Eine Betriebsstätte im investitionszulagenrechtlichen Sinne liegt nicht vor, wenn die eigentliche Unternehmenstätigkeit in der Betriebsstätte innerhalb der gesetzlichen Bindungsfrist eingestellt wird. Eine Ausnahme von der Bindungsfrist ist nur gerechtfertigt, wenn die Wirtschaftsgüter aufgrund unvorhersehbarer und unabwendbarer Ergebnisse vorzeitig ausscheiden
Leitsatz
1. Eine aktiv am Wirtschaftsleben teilnehmende Betriebsstätte im investitionszulagenrechtlichen Sinne liegt nicht vor, wenn innerhalb der dreijährigen Bindungsfrist die eigentliche Unternehmenstätigkeit in der Betriebsstätte endgültig eingestellt wird und die geförderten Wirtschaftsgüter entweder verschrottet werden oder funktionslos auf dem Betriebsgelände verbleiben. Dies gilt auch dann, wenn nach Ablauf der Frist - zeitlich begrenzt - Tätigkeiten in der Betriebsstätte stattfinden, die darauf abzielen, bereits angebahnte oder künftige Geschäfte über andere Betriebsstätten des Unternehmens abzuwickeln (Fortführung des Senatsurteils vom III R 44/96, BFHE 193, 182, BStBl II 2001, 37).
2. Eine Ausnahme von der dreijährigen Bindungsfrist ist nur gerechtfertigt, wenn die Wirtschaftsgüter aufgrund eines unvorhersehbaren und unabwendbaren Ereignisses, das dem üblichen unternehmerischen Bereich nicht zugeordnet werden kann, vorzeitig ausscheiden, nicht hingegen, wenn dies auf einer Fehleinschätzung über ihren rentablen Einsatz im Unternehmen des Investors beruht.
Gesetze: InvZV § 2 Satz 1 Nr. 6DMBilG § 1 Abs. 5
Instanzenzug: FG des Landes Sachsen-Anhalt (EFG 1998, 588) (Verfahrensverlauf),
Tatbestand
I.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), die S-AG, erwarb mit Vertrag vom 24./ mit Wirkung zum von der D-AG die Anteile an sechs . . . fabriken, u. a. die an der X GmbH i. A. Mit Vertrag vom wurden diese Gesellschaften zur S-GmbH verschmolzen. Nach der Verschmelzung wurden die für die sechs Rechtsvorgängergesellschaften aufgestellten DM-Eröffnungsbilanzen zum zu einer DM-Eröffnungsbilanz der S-GmbH zusammengefasst. Gesamtrechtsnachfolgerin der S-GmbH ist inzwischen die Klägerin.
Mit am beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -) eingegangenem Antrag begehrte die Rechtsvorgängerin der Klägerin eine Investitionszulage in Höhe von insgesamt . . . DM. Der Zulagenantrag wurde für Investitionen in Höhe von insgesamt . . . DM in allen sechs . . . fabriken gestellt. Soweit für einzelne Wirtschaftsgüter bereits vor dem Teilherstellungskosten in Mark der DDR angefallen waren, bezog die Klägerin diese nach Umrechnung im Verhältnis 2 : 1 in die Bemessungsgrundlage in DM ein. Nach den Angaben im Investitionszulagenantrag wurden sämtliche Investitionen in der Zeit vom Juli bis Dezember 1990 abgeschlossen.
Das FA setzte mit Bescheid vom die Investitionszulage für das Kalenderjahr 1990 antragsgemäß fest. Die Festsetzung erfolgte unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Bei einer Außenprüfung stellte das FA fest, dass im Werk X die Rohstoffverarbeitung im Januar 1992 eingestellt worden war. Es hatte sich herausgestellt, dass die Produktion im Vergleich zu der in den anderen Betriebsstätten unwirtschaftlich und technisch störungsanfällig war. Den in der . . . erzeugung beschäftigten Mitarbeitern war am zum gekündigt worden. Die Warenbestände wurden Ende August 1992 verkauft. Die Fabrikhallen wurden zugemauert. Mehrere Gebäude und Produktionsanlagen wurden abgerissen oder verschrottet.
