Online-Nachricht - Donnerstag, 12.05.2022

Bewertung | Kein Nachweis eines niedrigeren gemeinen Wertes aus einer Teilerbauseinandersetzung (FG)

Der niedrigere gemeine Wert eines Grundstücks kann nicht aus einer Teilerbauseinandersetzung abgeleitet werden ( BG; Revision anhängig, BFH-Az. II R 8/21).

Hintergrund: Da das Bewertungsgesetz in den §§ 179ff. BewG eine vereinfachte schematisierte Bewertung anordnet, bei der der Steuerpflichtige mit Einwendungen aufgrund der individuellen Verhältnisse des Grundstücks ausgeschlossen ist, lässt § 198 BewG den Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts zu (Halaczinsky in Rössler/Troll BewG § 198 BewG Rn. 4; Mannek in Stenger/Loose Bewertungsrecht § 198 BewG Rn. 6, 7).

Sachverhalt: Nach dem Tod der Erblasserin wurden deren Bruder zu 60 % und der Kläger zu 40 % Erben eines mit einem Reihenmittelhaus bebauten Grundstücks. Der Kläger stand mit der Erblasserin in keinem Verwandtschaftsverhältnis. Im Rahmen einer Teilerbauseinandersetzung erwarb der Kläger den auf den Bruder entfallenden Anteil zu einem Kaufpreis in Höhe von 48.000 €. Diesen Kaufpreis hätte der Kläger anhand des Wertes für ein ähnliches, vermietungsfähiges Einfamilienhaus ermittelt, welches in der Umgebung angeboten worden wäre. Daraus ergebe sich aus seiner Sicht ein Verkehrswert in Höhe von 80.000 €, wovon 60 % (= 48.000 €) auf den Bruder entfielen.

Demgegenüber stellte das beklagte Finanzamt im Vergleichswertverfahren für Zwecke der Erbschaftsteuer einen Grundbesitzwert in Höhe von 137.592 € fest. Es vertrat die Ansicht, dass kein Kaufpreis im gewöhnlichen Geschäftsverkehr vorläge, da der auf den Bruder entfallende Grundstücksanteil nur einem begrenzten Personenkreis, nämlich nur dem Kläger, angeboten worden sei.

Der Kläger trug dagegen vor, dass es sich schon deshalb um einen Verkauf im gewöhnlichen Geschäftsverkehr handele, da zwischen Kläger und dem Bruder der Erblasserin kein Näheverhältnis bestanden habe.

Der 11. Senat des FG Düsseldirf sah in seinem Urteil einen niedrigeren Verkehrswert nicht durch einen zeitnah erzielten Kaufpreis nachgewiesen:

  • Die Teilerbauseinandersetzung hat sich nicht im gewöhnlichen Geschäftsverkehr vollzogen; zudem habe sie nur einen Teil der zu bewertenden wirtschaftlichen Einheit betroffen.

  • Verkäufe von Miteigentumsanteilen entsprechen nicht dem gewöhnlichen Geschäftsverkehr, da diese üblicherweise nicht als solche, sondern nur mit dem gesamten Grundstück veräußert werden.

  • Gleiches gilt erst recht im Fall einer Teilerbauseinandersetzung, bei der in Bezug auf ein Grundstück wirtschaftlich betrachtet ebenfalls Eigentumsanteile übertragen werden.

  • Es ist deshalb unerheblich, dass Kläger und der Veräußerer vorliegend keine nahe stehenden Personen gewesen sind. Überdies ist der Grundstücksanteil auch nur dem Kläger und keinen anderen Personen angeboten worden.

Hinweis:

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Die Revision ist unter dem Az. II R 8/21 beim BFH anhängig. Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des FG Düsseldorf veröffentlicht. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.

Quelle: FG Düsseldorf, Newsletter Mai 2022 (il)

Fundstelle(n):
DAAAI-61533