Erlös für die Übertragung von Zuckerrübenlieferrechten eines Landwirtes keine Entschädigung i. S. von § 24 Nr. 1 Buchst. a und b EStG
Leitsatz
Veräußert ein Landwirt seine gesamten Zuckerrübenlieferrechte, weil er infolge der Ausweisung seiner rübenfähigen Flächen als Wasserschutzgebiet den Zuckerrübenanbau wirtschaftlich nicht mehr für möglich hält, so stellt der erzielte Erlös keine Entschädigung i. S. von § 24 Nr. 1 Buchst. a und b EStG dar.
Gesetze: EStG § 13EStG § 24 Nr. 1 Buchst. a und bEStG § 34 Abs. 2 Nr. 2
Instanzenzug: Hessisches FG (EFG 2001, 139) (Verfahrensverlauf), ,
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurden in den Streitjahren (1986 und 1987) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte in erster Linie als Pächter des Betriebs A Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Er bewirtschaftete damals insgesamt . . . ha Eigen- und . . . ha Pachtland; er war Inhaber von Zuckerrübenlieferrechten im Umfang von 12 410 Dezitonnen (dt). Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) verkaufte er diese mit Vertrag vom an das Land für insgesamt 346 859,50 DM (27,95 DM/dt). Der Verkauf beruhte nach der Einlassung der Kläger darauf, dass der Rübenanbau wegen der Ausweisung eines Wasserschutzgebietes im Oktober 1983 wirtschaftlich nicht mehr sinnvoll gewesen sei. Die Lieferrechte wurden vereinbarungsgemäß auf den Betrieb B übertragen. Bei Bedarf konnte sie aber der jeweilige Pächter des Betriebs A zurückerwerben. Etwaige öffentlich-rechtliche Entschädigungszahlungen wegen der Ausweisung des Wasserschutzgebietes sollten nach § 3 Abs. 2 des Vertrages vom nicht dem Land als Verpächter, sondern dem Kläger zukommen. In diesem Falle sollte ein Pachtzinsminderungsanspruch des Klägers entfallen.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) vertrat nach einer Betriebsprüfung die Auffassung, der Erlös aus der Veräußerung der Lieferrechte sei entgegen der Ansicht des Klägers nicht als Entschädigung i. S. von § 24 Nr. 1 Buchst a des Einkommensteuergesetzes (EStG), sondern als laufender Gewinn zu besteuern. Während des Einspruchsverfahrens wurden die angefochtenen, gegen beide Kläger ergangenen Bescheide geändert. Der aufrechterhaltene Einspruch hatte im strittigen Punkt keinen Erfolg.
Mit der Klage brachten die Kläger insbesondere vor, der vor der Ausweisung des Wasserschutzgebietes betriebene Anbau von Zuckerrüben sei wirtschaftlich nicht mehr möglich gewesen, weil der Einsatz eines chemischen Pflanzenschutzmittels gegen Disteln verboten gewesen sei. Die Übertragung der Lieferrechte sei daher aufgrund äußerer Gegebenheiten unumgänglich gewesen. Der Vertrag vom sei deshalb - entgegen seinem Wortlaut - auch kein Kaufvertrag im eigentlichen Sinne. Der mit ihm erzielte Erlös sei als Entschädigung des Landes für entgehende Gewinne aus dem Zuckerrübenanbau gedacht gewesen.
Die Klage hatte keinen Erfolg. Das FG kam in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 139 veröffentlichten Urteil zu dem Ergebnis, bei dem strittigen Erlös handele es sich nicht um eine Entschädigung i. S. von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG.
Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung von Bundesrecht. Sie sind der Auffassung, das FG habe unter Verletzung seiner Aufklärungspflicht § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG unzutreffend ausgelegt.
Gründe
Die Revision ist unbegründet (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass der Erlös für die Übertragung der Zuckerrübenlieferrechte keine Entschädigung i. S. des § 24 Nr. 1 EStG ist und damit die Steuervergünstigung nach § 34 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 2 EStG nicht in Betracht kommt.
Es sind weder die Voraussetzungen des Buchst. a noch jene des Buchst. b in § 24 Nr. 1 EStG erfüllt.
1. Entschädigungen nach § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG liegen vor, wenn sie als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen gewährt worden sind. Das Tatbestandsmerkmal ,,als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen'' setzt voraus, das ein Ersatz für Einnahmen geleistet wird, die ausgefallen sind oder ausfallen werden.
