Keine erhöhte Investitionszulage für eine GmbH, an der eine am gebietsansässige natürliche Person zu nicht mehr als der Hälfte unmittelbar beteiligt ist
Leitsatz
Einer GmbH steht die erhöhte Investitionszulage von 20 v. H. auch nicht deswegen ausnahmsweise zu, weil an ihr zu 50 v. H. unmittelbar und zu weiteren 50 v. H. mittelbar über eine beteiligte GmbH ausschließlich dieselbe am gebietsansässige natürliche Person beteiligt ist, die zugleich in beiden GmbHs Alleingeschäftsführer ist (Fortführung der Rechtsprechung, , BFHE 191, 135, BStBl II 2000, 441).
Gesetze: FGO a. F. § 120 Abs. 2InvZulG 1993 § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c
Instanzenzug: Sächsisches FG (Verfahrensverlauf),
Tatbestand
I.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist die 1990 gegründete X Straßen-, Hoch- und Tiefbau GmbH mit Sitz in X.
Am Stammkapital der Klägerin von 50 000 DM waren im Streitjahr 1994 jeweils hälftig Herr Dipl.-Ing. W und die H Investitions GmbH (H-GmbH) beteiligt. W, der bereits am im Beitrittsgebiet wohnhaft gewesen ist, ist Alleingesellschafter-Geschäftsführer der H-GmbH und ebenfalls Geschäftsführer der Klägerin.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) setzte mit zuletzt zugunsten der Klägerin nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) geändertem Bescheid vom für 1994 eine Investitionszulage in Höhe von 72 647 DM fest (8 v. H. von 178 110 DM und 10 v. H. von 583 973 DM; abweichend von der mit Antrag vom beantragten Investitionszulage in Höhe von 20 v. H. auf eine Bemessungsgrundlage von 908 916,17 DM = 181 783,23 DM).
Nach erfolglosem Einspruch wies das Finanzgericht (FG) die Klage im Wesentlichen als unbegründet ab. Der Klägerin stehe gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1993 keine erhöhte Investitionszulage von 20 v. H. zu, weil an ihrem Kapital nicht unmittelbar Steuerpflichtige zu mehr als der Hälfte beteiligt seien, die am im DDR-Gebiet ansässig gewesen seien.
Im Übrigen nahm das FG zur Begründung auf sein beigefügtes Urteil vom 2 K 115/95 Bezug, das der erkennende Senat mit Urteil vom III 104/96 (BFHE 191, 135, BStBl II 2000, 441) bestätigt hat.
Mit Beschluss vom hat das FG den Tenor des angefochtenen Gerichtsbescheides berichtigt und die Investitionszulage um 86 DM auf 72 733 DM erhöht (statt versehentlich auf 181 869 DM).
Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c InvZulG 1993).
Die Klägerin hält an ihrer bereits im Klageverfahren vertretenen Rechtsauffassung fest, der zum Stichtag gebietsansässige Gesellschafter W sei wirtschaftlich betrachtet alleiniger Anteilseigner der Klägerin gewesen, so dass dieser die erhöhte Investitionszulage von 20 v. H. zustehe.
Das FG gehe - wie schon das FA - von einer wortgetreuen Auslegung aus, verkenne aber Sinn und Zweck der Regelung in § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 c InvZulG 1993, vor allem aber auch die besonderen Umstände des Streitfalles.
W sei zu 100 v. H. an der Klägerin beteiligt und beherrsche sie allein. § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 c InvZulG 1993 bezwecke, die ortsansässigen ostdeutschen Investoren wegen ihrer im Durchschnitt deutlich geringeren Wirtschaftskraft zu stärken. W sei von seinen damaligen Beratern empfohlen worden, seine mittelbare Beteiligung über die H-GmbH aus Vereinfachungsgründen fortzuführen. Die vorliegende Beteiligungsstruktur sei zufällig entstanden, weil W ursprünglich ein sog. Joint Venture mit westdeutschen Bürgern eingegangen sei, dann aber mit diesen übereingekommen sei, die GmbH allein fortzuführen.
Im Streitjahr 1994 sei W dadurch wirtschaftlich betrachtet alleiniger Gesellschafter der Klägerin geworden. Darauf komme es aber für die erhöhte Investitionszulage ausschließlich an. Zum habe die H-GmbH überdies ihren Sitz von O ebenfalls nach X unter der Anschrift der Klägerin verlegt.
