BFH Urteil v. - III R 54/98 BStBl 2001 II S. 94

Für die Anerkennung der Aufwendungen für die Behandlung eines an Legasthenie leidenden Kindes als außergewöhnliche Belastung ist ein vor Beginn der Maßnahme ausgestelltes amtsärztliches Attest erforderlich

Leitsatz

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (seit , BFHE 169, 37, BStBl II 1993, 278) sind die Aufwendungen für die Behandlung eines an Legasthenie leidenden Kindes grundsätzlich nur dann als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, wenn im konkreten Fall vor Beginn der betreffenden Maßnahme durch ein amtsärztliches Attest deren medizinische Notwendigkeit bescheinigt wird. Diesen qualifizierten Nachweis können auch Bescheinigungen eines Schulaufsichtsamtes oder eines einschlägig tätigen Universitätsprofessors nicht ersetzen.

Gesetze: EStG § 33

Instanzenzug: Niedersächsisches FG (EFG 1999, 168) (Verfahrensverlauf), ,

Tatbestand

I.

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger), ein US-Amerikaner, ist von Beruf . . . Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine Engländerin, ist . . . In ihren gemeinsamen Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 1988 bis 1990 machten die Kläger Aufwendungen (Schulgeld und Reisekosten) für den Internatsbesuch des 1974 geborenen Sohnes A der Klägerin in England als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) geltend, und zwar für 1988 in Höhe von 30 803,15 DM, für 1989 in Höhe von 34 588,30 DM und für 1990 in Höhe von 36 359,46 DM.

A leidet unter einer erheblichen Lernbehinderung durch eine Lese- und Rechtschreibestörung (Legasthenie oder Dyslexie).

Auf Antrag der Klägerin ordnete das Schulaufsichtsamt X unter dem das Ruhen der Schulpflicht bis zum an. Mit Schreiben von befürwortete die schulpsychologische Beratung beim Schulaufsichtsamt X Sonderunterricht für A von 12 Wochenstunden. In ärztlichen Bescheinigungen für den Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt - FA -) vom für das Jahr 1988 und vom für das Jahr 1990 bestätigte der Abteilungsvorsteher der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie der Universität X, Prof. Dr. Z, dass A wegen einer ausgeprägten Funktionsschwäche des Zentralnervensystems (Teilleistungsschwächen) und darauf zurückzuführender emotionaler Störungen nur in einer Einrichtung gefördert und unterrichtet werden könne, die über spezielle Lern- und Behandlungsangebote für Schüler mit Dyslexie verfüge. Deshalb sei die ständige Unterbringung und Unterrichtung im Jahr 1988 in der Y-School notwendig gewesen. Mit der Bescheinigung vom bestätigte Prof. Dr. Z den früheren Befund und bemerkte, für die Auswahl der Schulinternate sei ausschlaggebend, dass die dort stattfindenden Maßnahmen zur Behandlung bzw. zum Erträglichmachen der Dyslexie (von A) in der Muttersprache (Englisch) geeignet seien.

In einer weiteren Bescheinigung vom zur Vorlage beim Finanzgericht (FG) stellte Prof. Dr. Z in Erläuterung der von ihm unter dem ausgestellten Bescheinigung weiter fest, dass die bei A bestehende Lese- und Rechtschreibeschwäche auf einer Hirnfunktionsstörung beruhe und die Legastheniebehandlung medizinisch indiziert gewesen sei.

Das FA anerkannte nur Ausbildungsfreibeträge für auswärtige Unterbringung in Höhe von jeweils 1 800 DM. Nach erfolglosem Einspruch (Einspruchsentscheidung vom ) gab das FG der betragsmäßig im Klageverfahren (für 1988 auf 9 072 DM, für 1989 auf 8 664 DM und für 1990 auf 8 208 DM) eingeschränkten Klage mit in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1999, 168 veröffentlichtem Urteil statt.

