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Online-Nachricht - Freitag, 27.05.2022

Umsatzsteuer | Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 1 UStG in den Fällen des § 13b UStG a.F (BFH)

Die Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 1 UStG setzt einen ursprünglichen Vorsteuerabzug voraus. Der ursprüngliche Vorsteuerabzug kann sich in den Fällen des § 13b UStG a.F. aus der Saldierung der Umsatzsteuer nach § 13b Abs. 2 Satz 1 UStG a.F. mit dem Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG ergeben (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Ändern sich bei einem Wirtschaftsgut, das nicht nur einmalig zur Ausführung von Umsätzen verwendet wird, innerhalb von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse, ist nach § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG für jedes Kalenderjahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtigung des Abzugs der auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge vorzunehmen. Bei Grundstücken einschließlich ihrer wesentlichen Bestandteile tritt an die Stelle des Fünfjahreszeitraums ein solcher von zehn Jahren (§ 15a Abs. 1 Satz 2 UStG).

Sachverhalt: Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Voraussetzungen für eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a UStG in der in den Jahren 2015 bis 2017 (Streitjahre) geltenden Fassung vorliegen.

Die Klägerin - eine niederländische Kapitalgesellschaft - war bis zum an der inländischen vermögensverwaltenden C GmbH & Co. KG (KG) beteiligt. Die KG erwarb mit Wirkung zum ein Grundstück. Der Verkäufer optierte zu 71,41 % zur Umsatzsteuer. Der Anteil von 71,41 % ergab sich aus der seinerzeitigen steuerpflichtigen Nutzung des Gebäudes. Nach Erwerb wurde das Gebäude von der KG zu 71,41 % umsatzsteuerpflichtig vermietet.

Mit Ablauf des wurde die KG auf die Klägerin verschmolzen. Die Klägerin beantragte beim FA die Erteilung einer Steuernummer für die Umsatzbesteuerung ab 2008. In diesem Zusammenhang teilte die Klägerin dem FA mit, dass sie lediglich über das erworbene Grundstück verfüge. Das Grundstück sei im Rahmen der Anwachsung zum auf sie übergegangen. Der Erwerb sei zuvor im Rahmen einer steuerbaren Grundstückslieferung erfolgt. Der Verkäufer habe gemäß der Verwendung im Zeitpunkt des Verkaufs zu 71,41 % zur Umsatzsteuer optiert.

In der von der Klägerin für die KG eingereichten Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2007 war die Zeile "Vorsteuerbeträge aus Leistungen im Sinne des § 13b Abs. 1 UStG (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG)" nicht ausgefüllt. In der Anlage UR waren keine "Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen (§ 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG)" angegeben. Das FA setzte die Umsatzsteuer für 2007 erklärungsgemäß fest.

Ab Februar 2015 bis April 2015 vermietete die Klägerin das Grundstück nur noch zu 27,7 % umsatzsteuerpflichtig und seit dem ausschließlich umsatzsteuerfrei.

Im Umsatzsteuerbescheid 2015 und in den Umsatzsteuervorauszahlungsbescheiden Januar 2016 bis Februar 2017 setzte das FA eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG fest. Der Einspruch der Klägerin blieb erfolglos. Das FG hat die Klage abgewiesen ().

Der BFH hat die Revision hinsichtlich der Streitjahre 2015 und 2016 als unbegründet zurückgewiesen:

  • Für das Streitjahr 2017 ist das Urteil des FG aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben und die Klage abzuweisen.

  • Die Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 1 UStG setzt einen ursprünglichen Vorsteuerabzug voraus ( „Evita K“, Rz. 59). Ob ein derartiger Vorsteuerabzug vorliegt, richtet sich nach dem für das Abzugsjahr vorliegenden Steuerbescheid. Wesentliches Merkmal für diesen ist gem. § 157 Abs. 1 Satz 2 AO die festgesetzte Steuer, während die dieser Steuer zugrunde liegenden Besteuerungsgrundlagen nach § 157 Abs. 2 AO nur einen nicht selbständig anfechtbaren Teil des Steuerbescheids bilden.

  • Danach ist im Streitfall von einer Berichtigung abgezogener Vorsteuerbeträge auszugehen. Die KG war für den Grundstückserwerb in 2007 Steuerschuldnerin gem. § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 2 Satz 1 UStG a.F. und zugleich für dieses Jahr zum Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG berechtigt. Der Anspruch auf Vorsteuerabzug entstand nach dieser Vorschrift für den Voranmeldungszeitraum der Leistungsausführung, ohne dass es hierfür, wie die Klägerin ohne Erfolg vorträgt, in rechtlicher Hinsicht auf eine "Anmeldung der Steuer" ankam.

  • Steuer und Vorsteuerabzug waren nach allgemeinen Grundsätzen als jeweils unselbständige Besteuerungsgrundlagen i. S. von § 157 Abs. 2 AO in dem Steuerbescheid für das Streitjahr zu erfassen. Dass dies unterblieb, ist im Streitfall im Hinblick auf das Zusammenfallen von Steuerschuld und Vorsteuerabzug in einer Person und die Betragsgleichheit von Steuer und Vorsteuerabzug ohne Bedeutung. Denn im Hinblick hierauf hatte das Unterbleiben der Erfassung von Steuer und Vorsteuer keinen Einfluss auf die nach § 157 Abs. 1 Satz 2 AO festzusetzende Steuer.

