Übergang von der Gruppenbewertung der Tiere des Anlagevermögens zur Einzelbewertung für Neuzugänge nur einheitlich je Tiergruppe und Altersklasse
Leitsatz
Ein Landwirt kann jederzeit von der Gruppenbewertung der Tiere seines Anlagevermögens (hier Zuchtsauen) für die Neuzugänge zur Einzelbewertung (Richtwerte der Finanzverwaltung) übergehen. In diesem Fall kann er auch nur für einen Teil der Neuzugänge (gleichartiger Wirtschaftsgüter) die Bewertungsfreiheit nach § 6 Abs. 2 EStG in Anspruch nehmen; es ist ihm jedoch versagt, die übrigen Tiere in die Gruppenbewertung des Altbestands einzubeziehen (Fortentwicklung des Urteils vom IV R 19/99, zur Veröffentlichung bestimmt).
Gesetze: EStG § 6 Abs. 1 und 2EStG § 13HGB § 240 Abs. 4
Instanzenzug: FG Baden-Württemberg (EFG 1999, 459) (Verfahrensverlauf),
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) wurden im Streitjahr (1996) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie betreiben gemeinsam einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Schweinezucht. Ihren Gewinn ermitteln sie durch Bestandsvergleich. Zum Schluss des Wirtschaftsjahres 1995/96 setzten sie ihre 51 Zuchtsauen mit dem von der Finanzverwaltung vorgehaltenen Gruppenwert von 360 DM/Stück an. Von diesen Sauen gingen im folgenden Wirtschaftsjahr 19 ab; dafür kamen aus der Gruppe der Jungsauen 20 Tiere hinzu.
Die Kläger bewerteten zum Ende des Wirtschaftsjahres 1996/97 insgesamt 42 Zuchtsauen (32 aus dem Altbestand und 10 Neuzugänge) wieder mit 360 DM/Stück, nahmen aber für 10 Tiere, die im Wirtschaftsjahr 1996/97 zu Zuchtsauen geworden waren, die Bewertungsfreiheit des § 6 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Anspruch.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) folgte dem nicht, sondern setzte weisungsgemäß () den gesamten Neuzugang mit dem Gruppenwert von 360 DM/Zuchtsau an. Dadurch erhöhte sich der erklärte Gewinn für das Wirtschaftsjahr 1996/97 um 3 600 DM (10 Tiere zu 360 DM) auf 53 245 DM. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
Mit der Klage verfolgten die Kläger ihr Begehren weiter. Sie machten u. a. geltend § 6 Abs. 2 EStG ermögliche es, die neu hergestellten Zuchtsauen als geringwertige Wirtschaftsgüter sofort abzuschreiben. Das habe der , BFH/NV 1997, 394) für den Fall gebilligt, dass beim Übergang von der Schätzung des Gewinns nach § 13 a EStG zum Bestandsvergleich die damals vorgehaltenen sog. Durchschnittswerte (250 DM/Zuchtsau) angesetzt worden waren und zum Schluss des Wirtschaftsjahres für die neu hinzugekommenen Tiere dieser Gruppe von § 6 Abs. 2 EStG Gebrauch gemacht worden war. Nichts anderes könne gelten, wenn der Landwirt in späteren Jahren anstelle der Durchschnittswerte die sog. Richtwerte oder Gruppenwerte übernommen und dann erst in einem darauf folgenden Wirtschaftsjahr die Neuzugänge sofort abgeschrieben habe. Der Grundsatz der Bewertungsstetigkeit stehe dem nicht entgegen, weil steuerliche Bewertungsrechte von Jahr zu Jahr unterschiedlich ausgeübt werden könnten.
Die Klage hatte Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1999, 459 veröffentlicht.
Mit der vom FG - wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache - zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung von Bundesrecht (§ 6 Abs. 2 EStG; §§ 240 Abs. 4 und 252 Abs. 1 Nr. 6 des Handelsgesetzbuchs - HGB -).
Es beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Gründe
Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Zwar hat das FA den Klägern die Bewertungsfreiheit nach § 6 Abs. 2 EStG für die neu zugegangenen Zuchtsauen zu Unrecht versagt; die Revision musste jedoch Erfolg haben, weil die Kläger bei der für zehn Tiere nach § 6 Abs. 2 EStG in Anspruch genommenen Sofortabschreibung einen Restwert (Schlachtwert) anzusetzen haben und für die restlichen 10 Neuzugänge die Herstellungs- bzw. Anschaffungskosten.
