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Online-Nachricht - Donnerstag, 19.05.2022

Schenkungsteuer | Amortisation von Geschäftsanteilen (BFH)

§ 7 Abs. 7 Satz 2 ErbStG erfasst die Werterhöhung von Anteilen der verbleibenden Gesellschafter durch jegliche Einziehung von GmbH-Anteilen nach § 34 Abs. 1, 2 GmbHG und ist nicht auf Fälle der Zwangseinziehung von Anteilen beschränkt (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: § 7 Abs. 7 ErbStG stellt bestimmte gesellschaftsrechtlich veranlasste Wertverschiebungen bei Ausscheiden eines Gesellschafters der Schenkung gleich, in Satz 1 solche durch Übergang dessen Anteils, in Satz 2 solche durch Werterhöhung der anderen Anteile.

Sachverhalt: Der Kläger sowie drei weitere Personen (A, B und C) waren im Jahre 2007 Gesellschafter einer GmbH mit einem Stammkapital von insgesamt 324.000 €. Sie hielten jeweils einen Geschäftsanteil mit einer Stammeinlage von 81.000 €. Nach dem Gesellschaftsvertrag war die Einziehung von Geschäftsanteilen mit Zustimmung des betroffenen Gesellschafters jederzeit zulässig, ohne Zustimmung war sie unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Auch konnten die Gesellschafter die Übertragung des Gesellschaftsanteils auf die Gesellschaft oder eine zu benennende Person beschließen.

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom beschlossen die vier Gesellschafter einstimmig die Einziehung des Geschäftsanteils des A zum . Als Einziehungsvergütung hatte die GmbH an A 75.000 € in 75 gleichen Monatsraten zu zahlen. Die Nennbeträge der verbleibenden drei Geschäftsanteile wurden jeweils um 27.000 € auf 108.000 € aufgestockt.

Das FA erließ gegenüber dem Kläger wegen der Werterhöhung, die sein GmbH-Anteil erfahren habe, einen Schenkungsteuerbescheid. Den dagegen eingelegten Einspruch wies das FA zurück. Zur Begründung seiner Klage machte der Kläger geltend, § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG sei mangels Freigebigkeit, § 7 Abs. 7 Satz 2 ErbStG wegen der Freiwilligkeit der Einziehung nicht anwendbar.

Das FG hat die Klage abgewiesen ().

Der BFH hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen:

  • § 7 Abs. 7 Satz 2 ErbStG erfasst die Werterhöhung von Anteilen der verbleibenden Gesellschafter durch jegliche Einziehung von GmbH-Anteilen nach § 34 Abs. 1, 2 GmbHG und ist nicht auf Fälle der Zwangseinziehung von Anteilen beschränkt.

  • Wird auf Grund einer Regelung im Gesellschaftsvertrag einer GmbH der Geschäftsanteil eines Gesellschafters bei dessen Ausscheiden eingezogen und übersteigt der sich nach § 12 ErbStG ergebende Wert seines Anteils zur Zeit seines Ausscheidens den Abfindungsanspruch, gilt nach § 7 Abs. 7 Satz 2 ErbStG die insoweit bewirkte Werterhöhung der Anteile der verbleibenden Gesellschafter als Schenkung des ausgeschiedenen Gesellschafters. Mit dem Merkmal "eingezogen" knüpft die Norm an die in § 34 GmbHG geregelte Einziehung von Geschäftsanteilen bei Ausscheiden eines Gesellschafters einer GmbH an. Die Einziehung (Amortisation) bedarf nach § 34 Abs. 1 GmbHG stets einer Grundlage im Gesellschaftsvertrag, ist nach Maßgabe von § 34 Abs. 2 GmbHG aber auch ohne Zustimmung des Anteilsberechtigten möglich.

  • § 7 Abs. 7 Satz 2 ErbStG erfasst beide Formen der Einziehung. Weder dem Wortlaut ("eingezogen") noch der Systematik oder dem Telos der Vorschrift ist eine Beschränkung auf die Einziehung nach § 34 Abs. 2 GmbHG zu entnehmen.