Nach der Auflösung des produzierenden Betriebes fanden in X noch folgende Aktivitäten statt: Roh- und Zwischenstoffe wurden ein- und ausgelagert und von dort per Bahn in die Werke W und Z während der Kampagne 1992 weitertransportiert. Ferner wurde ein Büro unterhalten, um Kontakte mit den Rohstofflieferanten der Region X zu halten; außerdem wurde die Ausbildung von 18 Auszubildenden fortgesetzt, die jedoch ab Juni 1993 eingestellt wurde.
Das FA zog aus diesen Umständen den Schluss, dass es sich bei dem Werk X um eine in Auflösung befindliche Betriebsstätte handele und die Verbleibensfrist, die Ende 1993 abgelaufen war, nicht eingehalten worden sei; denn die Wirtschaftsgüter, für die Investitionszulage beansprucht werde, seien im Zusammenhang mit der Aufgabe der . . . produktion in X durch Verschrottung bzw. Abbruch ausgeschieden.
Außerdem gelangte es zu der Auffassung, dass die vor dem entstandenen Teilherstellungskosten in Mark der DDR nicht im Verhältnis 2 : 1 umgerechnet werden könnten. Vielmehr seien die Werte aus der DM-Eröffnungsbilanz anzusetzen (§§ 7 und 10 des Gesetzes über die Eröffnungsbilanz in Deutscher Mark und die Kapitalneufestsetzung - DMBilG -).
Im Anschluss an die Prüfung setzte das FA mit Änderungsbescheid vom die Investitionszulage für das Kalenderjahr 1990 nunmehr auf . . . DM fest. Ein Betrag von . . . DM wurde von der Klägerin zurückgefordert. Bezüglich des zurückzuzahlenden Betrages wurden mit Bescheid vom Zinsen festgesetzt. Der dagegen gerichtete Einspruch hatte nur in geringem Umfang Erfolg.
Auch die Klage wurde vom Finanzgericht (FG) mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1998, 588 veröffentlichten Urteil als unbegründet zurückgewiesen.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Sie trägt im Wesentlichen vor:
Das Verschrotten bzw. die funktionslose Belassung von Wirtschaftsgütern in der Betriebsstätte X sei nicht investitionszulagenschädlich, denn diese Betriebsstätte sei während der Dauer der Dreijahresfrist ein aktiv am Wirtschaftsleben teilnehmender Betrieb i. S. des (BFHE 165, 432, BStBl II 1991, 932) gewesen. Davon sei deshalb auszugehen, weil in der Betriebsstätte X auch nach Einstellung der . . . produktion produktionsbegleitende Maßnahmen, mithin also werbende Tätigkeiten, stattgefunden hätten. Ferner hätten weder das FA noch das FG die Gewährung der Investitionszulage für die Wirtschaftsgüter in der Betriebsstätte X beanstandet, die für die produktionsbegleitenden Tätigkeiten eingesetzt worden seien, folglich seien auch sie von einem aktiven Betrieb ausgegangen. Maßgeblich könne nur sein, ob überhaupt ein aktiver Betrieb gegeben sei. Über den konkreten Nutzen/Einsatz der Wirtschaftsgüter treffe das Investitionszulagenrecht keine Aussagen.
Da der Unternehmer die unternehmerischen Entscheidungen verantworten müsse, müsse er auch für einen effizienten Einsatz der Ressourcen sorgen. Es könne daher Situationen geben, in denen sich herausstelle, dass bestimmte Investitionen wirtschaftlich sinnlos seien; dann müssten die notwendigen Konsequenzen gezogen werden und es könnten Änderungen im operativen Geschäft unumgänglich sein. Das jeder Investition immanente Risiko habe sich in einem solchen fall realisiert. Wenn der Unternehmer daraufhin die Ausrichtung seines Unternehmens ändere, führe dies jedoch nicht dazu, dass er Investitionszulagen zurückzugewähren habe, solange ein operatives Geschäft weiterhin existiere (BFH in BFHE 165, 432, BStBl II 1991, 932).
