Strafaussetzung zur Bewährung: Berücksichtigung eines erstmaligen Freiheitsentzugs im Rahmen der Sozialprognose
Gesetze: § 56 StGB, § 267 StPO
Instanzenzug: LG Stendal Az: 503 KLs 20/20
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern unter Einbeziehung einer Geldstrafe aus einem amtsgerichtlichen Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt. Das Rechtsmittel erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2Die Erwägungen, mit denen das Landgericht das Vorliegen der Voraussetzungen des § 56 StGB verneint hat, halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
3Die Strafkammer hat anknüpfend an die „Gefährlichkeitsprognose der Sachverständigen“ eine positive „Sozialprognose“ im Sinne des § 56 StGB (vgl. hierzu , Rn. 119; zur Gefährlichkeitsprognose nach § 63 StGB, ) verneint und dabei zu Ungunsten des Angeklagten ausgeführt, dass aufgrund seiner Persönlichkeitsstörung sowie der ungünstigen sozialen Situation – ungeregelte Lebensführung, keine berufliche Perspektive – eine hohe Wahrscheinlichkeit für die Begehung von Gewaltstraftaten bestehe. Diese Einschätzung wird von den Urteilsgründen nicht getragen. Hinzu kommt, dass wesentliche Umstände, die eine günstige Prognose begründen können, unbeachtet geblieben sind. Denn das Landgericht hat sich nicht damit auseinandergesetzt, dass der Angeklagte erstmals zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden ist (vgl. ) und dass er sich im Sommer 2021 in dieser Sache mehr als zwei Monate in Haft befunden hat (vgl. Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 6. Aufl., Rn. 215).
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:260122B6STR633.21.0
Fundstelle(n):
EAAAI-61229