Umsatzsteuer | EuGH-Vorlage zum Vorsteuerabzug bei Kureinrichtungen (BFH)
Der BFH hat dem EuGH zwei Fragen
zur Unternehmereigenschaft einer Gemeinde vorgelegt (;
veröffentlicht am ).
Sachverhalt: Die Klägerin betreibt u.a. einen Kurpark, ein Kurhaus und sonstige Anlagen und Wege. Diese Einrichtungen waren in den Streitjahren 2009 bis 2012 für jedermann frei zugänglich. Kommunalrechtlich war die Kurverwaltung ein Eigenbetrieb und körperschaftsteuerlich ein Betrieb gewerblicher Art. Die Klägerin erklärte in ihren Umsatzsteuererklärungen umsatzsteuerpflichtige Umsätze (Kurtaxe) und Vorsteuerbeträge aus Eingangsleistungen in Zusammenhang mit dem Fremdenverkehr. Das beklagte Finanzamt kürzte die Vorsteuerbeträge. Die Klägerin sei als Unternehmerin teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigt. Ein Vorsteuerabzug sei u.a. nicht zulässig aus Rechnungen in Zusammenhang mit Loipen, Wander- und sonstigen Sportpfaden und -anlagen, Gärtnerei, Bauhof, Hundekotbeutel, Hundestationen, Abfallbehälter, Eventtagen, verkaufsoffenen Sonntagen, dem Park und Pavillon (s. unsere Online-Nachricht v. 7.12.2018).
In diesem Zusammenhang hat der BFH dem EuGH die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Übt unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens eine Gemeinde, die aufgrund einer kommunalen Satzung von Besuchern, die sich in der Gemeinde aufhalten (Kurgäste), für die Bereitstellung von Kureinrichtungen (z.B. Kurpark, Kurhaus, Wege) eine "Kurtaxe" (in Höhe eines bestimmten Betrages pro Aufenthaltstag) erhebt, mit der Bereitstellung der Kureinrichtungen an die Kurgäste gegen Kurtaxe auch dann eine wirtschaftliche Tätigkeit i.S. des Art. 2 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL aus, wenn die Kureinrichtungen ohnehin für jedermann (und daher z.B. auch für nicht kurtaxepflichtige Einwohner oder andere nicht kurtaxepflichtige Personen) frei zugänglich sind?
Falls die erste Frage bejaht wird: Ist unter den o. g. Umständen des Ausgangsverfahrens bei der Prüfung, ob die Behandlung der Gemeinde als Nicht-Steuerpflichtige zu "größeren Wettbewerbsverzerrungen" i. S. des Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 2 MwStSystRL führen würde, der räumlich relevante Markt nur das Gemeindegebiet?
Die Vorlage des XI. Senats des BFH an den EuGH hat weitreichende Folgen für Kurgemeinden in ganz Deutschland. Denn es dürfte kein Einzelfall sein, wenn Kurgemeinden zwar von den Kurgästen eine Kurtaxe vereinnahmen, die es ermöglicht die Kureinrichtungen zu nutzen; jedoch eine Zugangskontrolle nicht stattfindet, so dass für nicht kurtaxepflichtige Einwohner der Kurgemeinde die Kureinrichtung kostenlos nutzbar ist. Dies könnte dazu führen, dass es an einer wirtschaftlichen Tätigkeit der Gemeinde fehlt.
Die zweite Frage, die der BFH an den EuGH richtet, betrifft nicht nur Kurgemeinden. Sie ist weitreichender Natur. Ausgangspunkt ist die Tätigkeit der Kurgemeinde auf öffentlich-rechtlicher Basis. Erfolgt ihre Tätigkeit auf öffentlich-rechtlicher Grundlage, ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts nur Unternehmerin, wenn ihre Behandlung als Nichtunternehmerin zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führt. Dies erfordert eine Prüfung, ob die Kurgemeinde – die auf öffentlich-rechtlicher Basis die Kureinrichtungen betreibt – im Streitfall im Wettbewerb mit anderen Kurgemeinden steht. So könnte die Nachbargemeinde dadurch benachteiligt sein, dass ihre Kureinrichtungen nur mit Eintrittsgebühr genutzt werden kann. Hier hat der EuGH die Möglichkeit festzulegen, welches der räumliche Markt ist, um festzustellen, ob es zu „größeren Wettbewerbsverzerrungen“ kommt. M.E. dürfte es aber hier fraglich sein, ob das nationale Gericht eine Antwort auf diese Frage erhält. Wo der räumliche Markt beginnt und endet, könnte der nationalen Gerichtsbarkeit überlassen bleiben.
Quelle: ; NWB Datenbank (JT)
Fundstelle(n):
SAAAI-62458