Hinsichtlich der Umrechnung Mark der DDR in DM gehe das FG davon aus, dass begrifflich keine Anzahlungen vorgelegen hätten, sondern bereits aktivierungspflichtige Wirtschaftsgüter gegeben seien, die in der DM-Eröffnungsbilanz gemäß § 10 DMBilG zu bewerten gewesen seien. Zu diesem Ergebnis komme man auch, wenn man von Herstellungsvorgängen ausgehe. Die Klägerin habe während des Klageverfahrens erklärt, hinsichtlich der streitigen Wirtschaftsgüter noch weitere Nachforschungen unternehmen zu wollen. Hierauf sei es vom Rechtsstandpunkt des FG nicht angekommen. Bejahe man indes die Verbleibensvoraussetzungen, bedürfe der Sachverhalt weiterer Aufklärung.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, das angefochtene aufzuheben und die Investitionszulage für das Kalenderjahr 1990 unter Änderung des Bescheides vom um . . . DM erhöht auf . . . DM sowie die Zinsen zur Investitionszulage für das Kalenderjahr 1990 für den Zeitraum vom bis zum um . . . DM vermindert auf . . . DM festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Gründe
II.
Die Revision ist unbegründet. Das FG hat zu Recht angenommen, dass die Klage keinen Erfolg haben kann, weil sowohl die verschrotteten als auch die funktionslosen Wirtschaftsgüter der Betriebsstätte X nicht mindestens drei Jahre zum Anlagevermögen eines Betriebes oder einer Betriebsstätte im Sinne des Investitionszulagenrechts im Fördergebiet gehört haben.
1. Zutreffend ist das FG in Übereinstimmung mit den Beteiligten davon ausgegangen, dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin, die S-GmbH, investitionszulagenberechtigt ist. Nach der Zusammenfassung der für die sechs Rechtsvorgängergesellschaften aufgestellten DM-Eröffnungsbilanzen zum zu einer DM-Eröffnungsbilanz ist die S-GmbH gemäß § 1 Abs. 5 DMBilG am entstanden. Von diesem Zeitpunkt an gelten alle Handlungen und Geschäfte der sich vereinigenden Gesellschaften als für Rechnung der S-GmbH vorgenommen. Sie ist daher auch Anspruchsberechtigte der Investitionszulage.
2. Nach § 2 Satz 1 Nr. 6 a der Investitionszulagenverordnung (InvZV) setzt die Begünstigung einer Investition u. a. voraus, dass das Wirtschaftsgut mindestens drei Jahre nach seiner Anschaffung oder Herstellung zum Anlagevermögen eines Betriebes oder einer Betriebsstätte in der DDR gehört. Dabei bedeutet der Begriff des Betriebes bzw. der Betriebsstätte in dem hier maßgebenden (investitionszulagenrechtlichen) Sinn, dass es sich um einen aktiv am wirtschaftlichen Verkehr teilnehmenden Betrieb bzw. eine ebensolche Betriebsstätte handelt.
Dass nur ein werbender Betrieb für eine Förderung durch Investitionszulagen in Betracht kommt, hat der erkennende Senat zunächst im Urteil in BFHE 165, 432, BStBl II 1991, 932 für die §§ 1, 4 a des Investitionszulagengesetzes 1979 (InvZulG 1979) entschieden. Er hat dies bereits damals nicht nur aus dem Sinn gerade dieser Vorschriften, sondern auch aus der jeder Investitionszulage grundsätzlich eigenen Zielsetzung der Stärkung der Wirtschaftskraft mit allen ihren Auswirkungen, insbesondere für die Arbeitsplatzbeschaffung und -sicherung, hergeleitet.
