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Vollmacht
I. Definition der Vollmacht in Steuersachen
Vollmacht und Vollmachterteilung in Steuersachen ist in § 80 AO bzw. für das finanzgerichtliche Verfahren in § 62 FGO geregelt. Hiernach kann sich ein Beteiligter durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Vertretungszwang besteht allerdings – ausgenommen für Verfahren vor dem BFH – nicht.
§ 80 AO und § 62 FGO betreffen die „gewillkürte” Vertretung , nicht die gesetzliche Vertretung. Der Bevollmächtigte leitet sein Recht, für den Beteiligten im Verfahren aufzutreten und wirksam zu handeln, aus einer rechtsgeschäftlich erteilten Vertretungsmacht ab. Die Vertretungsmacht wird als Vollmacht, ihre Erteilung als Bevollmächtigung bezeichnet.
Die Vollmacht ermächtigt den Bevollmächtigten, alle das Verfahren betreffenden Handlungen für den Beteiligten vorzunehmen, soweit sich aus dem Inhalt der Vollmacht nicht etwas anderes ergibt. Die Entgegennahme von Steuererstattungen und Steuervergütungen (Inkassovollmacht) ist aber grds. nicht umfasst, soweit nicht ausdrücklich vereinbart (z.B. Abtretung, Aufrechnung).
Ist für das Verfahren ein Bevollmächtigter bestellt, so soll sich die Finanzbehörde bzw. muss sich das Finanzgericht an diesen wenden; ein Bevollmächtigter kann nur unter engen Voraussetzungen gehindert werden, für den Beteiligten im Verfahren aufzutreten.
Auf Verlangen des Finanzamtes hat der Bevollmächtigte seine Vollmacht schriftlich nachzuweisen. Der Nachweis kann jederzeit ohne besonderen Anlass und ohne Begründung angefordert werden (Nr. 1 AEAO zu § 80). Dies gilt auch, wenn die Vollmacht elektronisch übermittelt wurde (Nr. 1 AEAO zu § 80a).. In finanzgerichtlichen Verfahren ist die Bevollmächtigung ebenfalls durch schriftliche Vollmacht nachzuweisen. Das Finanzgericht hat das Vorliegen des Nachweises stets von Amts wegen zu überprüfen (Ausnahmen gelten für Personen i.S.d. § 3 Nr. 1-3 StBerG).
II. Bevollmächtigung
1. Form
Für die Erteilung der Vollmacht ist keine besondere Form vorgeschrieben, sie kann z.B. schriftlich, mündlich oder durch konkludentes Verhalten erteilt werden (entsprechend § 167 Abs. 2 BGB).
Nach § 80a AO kann eine Vollmacht auch elektronisch übermittelt werden.
Aus der Vollmacht muss hervorgehen, wer bevollmächtigt hat, wer bevollmächtigt ist und wozu bevollmächtigt wurde. Auch General- und Dauervollmachten sind zulässig.
Sie kann gegenüber der Finanzbehörde oder nur gegenüber dem Bevollmächtigten erklärt werden.
Vielfach vertreten ist die Vollmacht zur Entgegennahme von Steuerbescheiden; sie erfolgt i.d.R. durch Angabe des Zustellbevollmächtigten in der Steuererklärung und gleichzeitige Unterschrift des Steuerpflichtigen.
Solange die Vollmacht nicht erteilt ist, handelt der Bevollmächtigte als Vertreter ohne Vertretungsmacht.
Nachträgliche Genehmigung im Verwaltungsverfahren (entsprechend § 180 BGB) ist möglich.
Ebenso kann die Prozessführung des vollmachtlosen Vertreters durch Vorlage der Vollmacht bis zum Ergehen eines Prozessurteils genehmigt werden (s. III.).
Das Finanzgericht kann nach Ermessen durch Beschluss anordnen, dass ein Bevollmächtigter bestellt werden muss.
Dies setzt voraus, dass der Beteiligte selbst nicht in der Lage ist, seine Rechte wahrzunehmen, z.B. durch eine Berufstätigkeit, die den Beteiligten häufig an der Wahrnehmung von Terminen hindert oder fortdauernde Auslandsansässigkeit.
Schriftlich muss der Nachweis der Bevollmächtigung (s. III.) geführt werden (§ 80 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 AO, § 62 FGO). Dies erfolgt i.d.R. durch Vorlage einer Vollmachtsurkunde im Original.
2. Umfang
Die Vollmacht ermächtigt zu allen Verfahrenshandlungen, sofern sich aus ihrem Inhalt nicht etwas anderes ergibt. § 80 Abs. 1 Satz 2 AO kommt immer dann zum Tragen, wenn keine schriftliche Vollmachtsurkunde mit anderem Inhalt vorgelegt wurde.
Interne Einschränkungen (z.B. bezogen auf Besteuerungszeiträume oder Verfahrensabschnitte), die für die Finanzbehörde nicht erkennbar sind, haben dieser gegenüber keine Wirkung.
Für Einschränkungen der Vollmacht empfiehlt sich daher die unaufgeforderte Vorlage der Vollmachtsurkunde beim Finanzamt. Auch nachträgliche Einschränkungen sind möglich.
§ 80 Abs. 1 Satz 2 AO bewirkt nicht, dass eine Vollmacht in jedem Fall für alle von der Finanzbehörde geführten Verfahren gilt.
Eine in einer Steuererklärung gegebene Zustellvollmacht für den Steuerbescheid wirkt für alle sich aus der Steuererklärung ergebenden Steuerbescheide, aber nicht für Steuerbescheide anderer Veranlagungszeiträume und anderer Steuerarten (AEAO zu § 122).
Der Empfang von Steuererstattungen und Steuervergütungen ist von der Fiktion des § 80 Abs. 1 Satz 2 AO nicht umfasst (AEAO zu § 80 Nr. 2 Satz 1).
Die Vollmacht kann durch Aufnahme eines entsprechenden Zusatzes auf den Empfang solcher Beträge erstreckt werden. Eine solche Vollmachtserweiterung muss aber vom Vollmachtgeber (Steuerpflichtigen) ausdrücklich erklärt werden.
Unabhängig davon ist eine Aufrechnungserklärung durch den Bevollmächtigten ohne weiteres möglich (AEAO zu § 80 Nr. 2).