Online-Nachricht - Freitag, 20.05.2022

Arbeitsrecht | Massenentlassungsanzeige - Fehlen der sog. Soll-Angaben (BAG)

Das Fehlen der sog. Soll-Angaben nach § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG führt für sich genommen nicht zur Unwirksamkeit einer Massenentlassungsanzeige des Arbeitgebers gegenüber der Agentur für Arbeit ().

Sachverhalt und Verfahrensgang: Die Beklagte beschäftigte in ihrem Betrieb regelmäßig mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmer. In der Zeit vom 18. Juni bis zum kündigte sie insgesamt 17 Arbeitsverhältnisse. Mit ihrer Klage hat die Klägerin ua. geltend gemacht, die ihr am zugegangene Kündigung sei nach § 134 BGB nichtig, weil die Beklagte – als solches un-streitig – nicht zuvor gegenüber der Agentur für Arbeit die Angaben gemäß § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG gemacht habe.

Die Vorinstanzen haben die Massenentlassungsanzeige der Beklagten für unwirksam gehalten und der Kündigungsschutzklage aus diesem Grund stattgegeben.

Die Revision der Beklagten führte vor dem Zweiten Senat des Bundesarbeitsgerichts zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht:

  • Aufgrund der bisherigen Feststellungen lässt sich schon nicht beurteilen, ob das Arbeitsverhältnis der Klägerin im Rahmen einer Massenentlassung gekündigt wurde. Dazu müsste die Beklagte nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KSchG mehr als fünf Arbeitnehmer innerhalb von 30 Kalendertagen entlassen haben. Der Zeitraum vom 18. Juni bis einschließlich umfasste aber 31 Kalendertage. Zudem ist unklar, wie viele Kündigungen in diesem Zeitraum zugegangen sind.

  • Dessen ungeachtet ist die streitbefangene Kündigung nicht nach § 134 BGB nichtig, weil die Beklagte nicht zuvor gegenüber der Agentur für Arbeit die Angaben gemäß § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG gemacht hat.

  • in Verstoß gegen letztere Vorschrift führt nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers nicht zur Unwirksamkeit der Massenentlassungsanzeige. Über diese gesetzgeberische Entscheidung dürfen sich die nationalen Gerichte nicht im Wege einer richtlinienkonformen Auslegung hinwegsetzen.

  • Eine solche ist auch nicht geboten. Durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist geklärt, dass die in § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG vorgesehenen Angaben nicht gemäß Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 4 der Richtlinie 98/59/EG des Rates vom zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen, geändert durch die Richtlinie (EU) 2015/1794 des Europäischen Parlaments und des Rates vom , in der Anzeige enthalten sein müssen.

Hinweis:

Der Senat hat in einem ähnlich gelagerten Fall (2 AZR 424/21) das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom - 14 Sa 1225/20 ebenfalls aufgehoben und die Sache zurückverwiesen.

Quelle: BAG, Pressemitteilung v. (il)

Fundstelle(n):
NWB CAAAI-62070