Die Zielsetzung der allgemeinen Stärkung der Wirtschaftskraft des Fördergebietes liegt auch der InvZV zugrunde. Dies hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom III B 242/95 (BFH/NV 1996, 932) hervorgehoben und in seinem Urteil vom III R 44/96 (BFHE 193, 182, BStBl II 2001, 37) erneut bekräftigt.
Danach hat die InvZV nicht nur den Zweck verfolgt, die Wirtschaftskraft des Fördergebietes durch ,,bloße Investitionen'', also ohne jede weitere Voraussetzung, gewissermaßen abstrakt zu fördern. Vielmehr muss die Verbleibensvoraussetzung in § 2 Satz 1 Nr. 6 InvZV im gleichen Sinne verstanden werden wie bereits nach dem Inhalt früherer Fördergesetze (BFH-Urteil in BFHE 193, 182, BStBl II 2001, 37). Daher sind die Zugehörigkeitsvoraussetzungen zum Anlagevermögen eines Betriebes oder einer Betriebsstätte auch nach der InvZV nur erfüllt, wenn die angeschafften/hergestellten Wirtschaftsgüter drei Jahre lang zum Anlagevermögen eines aktiv am Verkehrsleben teilnehmenden Betriebes gehören; ein nur noch abzuwickelnder Betrieb ohne werbende Tätigkeit reicht nicht aus, um dem allgemeinen Sinn und Zweck der investitionszulagenrechtlichen Förderung zu entsprechen (Senatsurteil vom III R 32/98, BFHE 188, 475, BStBl II 1999, 615).
3. Zu Recht ist das FG zu dem Ergebnis gelangt, dass die angeschafften/hergestellten Wirtschaftsgüter keine drei Jahre lang zum Anlagevermögen eines aktiv am Verkehrsleben teilnehmenden Betriebes gehört haben. Die Würdigung des FG, dass es sich bei der Betriebsstätte in X nach Ablauf der Kampagne 1991 nur noch um einen abzuwickelnden Betrieb gehandelt hat, ist nicht zu beanstanden.
Die . . . produktion wurde im Januar 1992 endgültig eingestellt und die Produktionsstätte einschließlich der Produktionsanlagen teilweise abgerissen, verschrottet oder funktionslos belassen. Die Belegschaft wurde von über 400 auf zunächst 28 Personen reduziert. Die bis Ende 1994 fortgeführten und danach eingestellten Tätigkeiten zielten lediglich darauf ab, die geschäftlichen Beziehungen mit den Rohstofflieferanten zu erhalten, bereits abgeschlossene oder angebahnte Geschäfte abzuwickeln und den Weitertransport der Rohstoffe zu den anderen Betriebsstätten der Klägerin sicherzustellen. Dabei beschränkte sich nach den nicht angegriffenen Feststellungen des FG die Ein- und Auslagerung von Produkten, die Annahme der Rohstoffe und deren Weitertransport mit Lkw und Bahn in andere Werke der Klägerin auf die Kampagne 1992, die Anfang 1993 beendet war. Der Dreijahreszeitraum des § 2 Satz 1 Nr. 6 InvZV war aber, je nach Wirtschaftsgut, erst zwischen Juli und Dezember 1993 abgelaufen. Auch die Ausbildung der 18 Lehrlinge war bereits innerhalb des Dreijahreszeitraums eingestellt worden. Die Tätigkeit in der Betriebsstätte X beschränkte sich demnach schon vor Ablauf des Dreijahreszeitraums im Wesentlichen auf das Unterhalten eines sog. . . . büros, das dazu diente, die Kontakte, mit den Rohstofflieferanten zu pflegen.
Wird die eigentliche Unternehmenstätigkeit - hier . . . herstellung - in einer Betriebsstätte endgültig eingestellt, das Personal weitgehend entlassen und finden nur noch - zeitlich begrenzt - Maßnahmen statt, die darauf abzielen, bereits angebahnte oder künftige Geschäfte über andere Betriebsstätten des Unternehmens abzuwickeln, liegt kein aktiv am Verkehrsleben teilnehmender Betrieb/Betriebsstätte mehr vor.