Eine einschränkende Auslegung des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 c InvZulG 1993 hinsichtlich einer mittelbaren Beteiligung mache nur dort einen Sinn, wo es sich um eine sog. Publikumsgesellschaft handele. Im Streitfall beherrsche hingegen allein W als ostdeutscher Gesellschafter die Klägerin unmittelbar und mittelbar.
Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sächsischen in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom aufzuheben und unter Abänderung des Bescheides vom und der Einspruchsentscheidung vom die Investitionszulage für 1994 mit einem Zulagensatz von 20 v. H. auf 181 783,23 DM festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen.
Die Revision sei nicht i. S. von § 120 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) a. F. ordnungsgemäß begründet worden, weil sie sich nicht sachlich mit den Urteilsgründen auseinander setze. Sie lasse nicht erkennen, dass die Klägerin den angefochtenen Gerichtsbescheid überprüft habe und mit welchen rechtlichen Erwägungen sie ihn angreife.
Im Übrigen sei vom eindeutigen Wortlaut des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 c InvZulG 1993 auszugehen, so dass lediglich eine unmittelbare mehrheitliche Beteiligung erhöht begünstigt sei. Eine analoge Anwendung auf nur mittelbare Beteiligungen scheide mangels planwidriger Regelungslücke aus.
Gründe
II.
Die Revision ist zulässig, jedoch unbegründet (§ 124 Abs. 1, § 126 Abs. 2 FGO).
1. Die Revision ist hinreichend begründet worden. Nach § 120 Abs. 2 Satz 1 FGO a. F. muss die Revision das angefochtene Urteil angeben. Nach Satz 2 der Vorschrift muss sie einen bestimmten Antrag und die verletzte Rechtsnorm enthalten.
Zu einer ordnungsgemäßen Revisionsbegründung bedarf es einer zumindest kurzen Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung, aus welcher zu erkennen ist, dass der Revisionskläger die Begründung und sein eigenes Vorbringen überprüft hat. Er muss im Einzelnen dartun, welche Ausführungen der Vorinstanz aus welchen tatsächlichen und/oder rechtlichen Gründen unrichtig sein sollen (vgl. Beschlüsse des , BFH/NV 1999, 501, 502; vom X R 110/96, BFH/NV 1999, 336, 337, jeweils m. w. N.).
Die Revisionsbegründung der Klägerin ist zwar sehr knapp ausgefallen. Sie lässt aber die nach Ansicht der Klägerin verletzte Rechtsnorm erkennen und trägt tatsächliche und rechtliche Erwägungen vor, die abweichend von der Rechtsauffassung des FG es rechtfertigen sollen, bei der im Streitfall für geboten angesehenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise und wegen der besonderen Umstände des konkreten Falles auch eine nach dem ebenfalls konkret bezeichneten Sinn und Zweck des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 c InvZulG 1993 nur mittelbare Beteiligung des Gesellschafter-Geschäftsführers W über die an der Klägerin beteiligte H-GmbH seiner bereits bestehenden unmittelbaren Beteiligung von 50 v. H. hinzuzurechnen.
2. Die Revision ist jedoch unbegründet.
Das FG hat zu Recht entschieden, dass der Klägerin die von ihr begehrte erhöhte 20 %ige Investitionszulage für die von ihr im Streitjahr 1994 vorgenommenen Investitionen, für welche das FA lediglich eine Zulage in Höhe von 8 v. H. bzw. von 10 v. H. gewährt hat, nicht zusteht. Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c i. V. m. Buchst. a InvZulG 1993 erhöht sich die Investitionszulage für Steuerpflichtige im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) auf 20 v. H. der Bemessungsgrundlage, wenn neben anderen Voraussetzungen am Kapital des betreffenden Unternehmens zu mehr als der Hälfte unmittelbar natürliche steuerpflichtige Personen beteiligt sind, die am einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der ehemaligen DDR hatten (ehemalige DDR-Ansässigkeit).
Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. An dem Kapital der Klägerin waren im Streitjahr 1994 natürliche Personen mit ehemaliger DDR-Ansässigkeit nicht mit mehr als der Hälfte unmittelbar beteiligt. W war vielmehr im Streitjahr 1994 mit genau 50 v. H. unmittelbar an der Klägerin beteiligt.
Der erkennende Senat hat mit Urteil in BFHE 191, 135, BStBl II 2000, 441 das Urteil des Sächsischen , welches das FG ausdrücklich zur Begründung des von der Klägerin angefochtenen Gerichtsbescheids beigefügt hat, bestätigt und an seiner Rechtsauffassung erneut mit Urteil vom III R 41/97 (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 2001, 597) festgehalten.
