Information zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Verpflegungsleistungen in Schulen und Kindertagesstätten
Stand: Mai 2021
Die Verpflegungsleistungen in Schulen und Kindertagesstätten unterliegen - je nach Organisationsform - der Befreiung von der Umsatzsteuer oder dem ermäßigten bzw. dem allgemeinen Umsatzsteuersatz. Nachfolgend soll ein kurzer Überblick über die verschiedenen Begünstigungsformen in diesem Bereich gegeben werden.
1. Umsatzsteuerbefreiungen
Werden Verpflegungsleistungen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder bestimmte andere anerkannte Einrichtungen erbracht, kommt die Befreiung von der Umsatzsteuer in Betracht. Kommt eine Umsatzsteuerbefreiung zur Anwendung, entsteht folglich keine Umsatzsteuer auf die erbrachten Leistungen.
Gleichzeitig ist der Vorsteuerabzug aus den Leistungsbezügen (z.B. Lebensmittel, Geschirr, Mobiliar) ausgeschlossen (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG).
1.1. § 4 Nr. 23 UStG (beruht auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL)
Zum wurde § 4 Nr. 23 UStG neu gefasst (> Jahressteuergesetz 2019; mittlerweile ergänzt durch das Jahressteuergesetz 2020). Für die Verpflegungsdienstleistungen und Beherbergungsleistungen gegenüber Kindern in Kindertageseinrichtungen, Studierenden und Schülern ist seither grundsätzlich der neue § 4 Nr. 23 Buchst. c UStG vorgesehen.
1.1.1. § 4 Nr. 23 Buchst. c USt
Verpflegungsdienstleistungen und Beherbergungsleistungen gegenüber Kindern in Kindertageseinrichtungen, Studierenden und Schülern können unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 23 Buchst. c UStG steuerfrei sein, wenn Sie durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere Einrichtungen ohne systematische Gewinnerzielungsabsicht (z.B: Schulfördervereine, Caritas etc.) erbracht werden.
Begünstigt sind ausschließlich die Verpflegungsdienstleistungen und Beherbergungsleistungen an Kinder in Kindertageseinrichtungen sowie an Studenten und Schüler der folgenden Schulen (im Gesetz abschließend genannt):
Hochschulen im Sinne der Hochschulgesetze der Länder,
staatliche oder staatlich anerkannte Berufsakademien,
öffentliche Schulen
Ersatzschulen, die gemäß Artikel 7 Absatz 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind,
staatlich anerkannte Ergänzungsschulen
sowie Berufsschulheime (früher: Lehrlings-/Lehrwohnheime) (ergänzt durch Jahressteuergesetz 2020)
Als Verpflegungsdienstleistung gilt die Abgabe zubereiteter oder nicht zubereiteter Speisen und/oder Getränke – mit Ausnahme alkoholischer Getränke – zusammen mit ausreichenden unterstützenden Dienstleistungen, die deren sofortigen Verzehr ermöglichen.
Werden zubereitete oder nicht zubereitete Speisen und/oder Getränke (mit oder ohne Beförderung) jedoch ohne andere unterstützende Dienstleistungen abgegeben, so gelten sie nicht als Verpflegungsdienstleistungen. Eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 23 Buchst. c UStG scheidet daher aus. Gegebenenfalls könnte in diesen Fällen die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 23 Buchst. a UStG greifen (vgl. Tz. 1.1.2).
Ein Schulförderverein übernimmt entgeltlich die Zubereitung und Ausgabe des Schulessens an einer öffentlichen Schule. Zudem bietet der Verein den verpflegten Schülern Nachmittagsbetreuung und Hausaufgabenhilfe.
Lösung: Die Verpflegungsdienstleistung wird an Schüler einer begünstigten Schule (hier: öffentliche Schule) erbracht. Der Schulförderverein ist eine Einrichtung ohne systematische Gewinnerzielungsabsicht. Unabhängig davon, ob der Verein die Schüler zu Erziehungs- und Ausbildungszwecken bei sich aufnimmt, ist die Verpflegungsdienstleistung steuerfrei nach § 4 Nr. 23 Buchst. c UStG.