Daher haben nicht nur die verschrotteten, sondern auch die funktionslos auf dem (früheren) Betriebsgelände gebliebenen Wirtschaftsgüter, jedenfalls im investitionszulagenrechtlichen Sinne, nicht drei Jahre lang zum Anlagevermögen eines Betriebes/einer Betriebsstätte in der DDR bzw. im Fördergebiet gehört.
4. Zutreffend ist das FG auch davon ausgegangen, dass keine Voraussetzungen vorliegen, die eine Ausnahme von der dreijährigen Bindungsfrist zulassen.
a) Obwohl der Wortlaut der InvZV wie auch derjenige anderer Investitionszulagengesetze an sich überhaupt keine Ausnahmen von der dreijährigen Zugehörigkeits- und Bindungsfrist vorsieht, hat der erkennende Senat in ständiger Rechtsprechung zu vergleichbaren Verbleibensregelungen, wenn auch nur in eng begrenzten Fällen Ausnahmen hiervon zugelassen (BFH-Urteil in BFHE 188, 475, BStBl II 1999, 615, m. w. N.). Danach ist das vorzeitige Ausscheiden von Wirtschaftsgütern dann zulagenunschädlich, wenn dies in den Wirtschaftsgütern selbst und nicht lediglich in dem Betrieb begründet war. So hat der Senat ein vorzeitiges Ausscheiden eines Wirtschaftsgutes aus dem Betrieb des Investors dann als unschädlich angesehen, wenn das Wirtschaftsgut technisch abgenutzt oder wirtschaftlich verbraucht war und auch für Dritte keinen oder nur noch einen sehr geringen Wert hatte. Hingegen hat er Gründe die ihre Ursache in der Betriebsstätte oder im Betrieb hatten, nicht als ausreichend angesehen, um eine Ausnahme vom Erfordernis der dreijährigen Verbleibdauer zu rechtfertigen. Insbesondere betriebswirtschaftliche Gründe, also vornehmlich Erwägungen der Rentabilität, rechtfertigen keine Ausnahme von der gesetzlichen Verbleibfrist (, BFH/NV 1988, 741; vom III R 64/91, BFHE 175, 173, BStBl II 1994, 711).
Wirtschaftsgüter sind dann wirtschaftlich verbraucht, wenn sie, ungeachtet einer fortbestehenden technischen Verwendbarkeit, nicht mehr wirtschaftlich sinnvoll verwendet werden können. Abzustellen ist dabei sowohl bei der Gewährung der Investitionszulage als auch bei deren Rückforderung auf die einzelnen Wirtschaftsgüter und nicht auf die Betriebsstätte als Ganzes. Ob ein Wirtschaftsgut technisch oder wirtschaftlich verbraucht ist, beurteilt sich nach den Verhältnissen des Einzelfalles, wobei die Prüfung in erster Linie der Tatsacheninstanz obliegt (BFH-Urteil in BFHE 188, 475, BStBl II 1999, 615).
b) Das FG ist in Übereinstimmung mit der dargestellten Rechtsprechung des Senats, nach der betriebswirtschaftliche Gründe, also vornehmlich Erwägungen der Rentabilität, keine Ausnahme von der gesetzlichen Verbleibfrist rechtfertigen, unter Würdigung der Umstände des Streitfalls und des Vortrages der Klägerin zu der Schlussfolgerung gelangt, dass für die Stilllegung der Betriebsstätte X betriebswirtschaftliche Gründe maßgeblich gewesen seien, die ein Absehen von der Dreijahresfrist nicht rechtfertigen. Aufgrund gewisser Unabgestimmtheiten im Betriebsablauf habe die Betriebsstätte höhere Betriebskosten verursacht als erwartet, sie sei mithin betriebswirtschaftlich unrentabel gewesen. Zwar habe die Klägerin vorgetragen, der Lagerplatz hätte aus technischen Gründen nicht an die . . . fabrik angepasst werden können, diese technische Inkompatibilität könne aber nicht so extrem gewesen sein, dass die Betriebsstätte überhaupt nicht hätte genützt werden können, da sie immerhin während zweier Kampagnen in Betrieb gewesen sei. Betriebswirtschaftliche Gründe (Unrentabilität eines Wirtschaftsgutes), die es dem Betriebsinhaber im Einzelfall zwingend oder jedenfalls ratsam erscheinen lassen, sich bereits vorzeitig von einem Wirtschaftsgut zu trennen, rechtfertigten aber keine Ausnahme von dem gesetzlichen Erfordernis der dreijährigen Verbleibdauer.
