Grunderwerbsteuer | Verminderung des Anteils am Vermögen einer KG (BFH)
Eine Anteilsminderung i. S. des
§ 6 Abs. 3
Satz 2 GrEStG liegt vor, wenn die Beteiligung am Vermögen
der Gesamthand gemindert wird. Das kann durch Veräußerung des
Gesellschaftsanteils selbst bewirkt werden oder auch durch anderweitige
Vereinbarungen erfolgen, wenn es dadurch bei im Übrigen unveränderter
bürgerlich-rechtlicher Beteiligung am Gesamthandsvermögen wirtschaftlich zu
einer Beschränkung oder Aufgabe der Beteiligung am wirtschaftlichen Wert des
Gesellschaftsanteils und somit an der Teilhabe am Wert des eingebrachten
Grundstücks kommt (; veröffentlicht am
).
Hintergrund: Gem. § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG in der bis zum geltenden Fassung ist § 6 Abs. 1 Satz 1 GrEStG insoweit nicht entsprechend anzuwenden, als sich der Anteil des Gesamthänders am Vermögen der erwerbenden Gesamthand innerhalb von fünf Jahren nach dem Übergang des Grundstücks von der einen auf die andere Gesamthand vermindert, mit der Folge, dass die Voraussetzungen für die Nichterhebung der Steuer gem. § 6 Abs. 3 Satz 1 i. V. mit Abs. 1 Satz 1 GrEStG rückwirkend i. S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i. V. mit Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 AO entfallen (vgl. , Rz. 25).
Sachverhalt: Am Vermögen der Klägerin, einer KG, war Z zu 100 % beteiligt. Im Jahr 2008 erwarb die Klägerin diverse Grundstücke von insgesamt zehn KGs, deren Kommanditanteile von den leiblichen Kindern des Z gehalten wurden. Die veräußernden KGs hatten den Grundbesitz in diesem Zeitpunkt über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren gehalten. Das FA stellte fest, dieser Erwerbsvorgang sei nach § 3 Nr. 6 i. V. mit § 6 Abs. 3 GrEStG steuerfrei.
Z veräußerte in 2008 94 % seiner Kommanditanteile an der Klägerin mit sofortiger Wirkung an E. Außerdem unterbreitete Z am selben Tag D ein bis zum für Z unwiderrufliches notariell beurkundetes Angebot auf Abschluss eines Kauf- und Abtretungsvertrags über den ihm verbliebenen Kommanditanteil von 6 %. Z trat seine Gewinn- und Verlustbeteiligung für die bei ihm verbliebenen 6 % bis zum an E ab.
Nach einer Betriebsprüfung kam das FA zu dem Ergebnis, dass die Steuervergünstigung gem. § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG vollumfänglich rückwirkend zu versagen sei. Es erließ einen entsprechend geänderten Feststellungsbescheid gegenüber der Klägerin und wies den dagegen gerichteten Einspruch als unbegründet zurück.
Die Klage hatte nur dahingehend Erfolg, dass die Bemessungsgrundlage für den Erwerbsvorgang antragsgemäß herabgesetzt wurde ().
Der BFH hat die Revision als begründet angesehen und das FG-Urteil insoweit aufgehoben, als es die Feststellung über den Umfang der Steuervergünstigung nach § 6 Abs. 3 Satz 1 GrEStG betrifft:
Anders als vom FG entschieden ist die Steuervergünstigung nach § 6 Abs. 3 Satz 1 i. V. mit Abs. 1 Satz 1 GrEStG nicht vollständig, sondern nur i. H. von 94 % der Bemessungsgrundlage des streitgegenständlichen Erwerbs rückwirkend nicht zu gewähren.
Beim Übergang eines Grundstücks von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand wird nach § 6 Abs. 3 Satz 1 i. V. mit Abs. 1 Satz 1 GrEStG die Steuer nicht erhoben, soweit die Anteile der Gesamthänder am Vermögen der erwerbenden Gesamthand ihren Anteilen am Vermögen der übertragenden Gesamthand entsprechen (, Rz. 8).
Als "Anteil am Vermögen der Gesamthand" i. S. der §§ 5 und 6 GrEStG ist die wertmäßige Beteiligung des einzelnen Gesamthänders am Gesamthandsvermögen anzusehen.
Eine Anteilsminderung i. S. des § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG liegt vor, wenn die Beteiligung am Vermögen der Gesamthand gemindert wird. Das kann durch Veräußerung des Gesellschaftsanteils selbst bewirkt werden. Die Anteilsminderung kann aber auch durch anderweitige Vereinbarungen erfolgen, wenn es dadurch bei im Übrigen unveränderter bürgerlich-rechtlicher Beteiligung am Gesamthandsvermögen wirtschaftlich zu einer Beschränkung oder Aufgabe der Beteiligung am wirtschaftlichen Wert des Gesellschaftsanteils und somit an der Teilhabe am Wert des eingebrachten Grundstücks kommt.
