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infoCenter (Stand: Februar 2024)

Verlustzuweisungsgesellschaft

Reinald Gehrmann

I. Definition Verlustzuweisungsgesellschaft

Als Verlustzuweisungsgesellschaft bezeichnet man eine Gesellschaft, deren Gründung und Tätigkeit in erster Linie darauf gerichtet ist, ihren Gesellschaftern eine Minderung der Steuern vom Einkommen dadurch zu vermitteln, dass sie ihnen Verlustanteile zuweist, die diese mit anderen positiven Einkünften im Rahmen ihrer Veranlagung zur Einkommensteuer verrechnen können.

Durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 hat der Gesetzgeber u.a. durch den § 2b EStG versucht, die steuerliche Berücksichtigung derartiger Verluste zu verhindern.

Mit dem Gesetz zur Beschränkung der Verlustverrechnung im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen vom hat der Gesetzgeber § 15b EStG als Nachfolgeregelung zu § 2b EStG eingeführt. Für Steuerpflichtige, die entweder nach dem ein Steuerstundungsmodell gezeichnet haben oder einem solchen zwar vor diesem Zeitpunkt beigetreten sind, der Außenvertrieb des Fonds aber erst nach dem begonnen hat, gelten weitgehende Verlustabzugsbeschränkungen. Die Vorschrift entfaltet eine zulässig unechte Rückwirkung, soweit sie 2006 erzielte negative Einkünfte aus einem nach dem Stichtag gezeichneten Steuerstundungsmodell Verlustabzugsbeschränkungen unterwirft. Mit dem „Gesetz zur Anpassung des Investmentsteuergesetzes und anderer Gesetze an das AIFM” erfolgte auch eine Erweiterung des § 15b EStG. Die Vorschrift begegnet nach Auffassung des BFH keinen verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot.

II. Allgemeines

1. Voraussetzungen der Berücksichtigung von Verlusten

Negative Einkünfte sind steuerlich nur dann berücksichtigungsfähig, wenn sie auf einer mit Gewinn- bzw. Überschusserzielungsabsicht betriebenen Tätigkeit beruhen, die unter eine Einkunftsart des EStG fällt.

Die Absicht, den Gesellschaftern einer Personengesellschaft lediglich einkommensteuerliche Vorteile durch Verlustzuweisungen zu vermitteln, reicht dafür nicht aus.

2. Konzept einer Verlustzuweisungsgesellschaft

Die regelmäßig in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft konzipierten Verlustzuweisungsgesellschaften erzielen in einer Anlaufphase durch Sonderabschreibungen, Bildung von steuerfreien Rücklagen und andere gewinnmindernde Maßnahmen Buchverluste, die auf die Gesellschafter verteilt werden. In der Regel entstehen den Kommanditisten darüber hinaus beträchtliche Aufwendungen für Konzeption, Kapitalbeschaffung, Beratung, Werbung durch die Initiatoren sowie die Finanzierung ihrer Einlagen, die als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben geltend gemacht werden. Durch das Jahressteuergesetz 2019 hat der Gesetzgeber diese als sog. Fondsetablierungskosten den Anschaffungskosten der von den Fonds angeschafften Wirtschaftsgüter zugeordnet und damit von einem sofortigen Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen.

3. Steuerrechtliche Berücksichtigung der Verlustanteile

Wenn der Gesellschaftsvertrag dies vorsieht, nehmen Kommanditisten handelsrechtlich auch dann über den Betrag ihrer Einlage hinaus am laufenden Verlust teil, wenn die Zurechnung von Verlustanteilen zu einem negativen Kapitalkonto führt. Steuerlich können sie allerdings die ihnen zugerechneten Anteile am Verlust der Gesellschaft nur eingeschränkt verrechnen, wenn durch die Verluste ein negatives Kapitalkonto entsteht.

III. Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002

Das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 hatte die Verrechnung von Verlusten aus einer Beteiligung an Verlustzuweisungsgesellschaften stark eingeschränkt. Negative Einkünfte aus derartigen Gesellschaften durften nicht mehr mit anderen Einkünften ausgeglichen und im Wege des Verlustabzugs berücksichtigt, sondern lediglich mit positiven Einkünften des Steuerpflichtigen aus Verlustzuweisungsmodellen verrechnet werden. Die Vorschrift ist durch das Gesetz zur Beschränkung der Verlustverrechnung im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen aufgehoben worden. Sie ist lediglich noch anwendbar auf für Einkünfte aus einer Einkunftsquelle, die der Steuerpflichtige nach dem und vor dem rechtswirksam erworben oder begründet hat.

IV. Regelung ab dem

Der Gesetzgeber hat durch das Gesetz zur Beschränkung der Verlustverrechnung im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen vom den Abzug von Verlusten aus Verlustzuweisungsmodellen weiter eingeschränkt. Abweichend von der bisherigen Verlustverrechnungsbeschränkung ( § 2b EStG) können Verluste im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen nur noch insoweit steuerlich berücksichtigt werden, als sie als Verrechnungspotenzial für spätere Gewinne aus derselben Einkunftsquelle - also derselben Beteiligung - zur Verfügung stehen (§ 15b Abs. 1 EStG). Die Verlustverrechnungsabzugsbeschränkung betrifft neben gewerblichen Einkünften auch die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (EStG § 13 Abs. 7), freiberuflicher Tätigkeit ( § 18 Abs. 4 EStG), Kapitalvermögen ( § 20 Abs. 1 Nr.4 S. 2 EStG ), Vermietung und Verpachtung (§ 21 Abs. 1 S. 2 EStG ) sowie sonstige Einkünfte (§ 22 Nr.1 S. 1 EStG ).

