BGH Urteil v. - IV ZR 337/20

Private Krankenversicherung: Wirksamkeit der Beitragserhöhung; Beschränkung der Revisionszulassung

Gesetze: § 203 Abs 2 VVG, § 203 Abs 5 VVG

Instanzenzug: OLG Frankfurt Az: 3 U 147/19 Urteilvorgehend LG Frankfurt Az: 2-30 O 21/17 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von Beitragserhöhungen in der privaten Krankenversicherung des Klägers.

2Der bei der Beklagten versicherte Kläger unterhält dort unter anderem den Tarif V.      . Die Beklagte informierte ihn mit Schreiben vom November 2014 nebst Nachtrag zum Versicherungsschein und weiteren Anlagen über eine Beitragserhöhung zum um 79 € monatlich und eine Erhöhung des Selbstbehalts von 750 € auf 900 €. Mit Schreiben vom November 2016 nebst Nachtrag zum Versicherungsschein und weiteren Anlagen teilte die Beklagte ihm eine Beitragserhöhung zum um 110 € monatlich mit.

3In den Schreiben vom November 2014 und 2016 (dort mit Zusatz in eckigen Klammern) hieß es auszugsweise:

"Die Beitragsanpassung in der Krankenversicherung wird durch die Entwicklung der medizinischen Kosten ausgelöst, die in den letzten Jahren [deutlich] gestiegen sind. Bei der Anpassung unserer Tarife müssen wir aber auch weitere Einflussfaktoren berücksichtigen."

4In der Anlage "Informationen zur Beitragsanpassung zum " hieß es zur Frage "Was sind die Gründe für die Beitragsanpassung in der Kranken-, Krankentagegeld- und Pflegeergänzungs-Versicherung?" auszugsweise:

"Mit Ihrer privaten Kranken-/Pflege-Versicherung sichern Sie sich lebenslang eine optimale Versorgung. In der privaten Krankenversicherung (PKV) stehen Ihnen alle Möglichkeiten der modernen Medizin offen - und das ein Leben lang! Denn die einmal vertraglich vereinbarten Leistungen sind lebenslang garantiert.

Ihr privater Krankenversicherungsschutz berücksichtigt darüber hinaus den medizinischen Fortschritt bei Diagnostik, Therapiemethoden und Medikamenten. Mit dem medizinischen Fortschritt wächst also der Umfang Ihres Versicherungsschutzes.

Damit wir unser Leistungsversprechen dauerhaft einhalten können, müssen wir wie alle privaten Krankenversicherer einmal jährlich alle Beiträge überprüfen. Dies erfolgt in der Kranken-, Krankentagegeld- und Pflegeergänzungs-Versicherung für jeden einzelnen Tarif, getrennt nach Alter und - für Verträge, die vor dem abgeschlossen wurden - zusätzlich nach Geschlecht.

Bei der Überprüfung vergleichen wir die kalkulierten Leistungsausgaben mit den zukünftig erforderlichen. Weichen die Zahlen um den in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen festgelegten Prozentsatz nach oben oder unten voneinander ab, müssen die Beiträge angepasst werden. Hierzu sind wir gesetzlich verpflichtet.

Neben den Leistungsausgaben beeinflussen weitere Faktoren den Beitrag:

Steigende Lebenserwartung

Kapitalmarktsituation

Entwicklung des Versichertenbestandes

…"

5In der Anlage "Informationen zur Beitragsanpassung zum " hieß es zur Frage "Was sind die Gründe für die Beitragsanpassung in der Kranken-, Krankenhaus- und Krankentagegeld-Versicherung?" auszugsweise:

"Mit Ihrer privaten Kranken-/Pflege-Versicherung sichern Sie sich eine optimale Versorgung. In der privaten Krankenversicherung (PKV) stehen Ihnen alle Möglichkeiten der modernen Medizin offen - und das ein Leben lang! Denn die einmal vertraglich vereinbarten Leistungen sind lebenslang garantiert. Darüber hinaus wächst mit dem medizinischen Fortschritt der Umfang Ihres privaten Krankenversicherungsschutzes, denn er berücksichtigt neue Methoden bei Diagnostik und Therapie sowie neue Medikamente.