Das FG führt zur Begründung aus, Aufwendungen eines Unterhaltspflichtigen für die Behandlung eines Kindes, dessen Lese- und Rechtschreibefähigkeit beeinträchtigt seien, könnten als Krankheitskosten nach § 33 EStG berücksichtigt werden, wenn die Lese- und die Rechtschreibeschwäche im konkreten Fall eine Krankheit darstellten und die Aufwendungen zum Zwecke ihrer Heilung oder Linderung getätigt würden (, BFHE 169, 37, BStBl II 1993, 278). Bei den der Höhe nach unstreitigen Aufwendungen für die Unterbringung des Sohnes der Klägerin in einem Internat in England handele es sich um unmittelbare Krankheitskosten, die einer medizinischen Behandlung einer krankhaften Legasthenie dienten und demnach außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 EStG darstellten. Ausweislich der ärztlichen Bescheinigungen des Abteilungsvorstehers für Kinder- und Jugendpsychiatrie an der Universität X, Prof. Dr. Z, vom und vom , sei bei dem Sohn der Klägerin eine ausgeprägte Funktionsschwäche des zentralen Nervensystems festgestellt worden. Die Lese- und die Rechtschreibeschwäche des Sohnes beruhten insoweit auf einer Hirnfunktionsstörung. Die medizinisch indizierte Behandlung der Legasthenie habe nur in solchen Einrichtungen erfolgen können, die über spezielle Lern- und Behandlungsangebote für Schüler mit einer Dyslexie verfügten. Aufgrund der ärztlichen Bescheinigungen und der Fachkompetenz des Abteilungsvorstehers für Kinder- und Jugendpsychiatrie an der Universität X, Prof. Dr. Z sowie aufgrund der Bestätigungen und Stellungnahmen der Schulbehörden, nämlich des Schulaufsichtsamtes X vom 17. September und vom sowie der Y-School vom , die es, das FG, als ausreichenden Ersatz für ein amtsärztliches Attest ansehe, stehe fest, dass die Unterbringung und Unterrichtung des Sohnes der Klägerin in dem Internat in England, der Y-School, notwendig gewesen sei. Zu seiner, des FG, Überzeugung stehe ebenfalls fest, dass im Zusammenhang mit der Unterbringung auch eine medizinisch indizierte Behandlung der Legasthenie durchgeführt worden sei. Ausweislich der Bestätigungen der Y-School vom und vom sei diese ein ,,voll funktionierendes medizinisches Zentrum'', das mit Krankenschwestern, einem Arzt und Psychotherapeuten ausgestattet sei.

Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts (§ 33 Abs. 1 EStG).

Es führt aus, bei der Anerkennung der durch die Lese- und die Rechtschreibeschwäche A ausgelösten Kosten für die Internatsunterbringung als Krankheitskosten habe das FG entgegen der ständigen Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteile in BFHE 169, 37, BStBl II 1993, 278, und vom III R 118/95, BFH/NV 1997, 337) die von den Klägern vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen und Stellungnahmen der Schulbehörden als Nachweis genügen lassen. Der BFH verlange indes ausnahmslos ein vor Durchführung der betreffenden Maßnahme ausgestelltes amtsärztliches Attest, um die Inanspruchnahme ungerechtfertigter steuerlicher Vorteile zu verhindern.

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage als unbegründet abzuweisen.

Die Kläger beantragen sinngemäß, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Sie tragen insbesondere vor, angesichts des eindeutigen Sachverhalts sei ein Missbrauch von vornherein auszuschließen und das strenge formelle Erfordernis des amtsärztlichen Zeugnisses entbehrlich. Im Streitfall hätten sie mindestens gleichwertige Nachweise erbracht.

Bereits 1984 sei die Krankheit A von mehreren fachkundigen behördlichen Stellen - nämlich dem schulpsychologischen Beratungszentrum und dem Schulaufsichtsamt X - begutachtet worden. Diese medizinische Begutachtung ersetze ein amtsärztliches Gutachten umso mehr, als die persönlichen und rechtlichen Folgen der schulbehördlichen Anweisungen von erheblicher Tragweite seien, weshalb die zugrunde liegenden medizinischen Gutachten sicher mit besonderer Sorgfalt und Objektivität erstellt worden seien. A sei zudem wegen der Schwere des Krankheitsbildes seit Oktober 1983 in der Universitätsklinik X behandelt worden. Das Renommee der Universität X und der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie gewährleiste ein besonders hohes Maß an Objektivität der medizinischen Begutachtung.

Da der medizinische Dienst der Schulaufsichtsbehörde X bereits 1984 gutachtlich das Krankheitsbild festgestellt habe, sei der erforderliche Nachweis auch zeitlich vor den Streitjahren erbracht worden.

Gründe

II.

Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

Zu Unrecht hat das FG die Vorlage eines amtsärztlichen Attestes für entbehrlich gehalten.

1. a) Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen. Krankheitskosten erwachsen einem Steuerpflichtigen im Sinne dieser Vorschrift regelmäßig zwangsläufig, weil er sich ihnen aus tatsächlichen Gründen nicht entziehen kann. Sie gehören aber nur dann zu den nach § 33 EStG berücksichtigungsfähigen Aufwendungen, wenn sie zum Zwecke der Heilung einer Krankheit oder mit dem Ziel gemacht werden, die Krankheit erträglicher zu machen. Abziehbar sind derartige Aufwendungen weiterhin nur, soweit es sich um unmittelbare Krankheitskosten handelt (vgl. , BFH/NV 1998,1480, m. umf. N.).