Darum geht es im Streitfall aber nicht, wie sich eindeutig aus dem vom FG in Bezug genommenen Vertrag vom ergibt. Danach diente die Zahlung der 346 859,50 DM der Abgeltung des Wertes von Zuckerrübenlieferrechten über 12 410 dt und weiteren Berechtigungen im Zusammenhang mit dem Zuckerrübenanbau, die der Kläger im Gegenzug dem Land übertrug. Eventuelle Schadenersatzansprüche des Klägers wegen der Wasserschutzgebietsausweisung und des dadurch erschwerten oder möglicherweise sogar unwirtschaftlich gewordenen Anbaus von Zuckerrüben waren von der Zahlung der 346 859,50 DM nicht berührt. Insoweit dachten die Parteien des Vertrags vom vielmehr an eine (erst künftige) Minderung des Pachtzinses oder an eine Weiterleitung eventuell dem Verpächter zustehender öffentlich-rechtlicher Entschädigungsleistungen an den Kläger. Danach bleibt kein Raum für die Vorstellung der Kläger, (bereits) der hier streitige Erlös stelle eine Entschädigung für künftig entgehende Einnahmen aus dem Zuckerrübenanbau dar (vgl. insoweit auch das Senatsurteil vom IV R 91/96, BFH/NV 1999, 40, zu einer sog. Schieflagenentschädigung im Bergbau).
2. Die 346 859,50 DM wurden aber auch nicht für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit i. S. des § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG bezahlt.
Nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist eine derartige Entschädigung nur anzunehmen, wenn sie eine Gegenleistung ,,für'' die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit darstellt (s. insbesondere die Urteile vom XI R 10/92, BFHE 170, 445, BStBl II 1993, 497, und vom XI R 43/94, BFHE 180, 433, BStBl II 1996, 516). Die Zahlung muss zumindest auch im Interesse des Zahlungsverpflichteten, hier des Verpächters, liegen (so auch Jacobs-Soyka in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, § 24 EStG Rnr. 71 a. E.).
Davon kann im Streitfall nicht die Rede sein. Der Kläger hat den strittigen Geldbetrag nicht ,,für die Aufgabe'' (oder die Nichtausübung) des bisher betriebenen Zuckerrübenanbaus erhalten; es handelte sich dabei vielmehr um das Entgelt für die Übertragung von Zuckerrübenlieferrechten und mit diesen im Zusammenhang stehenden anderen Berechtigungen (vgl. hierzu auch das Senatsurteil vom IV R 24/82, nicht veröffentlicht - NV -, aber abrufbar bei juris, Nr. 3. der Entscheidungsgründe). Ungeachtet dessen ist auch nicht erkennbar, inwieweit die Übertragung der genannten Rechte im Interesse des Verpächters lag. Im Gegenteil spricht die Einräumung der Möglichkeit des Rückerwerbs der Zuckerrübenlieferrechte bei entsprechendem Bedarf (s. § 3 Abs. 1 des Vertrages vom ) gegen ein derartiges Interesse.
Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der Kläger auch nicht aus dem (BFHE 82, 645, BStBl III 1965, 480). Dabei kann der Senat offen lassen, ob die dort aufgestellten Grundsätze angesichts der zwischenzeitlichen Entwicklung der Rechtsprechung überhaupt noch Gültigkeit haben (zweifelnd, allerdings wohl aufgrund anderer Überlegungen, Hildesheim in Bordewin/Brandt, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 24 EStG Rz. 34). Denn im dort entschiedenen Fall lag die (teilweise) Aufgabe der Tätigkeit (Betrieb zweier Omnibuslinien) zumindest auch im Interesse des Zahlungsverpflichteten (der Deutschen Bundespost); es wurde eine Konkurrenzsituation beendet. So liegen die Verhältnisse im vorliegenden Fall - wie oben dargestellt - aber nicht.
3. Angesichts dieser Rechts- und Sachlage kommt dem von den Klägern geltend gemachten Verfahrensmangel keine Bedeutung zu.
Ob der Kläger unter ,,Druck von außen'' gehandelt hat und wie stark dieser Druck gegebenenfalls war, ist nicht entscheidungserheblich.
4. Die Sache ist spruchreif. Über die Höhe des zu versteuernden Erlöses besteht zwischen den Beteiligten kein Streit. Insbesondere haben die Kläger auch nichts dafür vorgetragen, dass bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns ein Buchwert der Zuckerrübenlieferrechte zu Unrecht nicht berücksichtigt worden wäre.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2002 II Seite 658
BB 2002 S. 1582 Nr. 31
BFH/NV 2002 S. 1212 Nr. 9
BFHE S. 460 Nr. 198
BStBl II 2002 S. 658 Nr. 17
DB 2002 S. 1536 Nr. 30
DStRE 2002 S. 1061 Nr. 17
FR 2002 S. 1140 Nr. 20
INF 2002 S. 569 Nr. 18
UAAAA-89308