Diese Würdigung des FG ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden; dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass die Betriebsstätte für zwei . . . kampagnen in Betrieb war und nähere Darlegungen fehlen, weshalb der Lagerplatz technisch inkompatibel mit der . . . fabrik gewesen sein soll. Die Klägerin selbst hat im Klageverfahren ergänzend vorgetragen, im Anschluss an die Investition habe sich herausgestellt, dass die Wirtschaftsgüter nicht rentabel einzusetzen gewesen seien. Damit habe sich das allgemeine unternehmerische Risiko verwirklicht, mit dem jede Investition behaftet sei. Hieraus habe sie Konsequenzen ziehen müssen, um Schaden von ihrem Unternehmen insgesamt abzuwenden. Auch mit der Revision wendet sich die Klägerin nicht gegen die Würdigung des FG, dass Erwägungen der Rentabilität zur Aufgabe der Betriebsstätte in X geführt haben, sondern ist der Auffassung, auch diese Gründe rechtfertigten eine Ausnahme von der dreijährigen Bindungsfrist, wenn - wie hier - ein Missbrauch ausgeschlossen sei.
Wie ausgeführt, bezweckt die Dreijahresfrist aber nicht die Verhinderung von Missbräuchen; eine Förderung nach der InvZV kommt vielmehr nur in Betracht, wenn die Wirtschaftsgüter auch drei Jahre in einer aktiv tätigen Betriebsstätte in der DDR (Fördergebiet) verbleiben und dort ihre mit der Förderung bezweckten Auswirkungen, insbesondere für die Arbeitsplatzbeschaffung und -sicherung, entfalten. Eine Ausnahme ist allenfalls dann gerechtfertigt, wenn diese Voraussetzungen vom Unternehmer deshalb nicht erfüllt werden können, weil - aufgrund eines unvorhersehbaren und unabwendbaren Ereignisses, das dem üblichen unternehmerischen Bereich nicht zugeordnet werden kann - das Wirtschaftsgut vor dieser Zeit wirtschaftlich oder technisch verbraucht ist. Beruht das vorzeitige Ausscheiden der einzelnen Wirtschaftsgüter aber auf einer Fehleinschätzung über ihren rentablen Einsatz im Unternehmen des Investor oder er Absatzchancen eines Produktes, trägt der Investor das Risiko, selbst wenn diese Folgen zum Zeitpunkt der Investition für ihn nicht vorhersehbar waren.
5. Da die Investitionszulage für die streitigen Wirtschaftsgüter zu Recht zurückgefordert wurde, erübrigen sich Ausführungen dazu, ob das FG zutreffend die Wirtschaftsgüter mit den Werten aus der DM-Eröffnungsbilanz zuzüglich der später aufgewendeten Herstellungs-/Anschaffungskosten angesetzt hat.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2002 II Seite 106
BB 2002 S. 294 Nr. 6
BFH/NV 2002 S. 456 Nr. 3
BFHE S. 447 Nr. 196
BStBl II 2002 S. 106 Nr. 3
DB 2002 S. 357 Nr. 7
DStR 2002 S. 212 Nr. 6
DStRE 2002 S. 228 Nr. 4
KÖSDI 2002 S. 13195 Nr. 3
SAAAA-89125