Damit wir unser Leistungsversprechen dauerhaft einhalten können, müssen wir wie alle privaten Krankenversicherer einmal jährlich alle Beiträge überprüfen. Dies erfolgt in der Kranken-, Krankenhaustagegeld- und Krankentagegeld- Versicherung für jeden einzelnen Tarif, getrennt nach Alter und - für Verträge, die vor dem abgeschlossen wurden - zusätzlich nach Geschlecht.

Bei der Überprüfung vergleichen wir die kalkulierten Leistungsausgaben mit den zukünftig erforderlichen Leistungsausgaben und die kalkulierte mit der zukünftigen Lebenserwartung. Weicht das Ergebnis dieser Überprüfung um mehr als den in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen festgelegten Prozentsatz nach oben oder unten voneinander ab, müssen die Beiträge überprüft werden. Hierzu sind wir gesetzlich verpflichtet.

Die aktuelle Überprüfung der Beiträge in der Kranken-, Krankenhaustagegeld- und Krankentagegeld-Versicherung hat bei den Leistungsausgaben Abweichungen oberhalb der für die Tarife festgelegten Prozentsätze ergeben, so dass die Beiträge zum angepasst werden müssen. Die einzige Ausnahme ist der Tarif Z.    : Hier hat die Überprüfung Abweichungen aufgrund der gestiegenen Lebenserwartung ergeben, so dass Anpassungsbedarf besteht.

Wenn eine Beitragsanpassung erfolgt, müssen neben veränderten Leistungsausgaben auch weitere Faktoren bei der Beitragskalkulation berücksichtigt werden. Diese sind:

Steigende Lebenserwartung (Sterbewahrscheinlichkeiten)

Kapitalmarktsituation

Entwicklung des Versichertenbestandes

…"

6Der Kläger wandte sich mit Anwaltsschreiben vom gegen die Beitragserhöhungen und die Erhöhung des Selbstbehalts.

7Mit seiner Klage hat er die Feststellung begehrt, dass die Beitragsanpassungen sowie der angepasste Selbstbehalt unwirksam seien. Außerdem hat er die Beklagte auf Ersatz von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 684 € in Anspruch genommen.

8Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

9Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.

Gründe

10Die Revision hat nur zum Teil Erfolg.

11I. Nach Ansicht des Berufungsgerichts sind die streitgegenständlichen Prämienerhöhungen zu Recht erfolgt. Die Begründungsschreiben zu den Tarifen genügten den Mindestanforderungen an eine Mitteilung der maßgeblichen Gründe im Sinne des § 203 Abs. 5 VVG. Es sei erforderlich, in der Mitteilung zur Begründung der Prämienanpassung die Rechnungsgrundlage zu nennen, deren Veränderung die Prämienanpassung ausgelöst habe. Dies müsse auch und gerade bezogen auf die konkrete Prämienanpassung erfolgen. In beiden Anschreiben sei als alleiniger Grund die Entwicklung der medizinischen Kosten genannt worden, welche in den letzten Jahren gestiegen seien. Damit habe die Beklagte jeweils die gestiegenen Leistungsausgaben als maßgeblichen Grund für die Beitragserhöhung genannt.

12Die beweisbelastete Beklagte habe nachgewiesen, zu den Prämienerhöhungen bzw. zur Erhöhung des Selbstbehalts berechtigt gewesen zu sein. Der Sachverständige habe bestätigt, dass die tatsächlichen Grundlagen der Berechnungen der Beklagten zutreffend und vollständig festgestellt worden seien und mit den gesetzlichen Bestimmungen im Einklang stünden. Er habe ausgeführt, die in den technischen Berechnungsgrundlagen enthaltenen statistischen Nachweise stellten Auswertungen dar, deren Qualität und Richtigkeit er nicht überprüft habe. Er habe sich darauf verlassen, dass die von der Beklagten gelieferten Daten korrekt seien.

13Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass die in den technischen Berechnungsgrundlagen enthaltenen statistischen Nachweise die Vorgänge im Tarif korrekt wiedergäben. Eine systematische Falscherfassung der tarifbezogenen Daten halte das Gericht für ausgeschlossen. Da keine konkreten Anhaltspunkte vorgetragen oder sonst ersichtlich seien, die auf eine fehlerhafte Datengrundlage hindeuteten, sei das Bestreiten der Daten in dieser Hinsicht ins Blaue hinein erfolgt. Das Bestreiten sei auch verspätet, da es erstmals zweitinstanzlich erfolgt sei.

