Umsatzsteuer | Steuerbefreiung der Umsätze eines Museumführers (BFH)
Die Steuerbefreiung des
§ 4 Nr. 20
Buchst. a UStG für die Leistungen eines Museums oder einer
gleichartigen Einrichtung umfasst sachlich nicht nur die Einräumung von
Eintrittsberechtigungen in das Museum, sondern z.B. auch andere typische
Museumsleistungen mit Kulturbezug. Jedenfalls bei einem Museum, das nur in
Begleitung eines Gästeführers besucht werden darf, ist die Führung der
Museumsgäste eine typische Museumsleistung (; veröffentlicht am
).
Hintergrund: Nach § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 1 UStG sind von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG fallenden Umsätzen die Umsätze folgender Einrichtungen des Bundes, der Länder, der Gemeinden oder der Gemeindeverbände steuerfrei: Theater, Orchester, Kammermusikensembles, Chöre, Museen, botanische Gärten, zoologische Gärten, Tierparks, Archive, Büchereien sowie Denkmäler der Bau- und Gartenbaukunst. Das Gleiche gilt gemäß § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 UStG für die Umsätze gleichartiger Einrichtungen anderer Unternehmer, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie die gleichen kulturellen Aufgaben wie die in Satz 1 bezeichneten Einrichtungen erfüllen.
Sachverhalt und Verfahrensgang: Der Kläger ist seit dem Jahr 2002 u.a. als Gästeführer des Museums A tätig. Das Museum A ist ausschließlich über Gruppenführungen begehbar. Auftraggeber des Klägers ist eine gemeinnützige Stiftung, die das Museum betreibt und dabei steuerfreie Umsätze i.S. des § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG an die Museumsbesucher erbringt.
Die für den Kläger zuständige Bezirksregierung B bescheinigte dem Kläger für die Streitjahre 2010 bis 2013 gemäß § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 UStG, dass er als Museumsführer die gleichen kulturellen Aufgaben erfülle wie vergleichbare Einrichtungen in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft. In den Bescheinigungen weist B außerdem darauf hin, dass die Entscheidung darüber, ob es sich beim Kläger auch sonst um eine "gleichartige Einrichtung" i.S. des § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 UStG handele, der Finanzverwaltung obliege.
Dem Antrag des Klägers, seine Umsätze als Gästeführer im Museum A umsatzsteuerfrei zu belassen, folgte das FA nicht, da es sich bei seiner Tätigkeit nicht um eine umsatzsteuerfreie Tätigkeit i.S. des § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG handele. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz Erfolg (, s hierzu Gehm, USt direkt digital 1/2019 S. 4 ).
Der BFH setzte das Verfahren bis zu einer Entscheidung des EuGH in dem Verfahren C-373/19 aus. In diesem Verfahren entschied der EuGH mit Urteil v. 21.10.2021, dass der Begriff „Schul- und Hochschulunterricht“ i.S. von Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j MwStSystRL dahin auszulegen ist, dass er nicht den von einer Schwimmschule erteilten Schwimmunterricht umfasst (, "Dubrovin & Tröger GbR- Aquatics", s. hierzu Hartman, sowie Brill, NWB 11/2022 S. 731).
Nach Wiederaufnahme des Verfahrens wiesen die Richter des BFH die Revision des FA zurück:
Zwar hat das FG unzutreffend entschieden, dass sich eine Steuerbefreiung der Umsätze des Klägers aus Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und n MwStSystRL ergibt. Denn bei dem "Unterricht" des Klägers handelt es sich allenfalls ein spezialisierter Unterricht, der für sich allein nicht der für den Schul- und Hochschulunterricht kennzeichnenden Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen gleichkommt, auf die der EuGH insoweit neuerdings abstellt.
Auch ist Art. 132 Abs. 1 Buchst. n MwStSystRL entgegen der Auffassung des FG - grundsätzlich nicht berufbar (vgl. u.a. , BStBl II 2020, 720, Rz 16).
Jedoch hat das FG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 UStG bejaht und den Kläger als eine dem Museum A gleichartige Einrichtung angesehen.
Die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG für die Leistungen eines Museums oder einer gleichartigen Einrichtung umfasst sachlich nicht nur die Einräumung von Eintrittsberechtigungen in das Museum, sondern z.B. auch andere typische Museumsleistungen mit Kulturbezug.
Das Museum, mit dem die gleichartige Einrichtung ihre Museumsleistung erbringt, kann auch das Museum einer dritten Person sein.
Jedenfalls bei einem Museum, das nur in Begleitung eines Gästeführers besucht werden darf, ist die Führung der Museumsgäste eine typische Museumsleistung.
Der Kläger erfüllt die personellen Voraussetzungen des § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 UStG in eigener Person: Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG, u.a. dem Inhalt der Bescheinigung der B, erfüllt er selbst kulturelle Aufgaben, indem er selbst eine kulturelle Leistung (in Form der Gästeführung) erbringt. .
Die Leistungen des Klägers sind daher mit den vom FA erwähnten, nicht nach § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG befreiten Leistungen eines selbst nicht kulturell tätigen Subunternehmers (wie z.B. eines Hausmeister- oder Sicherheitsdienstes) nicht vergleichbar
Anmerkung von Prof. Dr. Alois Nacke, Richter im XI. Senat des BFH:
Die Entscheidung ist allgemein für den Kulturbereich einer Kommune von Interesse. Konkret betroffen war ein Gästeführer eines Museums. Das zuständige Finanzamt gewährte dem Gästeführer nicht die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG. Das FG vertrat die Ansicht, dass die Steuerbefreiung sich aus Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und n MwStSystRL ergebe.
Dem folgte der BFH insoweit nicht. Er sah die Voraussetzungen des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL als nicht erfüllt an und konnte sich dabei auf die verfestigte Rechtsprechung des EuGH berufen (zuletzt EuGH in der Rechtssache Dubrovin & Tröger – Aquatics, a.a.O.), der es ablehnt von einem Schul- oder Hochschulunterricht auszugehen, wenn ein spezialisierter Unterricht erbracht wird, der für sich allein nicht der für den Schul- und Hochschulunterricht kennzeichnenden Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen gleichkommt. Bei Art. 132 Abs. 1 Buchst. n MwStSystRL fehlte es an der Berufbarkeit. Nicht auf jede im Interesse des Steuerpflichtigen bestehende Regelung der Richtlinie kann sich der Steuerpflichtige unmittelbar berufen.
Gleichwohl hatte die Revision des FA keinen Erfolg, weil der Senat die Voraussetzungen der Umsatzsteuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 1 UStG für erfüllt angesehen hatte. Insbesondere bei einem Museum, das nur in Begleitung eines Gästeführers besucht werden darf, ist die Führung der Museumsgäste eine typische Museumsleistung und daher nach dieser Vorschrift umsatzsteuerfrei. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn es z.B. um Leistungen eines Hausmeister- oder Sicherheitsdienstes für das Museum geht. Diese werden von der Befreiungsvorschrift nicht erfasst.
Quelle: ; NWB Datenbank (il)
Fundstelle(n):
EAAAI-63105