Der BFH hält die Vorschrift für verfassungsgemäß ().

Die Verlustverrechnungsbeschränkung soll auch für Verluste aus dem Verkauf einer Beteiligung an einem Steuerstundungsmodell i.S. von § 15b EStG gelten.

1. Modellhafte Gestaltung

Ein Steuerstundungsmodell liegt vor, wenn aufgrund einer modellhaften Gestaltung steuerliche Verluste in Form negativer Einkünfte erzielt werden. Dies ist der Fall, wenn dem Steuerpflichtigen aufgrund eines vorgefertigten Konzepts die Möglichkeit geboten wird, zumindest in der Anfangsphase Investitionsverluste mit übrigen Einkünften zu verrechnen. Unter einem vorgefertigten Konzept ist dabei ein Gesamtplan eines von einem an der Investition Interessierten verschiedenen Dritten zu verstehen, der durch die Entwicklung einzelner oder einer Vielzahl aufeinander abgestimmter Leistungen und Maßnahmen die Erreichung des angestrebten Ziels – hier das Generieren hoher ausgleichsfähiger Verluste in der Anfangsphase einer Investition – ermöglichen soll und der jedenfalls in seinen wesentlichen Grundzügen vom Interessenten verwendet werden kann und auch in einer Vielzahl anderer Fälle unabhängig von der äußeren Gestaltung im Einzelnen verwendbar ist. Das bloße Aufgreifen einer (in Fachkreisen) bekannten Gestaltungsidee mit dem Ziel einer sofortigen Verlustverrechnung führt nicht ohne Weiteres zur Annahme eines Steuerstundungsmodells. Eine modellhafte Gestaltung soll dann vorliegen, wenn eine von einem Anbieter/Initiator abstrakt entwickelte Investitionskonzeption für Interessierte am Markt zur Verfügung steht, auf die der Investor/Anleger "nur" noch zugreifen muss, nicht aber dann, wenn der Investor/Anleger eine von ihm selbst oder von dem in seinem Auftrag – nicht aber im Auftrag eines Anbieters/Initiators – tätigen Berater entwickelte oder modifizierte und individuell angepasste Investition umsetzt ().

Der Annahme eines vorgefertigten Konzepts steht im Übrigen insbesondere nicht entgegen, wenn es im Falle von Einzelinvestitionen an die Vorgaben bzw. Verhältnisse des Interessenten angepasst wird. Ein Anbieten des Konzepts gegenüber einem größeren Personenkreis ist nicht erforderlich. Eine modellhafte Gestaltung ist gegeben, wenn ein Anbieter mithilfe eines vorgefertigten Konzepts, das auf die Erzielung steuerlicher Verluste aufgrund negativer Einkünfte ausgerichtet ist, Anleger wirbt und innerhalb der Anfangsphase die prognostizierten Verluste 10 v.H. des gezeichneten und aufzubringenden Kapitals übersteigen. Betroffen sind hier insbesondere geschlossene Fonds, wie z. B. Medienfonds, Schiffsbeteiligungen, soweit sie nur Verluste vermitteln, New Energy Fonds, Leasingfonds, Wertpapierhandelsfonds und Videogame-Fonds, die bisher hohe Verlustzuweisungsquoten versprachen. Die Neuregelung erfasst auch modellhafte Anlagen und Investitionstätigkeiten von Einzelpersonen außerhalb einer Gesellschaft oder Gemeinschaft. Ein Steuerstundungsmodell soll bei einer Beteiligung an einer ausländischen Personengesellschaft, die den Handel mit Edelmetallen (sog. „Goldfinger Modell”) zum Gegenstand hat, nicht zu erkennen sein, wenn der Struktur eine individuelle Gestaltung zugrunde liegt. Allein die allgemeine Darstellung des Steuersparmodells in Zeitschriften, seine Bewerbung, Vermarktung und die Umsetzung im Wesentlichen gleichartiger Komponenten in einer Mehrzahl von Fällen soll für das Vorliegen eines vorgefertigten Konzepts nicht ausreichen.

Gibt der Anleger die einzelnen Leistungen und Zusatzleistungen sowie deren Ausgestaltung von Anfang an oder in Abwandlung des zunächst vorgefertigten Konzepts selbst vor, handelt es sich ebenfalls nicht mehr um ein vorgefertigtes Konzept.

2. Steuerliche Vorteile durch negative Einkünfte

Die Verlustabzugsbeschränkung greift nur ein, wenn nach der Konzeption die Anleger steuerliche Vorteile in Form von negativen Einkünften erzielen sollen.

Das Vorliegen einer modellhaften Gestaltung ist ebenfalls zu verneinen, wenn das Anlagekonzept keine steuerlichen Verluste vorsieht und ausschließlich wegen der erzielbaren Erlöse als Geldanlage attraktiv sein soll. Nicht von der Regelung betroffen sind demnachVerluste, die bei der Konzeption nicht abzusehen waren, wie z. B. Verluste aus unerwartetem Mietausfall oder im Zusammenhang mit einer Beschädigung des Investitionsobjekts. Nicht unter die Neuregelung fallen insbesondere Fälle einer unternehmerischen Tätigkeit, z. B. eines Existenzgründers, der in den ersten Jahren Anlaufverluste erzielt. Venture Capital und Private Equity Fonds dürften ebenfalls von ihr nicht betroffen sein, da das Konzept dieser Fonds darauf gerichtet ist, Beteiligungen, i.d.R. an Kapitalgesellschaften, zu erwerben und diese z. B. nach Erreichen der Börsenreife gewinnbringend zu veräußern.



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