  • Erwerber und somit Steuerschuldner gem. § 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG sind die verbleibenden Gesellschafter (, Rz. 20).

  • Nach diesen Maßstäben ist das FG zutreffend davon ausgegangen, dass die Einziehung des GmbH-Anteils des ausgeschiedenen Gesellschafters nach § 7 Abs. 7 Satz 2 ErbStG der Schenkungsteuer unterliegt.

  • Es ist im Rahmen der ihm nach § 118 Abs. 2 FGO obliegenden Würdigung zu dem Ergebnis gelangt, dass die Gesellschafter am eine Einziehung mit Zustimmung des ausscheidenden Gesellschafters i. S. des § 34 Abs. 1 GmbHG beschlossen haben.

  • Die Einziehung unterfällt dem Anwendungsbereich des § 7 Abs. 7 Satz 2 ErbStG. Der Wert des eingezogenen Anteils wurde mit bindender Wirkung nach § 182 Abs. 1 Satz 1 AO gesondert festgestellt. Bei künftigen Änderungen des Feststellungsbescheids ist der Schenkungsteuerbescheid nach Maßgabe von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO ggf. i. V. mit § 171 Abs. 10 Satz 1 AO zu ändern. Die Abfindung, deren kapitalisierter Wert ebenfalls unstreitig ist, bleibt deutlich hinter dem gesondert festgestellten Wert des Anteils zurück. Hinsichtlich der Differenz ist der Vorgang anteilig für jeden der Gesellschafter steuerbar und steuerpflichtig.

Anmerkung von Prof. Dr. Matthias Loose, Richter im II. Senat des BFH:

Der Schenkungsteuer unterliegen nicht nur „klassische“ Schenkungen, also freigebige Zuwendungen nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Der Gesetzgeber hat in § 7 Abs. 1 ErbStG und in weiteren Absätzen des § 7 ErbStG eine Reihe weiterer Tatbestände definiert und den freigebigen Zuwendungen gleichgestellt. So erfasst § 7 Abs. 7 ErbStG bestimmte gesellschaftsrechtlich veranlasste Wertverschiebungen beim Ausscheiden eines Gesellschafters. Die ursprünglich auf den heutigen Satz 1 beschränkte Vorschrift sollte die vermögensrechtlichen Auswirkungen eines Wechsels im Bestand einer Gesellschaft auf Grund von Vereinbarungen zwischen den Gesellschaftern bei Ausscheiden eines Gesellschafters erfassen. Sie fingiert eine Schenkung des ausscheidenden Gesellschafters an die verbliebenen Gesellschafter in Höhe der jeweiligen Wertverschiebungen. Der später eingefügte heutige Satz 2 soll parallel zu der entsprechenden Ergänzung des § 3 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG unberechtigte Steuervorteile verhindern, die entstehen können, wenn eine Einziehung gegen Minderentgelt beschlossen wird. Erwerber und Steuerschuldner sind in allen Fällen die in der Gesellschaft verbleibenden Gesellschafter (§ 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG).

Der BFH hat nun klargestellt, dass § 7 Abs. 7 Satz 2 ErbStG jede Werterhöhung von Anteilen der verbleibenden Gesellschafter durch Einziehung von GmbH-Anteilen erfasst und nicht auf Fälle der Zwangseinziehung von Anteilen beschränkt ist. § 7 Abs. 7 Satz 2 ErbStG erfasse beide Formen der Einziehung nach § 34 GmbHG, nämlich die Einziehung aufgrund von Regelungen im Gesellschaftsvertrag (§ 34 Abs. 1 GmbHG) und die Einziehung ohne Zustimmung des Anteilsberechtigten (§ 34 Abs. 2 GmbHG). Weder aus dem Wortlaut „eingezogen“ noch aus Systematik oder Zweck der Vorschrift sei eine Beschränkung auf Zwangseinziehungen zu entnehmen.

Quelle: ; NWB Datenbank (RD)

Fundstelle(n):
SAAAI-61982