b) Der erkennende Senat hat erstmals im Urteil in BFHE 169, 37, BStBl II 1993, 278 ausgeführt, dass entsprechend diesen Grundsätzen auch Aufwendungen eines Unterhaltspflichtigen für die Behandlung eines Kindes, dessen Lese- und Rechtschreibefähigkeit beeinträchtigt sind, als Krankheitskosten nach § 33 EStG berücksichtigt werden können. Dies setze jedoch voraus, dass die Lese- und die Rechtschreibeschwäche im konkreten Fall eine Krankheit darstellten und die Aufwendungen zum Zwecke ihrer Heilung oder Linderung getätigt worden seien. Eine Lese- und Rechtschreibeschwäche könne verschiedene Ursachen haben. Nicht in jedem Falle stelle sie eine Krankheit i. S. der zu § 33 EStG ergangenen Rechtsprechung des erkennenden Senats dar. Ob sie im Einzelfall eine Krankheit sei, was insbesondere bei einer auf eine Hirnfunktionsstörung zurückgehenden Legasthenie anzunehmen sei, und ob deshalb eine psychagogische Heilbehandlung in einer geeigneten Sonderschule medizinisch notwendig und damit für den Steuerpflichtigen zwangsläufig sei, müsse durch Vorlage eines vor Einleitung derartiger Maßnahmen erstellten amtsärztlichen Attestes nachgewiesen werden. Diese Grundsätze hat der erkennende Senat wiederholt bestätigt (vgl. Urteile in BFH/NV 1997, 337; in BFH/NV 1998, 1480, und vom III R 5/98, BFHE 187, 503, BStBl II 1999, 227, unter 2. b der Gründe).

c) Die neuere Rechtsprechung des BFH verlangt (seit dem Urteil vom VI R 218/77, BFHE 130, 54, BStBl II 1980, 295) wegen der Schwierigkeit, die medizinische Indikation von Maßnahmen zu beurteilen, die ihrer Art nach nicht stets und eindeutig allein der Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen können, grundsätzlich ein vor Beginn der betreffenden Maßnahme ausgestelltes amts- oder vertrauensärztliches Gutachten, aus welchem sich die medizinische Notwendigkeit dieser Maßnahme klar ergibt. Weder die Finanzbehörden noch die Gerichte, sondern nur der rechtzeitig eingeschaltete Amtsarzt oder etwa der medizinische Dienst einer öffentlichen Krankenversicherung nach § 278 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) besitzen zugleich Sachkunde und die notwendige Neutralität, um die medizinische Indikation von solchen nicht nur für Kranke nützlichen Maßnahmen ohne die für den behandelnden Arzt bestehende Gefahr einer Störung des Vertrauensverhältnisses zu seinen Patienten objektiv beurteilen zu können (vgl. ausführlich zur Rechtsgrundlage BFHE 178, 81, BStBl II 1995, 614, und vom III R 48/93, BFH/NV 1995, 24, 25, m. w. N.; ferner in BFH/NV 1998, 1480, 1481, und vom III R 35/97, BFHE 185, 34, BStBl II 1998, 298, unter 1. der Gründe, jeweils m. umf. N.).

Die Rechtsprechung hat lediglich in wenigen Fällen eine Ausnahme von den strengen Nachweisanforderungen zugelassen; nämlich insbesondere dann, wenn sich die medizinische Notwendigkeit der Maßnahme bereits aus anderen amtlichen Unterlagen offensichtlich ergab (vgl. BFH-Urteil in BFHE 178, 81, BStBl II 1995, 614, zur Bescheinigung einer Versicherungsanstalt; s. auch schon BFH-Urteil in BFHE 130, 54, BStBl II 1980, 295, zur Anerkennung von Kurmaßnahmen durch eine behördliche Beihilfestelle; bestätigt durch Urteile vom III R 64/85, BFH/NV 1988, 149, und vom III R 232/90, BFH/NV 1993, 231, 232).

Wie der erkennende Senat aber stets hervorgehoben hat, hält er es für unverzichtbar, den Nachweis u. a. nicht lediglich durch ein privatärztliches Gutachten, sondern in der vorgenannten qualifizierten Weise zu führen, um die Inanspruchnahme ungerechtfertigter steuerlicher Vorteile zu verhindern, mit der in besonderem Maße bei Aufwendungen zu rechnen ist, die ihrer Art nach nicht stets eindeutig unmittelbar der Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen, sondern mitunter auch aus anderen Erwägungen getätigt werden, z. B. um die sprachliche, soziale, psychologische oder pädagogische Entwicklung eines Kindes zu fördern und zu unterstützen (vgl. z. B. BFH-Urteile in BFH/NV 1997, 337, 338; vom III R 25/97, BFH/NV 1999, 300, betreffend Aufwendungen für die Teilnahme an Gruppentreffen der ,,anonymen Spieler''; , BFH/NV 1999, 306, und vom III B 216/96, BFHE 183, 139, BStBl II 1997, 752, unter 1. der Gründe, jeweils m. w. N.).

