Online-Nachricht - Donnerstag, 05.05.2022

Wirtschaftsprüfung | Jahresabschlüsse der Wirecard AG für Jahre 2017 und 2018 nichtig (LG)

Das Landgericht München I hat die Nichtigkeit der Jahresabschlüsse der Wirecard AG zum und zum sowie der darauf aufbauenden Gewinnverwendungsbeschlüsse der Hauptversammlungen festgestellt (FG München I, Urteil v. - 5 HK O 15710/20; nicht rechtkräftig).

Hierzu führt das LG München I weiter aus:

  • In dem Urteil musste die Kammer nicht abschließend entscheiden, ob die Saldenbestätigungen für Treuhandkonten bei einer asiatischen Bank tatsächlich gefälscht waren und die entsprechenden Third Party Acquiring-Geschäfte zumindest im Wesentlichen nicht stattgefunden haben, worauf sich der klagende Insolvenzverwalter berufen hatte. Nach diesem Vortrag müsste von einer Überbewertung von Aktiva ausgegangen werden, woraus sich aufgrund von § 256 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 AktG die Nichtigkeit ergibt.

  • Denn selbst wenn die vom ehemaligen Vorstandsvorsitzenden geltend gemachte Existenz dieser Gelder auf anderen Konten stimmen sollte, würde sich die Nichtigkeit der Jahresabschlüsse dennoch ergeben. In diesem Fall läge ein Verstoß gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung vor, weil die Einzahlungen der Gelder dann auf anderen Konten hätten aufgefunden werden müssen. Dadurch wären gläubigerschützende Vorschriften verletzt, was gem. § 256 Abs. 1 Nr. 1 AktG ebenfalls die Nichtigkeit der Jahresabschlüsse zur Folge hat.

  • In beiden Sachverhaltskonstellationen bejahte die Kammer auch die Erheblichkeit des Fehlers, weil die Überbewertung etwa 39 % bzw. 41 % der jeweiligen Bilanzsummen von knapp € 1,9 Mrd. bzw. etwas mehr als € 2,3 Mrd. ausmachte.

  • Die Nichtigkeit der Jahresabschlüsse hat aufgrund der gesetzlichen Regelung in § 253 Abs. 1 Satz 1 AktG die Nichtigkeit der in den Hauptversammlungen der Jahre 2018 und 2019 gefassten Gewinnverwendungsbeschlüsse zur Folge.

  • Eine Beweisaufnahme zur Existenz der Third Party Acquiring-Geschäfte musste daher nicht stattfinden, weil der abweichende Vortrag vor allem des dem Verfahren als Streithelfer auf Seiten der Beklagten beigetretenen früheren Vorstandsvorsitzenden zu keinem anderen Ergebnis führte als der Vortrag des Klägers.

Hinweis:

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Quelle: LG München I, Pressemitteilung v. (il)

Fundstelle(n):
NWB JAAAI-60922