1. Der Senat hat durch sein Urteil vom IV R 19/99 (zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt) entschieden, dass ein Landwirt bei der Bewertung seines Viehanlagevermögens für neu hinzugekommene Tiere jederzeit von der Gruppenbewertung zur Einzelbewertung übergehen und damit das Wahlrecht auf Sofortabschreibung für geringwertige Wirtschaftsgüter nach § 6 Abs. 2 EStG in Anspruch nehmen kann. AIlerdings ist dabei ein (verbleibender) Schlachtwert zu berücksichtigen. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf diese Entscheidung Bezug.
2. Die Kläger konnten für die 10 Neuzugänge, für die sie nicht die Sofortabschreibung in Anspruch genommen haben, nicht die Gruppenbewertung wählen. Vielmehr mussten diese Tiere mit den Herstellungs- bzw. Anschaffungskosten bewertet werden. Die Entscheidung der Kläger, für 10 Neuzugänge des Wirtschaftsjahres 1996/97 die Bewertungsfreiheit in Anspruch zu nehmen, setzte die Abkehr von der Gruppenbewertung und die Hinwendung zu der stets möglichen Einzelbewertung voraus. Die Entscheidung konnte aber nur für die gesamte Altersklasse der Neuzugänge einheitlich getroffen werden. Die Kläger konnten dagegen nicht für einen Teil der Neuzugänge - also nur einen Teil einer Altersklasse - von der Gruppenbewertung Gebrauch machen. Ebenso wie die Gruppenbewertung zwingend alle gleichartigen Wirtschaftsgüter und damit alle Tiere einer Altersklasse erfasst (Senatsurteil vom IV R 97/91, BFHE 169, 180, BStBl II 1993, 284, letzter Abs. vor Nr. 3; gl. A. , BStBl I 1995, 179 Tz. 19, das die Beibehaltung der Bewertungsmethode für die ,,jeweilige Tiergruppe'' fordert; z. B. auch Knop in Küting/Weber, Handbuch der Rechnungslegung, Bd. Ia, 4. Aufl., § 240 HGB Rn. 73 a. E., S. 427), gilt dies auch für die jederzeit zulässige Rückkehr von der Gruppenbewertung zur Einzelbewertung, die auch nach den Richtwerten der Finanzverwaltung erfolgen kann (Senatsurteil vom IV R 19/99). Auch diese Entscheidung kann für die betreffenden Vermögensgegenstände nur einheitlich - allerdings auch mit der Möglichkeit der teilweisen Sofortabschreibung nach § 6 Abs. 2 EStG - getroffen werden. Das von den Klägern im Streitfall gewählte Mischverfahren würde zu einer offenbar unrichtigen Bewertung innerhalb der zu einer Gruppe zusammengefassten Altersklasse und damit zu einem Verstoß gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung führen (s. auch R 36 Abs. 4 der Einkommensteuer-Richtlinien - EStR -).
Die Kläger hätten im Rahmen der Einzelbewertung freilich auch für sämtliche 20 Tiere die Sofortabschreibung nach § 6 Abs. 2 EStG wählen können. Von diesem Wahlrecht haben sie jedoch hinsichtlich von 10 Tieren keinen Gebrauch gemacht und auch, keinen Gebrauch machen wollen. Sie haben diese Tiere mit den, wenn auch - wie oben dargelegt - unzutreffenden, Herstellungskosten angesetzt und an der so gegen die Sofortabschreibung getroffenen Wahl - wie ihr Revisionsantrag zeigt - auch im Revisionsverfahren festgehalten.
3. Danach war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Das FA hatte im angefochtenen Bescheid den Gewinn des Wirtschaftsjahres 1996/97 im Ergebnis zu Recht um 3 600 DM auf 53 245 DM erhöht. Denn die begehrte Sofortabschreibung stand den Klägern in Höhe des Schlachtwertes von 300 DM je Tier (bei 10 neu hinzugekommenen Zuchtsauen = 3 000 DM) nicht zu. Weiter mussten die übrigen 10 Neuzugänge mit den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten angesetzt werden. Hier war wegen fehlender Aufzeichnungen der Kläger auf die von der Finanzverwaltung vorgehaltenen Richtwerte von 420 DM je Tier (s. die Anlage zum BMF-Schreiben in BStBl I 1995, 179) zurückzugreifen. Das bedeutet, dass - insoweit - die von den Klägern angenommenen Herstellungskosten von 3 600 DM um insgesamt 600 DM - 10 mal (420 DM ./. 360 DM) - zu erhöhen sind.
Fundstelle(n):
BStBl 2001 II Seite 548
BB 2001 S. 1030 Nr. 20
BFH/NV 2001 S. 971 Nr. 7
BFHE S. 172 Nr. 195
DB 2001 S. 1069 Nr. 20
DStRE 2001 S. 849 Nr. 16
INF 2001 S. 382 Nr. 12
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