Ein Schulförderverein übernimmt unentgeltlich die Essenausgabe im Auftrag des Schulträgers einer öffentlichen Schule. Der Schulträger - nicht der Verein - ist zur Verpflegung der Schüler verpflichtet und erhält hierfür ein Entgelt.
Lösung: Der Schulträger ist eine Einrichtung des öffentlichen Rechts. Die Verpflegungsdienstleistung durch den Schulträger ist steuerfrei nach § 4 Nr. 23 Buchst. c UStG, da sie an Schüler einer begünstigten Schule (hier: öffentliche Schule) erbracht wird.
Der Schulförderverein erbringt keine umsatzsteuerbaren Leistungen.
Ein gemeinnütziger Caterer liefert Schulessen. Es erfolgt keine Essensausgabe oder sonstige unterstützende Dienstleistung.
Lösung: Der gemeinnützige Caterer strebt zwar keine systematische Gewinnerzielung an, jedoch handelt es sich nicht um eine Verpflegungsdienstleistung, sondern um eine Lieferung von Speisen und Getränken, die nicht nach § 4 Nr. 23 Buchst. c UStG von der Umsatzsteuer befreit ist. Ggf. kommt der ermäßigte Steuersatz gem. § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG in Betracht.
Ein privater Pächter bewirtschaftet die Kantine einer Schule.
Lösung: Der Kantinenpächter fällt weder unter die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 23 Buchst. c UStG (wegen bestehender Gewinnerzielungsabsicht) noch unter die Befreiung nach Buchst. a, da er lediglich die Verpflegung der Schüler und nicht deren Ausbildung selbst übernimmt (vgl. Tz. 1.1.2).
Soweit die Verpflegungsdienstleistungen von Trägern der öffentlichen Jugendhilfe oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter i.S. von § 4 Nr. 25 Satz 2 UStG erbracht werden, kommt die Steuerbefreiung für diese nur unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 25 UStG in Betracht (§ 4 Nr. 23 Satz 4 UStG, vgl. Tz. 1.2).
1.1.2. § 4 Nr. 23 Buchst. a UStG
Nach § 4 Nr. 23 Buchst. a UStG ist die Abgabe von Speisen und Getränken an Kinder und Jugendliche steuerfrei, wenn diese Leistungen durch eine Einrichtung erbracht werden, die Kinder und Jugendliche zu Erziehungs-, Ausbildungs- oder Fortbildungszwecken bei sich aufnimmt (vgl. hierzu Abschn. 4.23.1 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses - UStAE).
Die Mehrzahl der Leistungen im Zusammenhang mit der Verpflegung von Studierenden und Schülern fällt grundsätzlich unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 23 Buchst. c UStG. Jedoch gibt es auch vereinzelte Leistungen, die die Voraussetzungen des § 4 Nr. 23 Buchst. c UStG nicht erfüllen. Diese Leistungen können ggf. unter den weiteren Voraussetzungen des § 4 Nr. 23 Buchst. a UStG befreit sein, wenn die Kinder oder Jugendlichen zu Erziehungszwecken von einer Einrichtung des öffentlichen Rechts oder einer anderen Einrichtung mit vergleichbarer Zielsetzung bei sich aufgenommen werden.
e) Eine öffentliche Schule betreibt z.B. einen Kiosk (Abgabe von Speisen und Getränken zur Mitnahme ohne unterstützende Dienstleistungen) oder Getränke- und/oder Snackautomaten.
Lösung: Bei der Abgabe von Speisen und Getränken ohne unterstützende Dienstleistungen handelt es sich nicht um Verpflegungsdienstleistungen, sondern um Speisen- und/oder Getränkelieferungen, die nicht nach § 4 Nr. 23 Buchst. c UStG von der Umsatzsteuer befreit sind. Da die Schule als öffentliche Einrichtung die Schüler zu Erziehungs- und Ausbildungszwecken bei sich aufnimmt, können deren Speisen- und/oder Getränkelieferungen jedoch als mit der Erziehung von Kindern und Jugendlichen eng verbundene Lieferungen nach § 4 Nr. 23 Buchst. a UStG von der Umsatzsteuer befreit sein.
