Keine Anwendung des Rabattfreibetrags auf Zinsvorteile aus Arbeitgeberdarlehen, wenn der Arbeitgeber Darlehen dieser Art nicht an Fremde vergibt
Leitsatz
Auf den geldwerten Vorteil eines zinsgünstigen Arbeitgeberdarlehens ist der Rabattfreibetrag des § 8 Abs. 3 Satz 2 EStG nicht anwendbar, wenn der Arbeitgeber - eine Landeszentralbank - Darlehen dieser Art nicht an Fremde vergibt.
Gesetze: EStG § 8 Abs. 2 und 3BBankG §§ 19, 22 und 25.
Instanzenzug: FG Rheinland-Pfalz (Verfahrensverlauf), ,
Tatbestand
Die Kläger, Revisionsbeklagten und Revisionskläger (Kläger) wurden als Ehegatten zum Streitjahr 1998 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Arbeitgeber des Klägers, eine Landeszentralbank (LZB), gewährte diesem zur Finanzierung seines Einfamilienhauses ein Darlehen, wobei anfangs ein variabler und ab für 10 Jahre ein fester Zinssatz von 5 v. H. vereinbart wurde. Hierauf hat der Kläger im Streitjahr 11 988 DM Zinsen geleistet Die LZB erfasste, ausgehend von einem üblichen Zinssatz von 6 v. H., einen - nach § 8 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) - ermittelten Vorteil von 203,45 DM monatlich bzw. 2 441 DM im Jahr, den sie dem Lohnsteuerabzug unterwarf. Dem Antrag der Kläger, bei der Veranlagung den in der Lohnsteuerkarte ausgewiesenen Bruttoarbeitslohn um den Rabattfreibetrag in Höhe von 2 400 DM zu kürzen, entsprach der Beklagte, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) nicht.
Der hiergegen erhobenen Klage mit dem Antrag, den gesamten erfassten Zinsvorteil (2 441 DM) unversteuert zu belassen, gab das Finanzgericht (FG) teilweise statt. Es führte mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 132 veröffentlichten Gründen aus, der Nutzungsvorteil sei nach § 8 Abs. 3 EStG zu ermitteln. Dabei sei als Endpreis der Darlehensüberlassung statt der von der LZS zugrunde gelegten Zinsen von 6 v. H. der im Monatsbericht Oktober 1997, S. 45 der Deutschen Bundesbank wiedergegebene Durchschnittszinssatz für Hypothekarkredite im September 1997 von 6,77 v. H. zugrunde zu legen. Der sich hieraus ergebende Jahreszinsbetrag von 16 280,85 DM sei um 4 v. H. auf 15 629,61 DM zu kürzen. Daraus errechne sich abzüglich des gezahlten Betrages (11 988 DM) ein geldwerter Vorteil von gerundet 3 641 DM, der um den Rabattfreibetrag (2 400 DM) auf 1 241 DM zu kürzen sei. Folglich sei der Arbeitslohn um (2 441 DM ./. 1 241 DM =) 1 200 DM zu hoch festgesetzt worden.
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung von § 8 Abs. 3 EStG. Der Zinsvorteil habe nach § 8 Abs. 2 EStG ermittelt werden müssen, da § 8 Abs. 3 EStG nur auf solche Rabatte anwendbar sei, die auf Gegenstände der eigenen unternehmerischen Produkt- und Leistungspalette des Arbeitgebers gewährt würden (, BFHE 182, 556, BStBl II 1997, 363). Dies sei hier nicht der Fall gewesen, da die Gewährung von Baudarlehen an Privatpersonen nicht zur Geschäftstätigkeit des Arbeitgebers gehöre. Vielmehr habe es sich um ein nach der Ausnahmeregelung des § 25 des Bundesbankgesetzes (BBankG) erlaubtes ,,anderes'' Geschäft mit Betriebsangehörigen gehandelt, das aus Gründen sozialer Fürsorge abgeschlossen worden sei. Insofern sei dem Hessischen , EFG 2001, 623) zu folgen, wonach § 8 Abs. 3 EStG nicht generell auf zinsverbilligte Darlehen von Kreditinstituten an ihre Mitarbeiter anwendbar sei, sondern nur für Darlehen, die zum Betätigungsbereich des betreffenden Arbeitgebers gehörten. Mit dem (BFHE 170, 190, BStBl II 1993, 356) sei wegen der Nichtaufnahme der im Gesetzgebungsverfahren diskutierten Konzernklausel sowie wegen des vom Gesetz gewollten Begünstigungsausschlusses eines überbetrieblichen Belegschaftshandels davon auszugehen, dass der Gesetzgeber den Anwendungsbereich des § 8 Abs. 3 EStG habe eng fassen und Rabatte auf solche Gegenstände nicht habe begünstigen wollen, die nicht im Unternehmen des Arbeitgebers hergestellt, vertrieben oder erbracht würden.