  • Das folgt daraus, dass die Steuer für die in § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG a.F. genannten Umsätze - unabhängig von der Erklärung durch den Steuerpflichtigen - mit Ausstellung der Rechnung gem. § 14a Abs. 5 UStG, spätestens mit Ablauf des der Ausführung der Leistung folgenden Kalendermonats entstanden ist. Dass die Klägerin die nach § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG a.F. entstandene Umsatzsteuer nicht erklärt hat, lässt sich nur durch die Saldierung mit dem Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG erklären. Denn andernfalls hätte die Klägerin es pflichtwidrig unterlassen, die nach § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG a.F. entstandene Umsatzsteuer zu erklären. Zwar hat das FA - trotz Kenntnis des Grundstückserwerbs - keine Umsatzsteuer auf den Grundstückserwerb gesondert erfasst. Deshalb ist davon auszugehen, dass es die Umsatzsteuer nach § 13b Abs. 2 Satz 1 UStG a.F. mit dem damit korrespondierenden Vorsteuerabzug letztlich saldiert hat. Andernfalls wäre die Umsatzsteuerfestsetzung für 2007 zu niedrig festgesetzt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Steuerschuldner das FA anderweitig über Steuerschuld und Vorsteuerabzug in Kenntnis setzt. So ist es im Streitfall.

  • Die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse (vgl. § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG) haben sich im Streitfall innerhalb des zehnjährigen Berichtigungszeitraums (Juni 2007 bis Mai 2017) geändert. Denn die Rechtsvorgängerin der Klägerin hat das Grundstück ursprünglich zu 71,41 % zur Ausführung von umsatzsteuerpflichtigen Ausgangsumsätzen verwendet, ab Februar 2015 bis April 2015 wird das Grundstück nur noch zu 27,7 % umsatzsteuerpflichtig und seit dem ausschließlich umsatzsteuerfrei vermietet.

Anmerkung von Dr. Hans-Hermann Heidner, Richter im V. Senat des BFH:

Dem Urteil liegt ein etwas ungewöhnlicher, aber durchaus interessanter Sachverhalt zugrunde. Eine juristische Person erwarb (teilweise) steuerpflichtig ein Grundstück. Für den Grundstückserwerb schuldete sie gem. § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 5 Satz 1 UStG (im Streitjahr noch § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 2 Satz 1 UStG a.F.) als Leistungsempfänger die Umsatzsteuer und war zugleich zum Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG berechtigt. Das Ganze war also ein Nullsummenspiel. Die Klägerin erklärte weder die von ihr geschuldete Umsatzsteuer noch die ihr zustehende Vorsteuer und auch im Umsatzsteuerbescheid des FA tauchte weder die Steuer noch die Vorsteuer in den Besteuerungsgrundlagen auf. Kann - und das war die entscheidende Frage - das FA in einem solchen Fall bei einer späteren Nutzungsänderung eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 1 UStG vornehmen?

Der BFH hat entschieden, dass die Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 1 UStG einen ursprünglichen Vorsteuerabzug voraussetzt, zugleich aber festgestellt, dass ein solcher ursprünglicher Vorsteuerabzug auch in der vorliegenden Konstellation vorliegt. Dass der Vorsteuerabzug im Umsatzsteuerbescheid nicht ausdrücklich aufgeführt war, hat den BFH nicht gestört, weil Steuer und Vorsteuerabzug nur unselbständige Besteuerungsgrundlagen i. S. von § 157 Abs. 2 AO sind. Der BFH hat seine Entscheidung entscheidend auf den Blickwinkel sowohl der Klägerin als auch den des FA gestützt.

Da die Steuer unabhängig von der Erklärung der Klägerin mit Ausstellung der Rechnung gem. § 14a Abs. 5 UStG, spätestens mit Ablauf des der Ausführung der Leistung folgenden Kalendermonats entstanden war, hätte die Klägerin die Steuer erklären müssen. Dass sie das nicht getan hat, lässt sich nur dadurch erklären, dass sie die Steuer mit dem Vorsteuererstattungsanspruch saldiert und damit gleichsam konkludent erklärt hat.

Aus Sicht des FA gilt Entsprechendes. Da das FA den Sachverhalt kannte, also von dem Grundstückserwerb durch die juristische Person wusste, lässt sich die Nichterfassung der Steuer nur mit der konkludenten Berücksichtigung des Vorsteuerabzugs erklären. Ob das Ergebnis dasselbe gewesen wäre, wenn die Klägerin dem FA den Sachverhalt nicht offenbart, dieses daher keine Kenntnis vom Erwerb gehabt hätte, ist offen.

Quelle: ; NWB Datenbank (RD)

Fundstelle(n):
TAAAI-62462