1.2. § 4 Nr. 25 UStG
Nach § 4 Nr. 25 UStG werden primär Leistungen der Jugendhilfe befreit, die durch Träger der öffentlichen Jugendhilfe, Kirchen und andere anerkannte Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden (zu den begünstigten Leistungserbringern vgl. Abschn. 4.25.1 Abs. 2 UStAE). Nach § 4 Nr. 25 UStG S. 3 Buchst. b UStG sind auch die an die Empfänger der Jugendhilfe gewährten Verpflegungsleistungen von der Umsatzsteuer befreit.
Von einer Kindertagesstätte der katholischen Kirche wird Mittagessen für die Kinder angeboten. Die Kosten für die von einem Caterer angelieferten Essen werden über die Gebührenabrechnung abgerechnet.
Lösung: Der Träger der Kindertagesstätte fällt mit der Verpflegung der Kinder unter die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 25 S. 3 Buchst. b UStG.
Zur Besteuerung der Leistung des Caterers vgl. Tz. 2.3 Beispiel c).
Eine Tagesmutter (Eignung nach § 23 Abs. 3 SGB VIII) bietet im Rahmen der Betreuung der Kinder auch ein Mittagessen an, welches sie selbst zubereitet und den Eltern zusätzlich berechnet.
Lösung: Die zusätzliche Verpflegungsleistung ist durch § 4 Nr. 25 S. 3 Buchst. b UStG von der Steuerbefreiung gedeckt.
1.3. § 4 Nr. 18 UStG
Die Abgabe von Mahlzeiten ist seit aufgrund der Gesetzesänderung durch das Jahressteuergesetz 2019 grundsätzlich nicht mehr nach § 4 Nr. 18 UStG steuerfrei, denn lt. Gesetzesbegründung sind Mahlzeitendienste ausdrücklich ausgeschlossen, da es sich hierbei nicht um eng mit der Fürsorge oder der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen handelt ().
Eine Einrichtung der AWO nimmt Schulkinder für die Nachmittagsbetreuung bei sich auf. Mit Hilfe der selbstbewirtschafteten Kantine werden die Kinder in der Einrichtung verpflegt. Außerdem beliefert die Einrichtung einen Kindergarten und eine Kinderkrippe mit Speisen (reine Speisenlieferungen, keine Dienstleistungen).
Lösung: Die Verpflegung der Kinder der Nachmittagsbetreuung in der Betreuungseinrichtung ist steuerfrei nach § 4 Nr. 25 S. 3 Buchst. b oder § 4 Nr. 23 Buchst. a UStG.
Die Lieferungen an den Kindergarten und die Kinderkrippe sind hingegen steuerpflichtig. § 4 Nr. 18 UStG ist aufgrund seiner Neuregelung nicht mehr einschlägig. § 4 Nr. 23 Buchst. c UStG scheidet aus, da es sich nicht um Verpflegungsdienstleistungen handelt, und § 4 Nr. 25 S. 3 Buchst. b UStG käme lediglich für Leistungen an die in der eigenen Einrichtung betreuten Kinder in Betracht. Die Leistungen sind jedoch ggf. gem. § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG ermäßigt zu besteuern.
2. Umsatzsteuerpflicht
Ist eine Steuerbefreiung nicht möglich, unterliegen die Leistungen der Verpflegung der Umsatzsteuer. Gleichzeitig besteht für den Unternehmer das Recht auf Vorsteuerabzug aus den Leistungsbezügen (§ 15 UStG). Der Vorsteuerabzug ist dabei auch bei der Besteuerung mit dem ermäßigten Steuersatz uneingeschränkt zugelassen.
2.1. Kleinunternehmer (§ 19 UStG)
Lagen die steuerpflichtigen Einnahmen des Caterers/Fördervereins im vorangegangenen Kalenderjahr nicht über 22.000 € und liegt die Prognose für das laufende Jahr unter 50.000 €, ist dieser Kleinunternehmer im Sinne des § 19 UStG. Die Umsatzsteuer wird nicht erhoben. Ein Vorsteuerabzug aus den Leistungsbezügen scheidet aus.
Unter bestimmten Voraussetzungen besteht auch die Möglichkeit auf die Kleinunternehmerregelung zu verzichten und an der Regelbesteuerung teilzunehmen (§ 19 Abs. 2 UStG).