Das FA beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Klage abzuweisen.
Mit der Anschlussrevision treten die Kläger der Revision des FA mit den Gründen des FG unter Betonung einer gleichheitskonformen Auslegung entgegen. Darüber hinaus sind sie der Auffassung, dass bei dem nach § 8 Abs. 3 EStG zu ermittelnden Vorteil als Endpreis der Darlehensgewährung nicht - wie vom FG angenommen - ein Zinssatz von 6,77 v. H., sondern ein solcher von 6 v. H. zugrunde zu legen sei. Insofern binde Abschn. 31 Abs. 8 Satz 3 der Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) 1996. Nach dieser Vorschrift seien Zinsvorteile nur anzunehmen, soweit sie den Effektivzins für ein Darlehen von 6 v. H. unterschreiten.
Die Kläger beantragen sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung den Zinsvorteil auf den Betrag zu beschränken, der sich bei Annahme eines Marktzinses von 6 v. H. ergibt, wenn zusätzlich der Bewertungsabschlag von 4 v. H. und der Rabattfreibetrag von 2 400 DM abgezogen werden.
Gründe
Die Revision der Kläger ist unbegründet. Auf die Revision des FA wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.
1. Wie zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig ist, wurde durch das dem Arbeitnehmer eingeräumte zinsverbilligte Darlehen ein Vorteil für die Beschäftigung gewährt (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG), also Lohn zugewendet. Dieser Vorteil ist nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG mit den üblichen Endpreisen am Abgabeort anzusetzen, da die besondere Rabattbesteuerung des § 8 Abs. 3 EStG im Streitfall nicht zum Zuge kommt (dazu unten 2.). Dabei kann dahinstehen, ob die Anweisung in Abschn. 31 Abs. 8 Satz 3 LStR 1996 durch das Gesetz gedeckt ist (vgl. dazu Hartz/Meeßen/Wolf, ABC-Führer Lohnsteuer, Darlehen, Rz. 10, m. w. N.). Denn die üblichen Endpreise am Abgabeort haben unstreitig nicht unter dem Zinssatz von 6 v. H. gelegen, den das FA zugrunde gelegt hat.
2. Gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 EStG sind nach Satz 1 dieser Vorschrift ermittelte Vorteile steuerfrei, soweit sie aus dem Dienstverhältnis insgesamt 2 400 DM im Kalenderjahr nicht übersteigen. Die Steuerbefreiung erfasst Rabatte auf Waren oder Dienstleistungen, die vom Arbeitgeber nicht überwiegend für den Bedarf seiner Arbeitnehmer hergestellt, vertrieben oder erbracht werden, wobei als Wert der Waren oder Dienstleistungen die um 4 v. H. geminderten Endpreise gelten, zu denen die Waren oder Dienstleistungen fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr angeboten werden.
a) Zutreffend gehen die Beteiligten davon aus, dass als ,,Waren oder Dienstleistungen'' i. S. von § 8 Abs. 3 Satz 1 EStG auch Nutzungsüberlassungen (hier in Form der Kapitalnutzung) zu verstehen sind (, BFHE 175, 567, BStBl II 1995, 338). Entgegen der Auffassung des FG ist aber zusätzlich erforderlich, dass der Arbeitgeber mit Leistungen der Art, wie diejenige, die dem Arbeitnehmer unentgeltlich oder verbilligt gewährt wurde, selbst am Markt in Erscheinung tritt sowie dass solche Leistungen nicht überwiegend an die Belegschaft erbracht werden.
aa) Es trifft zwar zu, dass der mit den Worten ,,so gelten als deren Werte'' eingeleitete zweite Satzteil des § 8 Abs. 3 Satz 1 EStG nicht die Voraussetzungen, sondern die Rechtsfolgen der besonderen Rabattbesteuerung regelt. Deswegen hängt der Bewertungsabschlag von 4 v. H. und die Gewährung des Rabattfreibetrages nicht davon ab, dass der Arbeitgeber solche Leistungen im allgemeinen Geschäftsverkehr auch selbst fremden Letztverbrauchern anbietet. Erforderlich ist jedoch, dass die betreffende Leistung überhaupt zur Produktpalette des Arbeitgebers am Markt gehört.