2. a) Die Kläger haben im Streitfall keine amtsärztlichen Bescheinigungen über die Notwendigkeit einer Legasthenietherapie vorgelegt. Sie haben auch keine Bescheinigungen solcher amtlichen Stellen vorgelegt, bei denen nach ständiger Rechtsprechung ausnahmsweise von dem amtsärztlichen Nachweis abgesehen werden kann.

Entgegen der Auffassung des FG, das im Streitfall angesichts der verschiedenen vorgelegten Bescheinigungen - nämlich der Schulbefreiung A durch das Schulaufsichtsamt X und der positiven Stellungnahme der schulpsychologischen Beratung beim Schulaufsichtsamt X zum Antrag der Klägerin auf Erteilung von Hausunterricht, der mehrfachen Atteste des Abteilungsvorstehers der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie der Universität X, Prof. Dr. Z, sowie der Bestätigungen der Y-School - einen hinreichenden Ersatz für ein amtsärztliches Attest bejaht hat, hält der Senat ein solches qualifiziertes Attest auch im Streitfall nicht für entbehrlich.

Damit wird die hohe Fachkompetenz und Objektivität der tätig gewordenen Einrichtungen bzw. Personen nicht in Zweifel gezogen. Indes müsste, würden hier Ausnahmen zugelassen, wiederum in jedem Einzelfall eine nachvollziehbare umfassende Beweiswürdigung - ggf. nach weiteren Ermittlungen über die Tätigkeit der eingeschalteten Stellen, die Qualifikation der begutachteten Personen und die Aussagekraft derartiger Bescheinigungen - stattfinden. Gerade die damit für die Finanzbehörden sowie die Gerichte verbundenen Schwierigkeiten haben den BFH jedoch veranlasst, nur unter engen Voraussetzungen Ausnahmen von dem qualifizierten Nachweis zuzulassen. Andererseits dürfte es selbst für einen nicht einschlägig spezialisierten Amtsarzt oder den medizinischen Dienst der gesetzlichen Krankenkassen ohne weiteres möglich sein, ggf. im Rahmen einer Nachfrage bei den tätig gewordenen Stellen, sich ein eigenes medizinisches Urteil zu bilden und eine auf allgemeinen Grundsätzen beruhende, die Behörden bzw. Gerichte grundsätzlich bindende amtliche Bestätigung abzugeben.

b) Das diesen in ständiger Rechtsprechung vertretenen Grundsätzen nicht entsprechende Urteil war danach aufzuheben. Die Sache ist jedoch nicht spruchreif (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Sie ist zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen, um den Klägern Gelegenheit zu geben, das für die steuerliche Anerkennung ihrer Aufwendungen erforderliche amtsärztliche Zeugnis nachträglich beizubringen, welches sowohl die Notwendigkeit der Legastheniebehandlung als auch deren konkrete Durchführung in England bestätigt.

Der erkennende Senat hat ausnahmsweise die Vorlage eines erst nachträglich ausgestellten amtsärztlichen Attestes zum Nachweis der Zwangsläufigkeit der Aufwendungen in Fällen zugelassen, in denen von dem Steuerpflichtigen nicht erwartet werden konnte, dass er die Notwendigkeit erkennt, eine amtsärztliche Begutachtung im Vorhinein vornehmen zu lassen, weil ein derartiges Erfordernis für bestimmte Aufwendungen erstmals später höchstrichterlich aufgestellt worden ist (vgl. Urteile in BFH/NV 1998, 1480, 1481, m. w. N.; in BFH/NV 1997, 337, 338, und in BFHE 185, 34, BStBl II 1998, 298, unter 4. der Gründe).

Für den Nachweis darüber, ob eine Lese- und Rechtschreibeschwäche eines Kindes Krankheitswert zukommt, ist erstmals ausdrücklich im Urteil in BFHE 169, 37, BStBl II 1993, 278 die Vorlage eines vor Beginn der Behandlung ausgestellten amtsärztlichen Attestes verlangt worden. Diese Entscheidung ist nach Entstehen der hier streitigen Aufwendungen getroffen worden. Es ist, wie der Senat auch im Urteil in BFH/NV 1998, 1480, 1481 erkannt hat, in derartigen Fällen vertretbar, noch ein nachträglich erstelltes amtsärztliches Zeugnis nach den neuesten medizinischen Erkenntnissen ausreichen zu lassen, welches voraussichtlich unter Einbeziehung der bereits vorhandenen Unterlagen gefertigt werden kann.

Fundstelle(n):
BStBl 2001 II Seite 94
BB 2001 S. 33 Nr. 1
BFH/NV 2001 S. 238 Nr. 2
BFHE S. 79 Nr. 193
DB 2001 S. 177 Nr. 4
DStRE 2001 S. 131 Nr. 3
FR 2001 S. 87 Nr. 2
MAAAA-89085