In seinem Urteil in BFHE 191, 135, BStBl II 2000, 441 hat der erkennende Senat ausgeführt, der Wortlaut des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 c InvZulG 1993 erfordere für die Gewährung der erhöhten Investitionszulage die unmittelbare Beteiligung von Personen mit ehemaliger DDR-Ansässigkeit an der anspruchsberechtigten Körperschaft. Der Senat hat die Voraussetzungen für eine ausdehnende Auslegung im Wege einer begünstigenden Gesetzesanalogie auch auf Unternehmen, an denen ehemalige DDR-Ansässige nur mittelbar über eine unmittelbar beteiligte Körperschaft beteiligt sind, nicht als gegeben erachtet. Es fehlt insoweit an einer planwidrigen Gesetzeslücke. Insbesondere die Gesetzesmaterialien enthalten keinerlei entsprechende Anhaltspunkte.
Der Senat hat im Gegenteil die Beschränkung der erhöhten Begünstigung auf mehrheitlich unmittelbare Beteiligungen von zum maßgebenden Stichtag in der früheren DDR ansässigen natürlichen Personen gerade als im Einklang mit anerkannten zulagenrechtlichen Grundsätzen gesehen. Zum einen könne nämlich nur durch eine solche unmittelbare mehrheitliche Beteiligung sichergestellt werden, dass die betreffenden Personen auf den Einsatz und die Verwendung der begünstigten Wirtschaftsgüter entsprechend Einfluss nehmen können, was vor allem im Hinblick auf die Zugehörigkeits- und Verbleibensvoraussetzungen von Bedeutung ist. Zum anderen sollten Zulagenanträge aber auch zügig bearbeitet werden können. Sie duldeten im Allgemeinen keine schwierigen und umfangreichen Ermittlungen, wie sie gerade in Fällen bloßer mittelbarer Beteiligungen ehemaliger DDR-Ansässiger geboten sein können. Diese besonderen Gründe rechtfertigen eine unterschiedliche Behandlung Steuerpflichtiger im Sinne des KStG je nach dem, ob an ihnen zu mehr als der Hälfte frühere DDR-Ansässige unmittelbar oder lediglich mittelbar beteiligt sind.
Diese Grundsätze hat der erkennende Senat erneut im Urteil vom III R 24/97 (BFHE 159, 74, BStBl II 2001, 589) für den Fall bestätigt, dass an einer anspruchsberechtigten GmbH mehrheitlich eine nur vermögensverwaltende GbR beteiligt ist, an welcher ausschließlich gebietsansässige natürliche Personen beteiligt sind.
Der Senat sieht auch für den Streitfall keine neuen sachlichen Gesichtspunkte, die zu einer Einschränkung seiner Rechtsprechung Anlass gäben. Zwar ist nicht zu übersehen, dass im Streitfall ausschließlich W unmittelbar sowie mittelbar an der Klägerin beteiligt ist und kraft seiner Stellung als jeweiliger Alleingesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin und der an ihr beteiligten H-GmbH Einsatz und Verwendung der begünstigten Wirtschaftsgüter steuern kann. Indes verdeutlicht gerade die Entstehungsgeschichte der Klägerin mit ihren erheblich wechselnden Beteiligungsverhältnissen das Gewicht und die Bedeutung des vom Senat in ständiger Rechtsprechung als ausschlaggebend angesehenen Grundsatzes, eine Festsetzung der Investitionszulage in einem möglichst zügigen Festsetzungsverfahren sicherzustellen und, so z. B. bei der Verwendung nicht amtlicher Vordrucke, vorherige aufwendige Prüfungen und Ermittlungen durch die festsetzenden Beamten zu vermeiden (, BFHE 189, 268, BStBl II 1999, 791, unter II. 1. a und b der Gründe, m. umf. N.; ferner Anm. o. V. in HFR 2001, 1002).
Fundstelle(n):
BStBl 2002 II Seite 16
BB 2002 S. 23 Nr. 1
BFH/NV 2002 S. 286 Nr. 2
BFHE S. 459 Nr. 196
BStBl II 2002 S. 16 Nr. 1
DB 2002 S. 19 Nr. 1
DStRE 2002 S. 286 Nr. 5
FR 2002 S. 304 Nr. 5
INF 2002 S. 92 Nr. 3
KÖSDI 2002 S. 13122 Nr. 1
LAAAA-89094