bb) Dies ergibt sich aus dem ersten Halbsatz von § 8 Abs. 3 Satz 1 EStG. Der Formulierung, dass die Waren oder Dienstleistungen vom Arbeitgeber nicht überwiegend für den Bedarf seiner Arbeitnehmer hergestellt, vertrieben oder erbracht sein dürfen, ist umgekehrt zu entnehmen, dass sie überwiegend oder zumindest im gleichen Umfang für bzw. an andere Abnehmer als die Belegschaft hergestellt, vertrieben oder erbracht sein müssen. Dieses im Gesetzeswortlaut zum Ausdruck kommende Erfordernis entspricht dem nach der Entstehungsgeschichte der Vorschrift mit ihr verfolgten Zweck. Zur Begründung im Einzelnen wird auf das zur Veröffentlichung bestimmte verwiesen. Demzufolge verbleibt es nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung (BFH-Urteile in BFHE 182, 556, BStBl II 1997, 363, und in BFHE 170, 190, BStBl II 1993, 356) bei Rabatten auf solche Leistungen, die nicht zur Produktpalette des Arbeitgebers gehören, bei den allgemeinen Regeln über die Bewertung von Sachbezügen nach § 8 Abs. 2 EStG.
cc) Das Erfordernis, dass die zu bewertende Leistung zur Produktpalette des Arbeitgebers gehören muss, ergibt sich zusätzlich mittelbar aus den Bewertungsfolgen des § 8 Abs. 3 Satz 1 EStG. Wertmaßstab ist dort der Endpreis, zu dem der Arbeitgeber bzw. ein dem Abgabeort nächstansässiger Abnehmer die betreffende Leistung fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr anbietet. Dies setzt voraus, dass die Leistung Endverbrauchern entweder vom Arbeitgeber oder von dessen Abnehmer angeboten wird (vgl. BTDrucks 11/2157, S. 142 li. Spalte). Wie sich aus dem Begriff des Abnehmers herleiten lässt, hat das Gesetz erkennbar lediglich den Fall regeln wollen, dass sich der Arbeitgeber zum Vertrieb seiner Produkte Dritter bedient. Anderenfalls hätte es näher gelegen, statt des Begriffs des Abnehmers den eines anderen/weiteren Anbieters/Marktteilnehmers oder Ähnliches zu verwenden, wenn die besondere Rabattbesteuerung des § 8 Abs. 3 EStG auch auf solche Leistungen Anwendung hätte finden sollen, die sich in der Produktpalette des Arbeitgebers nicht finden. Letzteres war aber gerade nicht der Fall.
Erscheint der Arbeitgeber mit der zu beurteilenden Leistung weder selbst noch über Abnehmer am Markt, gibt es auch keinen Angebotspreis für ein Produkt des Arbeitgebers. Bezeichnenderweise hat das FG deshalb auf Durchschnittspreise fremder Produkte abgestellt, nämlich auf den Zinssatz, der im September 1997 für Hypothekarkredite auf Wohnungsgrundstücke mit einer Laufzeit von 10 Jahren von Geschäftsbanken durchschnittlich verlangt wurde. Eine solche Durchschnittsbetrachtung mag bei der Wertermittlung nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG in Betracht kommen. Dagegen knüpft die Bewertung nach § 8 Abs. 3 EStG an ein konkretes vom Arbeitgeber hergestelltes, vertriebenes oder erbrachtes Produkt des Arbeitgebers an.
