Mobiltelefone, 50 Prepaid-Karten und mehr als 50 weitere SIM-Karten.
22b) Eine Außervollzugsetzung des Haftbefehls (§ 116 Abs. 1 StPO) ist nicht erfolgversprechend. Unter den gegebenen Umständen kann der Zweck der Untersuchungshaft nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen erreicht werden.
233. Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft steht nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und der im Fall einer Verurteilung zu erwartenden Strafe (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO). Das Verfahren ist seit der erneuten Inhaftierung des Angeklagten mit der in Haftsachen gebotenen Zügigkeit geführt worden. Das Vorbringen der Verteidigung, dass die Verhandlung seither nicht durchschnittlich an zwei Tagen pro Woche durchgeführt worden sei, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Zum einen ist bei der Festnahme des Angeklagten und der anschließenden Durchsuchung eine Vielzahl von Gegenständen, insbesondere eine Fülle von schriftlichen Unterlagen und Datenträgern, darunter vier Computer, vier Speicherkarten, zwei USB-Sticks, 24 Mobiltelefone, 50 Prepaid-Karten und mehr als 50 weitere SIM-Karten, sichergestellt worden, deren Inhalt auf Relevanz für das Verfahren hat überprüft werden müssen. Das mit der Auswertung beauftragte Bundeskriminalamt hat die Angelegenheit mit erheblichem Personalaufwand priorisiert behandelt und am den letzten von mehr als 60 Auswertevermerken vorgelegt. Ab dem sind die relevanten Ermittlungsergebnisse in die Hauptverhandlung durch Vernehmung von Zeugen, Verlesen und Inaugenscheinnahme eingeführt worden. Über Vermerke im Umfang von 120 Seiten hat das Oberlandesgericht im Wege des Selbstleseverfahrens Beweis erhoben.
24Zum anderen hat das Prozessverhalten der Verteidigung zur Folge gehabt, dass das Beweisprogramm nicht wie beabsichtigt hat durchgeführt werden können. Dies hat bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Haftfortdauer unabhängig von einer Bewertung des Verhaltens als nicht sachdienlich Berücksichtigung zu finden (s. BGH, Beschlüsse vom - StB 29/16, NStZ-RR 2017, 18, 19; vom - AK 15/19 u.a., NJW 2019, 2249 Rn. 36, 38; vom - StB 28/20, juris Rn. 49). Insoweit ist insbesondere Folgendes von Bedeutung:
25Am hat der Vorsitzende mitgeteilt, das von Amts wegen beabsichtigte Beweisprogramm sei erledigt. Die von der Verteidigung angekündigten 15 Beweisanträge sind nicht in der hierfür gesetzten Frist bis gestellt worden. Auch nach Gewährung einer Fristverlängerung hat die Verteidigung zunächst nur wenige Anträge angebracht, weshalb in Ermangelung eines Beweisprogramms Termine haben aufgehoben werden müssen. Sie hat jeweils um mehr Zeit gebeten, um die Anträge mit dem nunmehr inhaftierten Angeklagten zu besprechen. Der konkrete Verlauf der Hauptverhandlung beruht daher zumindest auch auf dem Prozessverhalten der Verteidiger des Angeklagten.
26Hinzu kommt, dass ein Hauptverhandlungstag aufgrund der Erkrankung eines Senatsmitglieds hat aufgehoben werden müssen. Zudem hat das Verfahren wegen der positiven Testung des Angeklagten auf das Corona-Virus nicht in dem vom Vorsitzenden mitgeteilten Zeitraum abgeschlossen werden können. Die Urteilsverkündung war für den Fall, dass keine weiteren Beweisanträge in einer bis gestellten Frist eingehen, für den geplant. Derzeit ist ein Abschluss des Verfahrens am anvisiert.
Schäfer Berg Erbguth
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:010622BSTB21.22.0
Fundstelle(n):
MAAAJ-15788