Die Fünfjahresfrist nach § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG in der im Streitfall noch anwendbaren Fassung beginnt mit der Verwirklichung des begünstigten Erwerbsvorgangs, unabhängig von der Haltedauer der übertragenden Gesamthand oder deren Gesellschaftern. Über eine personenbezogene Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 2 oder Nr. 6 GrEStG wird lediglich das Tatbestandsmerkmal "Gesamthänder" ersetzt. Die übrigen Voraussetzungen der Begünstigung, insbesondere die Haltefrist von fünf Jahren, sind auch von den in gerader Linie verwandten oder beschenkten Personen einzuhalten.
Nach diesen Grundsätzen hat das FG zu Unrecht entschieden, dass die Steuervergünstigung des § 6 Abs. 3 Satz 1 GrEStG in vollem Umfang weggefallen sei.
Die vom FG festgestellten Tatsachen tragen nicht die Schlussfolgerung, Z habe durch die Vereinbarungen mit D und E auch über seine restliche Beteiligung i. H. von 6 % verfügt, so dass auch insoweit sein Anteil am Gesamthandsvermögen i. S. des § 6 Abs. 3 Satz 1 i. V. mit Abs. 1 Satz 1 GrEStG vermindert sei.
Hingegen ist die Steuervergünstigung durch die Veräußerung an E zu 94 % rückwirkend entfallen. In diesem Umfang wurde der Anteil des Z am Gesellschaftsvermögen der Klägerin vermindert. Der Zeitpunkt der Weiterveräußerung lag innerhalb der Haltefrist. In diese Frist ist die vorherige Beteiligung der Kinder des Z nicht einzurechnen.
Anmerkung von Prof. Dr. Matthias Loose, Richter im II. Senat des BFH:
§§ 5 und 6 GrEStG setzen dem Grunde nach voraus, dass beim Übergang eines Grundstücks von einem Gesamthänder auf eine Gesamthandsgemeinschaft ein steuerbarer Rechtsträgerwechsel stattfindet. Die Vorschriften sehen jedoch von der Erhebung der Steuer ab, soweit der Gesamthänder anteilsmäßig über das Vermögen der Gesamthand beteiligt ist. Hintergrund ist, dass dem Gesamthänder aufgrund der gesamthänderischen Beteiligung das Grundstück trotz Rechtsträgerwechsels grunderwerbsteuerrechtlich weiterhin zuzurechnen ist.
Dasselbe gilt beim Übergang eines Grundstücks von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand. In diesem Fall wird nach § 6 Abs. 3 Satz 1 i. V. mit Abs. 1 Satz 1 GrEStG die Steuer nicht erhoben, soweit die Anteile der Gesamthänder am Vermögen der erwerbenden Gesamthand ihren Anteilen am Vermögen der übertragenden Gesamthand entsprechen. Nach § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG fällt die Steuervergünstigung jedoch nachträglich (anteilig) weg, als sich der Anteil eines Gesamthänders am Vermögen der erwerbenden Gesamthand innerhalb von fünf Jahren nach dem Übergang des Grundstücks vermindert. Eine solche Anteilsminderung liegt vor, wenn der Gesellschaftsanteil veräußert wird oder wenn dessen wirtschaftlicher Wert aufgrund anderer Vereinbarungen beschränkt wird. Das hat der BFH noch einmal ausdrücklich klargestellt.
Darüber hinaus hat er geklärt, dass eine teleologische Reduktion des § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG in den Fällen des § 1 Abs. 2a GrEStG nicht greift. § 1 Abs. 2a GrEStG sieht nämlich ausdrücklich Regelungen für den Fall vor, dass die Nachbesteuerung nach § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG durch einen weiteren, nach § 1 Abs. 2a GrEStG steuerbaren Erwerbsvorgang ausgelöst wird. Nach § 1 Abs. 2a Satz 3 GrEStG in der im Streitjahr geltenden Fassung und nach § 1 Abs. 2a Satz 7 GrEStG in der aktuellen Gesetzesfassung kommt es in dieser Konstellation bei dem weiteren steuerbaren Vorgang zu einer Anrechnung bei der Bemessungsgrundlage. Für eine darüberhinausgehende teleologische Reduktion des § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG, die diesen gesetzlichen Vorgaben widerspräche, besteht daher kein Raum.
Quelle: ; NWB Datenbank (RD)
Fundstelle(n):
PAAAJ-15735