14II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

151. Die Revision ist insgesamt statthaft.

16Obwohl das Berufungsgericht die Revision nur zugelassen hat, "soweit zu klären ist, welche Angaben die Mitteilung der maßgeblichen Gründe im Sinne von § 203 Abs. 5 VVG enthalten muss", ist die Zulassung damit nicht wirksam beschränkt worden. Eine Beschränkung der Revisionszulassung ist nur im Hinblick auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Streitgegenstands zulässig, nicht aber auf einzelne Rechtsfragen (vgl. Senatsurteil vom - IV ZR 526/14, VersR 2015, 1548 Rn. 13).

17Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ist die formelle Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der Prämienanpassungen kein rechtlich und tatsächlich selbständiger Teil des Streitstoffes. Die formelle und die materielle Unwirksamkeit der Prämienanpassungen sind nur zwei verschiedene Begründungen für ein einheitliches Klagebegehren. Wird eine negative Feststellungsklage - wie hier die Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Prämienanpassungen - abgewiesen, werden damit alle Einwendungen gegen den bekämpften Anspruch rechtskräftig zurückgewiesen und das Bestehen dieses Anspruchs positiv festgestellt (vgl. , VersR 1995, 1507 unter II 1 a, b [juris Rn. 8, 10]). Einzelne Einwendungen gegen das Rechtsverhältnis, das mit der Klage angegriffen wird, können daher nicht von einem Rechtsmittel ausgenommen werden.

182. Die Revision ist teilweise begründet.

19a) Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass die Beklagte zu den Prämienerhöhungen sowie zur Anpassung des Selbstbehalts gemäß § 203 Abs. 2 VVG berechtigt war. In einem gerichtlichen Verfahren hat der Versicherer darzulegen und zu beweisen, dass die Voraussetzungen für die erhöhte Prämie vorliegen (Senatsurteil vom - IV ZR 272/15, VersR 2016, 177 Rn. 21). Die Prämienanpassungen unterliegen einer umfassenden tatsächlichen und rechtlichen Überprüfung durch die Zivilgerichte (Senatsurteil vom aaO m.w.N.).

20aa) Dabei kann offenbleiben, ob das Berufungsgericht das Bestreiten der Richtigkeit der statistischen Nachweise zulässigerweise als ins Blaue hinein erfolgt zurückgewiesen hat oder ob dessen Feststellung, die Beweisaufnahme habe die korrekte Wiedergabe der Vorgänge im Tarif durch die statistischen Nachweise ergeben, die Erhebung von Beweisen zu dieser Frage erfordert hätte (vgl. dazu Senatsurteil vom - IV ZR 272/15, VersR 2016, 177 Rn. 25). Das Berufungsgericht hat jedenfalls rechtsfehlerfrei angenommen, dass der Kläger die Richtigkeit der Daten erstinstanzlich nicht bestritten hat.

21(1) Entgegen der Ansicht der Revision ist dem Schriftsatz des Klägers vom ein Bestreiten der Richtigkeit der statistischen Nachweise nicht zu entnehmen. Unabhängig davon, ob eine Partei die Behauptungen des Gegners substantiiert bestreiten muss oder sich mit Nichtwissen erklären kann, gilt jedenfalls insoweit eine Grenze, als für das Gericht und den Gegner der Umfang des Bestreitens erkennbar sein muss (vgl. , VersR 2015, 1515 Rn. 12 m.w.N.). Der Kläger hat im Wesentlichen das Vorliegen der Voraussetzungen für die Beitragsanpassungen, eine Abweichung der Rechnungsgrundlagen über dem Schwellenwert und die Richtigkeit der Beitragskalkulation bestritten. Dabei handelt es sich um Begriffe, die eine Kombination von rechtlichen und tatsächlichen Aspekten enthalten. Dass der Kläger bereits die Richtigkeit der statistischen Nachweise aus dem betroffenen Tarif, die als eines von mehreren Elementen darin eingeflossen sind, bestreiten will, wird daraus nicht erkennbar. Die Beklagte hatte die statistischen Nachweise zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht vorgelegt.