2.2. Ermäßigter Umsatzsteuersatz von 7% (bzw. 5 %) für Umsätze, die nach dem ausgeführt wurden bzw. werden
Im Rahmen der steuerlichen Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise wurde unter anderem eine von bis befristete Senkung der Umsatzsteuer für die Gastronomie beschlossen (Erstes und Drittes Corona-Steuerhilfegesetz).
Demnach gilt für nach dem und vor dem erbrachte Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen – also nicht nur gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG für die Lieferungen von Speisen – der ermäßigte Steuersatz (§ 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG neu). Eine Ausnahme hiervon bildet lediglich die Abgabe von Getränken (sowohl alkoholischen als auch alkoholfreien).
Dies bedeutet, dass für diesen Zeitraum auch im Bereich der Schulverpflegung nicht danach unterschieden werden muss, ob Lieferungen oder sonstige Leistungen vorliegen (vgl. Tz. 2.3). Aktuell gilt daher sowohl für die Lieferungen von Speisen als auch für Verpflegungsdienstleistungen der ermäßigte Steuersatz von 7 % (für zwischen dem 01.07. und ausgeführte Umsätze: 5 %, vgl. Zweites Corona-Steuerhilfegesetz).
Ab gelten voraussichtlich wieder die vor dem gültigen Regelungen (vgl. Tz. 2.3).
2.3. Ermäßigter Umsatzsteuersatz von 7 % für Umsätze, die vor dem erbracht wurden
Für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG ist maßgebend, ob es sich um eine Lieferung von Speisen oder um eine Dienstleistung handelt.
Die Lieferung der Speisen durch Dritte (z.B. Caterer) unterliegt dem ermäßigten Steuersatz von 7 %, sofern sich der Vorgang auf die Abgabe der Speisen beschränkt und keine nennenswerten Dienstleistungen im Darreichungsbereich hinzukommen.
Werden im Zusammenhang mit der Abgabe zubereiteter oder nicht zubereiteter Speisen weitere unterstützende Dienstleistungen erbracht, die den sofortigen Verzehr ermöglichen, liegen nicht ermäßigt besteuerte sonstige Leistungen vor (vgl. hierzu Abschn. 3.6 UStAE).
Die Essenzubereitung erfolgt durch einen Caterer, der das verzehrfertige Essen in Warm- haltebehältern in der Mensa der Schule anliefert. Ein Schulverein oder der Schulträger übernimmt die Portionierung, die Essenausgabe und die Reinigung des Geschirrs. Die Schüler bestellen das Essen direkt beim Caterer. Leistungsbeziehungen zwischen Caterer und Verein/Träger bestehen nicht.
Lösung: Die Lieferungen der Essen durch den Caterer unterliegen dem ermäßigten Steuersatz von 7%. Die Leistung des Caterers beschränkt sich auf die Abgabe zubereiteter Speisen und deren Beförderung ohne andere unterstützende Dienstleistungen.
Der Schulverein bzw. der Schulträger erbringen keine entgeltlichen Leistungen.
Ein Caterer gibt Getränke und zubereitetes Essen in der Schulmensa aus. Er reinigt Tische und Stühle sowie das Geschirr. Die jährlichen Einnahmen betragen 50.000 €.
Lösung: Der Caterer tätigt keine Speisenlieferungen. Da die erbrachten Dienstleistungen (Essensausgabe, Reinigung) qualitativ überwiegen, erbringt der Caterer Restaurationsleistungen zum Regelsteuersatz von 19%.
Von einer Kindertagesstätte der Diakonie wird Mittagessen für die Kinder angeboten. Die Kosten werden über die Gebührenabrechnung abgerechnet. Die Essenzubereitung erfolgt durch einen Caterer, der das verzehrfertige Essen in Warmhaltebehältern in der Kindertagesstätte anliefert. Die Mitarbeiter der Kindertagesstätte übernehmen die Portionierung und die Essenausgabe sowie die Reinigung des Geschirrs.
Lösung: Die Lieferungen der Essen durch den Caterer unterliegen dem ermäßigten Steuersatz von 7% (s. Beispiel a)).
Der Träger der Kindertagesstätte erbringt mit der Verpflegung der Kinder sonstige Leistungen, für die die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 23 oder Nr. 25 im Betracht kommt.
Bayerisches Landesamt für
Steuern v. - S 7222.1.1-1/5 St33
Fundstelle(n):
WAAAI-62179