dd) Die Beschränkung des Bewertungsabschlages von 4 v. H. und des Rabattfreibetrages auf die Produktpalette des Arbeitgebers verstößt weder gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), noch bedarf es einer Korrektur durch eine verfassungskonforme Auslegung. Richtig ist lediglich, dass die Regelung Arbeitnehmern zugute kommt, die in einer ,,verbraucherorientierten'' Branche arbeiten (vgl. Birk, Finanz-Rundschau - FR - 1990, 237, 239), falls der Arbeitgeber neben dem Barlohn Sachlohn in Form von Belegschaftsrabatten gewährt, während Arbeitnehmer anderer Branchen hiervon nicht oder nur in geringem Umfang profitieren. Dies gilt indessen für eine Vielzahl steuerlicher Erleichterungen, die auf Steuerbefreiungen, auf der Möglichkeit abgeltender Pauschalbesteuerung oder auf typisierenden Bewertungen beruhen und bei denen die Vorteilhaftigkeit von der Bereitschaft des Arbeitgebers abhängt, sich der diesbezüglichen Lohnformen zu bedienen. Ungeachtet dessen, welche sachlichen Gründe im Einzelfall die erwähnten Erleichterungen rechtfertigen, ist die Regelung des § 8 Abs. 3 EStG jedenfalls deswegen nicht zu beanstanden, weil sie nicht nur der steuerlichen Entlastung, sondern auch der Verwaltungserleichterung dient. Der Gesetzgeber wollte aus Gründen des praktikablen Gesetzesvollzugs für die Wertermittlung bei Belegschaftsrabatten ein von den individuellen Verhandlungsumständen unabhängiges Bewertungssystem angewendet wissen, wobei die dem entsprechende Auslegung auch insofern verfassungskonform ist, als sie die andernfalls bestehenden Bedenken gegen die Gewährung eines Bewertungsabschlags und die Höhe des eingeräumten Rabattfreibetrages zerstreut (, BFHE 171, 74, BStBl II 1993, 687, 691, rechte Spalte).
b) Was den sachlichen Anwendungsbereich der unter die besondere Rabattbesteuerung des § 8 Abs. 3 EStG fallenden Leistungen betrifft, kommt es nicht darauf an, ob die zu beurteilende Leistung für den Betrieb des Arbeitgebers typisch ist (BFH-Urteil in BFHE 182, 556, BStBl II 1997, 363), sondern darauf, ob der Arbeitgeber Leistungen der Art, wie der mit Rabatt an den Arbeitnehmer abgegebenen, am Markt erbringt, wobei die Abgabe solcher Leistungen an die Belegschaft nicht überwiegen darf. Daher reicht es nicht aus, wenn der Arbeitgeber eine Bank betreibt und Geschäfte der zu beurteilenden Art bei Banken vorkommen oder üblich sind. Vielmehr ist erforderlich, dass der Arbeitgeber selbst mit Geschäften der zu beurteilenden Art am Marktgeschehen teilnimmt.
3. Im Streitfall hat der Arbeitgeber dem Kläger ein Darlehen zur Finanzierung seines Einfamilienhauses gewährt. Wie das FG festgestellt hat, werden Baudarlehen vom Arbeitgeber nicht an sonstige private Bauherren vergeben. Dies entspricht den im BBankG enthaltenen Beschränkungen. Nach § 22 BBankG darf die Deutsche Bundesbank und damit ihre Hauptverwaltungen (vgl. § 8 BBankG) als sog. Geschäfte mit Jedermann mit natürlichen und juristischen Personen im In- und Ausland die in § 19 Nr. 2 bis 7 BBankG bezeichneten Geschäfte betreiben, also nicht die in § 19 Nr. 1 BBankG genannten Darlehensgewährungen. Jedoch können nach § 25 BBankG Darlehen an Betriebsangehörige als sog. andere Geschäfte vergeben werden. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber des Klägers, abgesehen von den in § 19 Nr. 1 BBankG vorgesehenen Darlehen gegen Sicherheiten an institutionelle Geschäftspartner, weitere Darlehen nur im Rahmen der Ausnahmeregelung des § 25 BBankG vergeben hat. Daraus folgt, dass die Darlehensgewährung zur Finanzierung von Wohnungen privater Verbraucher nicht zur Produktpalette des Arbeitgebers gehört. Da solche Darlehen nicht mit Darlehen an institutionelle Geschäftspartner vergleichbar sind, hat das FA die Anwendung des § 8 Abs. 3 EStG im Streitfall zu Recht versagt.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
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Fundstelle(n):
BStBl 2003 II Seite 373
BB 2002 S. 2542 Nr. 49
BFH/NV 2003 S. 110
BFH/NV 2003 S. 110 Nr. 1
BFHE S. 354 Nr. 200
BStBl II 2003 S. 373 Nr. 7
DB 2002 S. 2517 Nr. 48
DStRE 2002 S. 1481 Nr. 24
FR 2003 S. 21 Nr. 1
GAAAA-89505