22(2) Entgegen der Ansicht der Revision konnte auch die Frage des Klägers an den gerichtlichen Sachverständigen, wieso dieser von der sachlichen Richtigkeit der statistischen Werte in den technischen Berechnungsgrundlagen ausgehe, nicht als Bestreiten dieser Richtigkeit verstanden werden. Nach § 138 Abs. 2 ZPO hat sich jede Partei über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. Ein Bestreiten ist daher die - ausdrückliche oder konkludente - Erklärung, dass der gegnerische Vortrag nicht zutrifft, und nicht die Frage an einen Dritten, ob dieser Vortrag zutrifft.

23bb) Ebenfalls rechtsfehlerfrei ist die Auffassung des Berufungsgerichts, dass das zweitinstanzliche Bestreiten der Richtigkeit der Daten nicht nach § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen ist.

24cc) Die weiteren Voraussetzungen für die Berechtigung der Beklagten zur Anpassung der Prämien und des Selbstbehalts hat das Berufungsgericht auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise festgestellt, was insoweit auch von der Revision zu Recht nicht angegriffen wird.

25b) Teilweise zu Unrecht hat das Berufungsgericht dagegen die Prämienanpassungen sowie die Anpassung des Selbstbehalts auch formell für wirksam gehalten.

26aa) Das Berufungsgericht geht allerdings zu Recht davon aus, dass bei einer Prämienanpassung nach § 203 Abs. 2 VVG erst durch die Mitteilung einer den Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG genügenden Begründung die für die Wirksamkeit der Neufestsetzung der Prämie angeordnete Frist in Lauf gesetzt wird (vgl. , BGHZ 228, 56 Rn. 21 ff.; vom - IV ZR 255/17, BGHZ 220, 297 Rn. 66).

27bb) Noch zutreffend hat das Berufungsgericht auch den erforderlichen Inhalt der nach § 203 Abs. 5 VVG mitzuteilenden maßgeblichen Gründe bestimmt. Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils mit Urteil vom (IV ZR 294/19, BGHZ 228, 56) entschieden und im Einzelnen begründet hat, erfordert die Mitteilung der maßgeblichen Gründe für die Neufestsetzung der Prämie nach § 203 Abs. 5 VVG die Angabe der Rechnungsgrundlage, deren nicht nur vorübergehende Veränderung die Neufestsetzung nach § 203 Abs. 2 Satz 1 VVG veranlasst hat. Dagegen muss der Versicherer nicht mitteilen, in welcher Höhe sich diese Rechnungsgrundlage verändert hat. Er hat auch nicht die Veränderung weiterer Faktoren, welche die Prämienhöhe beeinflusst haben, wie z.B. des Rechnungszinses, anzugeben (Senatsurteil vom aaO Rn. 26).

28cc) Die Revision hat jedoch teilweise Erfolg, soweit das Berufungsgericht entschieden hat, dass die Begründungen der Prämienanpassungen den gesetzlichen Anforderungen entsprachen; das trifft nur zum Teil zu. Ob die Mitteilung einer Prämienanpassung den gesetzlichen Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG genügt, hat der Tatrichter im jeweiligen Einzelfall zu entscheiden.

29(1) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts genügt die Begründung der Prämienanpassung und der Erhöhung des Selbstbehalts zum nicht den Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG. Die Auffassung des Berufungsgerichts ist in revisionsrechtlich relevanter Weise rechtsfehlerhaft, da es den zuvor grundsätzlich zutreffend bestimmten Begründungsmaßstab nicht auf die konkrete Änderungsmitteilung angewendet hat.

