Strafurteil wegen Betäubungsmitteldelikten: Prüfung der Erfolgsaussichten einer Entziehungsbehandlung; Einziehung von Wertersatz oder Tatobjekten
Gesetze: § 64 S 2 StGB, § 67d Abs 1 S 1 StGB, § 67d Abs 1 S 3 StGB, § 73 StGB, § 73c StGB, § 73d StGB, § 74 Abs 2 StGB, § 74c Abs 1 StGB, § 33 S 1 BtMG, § 261 StPO, § 267 StPO
Instanzenzug: Az: 63 KLs 18/21
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 17 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt und die Einziehung des Wertes von Taterträgen angeordnet. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat im Umfang der Beschlussformel Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet gemäß § 349 Abs. 2 StPO.
21. Der auf „§§ 73, 73c, 73d in Verbindung mit § 33 BtMG“ gestützte Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen bedarf der Änderung entsprechend § 354 Abs. 1 StPO. Das Landgericht hat in den Fällen 1 und 4 der Urteilsgründe einen Weiterverkauf der vom Angeklagten erworbenen Betäubungsmittel ausdrücklich nicht sicher feststellen können (UA S. 52). Demnach ist zugunsten des Angeklagten davon auszugehen, dass ihm in diesen Fällen kein Veräußerungserlös zugeflossen ist. Eine Einziehung des Wertes der erlangten Betäubungsmittel nach § 74 Abs. 2, § 74c Abs. 1 StGB in Verbindung mit § 33 Satz 1 BtMG scheitert daran, dass diese nicht im Eigentum des Angeklagten standen (vgl. , BGHSt 33, 233).
32. Die Nichtanordnung einer Unterbringung des Angeklagten gemäß § 64 StGB begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Insoweit hat der Generalbundesanwalt ausgeführt:
„Soweit die Strafkammer das Fehlen einer hinreichend konkreten Erfolgsaussicht (§ 64 Satz 2 StGB) damit begründet, dass‚ fraglich (sei), ob angesichts der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe und der Dauer der anzurechnenden Untersuchungshaft die Therapie innerhalb der verlängerten Höchstfrist des § 67d Abs. 1 Satz 3 StGB möglich wäre‘ (UA S. 50), bleibt offen, welche Therapiedauer sie zugrunde legt. Die Strafkammer teilt im Anschluss an die (nicht näher begründete) sachverständige Einschätzung lediglich mit, dass bei Mitbehandlung der ‚Dissozialität‘ des Angeklagten‚ eine langfristige Therapie angezeigt (sei), die die Therapiedauer von zwei bzw. zweieinhalb Jahren um mehr als das Doppelte überschreiten würde‘ (UA S. 49);…
Da die Therapiehöchstdauer bei der erkannten Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten gemäß § 67d Abs. 1 Sätze 1 und 3 StGB sechs Jahre und sechs Monate beträgt und damit nicht unerheblich über fünf Jahren liegt, ist nicht gänzlich auszuschließen, dass die Strafkammer bei ihrer Erfolgsprognose von einer unzutreffenden Therapiedauer ausging; dies nötigt zur Aufhebung und Neuentscheidung über eine Maßregelanordnung.“
4Dem verschließt sich der Senat nicht.
5Die Strafe kann bestehen bleiben. Der Senat kann ausschließen, dass sie bei Anordnung der Unterbringung milder ausgefallen wäre.
62. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass für die den Angeklagten beschwerende Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt der symptomatische Zusammenhang zwischen Hang und Anlasstat ebenso wie die weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen des § 64 StGB sicher feststehen müssen (vgl. Rn. 10; Urteil vom – 2 StR 331/19 Rn. 11, NStZ-RR 2020, 208). Die Ausführungen hierzu in den Gründen des angefochtenen Urteils sind widersprüchlich (UA S. 47 2. Absatz).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:230222B6STR650.21.0
Fundstelle(n):
IAAAI-61446