30Die Erklärung im Anschreiben vom November 2014, die Prämienanpassung sei durch gestiegene medizinische Kosten ausgelöst worden, kann entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht den Begründungsanforderungen des § 203 Abs. 5 VVG genügen. Aus dem allgemeinen Hinweis auf den Kostenanstieg ist nicht ersichtlich, dass ein Vergleich der kalkulierten mit den erforderlichen Versicherungsleistungen eine Veränderung dieser Rechnungsgrundlage über dem geltenden Schwellenwert ergeben und dies die Prämienanpassung ausgelöst hat. Die fehlenden Angaben ergeben sich auch nicht aus den beiliegenden Informationen zur Beitragsanpassung, die das Berufungsgericht nicht in den Blick genommen hat. Diese beschreiben nur in allgemein gehaltener Form die jährliche Durchführung der Prämienüberprüfung, ohne das Ergebnis der aktuellen Überprüfung mitzuteilen. Der Versicherungsnehmer muss daraus nicht den Schluss ziehen, dass die beschriebenen gesetzlichen Voraussetzungen einer Prämienerhöhung in diesem Fall eingetreten sind.

31(2) Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht dagegen angenommen, dass die Mitteilung der Prämienanpassung zum den Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG genügt. Zwar ergibt sich dies noch nicht aus dem Anschreiben vom November 2016, auf das das Berufungsgericht seine Annahme einer ausreichenden Begründung stützt, obwohl dieses inhaltlich im Wesentlichen dem - wie gesehen unzureichenden - Anschreiben vom November 2014 entspricht. Die nach § 203 Abs. 5 VVG erforderlichen Angaben sind aber in den anliegenden Informationen zur Beitragsanpassung enthalten. Da keine weiteren Feststellungen zum Inhalt der Mitteilung zu erwarten sind, kann der Senat diese Frage selbst beantworten. Die Prämienanpassung wird dort damit begründet, dass eine solche bei einer bestimmten Abweichung der erforderlichen von den kalkulierten "Leistungsausgaben", d.h. den Versicherungsleistungen, erforderlich werde und dass dies zum in den gekennzeichneten Tarifen erfolgen müsse. Dem kann der Versicherungsnehmer mit hinreichender Klarheit als Ergebnis der Überprüfung für den konkreten Tarif entnehmen, dass für diesen eine solche Abweichung eingetreten ist.

32dd) Die Beklagte hat sich jedoch, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, darauf berufen, dass etwaige Begründungsmängel jedenfalls mit Zugang der Klageerwiderung geheilt worden seien. Das trifft zu; die nach § 203 Abs. 5 VVG erforderlichen Angaben sind dort auch für die Anpassung der Prämie und des Selbstbehalts zum enthalten. Da keine weiteren Feststellungen zum Inhalt der Klageerwiderung zu erwarten sind, kann der Senat diese Frage selbst beantworten. Die Prämienanpassung wird dort damit begründet, dass im Tarif V.      die erforderlichen Versicherungsleistungen die kalkulierten in den Jahren 2012 und 2013 um mehr als 10 % überschritten hätten und daher eine Anpassung der Beiträge zum habe erfolgen müssen; daraus folge zugleich die Möglichkeit zur Anpassung des Selbstbehalts. Dem kann der Versicherungsnehmer mit hinreichender Klarheit als Ergebnis der Überprüfung für den konkreten Tarif entnehmen, dass für diesen eine solche Abweichung eingetreten ist. Die in der Klageerwiderung nachgeholten Angaben zu den Gründen der Prämienanpassung führen zu einer Heilung ex nunc (vgl. Senatsurteil vom - IV ZR 294/19, BGHZ 228, 56 Rn. 41 f.), so dass die zum vorgesehene Prämienerhöhung und die Anpassung des Selbstbehalts gemäß § 203 Abs. 5 VVG ab dem zweiten auf die Zustellung der Klageerwiderung am folgenden Monat, d.h. ab Juli 2017, wirksam wurden.

33c) Einen Schadensersatzanspruch wegen vertraglicher Pflichtverletzung aus § 280 BGB hinsichtlich der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten kann der Kläger nicht geltend machen. Die einzige Pflichtverletzung der Beklagten, die unzureichende Begründung der Anpassung von Prämie und Selbstbehalt zum , war nicht ursächlich für die entstandenen Kosten. Die vom Berufungsgericht festgestellte Tätigkeit des Klägeranwalts in Gestalt des Schreibens vom bestand darin, sich gegen die materielle Berechtigung der Prämienanpassung zur Wehr zu setzen; insoweit lag aber keine Pflichtverletzung der Beklagten vor.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:090222UIVZR337.20.0

Fundstelle(n):
NJW-RR 2022 S. 606 Nr. 9
SAAAI-61888